Читать книгу Sommer war es - Iselin C. Hermann - Страница 9

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Großmutter hat mich sogar in Kopenhagen abgeholt. Der Breite in Kopenhagen, das ist ein so merkwürdiger Anblick wie ein Indianer im Supermarkt oder die Palastwache auf einem Acker. Der Breite gehört auf die kleinen Straßen zwischen der Bahnstation und dem Hof, und natürlich nach Helsingör, wo die Großmutter einkauft und wo sie und ich auf dowdy gehen, das nennt sie so, wenn sie und ich uns vergnügen.

Ganz, ganz früher hat einmal ein Prinz im Schloß von Helsingör gewohnt, er war ein bißchen verrückt und hieß Hamlet. Er ist mit einem Totenschädel in der Tasche herumgelaufen, er hat ihn immer wieder mal herausgeholt und mit ihm gesprochen. Sie müssen damals große Taschen gehabt haben, denn auf den Bildern, die es davon gibt, sieht er nicht aus wie ein Schrumpfkopf.

Normalerweise gehen wir erst einkaufen, und dann gehen wir auf dowdy. Sie nimmt mich an der Hand, weil wir in Helsingör sind, wo es Autos gibt, und ich muß immer bei ihr bleiben.

Ding. Dong. Die Türglocke vom Kaffeehändler Hassing klingt, wie es bei ihm riecht: braun und bittersüß.

»Guten Tag Frau Direktor und guten Tag meine Kleine!«

Ich finde es ausgesprochen merkwürdig, daß der Kaffeehändler die Großmutter so nennt. Großvater ist doch der Direktor, wie kann sie dann Frau Direktor sein? Und was, wenn Großvater Müllmann gewesen wäre? Und das mit dem Direktor, das ist er eigentlich nicht, wenn er zu Hause auf dem Hof ist und seine abgetragenen Arbeitskleider anhat, dann ist er hauptsächlich mein Großvater.

»Was können wir heute für Sie tun?«

Der Kaffeehändler Hassing strotzt vor Wohlstand und Freundlichkeit, er nimmt den Deckel von einem großen Glasgefäß. Es ist so groß, weil die Bonbons, die drin sind, die größten Bonbons sind, die ich je gesehen habe. Die Althea-Bonbons schmecken am besten, aber ich mag es nicht, daß Großmutter sie »Halts-Maul-Bonbons« nennt, das Wort paßt nicht in ihren Mund. Merkwürdig, daß sie es nicht selbst hört. Ich grabe in dem Gefäß nach einem Althea-Bonbon. Und ich werde es nie mehr machen! Großmutters Augen blitzen und der Blick bedeutet: »Würdest du das bitte bleibenlassen!« Der Blick ist schrecklich, und man kann ihn nicht mißverstehen. Ich werde zu einem geschmolzenen, schmierigen Klacks auf dem Linoleum von Kaffeehändler Hassing.

»Was ist denn los?« Das Lächeln von Hassing ist ein Briefschlitz in einem viereckigen Gesicht, die Stimme so hellbraun wie sein Kittel. »Möchten wir heute kein Bonbon haben?«

Wie kann er nur so was fragen? Er muß doch sehen, daß dieser Blick mich zu Boden geschleudert hat und ich nur noch mit dem Kopf schütteln kann.

Großmutter kauft gebrannte Mandeln, getrocknete Pflaumen, dunkel gerösteten Java, eingelegten Ingwer, Pomeranzen, dunkle Schokolade und kandierte Veilchen. Alles an ihr ist geröstet, gebrannt, getrocknet und delikat. Die Räder der Kaffeemühle werden von einem großen Gummiriemen angetrieben, und wenn die letzten Bohnen in den Trichter fallen, macht es ein klirrendes Geräusch.

»Kann das kleine Fräulein etwas tragen?« fragt Hassing, und das kann das kleine Fräulein, das Päckchen ist klein und leicht, in Packpapier eingewickelt und sorgfältig kreuz und quer mit einer Schnur zugebunden und mit einem Trageholz versehen, das trocken in meiner Hand liegt.

Ding. Dong. Merkwürdig, daß es nicht andersherum klingt, wenn man den Laden verläßt!

Der Kaufmann Brammer ist weniger viereckig, nicht so groß, aber genauso freundlich, sein Kittel ist blau und paßt zu seiner Nase. Wir reden nicht über das beim Kaffeehändler Hassing, und als Großmutter fünf Flaschen rote Brause verlangt, weiß ich, daß sie mir vergeben hat. Aber als der Kaufmann fragt, ob die kleine Helferin etwas haben möchte, schaue ich doch zur Großmutter hoch, ehe ich mich traue, ja bitte zu sagen. Beim Kaufmann Brammer ist es auch einfacher, die Marienkekse sind alle gleich. Ich nehme natürlich den obersten, und ich darf noch einen für die andere Hand nehmen. Ich muß das Trageholz loslassen, es ist inzwischen klebrig warm und dunkel geworden.

Fleisch und Fisch, Milch und Brot kaufen wir nicht, weil Marinus zweimal pro Woche mit dem Brotauto kommt, das Fischauto von Hornbaek kommt auch, Fleisch haben wir selbst und Milch natürlich auch.

Sommer war es

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