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Vorwort von Kirsten John-Stucke, Leiterin des Kreismuseums Wewelsburg

Mit der vorliegenden Biografie über Adolf Haas, den Lagerkommandanten des KZ Niederhagen/Wewelsburg und des KZ Bergen-Belsen, stellt Jakob Saß einen wichtigen Beitrag für die Forschungen zu nationalsozialistischen Konzentrationslagern und ihrer Führungsriege vor. Zu Adolf Haas, der in Sachsenhausen ausgebildet wurde, um dann zunächst in Wewelsburg und später in Bergen-Belsen KZ-Kommandant zu werden, gab es bisher keine eigenständige Studie, in der seine widersprüchliche Persönlichkeit untersucht worden ist, zu dünn und unübersichtlich erschien lange Zeit die Aktenlage. Es ist daher das Verdienst von Jakob Saß, die wenigen erhaltenen Dokumente zusammenzutragen, akribisch auszuwerten und zusammen mit den in den Gedenkstätten gesammelten Erinnerungsberichten der Überlebenden aus Wewelsburg und Bergen-Belsen sowie weiteren Zeitzeugenberichten zusammen zu bringen. Es gelingt ihm auf diese Weise, die Biografie von Adolf Haas aus unterschiedlichen Perspektiven heraus intensiv zu durchleuchten und zu bewerten.

Täterbiografien bilden mittlerweile in den meisten Gedenkstätten für NS-Opfer in Deutschland einen wichtigen Bestandteil der pädagogischen Vermittlungsarbeit. Biografische Zugänge, Werdegänge von SS-Männern, ihre Sozialisierungsprozesse und Ambitionen, helfen, das Selbstverständnis und den Aufbau dieser verbrecherischen Organisation zu verstehen und Einblicke in die ideologische Weltanschauung der Schutzstaffel (SS) zu geben, die sich selbst als Elite der „nordisch-arischen Rasse“ verstand. Eine rassistische und menschenverachtende Ideologie, deren radikale Umsetzung und Konsequenz zur Ausgrenzung, Verfolgung und schließlich zur Ermordung von Millionen Menschen in Deutschland und Europa führte. Durch die biografischen Zugänge werden die Akteure und Akteurinnen greifbar und dadurch gesellschaftliche Ausgrenzungsmechanismen und Strukturen im NS-Verfolgungsapparat leichter verständlich.

Jakob Saß lässt die biografische Studie nicht mit dem ungelösten Verschwinden des ehemaligen Lagerkommandanten im April 1945 enden, sondern beschreibt sehr ausführlich auch die Bemühungen der Nachkriegsjustiz, Adolf Haas aufgrund seiner verbrecherischen Taten während seines Kommandos in den Konzentrationslagern – mehr als 3000 Häftlinge starben in dieser Zeit – anzuklagen. Gerade die Darstellung des gesellschaftlichen und juristischen Umgangs mit den Verbrechen des NS-Täters und die Recherchen im familiären Umfeld zeigen die aktuelle Relevanz des Themas bis heute. Die meisten der SS-Täter konnten sich nach dem Krieg einer strafrechtlichen Verfolgung entziehen. Doch stellt sich die Frage, wie denn die Gesellschaft und die Familien der SS-Täter mit den Verbrechen der SS-Täter umgegangen sind.

Jakob Saß‘ Studie über Adolf Haas‘ Leben und die juristische und familiäre Aufarbeitung bietet viele aktuelle Ansatzpunkte zum Nachdenken und zum Diskutieren. Ich wünsche dem Buch daher viele aufmerksame Leserinnen und Leser.

Kirsten John-Stucke

Kreismuseum Wewelsburg, Januar 2019

GEWALT, GIER UND GNADE

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