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Sterben

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Am 29. Dezember im Jahr 2006 ist meine Tochter Pauline gestorben.

An einem Freitag.

Um sechzehn Uhr.

An einem Freitag um sechzehn Uhr ist meine Tochter Pauline gestorben.

Um sechzehn Uhr ist meine Tochter gestorben.

Pauline ist gestorben.

Mein Kind.

Gestorben.

Gestorben.

Gestorben.

Wie oft muss ich es noch aussprechen, wie oft muss ich es noch geschrieben sehen.

Um es zu begreifen. Ganz zu begreifen. Wirklich zu begreifen.

Zu durchdringen.

Sterben. Ster… ben. Was für ein Wort.

Ster – ben.

Wer kann es begreifen?S t e r b e n

Unbegreiflich.

Mein Kind ist gestorben.

Was gibt es denn da zu begreifen? Es ist dieser kleine Moment, den es zu begreifen gilt. Dieser kleine Moment, der den Moment von „vorher“ von dem Moment von „nachher“ trennt.

Es war es ist.

Davor danach.

Und es istd i e s e rMoment dazwischen,d i e s e rMoment, den ich zu fassen suche.

D i e s e rMoment.

Schmal wie eine Nadelspitze.

Vorher… Nadelspitze… nachher.

Oder schmal wie ein Atemzug. Wie ein Hauch. Ein Häuchlein.

Vorher… Atemzug… nachher.

NEIN. NEIN EBEN GERADE NICHT! EBEN GERADE NICHT - ATEMZUG.

WER KANN SICH DAS VORSTELLEN?N I C H T - A T E M Z U G.

Ich atme ein, ich atme aus, meine Tochter atmet ein und atmet aus, alle atmen ein und aus, niemand denkt daran, ein und aus und ein und aus, da liegst du, mein Kind, mein Mädchen, und atmest ein und aus, langsam… langsam… ganz langsam… nichts anderes zählt, ein und aus… langsam und kostbar… kostbarer Moment ein und kostbarer Moment aus und kostbarer Moment ein und kostbarer Moment aus und… und… da ist er,d a sist er… der Moment.

Die Nadelspitze.

DerN i c h t - A t e m z u g,derN i c h t - E i n a t e m.

Dieser kleine große Moment, den es zu begreifen gilt, den ich fassen möchte, packen möchte mit den Händen, ihn zu mir herziehen, in mir verteilen, durchdringen mit jeder Zelle meines Gehirns, meiner Eingeweide, meines Herzens. Um zu begreifen. Um einmal endgültig zu begreifen.

Das Sterben.

Dieses davor und danach, dieses es war und es ist.

Dieses jetzt noch leben, aber jetzt tot.

G e s t o r b e n.

DerN i c h t - Einatem. Diese kleine große Stille, die das Leben trennt vom Tod. Dieser kleine, stille Augenblick. Einfangen möchte ich ihn. In Worte fassen. Geschrieben sehen. Immer wieder. Mit dem Geist, mit der Erinnerung, im Erzählen. Ihn jetzt aufschreiben, in Worte fassen, kaum möglich. Der Atem. Das was uns immer umgibt. Immer. Immer. Unbedacht. Unbeachtet. Unbegrüßt. Kostbar. Unendlich kostbar.

Kostbarer Atemzug ein… Kostbarer Atemzug aus…

Stille.

Stille.

Die Stille wandert durch den Raum. Leise, feierlich, groß, mächtig, atemberaubend.

Stille.

Erst gehört die Stille noch zu dem „es war“, zu dem „davor“.

Dann… langsam… behutsam… fängt sie an, das „danach“ zu sein. Nimmt Platz in unserer Runde, wie ein ruhiger Gast, der keine Eile hat.

Stille.

Es gibt nichts zu tun.

Sterben.

Die Nacht bringt dir den Tag zurück

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