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Zweitausendsechshundert Delegierte hatten sich in Brasilia versammelt, der von Oscar Niemeyer erbauten, einst so futuristischen Stadt, die jetzt gegen den Verfall ankämpfte und nur noch auf eine Zukunft verwies, die niemals eingetroffen war. Im Schutz der größten Kuppel der Welt, die gestützt wurde von hundertdreiundfünfzig gigantischen Säulen mit integrierten Kühlaggregaten und Luftumwälzern, berieten die Vertreter von hundertsechzehn Ländern über das Vorgehen gegen die Aufheizung der Atmosphäre. Im Gegensatz zu Niemeyers Vision von einer sozialistischen Gesellschaft war diese seit Langem bittere Realität. Der globale Temperaturanstieg seit Beginn der Industrialisierung betrug zwei Komma neun Grad Celsius. Alle Abkommen und Versprechen, den Anstieg zu begrenzen, waren gebrochen worden. Immer mehr Hitzezonen wurden für unbewohnbar erklärt, und entsprechend hitzig entwickelte sich die Debatte.

Auf eine Vertreterin der USA folgte Jorge Ramos, ein Sprecher der Solarier. Er präsentierte Sonnenfotos einer chilenischen, von Brasilien finanzierten Sternwarte. Zu sehen waren gigantische Flecken, gewaltige Protuberanzen und violett leuchtende Teilchenströme. Unter den Buhrufen eines großen Teils des Publikums wiederholte er stoisch die Standardbehauptung der Solarier, die Erderwärmung sei ausschließlich auf Anomalien der Sonne zurückzuführen und somit menschlicher Einflussnahme grundsätzlich entzogen.

»Fake Facts!«, wurde gerufen. Einige Wissenschaftler schwenkten Diagramme, die angeblich belegten, dass die Sonnenaktivität im Rahmen des Üblichen verlaufe. Eine Sprecherin des Grünen Blocks stürmte aufs Podium. Mit ihren dunkelblonden Zöpfen wirkte sie wie eine Wiedergängerin der aus der Öffentlichkeit verschwundenen Greta Thunberg, die insbesondere bei den europäischen Grünen Heiligenstatus genoss. Emilia Lacone, ihre derzeitige Reinkarnation, versetzte Ruiz Ramon geschickt einen Rempler und nahm seinen Platz am Mikrofon ein. »Schamlose Lügen!«, rief sie mit sich überschlagender Stimme. »Jedes Kind kann erkennen, dass die Fotos Fälschungen sind! Aber der Klimawandel ist menschengemacht und eine unmittelbare Folge der steigenden CO2-Konzentration – auch das weiß jedes Kind! Hätten nicht notorische Faktenverdreher wie Jorge Ramos und korrupte Politiker in aller Welt aus eigennützigen Motiven heraus die notwendigen Maßnahmen zur Herstellung eines klimaneutralen Wirtschaftens torpediert, wäre es jetzt vielleicht noch fünf vor zwölf. Aber es ist schon zwanzig nach zwölf, ach was, der Uhrzeiger steht kurz vor eins …«

Das war natürlich Wasser auf die Mühlen der Antinatalisten, die sich mit Wirtschaftssteuerung und technologischer Erneuerung nicht lange aufhielten. Für sie war nicht die Wirtschaftsweise, sondern der wirtschaftende Mensch die Wurzel allen Klimaübels, dem sie durch die konsequente Verweigerung der Fortpflanzung beizukommen gedachten. Seit dreißig Jahren hofften ihre Gegner, ihr Aussterben, eigentlich die logische Folge ihrer menschheitsverachtenden Ideologie, werde die politische Auseinandersetzung mit ihnen irgendwann überflüssig machen, doch seltsamerweise war der Nachschub an Anhängern scheinbar unerschöpflich. Speziell die jungen Leute fanden an der kruden Fortpflanzungsverweigerung der Antinatalisten Gefallen. Straff organisiert in diversen NGOs, stellten sie einen nicht unerheblichen Anteil der Delegierten. Enthusiasmiert durch die vernichtende Zeitansage der Grünen-Vertreterin, sprangen sie auf, kletterten auf ihre Sitze und skandierten: »Yes Love – no Children! Yes Love – no Children!« Die meisten sahen nicht nur aus wie Kinder – sie waren welche. Ihre älteren Sitznachbarn bemühten sich, sie, wenn nicht auf den Boden der Tatsachen, so doch auf den Boden der Kongresshalle hinunterzuziehen, doch die Kinder wehrten sich verbissen. Die Saalwache marschierte auf. Aus dem Off tönte die Stimme der Kongress-AI: »Die Sitzung ist unterbrochen!«, säuselte sie. »Bitte räumen Sie den Saal!«

NOVA Science-Fiction 30

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