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13. Wo die Republik
gegründet wurde: DER NIEDERÖSTERREICHISCHE
LANDTAGSSAAL
ОглавлениеAls im Juli 1986 in Niederösterreich darüber abgestimmt wurde, welche der Viertelhauptstädte Landeshauptstadt werden sollte und dabei St. Pölten als Sieger hervorging, war es klar, dass nun sukzessive die niederösterreichischen Dienststellen, sowohl der Gesetzgebung als auch der Verwaltung, Wien verlassen würden. Nach dem Bau des Regierungsviertels in St. Pölten waren die Zentren der niederösterreichischen Politik in der Wiener Herrengasse funktionslos geworden. Sowohl für das historisch äußerst bedeutsame Landhaus als auch für das Gebäude der Landesregierung musste eine Nachnutzung gefunden werden.
In das Gebäude der Landesregierung (Herrengasse 11) zog das österreichische Außenministerium, das nach Jahren eines gewissen Verdrängungswettbewerbs im Bundeskanzleramt nun alle seine Abteilungen in einem Haus konzentrieren konnte.
Das historisch wichtigere Gebäude, das Landhaus, das ebenso wie die Landesregierung im Besitz des Landes Niederösterreich verblieb, fungiert nunmehr gleichsam als Botschaft Niederösterreichs in der Bundeshauptstadt. Unter der Bezeichnung „Palais Niederösterreich“ wird es vielfach für Veranstaltungen, Ausstellungen und besondere Auftritte des Landes in der Bundeshauptstadt genutzt. Damit blieb die historische Kontinuität erhalten. Denn das Landhaus spielte nicht nur in der Geschichte Niederösterreichs eine bedeutsame Rolle, sondern war auch für die Geschichte ganz Österreichs von größter Wichtigkeit.
1513 hatten die niederösterreichischen Stände das ehemals Liechtenstein’sche Haus erworben, es nach und nach ausgebaut und für die steigenden Bedürfnisse erweitert. Hier fanden die jeweiligen Erbhuldigungen für den Erzherzog statt, hier war das Herz des politischen Lebens des Landes. 1710 ging der Auftrag an Antonio Beduzzi für das Deckenfresko des Festsaales; für die „Apotheose Austriae“ erhielt er 2.400 Gulden Honorar. Die Landhauskapelle, im Renaissancestil gehalten, war im 16. Jahrhundert das kulturelle und religiöse Zentrum des protestantischen Wiens. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gestaltete Alois Pichl für den gesamten Baukomplex eine einheitliche klassizistische Fassade.
Vom Hof des Niederösterreichischen Landhauses nahm 1848 die Revolution ihren Ausgang, hier verlangte der Arzt Adolf Fischhof eine Konstitution, nachdem er die Rede des ungarischen Revolutionärs Ludwig Kossuth verlesen hatte. Im niederösterreichischen Landhaus wurde zweimal, nach dem Ersten und nach dem Zweiten Weltkrieg, die Republik Österreich gegründet bzw. wieder begründet. Am 21. Oktober 1918 traten im Landhaussaal die deutschsprachigen Abgeordneten des Reichsrates der österreichischen Reichshälfte zusammen. Auf Grund der Erklärung von Kaiser Karl vom 16. Oktober, in der er auf jeden Anteil an den Regierungsgeschäften verzichtet hatte, beschlossen sie die Gründung eines deutschösterreichischen Staates und erklärten sich zur Provisorischen Nationalversammlung dieses Staates. Die Versammlung bestand aus 65 Vertretern der Christlichsozialen Partei, 37 Sozialdemokraten und 106 deutschnationalen und liberalen Abgeordneten. Am 24. September 1945 fand im Landhaussaal die erste so genannte Länderkonferenz statt. Vertreter alle österreichischen Bundesländer fanden sich erstmals nach Kriegsende zusammen, um über die künftige Gestaltung des vierfach besetzten Landes zu beraten. Primär wurde die provisorische Regierung Karl Renners von allen Bundesländern anerkannt. Zwei weitere Länderkonferenzen fanden im Oktober statt, sie widmeten sich der Abhaltung der ersten Nationalratswahlen nach dem Krieg.
1010 Wien, Herrengasse 11 und 13 (Autobus 1 und 2)