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9 - Finnigan

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Es vergehen zwei oder drei Tage. Ich kann es nicht genau sagen, da ich hier unten jegliches Zeitgefühl verliere.

Sie geben uns Brotreste oder Gammelfleisch zu essen, was ich nur mit viel Mühe hinunterschlucken kann. Als Todeskriecher brauche ich zwar keine Nahrung aufzunehmen, doch in meinem derzeitigen Zustand habe ich keine andere Wahl. Meine Fähigkeiten werden noch immer durch die Rune am Hals unterdrückt, was dazu führt, dass ich auch wie ein Mensch überleben muss – trotz meines untoten Daseins.

Direkt nach dem Folterprozess durch Roan haben meine Kräfte versagt, und als ich wieder aufwachte, um nach dem Metallstab zu suchen, der meine Fesseln geöffnet hätte, bemerkte ich, dass dieser verschwunden war. Entweder hat ihn eine der Wachen gefunden und entsorgt oder sogar Roan persönlich, als er wieder nach mir sehen wollte. Meine Chance ist damit verstrichen, auf diesem Weg zu entkommen.

Ravass’ Zustand verschlimmerte sich. Er kehrte nach einem Tag wieder zu mir zurück und musste eine weitere Folter durchhalten. Danach wirkte er verändert, so als wäre sein Geist abwesend oder durch die Schmerzen verstummt.

Er starrt seitdem vor sich hin, und das Blut, das an ihm hinunterläuft, scheint ihn nicht mehr zu stören. Ich weiß nicht einmal, ob er Schmerzen empfindet, und wenn doch, weshalb er sie nicht mehr zeigt.

Seit Stunden rede ich auf ihn ein, doch jeder Versuch scheitert.

Als Roan erneut auftaucht, ist mir klar, dass ich nun wieder an der Reihe bin, die schlimmsten Schmerzen auszuhalten, obwohl sich mein Körper alles andere als bereit fühlt.

Mir wird speiübel bei dem Gedanken, auf den Tisch zurückzumüssen.

»Was habt ihr mit Ravass gemacht?«, brülle ich, während die Wachen meine Fesseln lösen und mich von meinem Platz hochheben.

Roans dunkle Augen funkeln vor Begeisterung. »Mein Elixier schlägt endlich bei ihm an.«

»Was soll das heißen?«, hake ich einfach weiter nach.

Er hebt vielsagend den Zeigefinger und begleitet mich bis zum Tisch, worauf ich erneut angekettet werde. »Das bedeutet, dass Ravass mutiert. Zu einer Art … Bestie.«

»Was?!«, entfährt es mir entsetzt.

Eine Bestie? So ein Monster, von dem uns Nura damals erzählt hat? Eine Kreatur aus den Tiefen von portes tenebra?

Aber was wird dann aus mir? Ich will kein Monster werden, das später Freund und Feind nicht mehr unterscheiden kann und sinnlos Menschen tötet. Großer Schöpfer! Dann ist diese Bestie, von der alle in Baltora reden, eines von Roans Experimenten?

Ich kriege fast keine Luft mehr. »Du bist ein kranker Bastard, Roan!«

Er lacht amüsiert. »Nichts ist schöner als die Veränderung eines menschlichen Körpers. Er kann so viele verschiedene Formen annehmen, wenn man ihm nur das richtige Mittel gibt.«

Nein, nein, nein! Ich will keine Bestie werden! Niemals! Dann sterbe ich lieber als Todeskriecher, statt zu etwas Entstelltem zu mutieren, das ich nicht bin.

Panik wallt in mir auf und ich versuche mich von den Fesseln zu lösen.

Verliert man zuerst seinen Verstand, bevor man selbst merkt, dass man längst zu einem Monster geworden ist? Spricht Ravass deswegen nicht mehr mit mir? Vielleicht ist das auch gar nicht mehr Raves Bruder.

Doch es gibt keine Chance, zu entkommen. Roan setzt erneut seine Klinge an meinen Bauch und reißt die verkrusteten Wunden auf, um seine seltsame Tinktur in mich hineinfließen zu lassen.

Ich schreie dabei so laut, als gäbe es kein Morgen mehr. Die Ketten klackern, als ich mich gegen den Schmerz wehre. Meine Beine strampeln wild, während meine Arme alles daransetzen, die grauenvollen Fesseln von mir zu reißen.

Aber nichts hilft. Die Rune an meinem Hals ist zu stark und wurde wohl während meines Schlafes erneuert. Denn je mehr ich meine Kräfte herbeirufe, desto stärker wird das Brennen auf meiner Haut.

Der Prozess kommt mir wie eine Ewigkeit vor, und mein Körper fühlt sich wie verprügelt an. Durch meine Muskeln zuckt nur noch ein Krampf nach dem anderen. Ich bin nicht einmal mehr imstande, mich aufrecht zu halten, als sie mich zurück an meinen Platz bringen.

Magensäure und Blut stoßen mir auf, als ich zur Seite falle und mich erneut übergeben muss.

Roan neigt sich zu Ravass herab und brennt ihm eine Plakette in die Arme, deren Symbol mir unbekannt ist. »Mal sehen, ob es schon wirkt.«

Er beschwört die Magie der Rune herauf, und Ravass’ Körper verkrampft sich. Er beugt sich nach vorne, an seinen Oberarmen drücken sich seine Adern deutlich hervor. Was auch immer diese Macht mit ihm anstellt, er muss unvorstellbar innerlich leiden, auch wenn er es äußerlich nicht preisgibt. Seine flehenden Augen verraten die Wahrheit.

Schließlich werde ich Zeuge von einer beängstigenden Entwicklung. Ravass beginnt zu brüllen, und seine Muskeln fangen an zu wachsen. Sie werden sogar so übermächtig, dass sie die Fesseln sprengen und sich sein Rücken merkwürdig verkrümmt. Schließlich nehmen seine Beine und Arme die gleiche Länge an und er wird doppelt so groß wie Roan, der mit voller Begeisterung vor ihm steht und das Spektakel beobachtet. Ravass’ Kopf stößt gegen die Decke, wobei Staub herunterfällt.

Ravass schreit noch immer und ich erkenne, wie sich sein Mund zu einem Maul verformt. Seine Zähne werden spitzer, wie die eines Wolfes. Das Weiß seiner Augäpfel verschwindet ganz, als die schwarzen Pupillen riesig zu werden scheinen.

Er sieht einfach entsetzlich aus. Wie ein Monstrum, das halb Mensch, halb Tier ist. Seine Füße gleichen nackten Bärentatzen, und seine Arme ähneln denen der riesigen Gorillas von den Königsinseln. Der Anblick bereitet mir eine solche Angst, dass ich mit meiner letzten Kraft zurückweiche und nicht glauben kann, was für ein Monster Roan aus Ravass gemacht hat.

»Er ist noch nicht fertig. Ihm fehlen noch einige Körperteile«, gibt Roan recht unzufrieden von sich und aktiviert erneut die Rune, die Ravass wieder zurückverwandelt.

Die Muskeln schrumpfen, der Rücken wird gerader und die animalischen Züge bilden sich zurück.

Wie kann man einem Menschen nur so etwas antun? Kora hatte recht, was das angeht. Diese grauenvolle Gestalt ist weitaus schlimmer als der Tod oder irgendwelche Folter. Ich hoffe, dass Ravass wirklich nicht mitbekommt, was Roan aus ihm gemacht hat. Wenn tatsächlich sein Verstand bereits benebelt wurde, ist es vielleicht sogar eine Erlösung für ihn.

Aber wie zum Henker soll ich aus diesem Gewölbe flüchten, wenn ich selbst kurz davorstehe, zu einer solchen Bestie heranzureifen? Wann setzt mein Verstand aus? Wie lange habe ich noch Zeit?

Als Ravass wieder seinen alten Körper besitzt, sackt er in sich zusammen und bleibt regungslos auf dem Boden liegen. Die Soldaten besorgen neue Ketten und Fesseln, die sie an der Wand und dann an Ravass befestigen.

»Ein wunderschöner Anblick«, meint Roan. »Irgendwann werden diese Bestien in ganz Amatea verstreut sein.«

Was für eine kranke Vorstellung. Mutierte Menschen, die Menschen beherrschen. Vermutlich nutzen sie diese, um den Krieg gegen Oceana zu gewinnen. Wie stark ist eine solche Kreatur? Wie viel Schaden kann sie anrichten?

Roan verschwindet mit seinen Leuten und ich sinke ebenfalls auf dem Boden zusammen. Mit einem Schlag wird mir bewusst, wie hoffnungslos all das hier ist. In meinem jetzigen Zustand werde ich es nicht einmal schaffen, einen Dietrich zu benutzen, um meine Fesseln zu lösen. Selbst wenn er noch neben mir läge, besäße ich nicht die Kraft dazu, ihn aufzuheben.

Tränen treten in meine Augen und ich blicke zur kalten, finsteren Decke hinauf. Das hier ist mein Grab. Ich werde genau wie Ravass zu einem Monstrum mutieren, Menschen töten und zum Ende der Welt beitragen.

Ist das wirklich mein Schicksal? Nach allem, was ich durchgemacht habe?

Mein Brustkorb hebt und senkt sich. Ich kämpfe erneut gegen die Übelkeit an und versuche die Angst um mein Leben in den Griff zu bekommen.

Erst wenn man merkt, wie sehr man wirklich am Boden ist, und die Wahrheit hinter der Situation erkennt, in der man steckt, wachsen in einem die Zweifel.

Sie ernähren sich wie ein Parasit von mir, flüstern mir immer wieder zu, wie aussichtslos meine Lage ist.

Während meines inneren Kampfes, in dem ich mich bemühe, nicht vollkommen den Verstand zu verlieren, regt sich plötzlich Ravass. Er zieht meine Aufmerksamkeit auf sich und ich kann dadurch meine Zweifel beiseitedrängen.

»Finn«, krächzt er und dreht sich mit Mühe zu mir um. Wir liegen beide auf der Seite, meine Augen sehen in seine. »Ich habe es gespürt.«

Mein Atem geht unregelmäßig, als ich mir wieder seine grauenvolle Gestalt ins Gedächtnis rufe. »Was meinst du?«, keuche ich.

Seine Lider sind schwer, sie fallen ihm ständig zu. Er kämpft darum, seine Besinnung nicht zu verlieren. »Du weißt, wovon ich rede. Ich bin ein … bin ein …«, ächzt er schwach.

»Du bist kein Monster«, falle ich ihm ins Wort, um ihm seine Angst zu nehmen.

Aus seinem Mundwinkel tritt ein Blutrinnsal. Wie schrecklich muss es ihm wirklich ergehen?

»Doch, das bin ich. Eine Bestie. Ich habe gespürt, wie meine Arme wuchsen und mein Rücken sich krümmte.«

Dann habe ich nicht seinen Schmerz in den Augen gesehen, sondern seine Panik. Die Angst vor der Mutation. »Roan will die ganze Welt damit verseuchen.«

Ravass hustet, wobei Blutspritzer auf den kalten Pflastersteinen landen. »Ich weiß.«

Offensichtlich schmerzt ihn die seitliche Lage seines Körpers, sodass er sich auf den Rücken legt und tief ein- und ausatmet. Dabei wünschte ich mir so sehr, ihm helfen zu können und ihn von diesem menschenverachtenden Ort wegzubringen. Niemand von uns beiden hat ein solches Ende verdient.

»Weißt du, ich bin froh, dass Maria all das hier nicht mehr ertragen muss.«

Maria, seine Geliebte, die ich damals habe im Kerker sterben lassen, obwohl ich sie hätte retten können. Doch der Schatten in mir hielt ihre Rettung für überflüssig, da er nur die Aufgabe übertragen bekam, Ravass zu helfen. Selbst heute noch bereue ich, was ich getan habe.

Ich sollte zu einem Monster werden – nicht Ravass.

»So muss sie mich nicht als diese schreckliche Kreatur sehen oder mit dem Gedanken leben, dass ich nie wieder zurückkehre.« Er hält kurz inne, als würde er über etwas Wichtiges nachdenken. »Ich glaube zwar nicht an ein Leben nach dem Tod, aber wenigstens wäre ich danach frei.«

Meine Schuldgefühle zerfressen mich, während Ravass darüber philosophiert, wie schön das Ende sein kann.

Ich muss es ihm sagen. Wenn ich es nicht tue, werde ich mir das niemals verzeihen. Er hat es verdient zu wissen, was damals wirklich im Verlies von Massott passiert ist. »Ich bin schuld, dass Maria gestorben ist.«

Mein totes Herz verkrampft, als ich die Worte ausspreche, während Ravass verstummt ist. Seine Brust hebt und senkt sich, aber er öffnet noch immer nicht die Augen. Es vergehen mehrere Sekunden, in denen ich sehnlichst darauf hoffe, dass er antwortet.

»Es gibt nur einen Menschen, der Schuld an ihrem Tod trägt«, ächzt er und fährt sich über seinen mit Blut beschmierten Bauch. Darunter sind Dreck und Ruß gemischt. Da ich bereits so sehr an den Gestank hier unten gewöhnt bin, riecht alles einfach nur nach schwerem Eisen. »Sie kam meinetwegen ins Verlies. Ich habe sie dort hingebracht, weil ich sie liebte.«

Das darf er sich nicht einreden! »Als ich dich aus dem Gefängnis herausholen sollte, sah ich sie in einer der Folterkammern an den Ketten hängen. Ich hätte sie mit meinen Fähigkeiten retten können. Aber ich tat es nicht, weil …« Meine Stimme bricht und mich verlässt der Mut für den Moment. Ravass wird mich dafür hassen, was ich nun gestehe. »… sie mir als Schatten nicht wichtig genug erschien. Deswegen ließ ich sie sterben und floh nur mit dir aus dem Verlies. Als ich später zurückkehrte, war sie längst tot.«

Stille kehrt zwischen uns ein und Ravass hat noch immer nicht die Augen geöffnet. Er atmet schwer, doch sonst deutet nichts darauf hin, dass er wieder das Bewusstsein verloren haben könnte. Seine Muskeln zucken mehrere Male, während ich ihn erwartungsvoll ansehe.

»Eigentlich«, beginnt er mit rauer Stimme, »sind wir zwei uns ziemlich ähnlich, auch wenn ich dich am Anfang nicht ausstehen konnte.« Ein Lachen entfährt ihm, das jedoch durch das Blut in seiner Kehle in ein Husten übergeht. »Ich habe dich so sehr gehasst, als ich hörte, dass du meine Schwester entführt hast. Als Fiora mir die Auflage gab, Massott nie wieder zu verlassen, tat ich es dennoch und landete dafür im Verlies.«

Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich mir Rave geschnappt hatte und sie mitnahm. Sie war wirklich eine grauenvolle Begleiterin, doch wäre sie das nicht gewesen, hätte sie mich niemals zum Nachdenken gebracht. Eigentlich ist es ihr zu verdanken, dass ich mich damals für das Richtige entschieden habe, auch wenn es mir heute zum Verhängnis wird. Doch das war es mir wert.

Dafür habe ich Rave kennengelernt. Dafür habe ich sie lieben gelernt.

Eine Träne rinnt an meiner Wange hinab und tropft auf den kalten Stein unter mir.

»Maria versuchte ihren Vater dazu zu überreden, mich freizukaufen, doch als er erfuhr, dass ich nur ein unbedeutender Trunkenbold war, verbannte er sie und verriet sie ans Imperium als meine Gefährtin. Damit wurde sie genauso gestraft wie ich. Nur mit dem Unterschied, dass sie weniger wertvoll für das Imperium gewesen ist und daher den Foltermethoden nicht lange standhielt.« Ich erkenne, dass seine Wangen im Schein der seichten Kristallleuchte glänzen, was mir Aufschluss darüber gibt, dass er weint. »Wie du siehst, Kopfgeldjäger, bist nicht du an ihrem Tod schuld.«

»Aber ich hätte sie retten können.«

Plötzlich wird seine Stimme lauter, als wäre er über meine Behauptung wütend. »Willst du es nicht begreifen, Jäger? Dann wäre sie hier gelandet, weil ich Dummkopf sie mitgenommen hätte. Bei ihrem Vater ist sie nicht mehr sicher, also hätte ich mich um sie kümmern müssen. Denkst du, es wäre besser gewesen, mit anzusehen, wie sie zu einem Monster wird?«

Langsam verstehe ich. Obwohl ich mich noch immer wegen ihres Todes schuldig fühle, kann ich seine jetzigen Gedanken nachvollziehen. Wenn Maria ihren Tod hier gefunden hätte, könnte sich Ravass diese Situation noch viel weniger verzeihen.

»Ich dachte eigentlich, dass gerade du es begreifen müsstest, Finn.« Er hustet schon wieder und spuckt blutigen Schleim neben sich. »Rave ist irgendwo da oben. Bei ihm. Und wir wissen beide nicht, was er mit ihr anstellt.«

Ich drehe mich von ihm weg, als mich der innerliche Schmerz darüber erneut erfüllt. »Hör auf.«

»Dann verstehst du es also?«

Ich beiße mir auf die Unterlippe und balle die Hände zu Fäusten. »Ja.«

»Gut.«

Die nächsten Minuten oder sogar Stunden bleibt es still. Ravass’ Erinnerung an Raves kritische Situation hat wieder die Wunde in meiner Brust aufgerissen. Außer Danev hat sie niemanden, an den sie sich wenden kann, sofern sie die Teilschöpfung überhaupt noch erreicht.

Ich bin ein solcher Versager. Ich konnte nicht einmal den Menschen beschützen, der mir am meisten bedeutet. Hat sich so Ravass gefühlt, als er Maria verlor?

Ich muss irgendwann eingeschlafen sein, denn ich werde durch Stimmen und laute Schritte geweckt. »Los, zerrt ihn auf die Beine.«

Kora?

»Müssen wir das wirklich tun? Seht ihn Euch an, Kommandantin. Er strotzt vor Dreck und Blut. Es würden mehrere Bäder vonnöten sein, um den Schmutz von seiner Haut zu waschen«, meckert Roan.

»Es ist der Befehl Eures Vaters, Mylord.«

Roan seufzt nur genervt. »Wenn er dann glücklich ist …«

Ich spüre, wie sich jemand an meinen Ketten zu schaffen macht und diese von meinen geschundenen Handgelenken löst. »Mir nach.«

Die Soldaten legen meine Arme um ihre Schultern, um mich aus dem Verlies zu bringen. Da ich selbst zu schwach zum Gehen bin, muss ich mich von ihnen tragen lassen.

Wir betreten eine Plattform, die sich nach oben bewegt. Ich bekomme kaum etwas mit, da die Wunden an meinem Bauch noch immer heftig schmerzen.

Kora wendet sich an mich. »Ich hatte ja vorgeschlagen, dass wir dich ihnen so vorwerfen, aber der Imperator mag keinen Dreck in seinem Wohnbereich, weswegen wir dich leider waschen müssen.«

Was faselt sie da? Der Imperator? Was will er von mir? Und wen meint sie mit ›ihnen‹?

»Redet deutlicher, Miststück.« Elender kann es mir sowieso nicht mehr gehen, weswegen ich es auch nicht einsehe, die Kommandantin zu verschonen.

Sie hebt süffisant einen Mundwinkel. »Du wirst schon sehen.«

Anschließend dreht sie mir den Rücken zu und schweigt. Was haben diese Monster schon wieder vor?

Nur kurze Zeit später lande ich in einem eleganteren Flur und werde in ein prachtvolles Badezimmer getragen, in dem sich drei Kammerdiener um mich kümmern. Allerdings wird der Raum von Soldaten umstellt, die sich in den Ecken und äußeren Winkeln des Zimmers positionieren. Die Kommandantin ist bereits verschwunden oder wartet draußen auf dem Korridor.

Eine der Wachen drückt zwei ›Heilungs‹-Runen auf meinen Bauch, sodass sich wenigstens die klaffenden Wunden schließen und nicht mehr wie Feuer brennen.

Danach werde ich ausgezogen und in eine große Badewanne gedrängt, in der die Kammerdiener mich bürsten und jeglichen Dreck von meiner Haut waschen. Als ich aussteige, ist das Wasser so dunkel, dass es wie eine braune Brühe aussieht.

Sie ziehen mir höfische Kleidung an, die ich zuvor nur bei meinen Eltern in Baltora trug. Ansonsten habe ich immer meine Jägerrüstung bevorzugt.

Was führt dieses Imperium wieder im Schilde?

Die Kleidung besitzt sowohl etwas Elegantes als auch Kämpferisches. Zumindest darf ich einen Lederharnisch tragen und robuste Stiefel, die aus einem besseren Material angefertigt wurden. Ich glänze in den Farben Weiß und Blau, genau wie die Wände und Teppiche auf den Fluren.

Ob es die Lieblingsfarben des Imperators sind? Wenn ja, dann widere ich mich gerade selbst an, so etwas Abscheuliches anziehen zu müssen.

Im Spiegel sehe ich den verstorbenen Sohn der Familie Bassett, während auch dunkle, schattige Augen zu mir blicken, die mich an etwas Finsteres erinnern. Meine Haut ist so blass und grau geworden, dass sie vollkommen unnatürlich wirkt.

Ich verabscheue diese Person vor mir und wende mich von ihr ab.

Im selben Atemzug kommt die Kommandantin herein und betrachtet mich von oben bis unten. »Du warst einmal wirklich ein hübscher Adliger, Finnigan.« Sie lacht spottend. »Aber jetzt bist du nicht mehr als ein Häufchen Elend.«

Ich lege meine Hand auf die verletzte Stelle an meinem Bauch. Sie schmerzt trotz der ›Heilungs‹-Runen noch immer und das Elixier hemmt mich bei jeder Bewegung. Ganz gleich, was ich nun tun muss – aufrecht stehen, geschweige denn gehen wird eine Unmöglichkeit sein.

Innerlich bete ich, dass Rave mich niemals so sehen muss. Sie soll mich in guter Erinnerung behalten und nicht als angehende Bestie.

Wächter der Runen (Band 3)

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