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70 Jahre später …

Aurelie Schäfer lag in ihrem Bett. Neben ihr lag eingekuschelt ihr Freund Finn Meier und schlief tief und fest. Die beiden waren seit fast einem Jahr wieder ein Paar. Davor hatten sie sich 70 Jahre nicht gesehen, da sie tot waren. Einst waren sie Julie und Mathis Dupont. Doch durch eine Reinkarnation und viel Glück bekamen die beiden nun die Chance auf ein zweites Leben miteinander.

Aurelie schlief unruhig. Sie spürte, wie sie sich im Schlaf hin und her wälzte und aufwachen wollte, aber es ging nicht. Dann schreckte sie plötzlich hoch. Aurelie schaute sich im Zimmer um. Alles war still und geräuschlos. Sie hörte nur das leise Atmen von Finn neben sich und vernahm auch Majas leises Schnurren aus deren Körbchen.

Sie strich sich ihre langen, braunen Haare aus dem Gesicht und atmete tief ein und aus. Der Mond schien mit einem warmen Weiß durch die dünnen Vorhänge in ihr Zimmer. Plötzlich bemerkte sie die junge Frau, die im Lichtstrahl des Mondes stand und sie ansah.

Es war Karine, die dort stand und ihr direkt in die Augen blickte. Aurelie schrie und weckte somit auch Finn auf. Er nahm sie sofort besorgt in die Arme. „Alles okay? Was hast du?“

Aurelie schaute versteinert auf die Stelle neben ihrem Schreibtisch, wo eben noch die vermeintliche Karine stand und sie angesehen hatte. Es war nicht die Karine gewesen, die sie im vergangenen Jahr in Cernay getroffen hatte. Sondern Karine, so wie sie damals ausgesehen hatte, wo sie Julies beste Freundin gewesen war. „Ja, es ist alles gut. Ich scheine schlecht geträumt zu haben. Du kannst ruhig weiterschlafen.“ Finn schaltete die kleine Lampe auf seinem Nachtisch an und schaute Aurelie sorgenvoll ins Gesicht, denn so recht konnte er seiner Freundin nicht glauben, dass mit ihr alles in Ordnung war. Dafür kannte er sie zu lange und viel zu gut. „Ich hole dir mal ein Glas Wasser. Du siehst ziemlich fertig aus.“

Doch noch bevor er den Raum verlassen konnte, hörten die zwei im Flur ein lautes Poltern. Schnell sprangen sie aus dem Bett und öffneten die Zimmertüre. Aurelie hatte Angst, im nächsten Moment in Karines tief dunkelbraune Augen zu schauen. Dies würde schließlich bedeuten, dass eben wäre kein Traum gewesen und sie hätte wirklich ihre alte Freundin gesehen.

Doch so war es nicht. Im Flur stand Anna. Aurelies jüngere Schwester und Mitbewohnerin. Anna schien stark betrunken zu sein. Sie hielt sich an dem kleinen rostbraunen Schrank, der neben der Eingangstür stand, fest. „Oh ich habe euch wohl geweckt, das tut mir leid“, versuchte Anna mehr schlecht als recht zu sagen. Aurelie stützte ihre Schwester, bevor sie noch stürzte. „Sag mal, was ist denn mit dir passiert? Ich dachte, du bist mit Chris unterwegs.“

„Pah der kann mir gestohlen bleiben, der Arsch.“ Anna kämpfte mit den Tränen. „Der hat mich einfach verlassen. Kannst du dir das vorstellen? Einfach so. Zack, weg war er.“ Aurelie schaute hilfesuchend zu Finn, der Anna daraufhin auf den Arm nahm und sie in ihr Zimmer trug. „Du bist ein toller Mann, Finn“, sagte Anna leicht lallend zu ihm. „Du trägst eine Frau auf Händen, selbst wenn sie leicht betrunken ist und du würdest einer Frau nie so wehtun. Sie erst zum Essen ausführen, ihr schöne Augen machen, nur um ihr dann zu sagen, dass sie toll ist, aber nicht die ist, die du suchst.“

Finn legte Anna auf ihr Bett und Aurelie half ihrer Schwester dabei, die blaue Jeansjacke auszuziehen. „Wo warst du denn die ganze Zeit gewesen? Du bist um 20 Uhr los und jetzt ist es kurz vor 4 Uhr am Morgen.“ Anna schaute Aurelie an.

„Noch so früh? Und warum haben die mich dann schon rausgeworfen?! Frechheit.“ Anna kuschelte sich in ihr Bett. „Deckst du mich bitte zu?“, fragte sie fast schon schlafend ihre Schwester. Aurelie deckte sie daraufhin zu und ließ das Rollo noch herunter.

Wenn Anna morgen früh aufwachte, würde sie bestimmt kein großes Interesse an viel Sonnenlicht haben. Dann verließen Finn und sie das Zimmer. „Ich mag deine Schwester echt, wir haben ihr viel zu verdanken, aber ganz schlau werde ich nicht aus ihr“, sagte Finn etwas verwirrt zu seiner Freundin. „Sie dachte halt, dass Chris der Richtige ist. Seitdem wir uns wieder gefunden haben, träumt sie nun mal auch von der großen, ewigen Liebe.“

Finn schlüpfte unter seine blauweiß gestreifte Bettdecke und beugte sich zu Aurelie hinüber. „Ja, wir können wirklich unglaublich glücklich sein, dass wir uns wieder gefunden haben. In den ersten Jahren nach meinem Tod bin ich fast verzweifelt, weil ich nicht wusste, was aus dir geworden ist. Und nachdem ich dann das zweite Mal starb, war ich mir sicher, dich niemals wiedersehen zu können. Und heute sind wir beide hier. Zusammen und das hoffentlich dieses Mal für die Ewigkeit.“

Er küsste sie zärtlich und strich ihr liebevoll über die Wange. „Noch länger als die Ewigkeit. Das verspreche ich dir“, antworte sie ihm. „Doch jetzt lass uns schlafen. Wir haben morgen noch viel zu tun.“

Er lächelte sie an, gab ihr einen flüchtigen Kuss und schaltete dann das Licht aus. Wenige Minuten später schlief er wieder fest und bemerkte nicht, dass seine Freundin immer noch wach neben ihm saß. Aurelie hatte sich Maja ins Bett geholt. Sie hielt ihre Glückskatze fest im Arm und kraulte ihr den Bauch. Erst fast zwei Stunden später kuschelte sie sich an Finn heran und wollte nun auch endlich wieder schlafen.

Der Traum von Karine hatte ihr einfach keine Ruhe gelassen. Ihr nicht erlaubt, weiter zu schlafen. Doch warum träumte sie von ihr? Seit sie aus Frankreich zurück waren, hatten sie kaum über die Vergangenheit geredet. Sie wollten das Hier und Jetzt genießen, und nicht zulassen, dass die Vergangenheit auch ihr jetziges Leben bestimmte. Der letzte Gedanke, über den sie vor dem Einschlafen nachdachte, war der, ob sie es Finn erzählen sollte, oder lieber nicht? Er würde bestimmt besorgt sein. Andererseits kannte er sich gut mit Geistern aus. War er ja schließlich vor einem Jahr selber noch einer gewesen. „Karine, ein Geist.

So ein Quatsch“, dachte Aurelie, war sie sich doch sicher, dass sie nur geträumt hatte. Es war bestimmt einfach nichts weiter als ein Traum …

Restons Amis - Wir bleiben Freunde

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