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7 - Finnigan

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Als Roan verschwindet, widme ich mich Ravass, der vollkommen kraftlos in seinen Ketten hängt und aufgrund der Folter kein Wort herausbekommt. Sein Oberkörper ist nackt, getrocknetes Blut klebt auf seiner Haut, und seine Wunden sind mit einer schwarzen Kruste überzogen, als hätte sie jemand verätzt. Seine Lider sind geschlossen und rote Flüssigkeit rinnt aus den tieferen Kratzern hinab, die er sich zugezogen hat, als er sich vorhin wehrte. Die Haut hat eine unnatürlich graue Farbe angenommen, als wäre sein Körper blutleer.

»Rede mit mir«, fordere ich ihn auf, doch er reagiert nicht.

Angestrengt versuche ich ihn mit meiner Fußspitze zu berühren, doch ich bin zu weit weg.

Möglicherweise könnte Ravass auch das Bewusstsein verloren haben, da ich ihn noch nie so schreien gehört habe. Woraus besteht diese Flüssigkeit? Säure?

Roan sprach von Experimenten. Doch welcher Art?

Meine Hände fühlen sich taub an, da sie durch mein Gewicht und die engen Fesseln gequetscht werden. Ich kann mir wohl nicht annähernd vorstellen, was Ravass durchmachen musste, doch seine Schreie und die Versuche, der Qual zu entkommen, werde ich nie wieder vergessen.

Ich lege den Kopf gegen die kühle Steinwand hinter mir und gebe mir Mühe, mich nicht von dem Gedanken einschüchtern zu lassen, dass Roan morgen meinen Körper quälen wird. Bereits jetzt läuft es mir eiskalt den Rücken hinab, wenn ich nur daran denke, wie er Ravass’ Bauch aufgeschnitten hat, um die Flüssigkeit hineinfließen zu lassen.

Vermutlich wäre es für mich viel schlimmer als für Ravanea und Ravass. Die beiden wissen, wie es sich anfühlt, gefoltert zu werden, doch ich bin in einem wohlerzogenen Haus groß geworden, habe Reichtum und Sicherheit genossen und bisher nur einmal den Tod überlebt.

Aber was ist schon eine ›Todesurteils‹-Rune gegen das hier?

Die Panik will sich einen Weg zu mir bahnen, doch ich reiße mich zusammen, um ihr nicht zu verfallen. Ravass und ich müssen so schnell wie möglich eine Lösung finden, bevor wir beide in diesen Gewölben verrotten.

Aufmerksam schaue ich mich im Raum um, entdecke jedoch nichts, was uns dabei helfen würde, uns von unseren Ketten zu befreien. Das Imperium scheint für alle Eventualitäten gewappnet zu sein. Selbst die Instrumente befinden sich auf der anderen Seite, so weit wie möglich von uns weg.

Ich schaue wieder auf den Tisch, auf dem Ravass vorhin gefoltert wurde. An der Seite der verrosteten Metallfläche erkenne ich einen merkwürdigen, dünnen Stift, der die Oberfläche wohl fixiert. Wenn ich diesen herausziehen könnte, wäre es mir zumindest möglich, jemanden damit zu verletzen oder sogar das Schloss meiner Fesseln aufzubrechen, da diese nicht mit Magie versehen sind.

Auch wenn es die Rune an meinem Hals nicht zulässt, bemühe ich mich dennoch, meine Todeskriecher-Kräfte zu aktivieren.

Am anderen Ende des Tisches hängen an mehreren Nägeln geordnet Runenplaketten, von denen ich wissen muss, ob uns eine nützlich wäre. Mit einer normalen Sicht werde ich die Runen nicht lesen können, doch mit meinen geschärften Sinnen wäre es möglich, sie zu entziffern.

Durch die Anstrengung halte ich irgendwann die Luft an. Hitze überkommt mich, die ich eigentlich als Todeskriecher gar nicht spüren dürfte. Trotz allem läuft mir der Schweiß an den Schläfen hinab, und die Rune am Hals wehrt sich gegen den Versuch, an meine Kräfte heranzukommen. Sie beginnt zu brennen, als warnte sie mich vor meinem Vorhaben, doch ich ignoriere sie.

Mein Brustkorb droht zu platzen, genau wie mein Kopf, in dem sich ebenfalls Hitze sammelt. Ich spanne meine Arme an und rufe in mir immer wieder nach meinen Fähigkeiten.

Gerade als meine Energie zur Neige geht, wechselt meine Sicht zwischen nah und fern. Wie ein Deckel, der auf- und zuklappt, tauchen meine Kräfte kurz auf, bevor sie wieder verschwinden.

Ich nutze dieses kleine Schlupfloch aus und lese bei jeder Chance eine Rune nach der anderen ab. Drei von ihnen sind unnütz und bezwecken nur, dass man eine Apparatur aktiviert. Aber bei der nächsten erkenne ich eine ›Heilungs‹-Rune, die zumindest unsere groben Wunden beseitigen würde.

Die folgende lässt mich einen kleinen Freudenlaut ausstoßen, was eine Mischung aus Keuchen und Atmen ist. Es handelt sich dabei um eine ›Entsieglungs‹-Rune, die all meine Todeskriecher-Kräfte zurückbringen könnte.

Wenn ich diese in die Finger bekäme, wäre es mir möglich, Ravass und mich hier herauszubringen und anschließend nach Rave zu suchen.

In meinem Kopf nimmt langsam ein Plan Gestalt an, und auch wenn ich erst einmal die Folter überstehen muss, um an den dünnen Metallstift zu kommen, der glücklicherweise in der Nähe meiner Fesseln liegt, fühlt es sich unbeschreiblich gut an, ein Ziel zu haben.

»F-F-i-n-n«, krächzt Ravass neben mir mit solch schwacher Stimme, dass mich der Drang überkommt, ihm augenblicklich zu helfen. »Bi-st du-u da?«

Großer Schöpfer, was ist nur los mit ihm? Ist dieses Zeug schuld an seinem Zustand, das von Roan in seine Wunden getröpfelt wurde? »Ich bin hier«, flüstere ich und hätte gerne meine Hand auf seine Schulter gelegt, um ihm zu zeigen, dass er nicht halluziniert.

»M-ir ist so üb-el.« Noch im selben Moment dreht er den Kopf zur Seite und würgt Blut und Schleim hervor, wovon ein Teil jedoch über seinen Arm läuft.

Wie kann man jemanden nur so fertigmachen? Ich bin mir nicht einmal mehr sicher, ob Ravass überhaupt wirklich bei Bewusstsein ist, denn nach seinem Würgen sackt sein Kopf zur Seite.

»Ravass?«

Keine Antwort.

Wenn ich morgen in denselben Zustand gebracht werde, wie soll ich dann meine Fesseln lösen? Ich werde uns unmöglich hier herausschaffen können.

Aber ganz gleich, wie sehr Roan mich auch foltern wird, irgendwie muss ich mich zusammenreißen, um meinen Plan zu erfüllen. Denn wenn nicht, dann war’s das.

Dann ist das hier unser Grab.

Es vergeht mindestens ein Tag. Mittlerweile sehne ich mich nach Essen und Trinken. Meine Lippen sind aufgerissen und trocken. Mein Mund fühlt sich an, als hätte ich Holzspäne verschluckt.

Ravass’ Zustand wechselt ständig zwischen ohnmächtig und bei Bewusstsein. Er leidet an einem hohen Fieber, das sich vor ein paar Stunden angekündigt hat. Ständig faselt er merkwürdige Sachen, die überhaupt keinen Sinn ergeben. Er halluziniert und würgt immer noch Blut und Schleim hervor.

Ich würde ihm so gerne helfen, aber meine Fesseln lassen es nicht zu, dass ich ihn berühre. Er reagiert auf keines meiner Worte und sackt ununterbrochen in sich zusammen, als würde er gegen eine Ohnmacht ankämpfen. Letztendlich ist sein Körper zu schwach, um sich aufrecht zu halten.

Schließlich taucht Roan wieder mit seinen Soldaten auf und er sieht sich Ravass genauer an. Grübelnd reibt er sich über das Kinn und stößt seinen Gefangenen an der Schulter an. »Ich bin wirklich erstaunt, dass er die Nacht überlebt hat. Vielleicht hat er doch das Zeug dazu, ein neues geglücktes Experiment zu werden.«

Sterben seine Opfer normalerweise bereits nach dem ersten Prozess? Großer Schöpfer, was ist das für ein Zeug, das er in die Wunden fließen lässt? Ob es sich doch dabei um eine spezielle Säure handelt?

»Bringt ihn in seine Zelle, und ein Heiler soll sich um ihn kümmern. Wenn er dann in ein paar Tagen wieder auf den Beinen ist, machen wir weiter.«

Weiter?!

Sieht er nicht, dass Ravass vor der Schwelle des Todes steht? Er kann ihm das doch kein zweites Mal antun! Wie gern ich meine Todeskriecher-Klauen um seinen Hals schlingen und den miesen Bastard töten würde.

»Jawohl!«, rufen die zwei Soldaten, lösen die Ketten von Ravass und tragen ihn aus dem Raum fort.

Mit zunehmender Panik sehe ich ihm nach, bis er im Gang von der Dunkelheit verschluckt wird.

»Bringt ihn auf den Tisch«, befiehlt er den Männern, die sich an meinen Fesseln zu schaffen machen.

Gerade als sie meine beiden Handgelenke lösen, nutze ich die Gelegenheit und wehre mich gegen die Griffe der Soldaten. Doch sie müssen eine ›Stärke‹-Rune anwenden, denn ihre Kraft erscheint mir unmenschlich.

»Spar dir deine Energie für den Prozess«, rät mir Roan grinsend, bevor sie auch meine Füße lösen und mich zum Tisch schleifen.

Ich höre jedoch nicht auf ihn und beginne nach den Soldaten zu treten, woraufhin ich einen heftigen Fausthieb abbekomme, der meinen Kopf zur Seite schleudert. Die Stelle pocht unangenehm auf meiner Wange und hinterlässt ein schmerzhaftes Hämmern.

Auf dem Tisch werde ich wie Ravass zuvor fixiert, und Roan entfernt mein schweißdurchtränktes Hemd.

Als er die weißen Runen unter meiner Haut erblickt, fährt er mit dem Finger darüber und funkelt diese begeistert an. »Wirklich eine außergewöhnliche Erfindung von Nura. Wir hatten schon einmal einen Schatten in unseren Händen und versuchten seine Runen an uns zu nehmen, doch sie lösen sich in Luft auf, sobald sie vom Körper entfernt werden.«

Damit muss Nura die Macht der Runen sichern. Aber wie stellt sie diese dann wieder her, wenn sie dadurch zerstört werden? Ob sie selbst auch Runen schmieden kann? Es entzieht sich meiner Vorstellungskraft, Nura mit einem Schmiedehammer in der Hand arbeiten zu sehen. Würde sie sich überhaupt die Mühe machen? Vielleicht gibt es einen einfacheren Weg. Falls ich hier jemals wieder herauskomme, will ich sie das unbedingt fragen.

Meine Arme und Beine werden an dem Tisch festgesurrt, sodass ich nur wenig Freiraum habe, um mich in gewisse Richtungen zu drehen. Doch meine Hand schafft es über den Rand hinaus zu greifen, sodass meine Fingerspitzen den dünnen Metallstift berühren, der in einer Kerbung steckt.

Roan wird wieder ein Messer gereicht, mit dem er sich an meinem Bauch zu schaffen macht. Er legt die kalte Klinge an meine Haut, und ich presse bereits meinen Körper auf den Tisch, um mich auf den kommenden Schmerz vorzubereiten.

»Übrigens haben wir mit deiner reizenden Ravanea zusammen gespeist«, erzählt er unverhofft und ich horche sofort auf. »Ich muss zugeben, sie ist eine sehr hübsche Frau, wenn man ihre Narben verdeckt und den Dreck aus ihrem Gesicht beseitigt. Wusstest du eigentlich, dass ihre Mutter eine Adlige gewesen ist?«

Rave entstammt einer Adelsfamilie? Warum hat das Imperium nie etwas erwähnt? Selbst damals, als man sich auf die Suche nach ihr begab, hieß es immer nur, ihre Eltern seien Bauern aus ärmeren Kreisen gewesen.

Doch was tat sie bei Roan? Was hat dieser kranke Bastard mit ihr vor?

Bevor ich das allerdings fragen kann, hat er bereits die Klinge in meinen Körper gerammt, um meine Haut Stück für Stück aufzureißen. Ich unterdrücke einen Schrei, spanne all meine Muskeln an und wehre mich gegen die Fixierung am Tisch.

Als er das Messer endlich anhebt, gebe ich ein angestrengtes Keuchen von mir und beobachte, was Roan als Nächstes tut. »Allerdings hat sie meinen Vater sehr verärgert, sodass sie nun erst einmal die nächsten Wochen nicht fähig ist, ihre Hand zu nutzen.«

Was?!

Dieser erbärmliche Mistkerl! Wer ist sein Vater? Etwa der Imperator? Und wieso hat er ihre Hand zertrümmert?

»Du kranker …«, knurre ich zwischen meinen zusammengepressten Lippen hervor, doch bevor ich weitersprechen kann, erkenne ich bereits, wie die violette Flüssigkeit auf meine Wunde tropft.

Keine Worte dieser Welt könnten den Schmerz beschreiben, den ich in diesem Augenblick empfinde. Die Qual ist schlimmer als Säure, da sie eine Mischung aus Feuer und einem Pochen ist, die sich durch sämtliche Organe bohrt. Es fühlt sich an, als würde mir jemand bei lebendigem Leib die Haut abziehen und darunter alles mit flüssigem Eisen von meinen Knochen schmelzen.

Mir entfährt ein so leidvoller Schrei, dass meine Kehle rau und wund wird. Ich stemme mich gegen die Fesseln. Durch meine Kraft bekomme ich das Gefühl, meine Muskelstränge würden zerreißen. Ich winde mich, will dem Schmerz entkommen und schließe die Lider, als mir Schweißperlen in die Augen rinnen.

Der Schmerz verebbt nicht, sondern gräbt sich nur noch tiefer in meine Eingeweide. Tränen fließen meine Wangen hinunter und ich habe das Gefühl, sterben zu wollen. Diese Qual kann man nicht aushalten, zumindest nicht lange.

»Vielleicht sollte ich Ravanea mal mitbringen. Sie würde das hier bestimmt zu gern sehen«, höre ich zwischen meinen Schreien heraus.

Nein. Rave darf das hier niemals sehen. Sie würde daran zerbrechen, sich ihr Leben lang Vorwürfe machen und diese grauenvollen Bilder nie wieder aus ihrem Kopf bekommen. Sie hat mir damals das Versprechen gegeben, mir in den Tod zu folgen, wenn ich dieses Mal endgültig sterben sollte. Aber sie darf sich nicht das Leben nehmen, wenn so viel mehr auf dem Spiel steht. Nura, Iain und der Erbauer brauchen ihren fehlenden Teil, damit sie gemeinsam dieses Scheusal von Imperator töten können.

Anders gesagt: Ich darf nicht aufgeben und sterben. Ich muss kämpfen und verhindern, dass wir alle hier in Baltora untergehen.

Obwohl ich kein zweites Mal durchhalten werde, reiße ich mich dennoch zusammen. Meine Kraft neigt sich dem Ende zu, während Roan mir bereits den zweiten Schnitt zugefügt hat.

»Du wirst etwas ganz Besonderes sein, Finnigan. Eine Bestie, wie es sie noch nie gegeben hat.«

Erneut droht die violette Flüssigkeit in meine Wunden zu laufen, doch ich umfasse den dünnen Stift mit meinen zwei längsten Fingern und ärgere mich im selben Moment, dass ich ihn nicht herausbekomme. Die Fesseln sind zu stramm angezogen, sodass ich es nicht schaffe, ihn aus der Kerbung zu lösen.

Der qualvolle Prozess wiederholt sich, als die Flüssigkeit meine Wunde trifft und sich durch alles hindurchfrisst. Ich schreie mich heiser, bis aus meiner Kehle nur noch ein Röcheln dringt und mir speiübel wird.

Meine Kraft hat mich mittlerweile so gut wie verlassen, sodass ich nur noch zögerlich und schubweise meine Muskeln bewegen kann. Doch als Soldaten die Fesseln an meiner Hand lösen wollen, rutsche ich mit dieser näher zum Stift heran, um ihn in den wenigen Sekunden, die mir gegeben werden, unauffällig aus der Kerbung zu reißen.

Als die Soldaten ein Auge auf meine Bewegung werfen, lasse ich es so aussehen, als wäre ich am Tisch abgerutscht, während sie mich anheben. Ich verstecke den dünnen Metallstift zwischen meinen Fingern und tue so, als wäre ich der Ohnmacht nahe – wovon ich allerdings auch in Wahrheit gar nicht so weit weg bin.

Die Männer transportieren mich zu meinen Fesseln und befestigen mich wieder. Dieses Mal lassen sie die Ketten locker, damit ich mich mit dem Hintern auf den Boden fallen lassen kann, was ich innerlich als kleinen Sieg bejuble, da sich das Schloss so besser aufknacken lässt.

Roan beugt sich noch einmal zu mir herunter. »Du bist standhafter als dein Freund«, bemerkt er. »Vielleicht liegt das auch an deinen Todeskriecher-Kräften, die den Schmerz hemmen.«

Auf sein Gesicht stiehlt sich ein diabolisches Grinsen, das mir eine Gänsehaut über den Körper jagt. Wie gern ich diesen Kerl einfach töten würde.

»Du könntest ein sehr interessantes Projekt werden«, sagt er zum Schluss, bevor er sich erhebt und mit den Soldaten aus dem Raum verschwindet.

Ich warte noch eine Weile, um sicherzugehen, dass sie wirklich weg sind. In meinen Ohren rauscht das Blut, und meine gesamten Muskeln beben. Dabei fällt es mir schwer, den dünnen Metallstift in der Hand zu behalten.

Um mir die Arbeit zu vereinfachen, drehe ich mich auf die Seite und versuche meine Fesseln an den Händen mit dem dietrichähnlichen Stück zu öffnen. Doch diese Aufgabe stellt sich als schwieriger heraus, als ich anfangs dachte.

Ich bekomme ständig heftige Krämpfe im Bauchbereich, die mich aufschreien lassen. Meine Arme nehmen mit der Zeit genau wie bei Ravass eine graue Farbe an. Das Atmen fällt mir schwer und irgendwann beginnt meine Welt zu wanken.

Verdammter Mist! Was stellt die Flüssigkeit mit mir an?

Ich wende mich, so weit es die Fesseln zulassen, auf den Rücken, merke jedoch, dass mir speiübel wird. Schließlich habe ich keine andere Wahl und neige mich zur Seite, um mich zu übergeben. Mehr als Schleim und Blut ergießt sich allerdings nicht auf den Boden.

Nach mehreren Minuten der Stille ergeht es mir immer schlimmer. Mein Körper erhitzt sich und ich habe das Gefühl zu glühen. Die Schnitte brennen wie Feuer, ich halte die Schmerzen kaum aus. Wehleidige Laute entfliehen mir, als ich mich hilflos von einer Seite auf die andere drehe. Das Metallstäbchen muss irgendwann meinen Fingern entglitten sein, da ich es nicht mehr festhalte.

Aus meinen Augen treten Tränen, die meine Wange hinunterkullern. Sosehr ich mich auch bemühe, einen klaren Gedanken zu fassen, die Qual lässt es nicht zu. Also tue ich etwas, um nicht den Verstand zu verlieren.

Ich denke an Rave, an unsere gemeinsame Reise, an unser erstes Treffen in Massott. Wie der Griff nach einem letzten Strohhalm klammere ich mich an unsere Erinnerungen, an das Gefühl, damals das Richtige getan zu haben, als ich mich entschied, Rave zu folgen. In meinem Kopf male ich mir ihre Gestalt aus, halte diese fest, als wäre es das Letzte, an das ich denken will, bevor ich sterbe.

»Es tut mir leid«, entfährt es mir erneut. »Ich mach’s wieder gut. Versprochen.«

Schließlich schlafe ich trotz der Pein ein und bin froh darüber, für den Moment dem Leiden zu entkommen.

Wächter der Runen (Band 3)

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