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Ulrike handelt furchtlos, wo alle zittern

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Esther gestand der Mutter den Plan mit dem Akademieball. Die ersten Vorbereitungen waren getroffen; man bedurfte nur der Zustimmung und Hilfe Christines.

Diese erschrak. Da war, was sie stets zu verhüten bestrebt gewesen, der Abweg, die Heimlichkeit. Aber ihr Einspruch war matt, weil sie sich bewusst war, mit Josephe ein schlechtes Beispiel gegeben zu haben; ausserdem hatten sich beide Mädchen in das freudige Vorhaben bereits so eingelebt, dass sie keiner Ermahnung mehr zugänglich waren. Die Erlaubnis des Vaters zu erwirken war ein aussichtsloses Beginnen, das musste auch Christine einräumen, also waren sie entschlossen, das Verbotene hinter seinem Rücken zu tun, und forderten von der Mutter stürmisch, dass sie es decke.

„Es läuft meiner Natur zuwider,“ sagte Christine in ihrer schüchternen Art zu Ulrike; „es ist der erste Keim zum Unfrieden und zur Lüge. Man kann freilich einwenden, dass den Mädchen das harmlose Vergnügen zu gönnen ist, ja, dass es ihnen gebührt. Sie sind nicht mehr in dem Alter, wo sie wie Gefangene leben können, das weiss ich. Aber bisher ist es mir gelungen, sie in Gehorsam und Ehrfurcht gegen ihren Vater zu halten; darin hab ich meine Pflicht gesehen. Es hat viel gekostet, allerdings; oft bin ich mir wie eine Zielscheibe vorgekommen, die von zwei Seiten beschossen wird. Dafür ist aber mein Gewissen rein.“

Ulrike hatte Mühe, ihre Ungeduld zu unterdrücken. Soviel Entsagung und Selbstüberwindung fiel ihr auf die Nerven. Wofür und für wen? fragte sie sich achselzuckend. Im allgemeinen konnte sie schon etwas wagen an Spott und Widerspruch. Christine hörte auf ihre Meinung; sie hatte sich langsam daran gewöhnt, dass in die steinernen Vorurteile Bresche geschlagen wurde. Sie staunte über den Mut und die meist ziemlich derbe Form der vorgetragenen Ansichten. Ohne dass sie es merkte, wurde sie nach und nach davon umstrickt und schlürfte das Gift der Auflehnung ein wie eine Medizin, deren kräftigende Wirkung man erst nach einem kleinen Schauer spürt.

Doch in diesem Fall verteidigte sie heiliges Gebiet, und Ulrike erkannte, dass sie vorsichtig sein musste. Sie wählte daher, um die neue Sprengmine zu legen, einen andern Weg als den geraden. Sie liess sich Christines Erziehungsgrundsätze erklären, hörte ungemein interessiert zu und brachte jeden einzelnen durch schlaue Fragen und mit advokatorischer Geschicklichkeit ins Wanken. Indem sie beizustimmen schien, wies sie die Unhaltbarkeit geglaubter Dogmen nach. Sie zergliederte die Charaktere der Kinder und zeigte scharfsinnig, wie jedes einzelne unter der Zuchtrute eine innerliche Krümmung erleide. Ihre Worte waren so eindringlich, dass Christine erblasste.

Sie fing an, die Dinge anders zu sehen. Um junge Menschen zu führen, war es vielleicht notwendig, ihnen, wenn auch nicht die Freiheit selbst, so doch einige Illusion der Freiheit zu geben. Geschah das nicht, so verhärteten sich die Herzen und die angesammelten Explosivstoffe zertrümmerten alle Fesseln, auch die wohltätigen. Besonders leuchtete Christine das Urteil Ulrikes über Mylius ein, und sie bewunderte den klaren Blick der Freundin; ein Mann von primitiver Anlage, den Arbeit und bürgerlicher Ehrgeiz verhindern, die kleinen Forderungen des Tages zu erkennen; er verschliesst sich ihnen vorsätzlich, und sein Zorn richtet sich nicht so sehr dagegen, dass ein Betrug verübt wird, sondern dagegen, dass er den Betrug erfährt. Vielleicht wünscht er, dass man ihn ein bisschen täuscht, da er ja viel zu verständig ist, um anzunehmen, dass fünf erwachsene Menschen unaufhörlich nach seiner Pfeife tanzen. Nur durch offenen Widerpart will er nicht gereizt werden, das beleidigt seine Eigenliebe und stört seine häusliche Bequemlichkeit.

Christine musste lachen. „Es ist möglich, dass Sie recht haben“, sagte sie; „aber recht haben heisst nicht recht tun, heisst nicht einmal im Recht sein.“

„Nun, wie man sich bettet, so liegt man“, gab Ulrike zurück. „Sie liegen schlecht, und dass Sie das harte Lager nach dem verlogensten aller Sprichwörter als ein gutes Ruhekissen bezeichnen, geht über meinen Horizont. Ich bin eine hausbackene Person und verstehe nichts von den seelischen Feinheiten, die einen edelgeborenen Menschen dazu bringen, sich irgendeiner Tyrannei zu beugen. Die Gewaltnaturen sind den Fügsamen in jedem Betracht überlegen, denn sie tun, was ihnen nützlich ist und was ihnen Spass macht, haben ihr Schäfchen im Trockenen, eh man noch recht weiss, dass es regnet, und die Sanften, die Geduldigen haben das Nachsehen. Schön; wems behagt, der mag sich damit abfinden.“

Christine gab nach. Das Zimmer der zwei Schwestern wurde zur Schneiderinnenwerkstatt. Christine, Josephe, Esther, Aimée und Ulrike nähten und hantierten von morgens bis abends. Esther und Aimée fanden keinen Schlaf mehr und hatten eingefallene Wangen und fahle Augen. Noch war das Geld nicht beschafft, das sie zum Ballbesuch brauchten; es handelte sich um ungefähr dreissig Gulden insgesamt. Die Summe von Fremden auszuborgen, hatte Christine energisch abgelehnt; das Wirtschaftsgeld darum zu schmälern, konnte sie sich nicht entschliessen; sie hätte es Mylius bei der Verrechnung gestehen müssen, und er sollte ja nichts erfahren. Etwas zu versetzen weigerte sie sich ebenfalls, und so war guter Rat teuer. Während man dies und das erwog und sich einander seine Befürchtungen mitteilte, verhielt sich Ulrike still und verzog die Miene nicht. Aimée heftete die Augen fragend auf sie, wie um sie zu mahnen und zum Sprechen aufzufordern, denn Ulrike hatte ja gesagt, sie sollten sich keine Sorgen machen.

Plötzlich begann sie, indem sie vor sich hinlächelte: „Wisst ihr, von wem ich das Geld kriege?“

Niemand wusste es, wie sich denken liess.

„Das ist doch ganz klar,“ sagte Ulrike in harmlosem Ton, „von Herrn Mylius natürlich.“

Allseitiges Staunen, ja Erschrecken. „Wie? vom Vater? Sie träumen wohl? Wachen Sie auf, Ulrike.“

„Nicht auf der Stelle krieg ichs, nicht heut und morgen,“ fuhr Ulrike gleichmütig weiternähend fort; „ich werde nicht etwa jetzt zu ihm gehen und sagen: so und so, ich brauche dreissig Gulden, die jungen Damen wollen mit mir auf den Ball. Das wäre das dümmste von der Welt. Man muss es anders anpacken. Wie, wird vorläufig noch nicht verraten. Aber mit einer Bagatelle lass ich mich dann nicht abspeisen, da gehts ums Ganze, das könnt ihr ruhig glauben.“

Man lauschte atemlos, zwischen Zweifel und Hoffnung. Ulrike musterte prüfend ihre Arbeit, schlug das linke Bein über das rechte und fing mit ihrem pfiffigen Lächeln wieder an: „Die Sache liegt also sehr einfach. Frau Christine hat das Geld nicht, ihr Mädchen habt es nicht, der Herr Papa wird es hergeben, aber nicht gleich: daraus folgt wie das Amen aufs Vaterunser, dass Ulrike einstweilen die Nothelferin machen wird. Unterbrechen Sie mich nicht, Frau Christine, und sagen Sie nicht nein, sonst leg ich Nadel und Schere hin und verschwinde auf Nimmerwiedersehn. Ich greife meine Ersparnisse an, was ists denn Grosses? Sollen Ersparnisse etwa nicht angegriffen werden? Ist das ein Myliussches Hausgesetz? Sollen sie im Kasten liegen, bis man sich einen Altjungfernkranz dafür kaufen und übers Bett hängen kann? Was könnt ich besseres mit ihnen tun, als sie meinen Freunden zur Verfügung stellen? Deshalb sind sie ja noch nicht verloren. Ich habe an zwanzig Pfund aus England mitgebracht, das sind zweihundertvierzig Gulden. Was ich davon für euch ausgebe, wird bei Heller und Pfennig verrechnet. Und nun kein Wort mehr drüber. Schluss. Es ist widerwärtig, immerfort von Geld zu reden.“

Christine wollte trotzdem noch Einwendungen erheben, wurde aber von Ulrike kurz, beinahe schroff abgewiesen. „Sie sind einfach überstimmt,“ sagte sie; „denn ich denke, es sind alle andern meiner Meinung, sogar Josephe. Nicht wahr, Josephe,“ wandte sie sich schmeichelnd an diese, „Sie finden auch, dass Ihre Mutter mich beleidigt, wenn sie aus einem Freundschaftsdienst eine Ehrensache macht?“

„Verzeihen Sie, Ulrike, das war die Absicht nicht“, beeilte sich Christine errötend zu versichern.

Josephe schwieg, und ob sie Ulrike oder der Mutter recht gab, war in ihren Zügen nicht zu lesen, die bei allem Reiz verträumter Mädchenhaftigkeit eine gewisse Starrheit stets behielten. Nur in den Augen war ein Strahl leidenschaftlichen Forschens, als wolle sie das ihr so heiter, so werbend zugekehrte Gesicht Ulrikes durch und durch ergründen, als frage ein in ihr verborgener wachsamer Geist: wer bist du und was hast du im Sinn?

Unvergesslich war der Eindruck, den ihr die Erzählung von Ulrikes Kindheit und Jugend gemacht. Noch nie hatte sie so gewaltig gespürt, was das Schicksal ist. Die Brust hatte sich ihr wie von einer Flamme gespaltet und sie hätte vor Ulrike knien mögen, nur weil es ihr so wahr dünkte, so unerbittlich und grausam, so wie sie eben das Menschenlos empfand. Sie floh dann in ihre Kammer und betete mit der ihr eigenen Art, Gebete, vielmehr Anrufungen und Fragen formlos aus der inneren Bedrängnis zu reissen. Sie stellte sich Gott gegenüber wie zum Kampf, und in ihrem Munde wurde der Name Gottes ein Wort zum Staunen, ein Wort zum Schaudern. Du hast mich geschaffen und du hast sie geschaffen, so ungefähr bedrängte sie Gott, warum mich mit der leichten Last und sie mit der schweren? Bist du in ihr auch ein Inwendiges, warum hast du sie mit soviel mehr Finsternis umgeben als mich? Warum bin ich denn ich und nicht sie? Warum bleibt das so ehern unwandelbar, das Josephe-Sein, das Ulrike-Sein?

Man sieht, sie griff in ihrer naiven Erschütterung an die Wurzel der Dinge. Und es war nicht bloss der seelische Sturm, nicht bloss das fortwirkende Dankbarkeitsgefühl, das sie so nah an Ulrike trieb, es war auch der Zweifel, immer wieder auftauchender dumpfer Zweifel, mit dem sie kämpfte und der sie zwang, sich mit ihr zu beschäftigen.

Sie sah, dass irgend etwas anders wurde im Haus, dass Mutter und Schwestern plötzlich andere Worte hatten, andere Mienen, dass die Farbe des täglichen Lebens verändert war, zuerst kaum merklich, doch von Tag zu Tag deutlicher wahrnehmbar, und von alledem war Ulrike die Urheberin. Es war nichts Böses, nichts, was schlechthin hätte missbilligt werden können, aber eine dunkle und fremde Macht war es, etwa wie wenn man aus einer gewohnten und natürlichen Bewegung in eine neue und den Gliedern unwillkommene gerissen wird. Licht und Schatten waren nicht mehr wie früher verteilt; Alleinsein war nicht mehr dasselbe; Gespräch mit der Mutter nicht mehr dasselbe; Arbeit und Schlaf nicht mehr dieselben, und es gab fast keinen Gedanken mehr, der sich nicht quälend und beunruhigt an Ulrike kettete.

Doch niemand in Josephes Umgebung erriet etwas von dieser Verwirrung ihres Gemütes, auch Christine nicht.

Am dritten Tag waren die seidenen Dominos für Esther und Aimée fertig; der eine war weinrot, der andere teerosengelb. Für beide waren Gewänder Christines zerschnitten worden, die seit Jahren im Schrank hingen und die sie nicht mehr trug. Das Zubehör war unter alten Resten herausgesucht und mit Geschicklichkeit und Geschmack verwendet worden. Ulrike hatte ihrerseits auch ein altes Samtkleid in ihren geringen Beständen entdeckt und so gut es gehen wollte zurechtgeschneidert.

Sie war damit schon am Montag vormittag zustande gekommen und nahm es gleich mit nach Hause. Dann half sie den Schwestern bei der Arbeit, und am Dienstag, gegen Mittag, war der letzte Nadelstich getan. Die Verabredung war so: beim Mittagessen hatten Esther und Aimée dem Vater mitzuteilen, dass sie für den Abend zu Ulrike geladen seien; mochte er sich darunter vorstellen, was ihm beliebte, bei der Harmlosigkeit der Sache würde er sich schnell beruhigen. Am Nachmittag sollten sie ihre Besorgungen machen; sie mussten noch passende Strümpfe und ein paar Kleinigkeiten kaufen; Geld hatte ihnen Ulrike bereits gegeben. Nach dem Abendessen sollten sie sich in ihrem Zimmer umziehen, selbstverständlich unter Anwendung aller Vorsicht; vielleicht dass Josephe Wache hielt; dann hatten sie sich in einen Einspänner zu setzen und zum Hause Dorotheergasse Nummer zehn zu fahren, wo Ulrike sie Punkt neun Uhr erwarten würde.

Alles lief wider Vermuten gut ab, und trotz des Lampenfiebers der Mädchen: die Erlaubnis zu dem abendlichen Besuch ward erteilt, wennschon unter Brummen und Nörgeln. Mylius zog sich zur Siesta zurück, Esther und Aimée gingen fort, Josephe begleitete eine halbe Stunde nachher die Mutter zum Zahnarzt.

Unbedachterweise, im Glauben auch, die Mutter bleibe als Aufpasserin in der Wohnung, hatten die Schwestern ihre Dominos in der gemeinsamen Schlafstube über eines der Betten gebreitet, und als Mylius sich von der Mittagsrast erhob und wahrnahm, dass niemand zu Hause war, geriet er in schlechte Laune, denn er hatte es nicht gern, wenn alle ausser dem Haus waren. Sei es, um zu spionieren, sei es nur, um sich Bewegung zu machen, er trat einen Gang durch sämtliche Räume an, und als er in das Zimmer von Esther und Aimée kam, sah er sogleich die beiden Kostüme. Sah, dass sie neu waren, sah, dass sie zu einem verdächtigen Zweck bereit lagen. Eine Weile verharrte er und dachte nach; plötzlich hatte er die Erleuchtung: der angebliche Besuch bei der Woytich am Abend war ihm ohnehin nicht ganz geheuer vorgekommen. Also war etwas im Werk; also geschah Verwerfliches und ohne sein Wissen; das roch von weitem nach Lustbarkeit, nach Vergnügungstaumel, nach Geldverschleuderung. Er stiess einen leisen Pfiff aus, ergriff die beiden Gewänder, legte sie geschickt zusammen, holte einen grossen Bogen braunes Papier aus dem Flur, machte ein kunstgerechtes Paket und nahm dieses unter den Arm, um es in seinen Laden zu schaffen und zu verschliessen. Während er die Stiege hinunterging, schmunzelte er grimmig.

Als Esther und Aimée gegen fünf Uhr heimkamen und die Dominos nicht vorfanden, hatten sie noch kein Arg; sie dachten, die Mutter habe sie vorsichtshalber verwahrt. Ziemlich missmutig harrten sie auf deren Rückkehr, und es wurde halb sieben, bis Christine und Josephe endlich kamen. Zum Schrecken der beiden erklärte Christine, dass sie die Kostüme nicht weggeräumt, nicht einmal angerührt habe. Therese wurde gerufen und verhört. Sie wusste nichts. Aimée schrie: „Der Vater! nur er kann es gewesen sein.“ Die ganze Wohnung wurde durchsucht, Schubladen aufgerissen, Schränke entleert, unter den Betten Nachschau gehalten, in Küche, Flur, Vorratsraum, Magdkammer alles um- und umgewühlt: vergeblich. Esther irrte bleich von Stube zu Stube; Aimée warf sich aufs Sofa und brach in unstillbares Weinen aus; um diese war Josephe mitleidig bemüht, jene zu beschwichtigen, war Christines Bestreben. Als Lothar nach Hause kam und Zeuge des Jammers wurde, schlug er vor, Josephe solle in Vaters Laden und ihn geradezu fragen; was Schlimmeres, als dass er sie wieder gehen heisse, könne ihr nicht passieren. Er selbst, in einer Beklommenheit und Hast, die noch auf anderes deutete als brüderliche Teilnahme, erbot sich, in die Dorotheergasse zu laufen und Ulrike zu holen. Josephe war bereit, obgleich ihr bei dem Auftrag nicht wohl war; ihr Verhältnis zum Vater war das einer gespannten Scheu; er war ihr ein wenig fremd, aber sie begegnete ihm mit der zartesten Rücksicht und Achtung; indem sie alles vermied, was sein Missfallen erregen konnte, kostete sie auch jede Annäherung einen Entschluss.

Als sie in die Himmelpfortgasse kam, war es sieben Uhr vorüber und das Gewölbe schon gesperrt. Man wusste, dass Mylius in der Zeit zwischen sieben und acht Uhr in einem kleinen Kaffeehaus an der Bäckerstrasse zu sitzen pflegte; er trank dort, stets einsam, eine Schale schwarzen Kaffee und las die deutschen Zeitungen. Josephe mochte nicht unverrichteter Dinge zurückkehren; sie ging zur Bäckerstrasse, stand alsbald vor der Eingangstür des Kaffeehauses, wollte warten, schritt auf und ab. Doch wurde ihr unbehaglich, als vorübergehende Männer sich umdrehten und sie anstarrten; sie trat an eines der Fenster, wo der Vorhang nicht bis an den Rahmen zugezogen war, und lugte hinein. Wie sehr erstaunte sie, als sie an einem der kleinen Tischchen den Vater in Gesellschaft Ulrikes erblickte. Sie sassen einander gegenüber, und Ulrike redete mit der Fülligkeit ihrer Gebärden, der Unbekümmertheit ihrer Haltung, den blitzenden Augen, dem heitern, immer ein wenig mokanten Lächeln auf ihn ein. Der Vater hörte zu, im Sessel zurückgelehnt, mit einer gewissen Höflichkeit, ja Verbindlichkeit, die Josephe an ihm nicht kannte und die seinem Gesicht einen für sie neuen Ausdruck verlieh.

Sie machte sich wieder auf den Heimweg und begriff ihre Bestürzung nicht recht. Sie begriff nicht, was ihr an dem Anblick so ungewöhnlich und beängstigend gewesen war. Und sie begriff endlich nicht, weshalb sie nicht einfach hineingegangen war, um ihre Bestellung auszurichten. Zu ihrer Rechtfertigung sagte sie sich, es sei ja nun alles in bester Ordnung; da der Vater und Ulrike gemütlich beisammen sassen, brauchten die Schwestern nicht mehr zu bangen. Dabei fiel ihr ein, wie nichtig der Gegenstand dieses Bangens im Grunde war, und das vermehrte ihre Verstimmung.

Doch sonderbar, Josephe konnte zu Hause nicht sagen, was sie gesehen. Sie zürnte sich selbst, aber die Lippen waren ihr wie versiegelt, als ob ein drohender Bote sie zum Schweigen aufgefordert hätte, und sie berichtete nur, dass der Laden geschlossen gewesen sei, was den Kummer und die Wut der Schwestern nicht eben verringerte.

Freilich war Josephe auch sonst, wo es sich um Mitteilungen im Familienkreis handelte, von einer fast trotzigen Zurückhaltung. Sie hatte die Erfahrung gemacht, dass man den Menschen nicht dient, wenn man sich über ihr Tun und Lassen verbreitet, und dass es besser ist zu warten und zuzusehen, als sich voreilig in ihre Angelegenheiten zu mischen. In diesem Fall hatte ihr zudem ein unerklärliches Etwas in Ulrikes Miene Furcht eingeflösst, sie zu verraten oder überhaupt von ihr zu sprechen.

Ein paar Minuten nach Josephe kam auch Lothar mit der Kunde, Ulrike sei nicht daheim. Eine gelbe alte Person habe ihn bös angefahren und ihm die Tür vor der Nase zugeschlagen. Hierdurch schien er gereizt und erklärte, gleich wieder hingehen und Ulrike am Haustor erwarten zu wollen. Er stiess die Worte atemlos heraus und war augenscheinlich in Verzweiflung, dass er Ulrike nicht getroffen hatte. Jetzt fiel Christine seine Fahrigkeit und sein rastloser Blick auf, aber ehe sie ihn fragen konnte, war er schon wieder fort.

Er hatte seiner Freundin ein schlimmes Geständnis zu machen. In seinem plötzlich erwachten Lebenshunger und den Begierden, die Ulrike allerdings mit Plan und Absicht in ihm geschürt, durch Geldmangel lästig eingeengt, hatte er, um sich zu helfen, zu einem verbrecherischen Mittel seine Zuflucht genommen und in einem unbewachten Augenblick im Geschäft des Vaters eine silberne, auf dem Deckel mit einem Smaragd besetzte Dose entwendet. In der begründeten Furcht, die Tat könne entdeckt werden, wenn er das gestohlene Gut an einen Händler in der Stadt verkaufte, hatte er die Dose seinem Freund Robert Elmenreich als Pfand gegeben, wofür ihm dieser seine gesamten Ersparnisse ausgehändigt hatte, an vierzig Gulden. Schon vorher hatte er kleine Beträge von ihm ausgeliehen, so dass er ihm im ganzen achtundvierzigeinhalb Gulden schuldig war. Weil nun Robert nach einigen Tagen selbst in Bedrängnis geriet, verlangte er das Geld zurück, und zwar mit unangenehmer Dringlichkeit. Lothar wusste nicht, wie er sichs verschaffen sollte; der andere drohte, das Pfand zu veräussern; Lothar stellte ihm die Gefahr eines solchen Schrittes vor und dass er als Hehler mitbezichtigt werden würde, da hatte ihm Robert Elmenreich, der für sein Vermögen zitterte, kurzweg erklärt, er werde die Dose Herrn Mylius übergeben und von ihm sein Geld fordern. Lothar kannte den Kameraden zur Genüge, um überzeugt zu sein, dass er den Vorsatz ausführen würde. Er sollte vierundzwanzig Stunden Frist haben; diese Zusicherung hatte er am Nachmittag von Robert erhalten, und nun war Ulrike seine letzte Hoffnung.

Ungeduldig ging er vor dem Haus in der Dorotheergasse auf und ab. Schon wollte er noch einmal in der Wohnung nachfragen, ob sie nicht inzwischen heimgekehrt sei, da kam sie mit ihren raschen Schritten auf ihn zu und blieb verwundert stehen. Zuerst berichtete er ihr, was zu Hause vorgefallen war. Sie schüttelte den Kopf, schaute auf die Uhr und sagte, sie werde gleich mit ihm gehen. Er hielt sie zurück. Er bat, sie möge ihm einen Augenblick Gehör schenken und mit ihm unters Tor treten. Sie horchte auf, witterte Unheil, zog ihn ins Haus, und er beichtete.

Ulrike schwieg eine Zeitlang. Den Übeltäter ein bisschen zappeln zu lassen, empfahl sich. So hatte es kommen müssen, so hatte sie vielleicht gewollt, dass es kam. Genaue Rechenschaft gab sie sich nicht. Es war eine dunkle Tatsache, die im Bereich der Kombinationen gelegen war und die ihr Fäden in die Hand spielte.

Sie fragte, was er mit dem Geld angefangen. Zögernd zählte er auf: soundsoviel habe er beim Konditor verbraucht, soundsoviel für heimliche Kaffeehausbesuche, soundsoviel für ein verbotenes Buch, soundsoviel für Handschuhe und eine neue Krawatte, die er zu Hause nicht einmal zeigen durfte.

„Kindskopf,“ sagte Ulrike; „und was sonst? Denken Sie nach.“ Ihr durchdringender Blick fing seinen fliehenden und unter Erröten und Erblassen bekannte er, er sei bei einem Mädchen gewesen, einer Statistin vom Carltheater, bei der ihn ein Mitschüler eingeführt.

Ulrike lachte verächtlich, und ihr Gesicht wurde finster. „Sind Sie mir böse?“ erkundigte sich Lothar mit zuckendem Mund.

Ulrike erwiderte: „Es ist nicht nett und es ist nicht sauber, wenn ein so hübscher Bursch zu Frauenzimmern geht, die er für ihre Liebe bezahlt. Pfui!“

Mit gefalteten Händen flehte er, sie solle ihm verzeihen. Sie solle ihm in seiner Not beistehen, sie sei der einzige Mensch, zu dem er Vertrauen habe; weise sie ihn ab, so sei er verloren und müsse sich erschiessen. Ulrike lachte ihn aus. Er war aber so reizend in seiner Bekümmernis, so pagenhaft schmiegsam als zerknirschter Sünder, dass sie ihn tröstete und aufrichtete und sagte, sie werde sichs auf dem Weg überlegen, jetzt müssten sie vor allem zu Esther und Aimée, damit denen in ihrem Unglück geholfen werde.

Während sie eilig an seiner Seite durch die beschneiten Gassen schritt, dachte sie an das Beisammensein mit Mylius, von dem sie eben kam. Sie hatte sein abendliches Retiro ausgespäht; sie wollte ihm einmal Aug in Aug gegenübersitzen, ihn einmal zeugenlos beobachten und daraus für die Zukunft ihre Schlüsse ziehen. Ein Unterfangen, das nicht den Schatten eines Argwohns in ihm wecken konnte. So war sie von ungefähr an seinen Tisch getreten, irrender Gast, hatte sich überrascht gestellt, ihn hier zu finden, sich bei ihm niedergelassen und ihre ganze Plaudergabe entfaltet, um ihn zu fesseln und mit einem Wort oder Blick aus sich herauszulocken. Vergeblich. Ebensogut hätte sie versuchen können, einen hundert Zentner schweren Felsblock vom Fleck zu rücken. Er hatte sein säuerliches Schmunzeln, nickte ihr bisweilen gnädig oder teilnehmend oder amüsiert zu, zeigte auch wohl sonst, dass ihm ihre Gesellschaft nicht gerade missfiel, aber einen andern Erfolg hatte ihre Bemühung nicht gehabt.

Trotzdem war sie befriedigt. Sie hätte nicht sagen können wodurch; doch gab es einige kleine listige, perfide Wahrnehmungen, die ihr Bürgschaft zu bieten schienen, dass der Felsblock nicht immer und ewig träge ruhen bleiben würde.

Das gab den Ausschlag für ihr Verhalten gegen Lothar, und nachdem sie alles reiflich erwogen, sagte sie, als sie im Myliusschen Hause angelangt waren und die Treppe hinaufgingen, zu dem ängstlich auf ihren Bescheid Harrenden, sie werde ihm die achtundvierzig Gulden vorstrecken, er solle sich das Geld morgen mittag bei ihr abholen und ihr dann die Dose bringen, von der sie vermutete, dass sie wertvoller war als dieser Betrag. „Wirklich? wahrhaftig und wirklich?“ rief er erlöst und hob das Gesicht mit strahlendem Ausdruck zu ihr. Sie mahnte ihn mit den Augen zur Vorsicht und erwiderte in hofmeisterndem Ton, sie hoffe, dass ihn ihre Gutwilligkeit vor weiteren Torheiten der Art bewahre. Er versprach es mit Eifer.

Um acht Uhr, pünktlich wie immer, war Mylius zum Abendessen nach Hause gekommen. Esther und Aimée erhoben sich; jede trat hinter ihren Stuhl; jede sah ihn an, furchtsam, bleich, schweigend. Sie wagten die Frage nicht zu stellen, die solche Fülle des Lebens für sie barg, Glanz und Wunder einer festlichen Nacht. Bittend kehrten sich Esthers Augen zur Mutter. Christine näherte sich ihrem Manne und flüsterte halb mutlos, halb im voraus begütigend: „Du hast die Ballkleider der Kinder weggenommen?“

Mylius, äusserst verwundert tuend, antwortete mit hochgeründeten Brauen: „Ballkleider? Die jungen Damen hatten Ballkleider? Ei was! Sieh doch, sieh doch. Vielleicht wieder ein kleines Feuersbrünstchen gefällig? Oder soll gar bei mir im Hause ein Ball gegeben werden? Davon hatte ich keine Ahnung. Das überrascht mich sehr. Ich habe allerdings ein paar närrische bunte Fetzen liegen sehn und sie in mein Kontor geschafft, das ist richtig. Ist nichts dran passiert, habe sie gut aufgehoben, und wenn wirklich der Ball stattfindet, kann ja sein, dass sich das so trifft, sollt ihr sie haben. Jetzt will ich in Frieden essen und wünsche nicht mit euern Spässchen behelligt zu werden.“

Man wusste und hatte es oft erfahren, dass es keinen Appell gab, wenn er in diesem Ton und mit dieser Miene redete. Die schlimmen Folgen, Untersuchung und Strafe, Taschengeldentziehung, Verdikt, einen Tag lang in der Küche zu essen, kamen dann hinterher. Esther und Aimée stürzten aus dem Zimmer, die Hände vors Gesicht gepresst, Christine sass unschlüssig und leidvoll auf ihrem Platz; Josephe, neben ihr, schaute mit grossen Augen vor sich hin. Ein verstohlener Blick traf bisweilen den Vater, um erschrocken wieder abzugleiten. Sie erwartete, dass er von Ulrike sprechen würde, in deren Gesellschaft er noch vor einer Viertelstunde gewesen. Welchen Grund hätte er haben sollen, es vor der Mutter zu verhehlen? Aber er schwieg. Das ruhige Behagen, mit dem er sich der Mahlzeit widmete, dünkte ihr kaum auszuhalten. Um die glattrasierten Lippen zuckte das undeutbare Schmunzeln, und er schwieg. Ihr Gerechtigkeitsgefühl lehnte sich auf. Sie dachte: da er mit Ulrike so freundlich war, wie ich es gesehen, warum verwehrt er den Schwestern, was doch ihre und Ulrikes gemeinsame Sache ist? Warum hat er Ulrike nicht mitgeteilt, dass er den Plan zunichte gemacht hat? Das ist seiner nicht würdig. Und andererseits, warum hat Ulrike, die so offen und aufrichtig ist, ihm nicht alles gestanden, wär es auch nur, um die Mutter vor einer Demütigung zu bewahren? Warum müssen die Dinge verworren und hässlich sein, während sie einfach und erfreulich sein könnten, wenn die Menschen ein bisschen darüber nachdenken würden, was sie tun?

Josephe atmete und webte in einer klaren inneren Welt, in der kein Falsch und kein Arg war, deren Schwelle die Erfahrungen des Lebens noch nicht befleckt hatten.

Es läutete. Aufgeregtes Wispern war vernehmbar, gleich danach traten Ulrike und Lothar ein. Nach flüchtigem Gruss setzte sich Ulrike an den Tisch, Mylius gerade gegenüber. Sie kreuzte die Arme über der Brust und sagte lächelnd: „Die Kostüme werden wir herausgeben, nicht wahr?“

Mylius wiegte den Kopf und erwiderte: „Daran ist nicht einmal zu denken.“

Vielleicht war es seine in solchen Momenten besonders hervortretende heimatliche Mundart, das behäbig-breite Hessische, das Ulrikes Heiterkeit erweckte; sie lachte belustigt auf und sagte: „Ich weiss es ganz gewiss.“

„Da bin ich neugierig, wie Sie das fertigbringen“, antwortete Mylius, ohne die Augen vom Teller zu erheben.

Ulrike beugte sich vor. „Ziemlich einfach, will ich hoffen, da ich es doch mit einem redlichen Manne zu tun habe. Die Dominos gehören nämlich mir. Ich habe den Stoff bezahlt, ich habe die Arbeit bezahlt, ich bezahle die Gelegenheit, zu der sie dienen.“

Mylius schwieg verstockt.

„Verstehen Sie, Herr Mylius, bezahlt!“ sagte Ulrike beinahe drohend; „bezahlt! das Wort wird Ihnen doch was gelten: bezahlt!“ Dabei klopfte sie mit dem Daumennagel auf das Tischtuch und zeigte ihre untadeligen weissen Zähne.

Etwas betroffen versetzte Mylius: „Bedaure. Kann Ihnen die Kleider unmöglich ausliefern. Sind im Laden. Habe sie dort eingeschlossen. Muss bitten, sich bis morgen zu gedulden.“

Ulrike stand auf. „Das ist starker Tabak,“ rief sie; „unmöglich? Eine erbauliche Rechtsordnung wäre mir das. Und ich sage Ihnen, dass ich die Dominos haben muss und zwar gleich. Ich brauche sie und zwar heute Abend noch. Und muss ersuchen, sich gütigst hinzubemühen und sie zu holen. Tut mir leid, Sie zu inkommodieren, aber es hängt was dran, es hängt Licht, Musik, Freundschaft, Freude dran, lauter Dinge, die Sie verachten mögen, die für mich aber Gewicht haben. Vielleicht wiegen sie nur einen schönen Atemzug, vielleicht nur einen glücklichen Gedanken, doch lass ich mir auch das nicht rauben; ich will, was mein ist, haben.“

Mylius entgegnete nichts mehr. Sein Gesicht wurde finster, der Unterkiefer mahlte verlegen. Ein scheuer Blick schoss unter den gesenkten Lidern hervor und streifte Ulrike. Die Niederlage, die er vor Frau, Sohn und Tochter erlitt, war schwer zu verwinden. Aber wie Ulrike vor ihm stand, Kopf zurückgeworfen, die schwarze Pelzkappe studentenhaft schief auf den vom Sturm und schnellen Gehen zerzausten Haaren, die Wangen flammend, das Auge herausfordernd, der üppige Mund halb geöffnet, fühlte er sich widerwillig bezwungen, fast mehr noch von ihrer seltsam spöttischen Leidenschaftlichkeit als von ihrer Kraft und Entschlossenheit. Er erhob sich, murmelte etwas Unverständliches, trat ans Fenster, klimperte mit den Schlüsseln und Münzen in der Hosentasche, lachte zornig und befangen gegen die schneebeschlagenen Scheiben und sagte endlich in unfreundlichem Ton: „Na schön; wenn Sie darauf bestehen, mag es also sein.“ Und ging.

Kaum war die Korridortür hinter ihm ins Schloss gefallen, wandte sich Ulrike an Lothar und gebot ihm, die Schwestern zu rufen. Aber Esther und Aimée kamen schon.

„Rafft alles zusammen, was ihr braucht, und geht in die Dorotheergasse,“ sagte Ulrike hastig und befehlend zu ihnen; „wartet auf der Treppe bis ich komme, oder nein, geht in die Mansarde hinauf, da habt ihr meinen Schlüssel. Ich werde hier unten am Haustor auf euren Vater warten, damit es keine weitern Verzögerungen und Inquisitionen gibt, ihm die Kostüme abnehmen und so schnell wie möglich bei euch sein. Nicht fragen, nicht danken, marsch, adieu.“ Die Mädchen winkten der Mutter frohbewegt zu, und Ulrike schob sie zur Tür hinaus.

Dann kehrte sie sich zum Tisch, schnitt von dem Laib Brot ein mächtiges Stück ab und biss herzhaft hinein. Christine, von deren Lippen keine Silbe gekommen war, seit Ulrike das Zimmer betreten hatte, schaute sie schüchtern-staunend an und sagte: „Was sind Sie für ein merkwürdiger Mensch, Ulrike.“

Ulrike antwortete kauend: „Warum denn? Ich weiss wirklich nicht, was ich für ein Mensch bin. Ich denke nie darüber nach. Ich weiss nur, dass ich schreie, wenn man mich zwickt, und dass ich mich da kratze, wos mich juckt. Das wichtige im Leben ist, dass man den Leuten, die allen Platz für sich alleine haben wollen, begreiflich macht, dass man auch auf der Welt ist. Solang ich meine Lungen zum Schnaufen und meine Zunge zum Reden habe, geb ich mich zu niemandes Schindluder her.“

Christine wollte Fleisch und Gemüse für sie aufwärmen lassen, aber sie wehrte ab und sagte, dazu sei keine Zeit mehr. Sie reichte ihr die Hand, nickte Josephe freundlich zu, gab Lothar einen Klaps auf die Schulter, und fort war sie.

Als Christine und Josephe dann allein in der Stube waren, Lothar hatte sich im Salon trotz der Kälte ans Klavier gesetzt und klimperte in hoffnungsvollem Tempo einen Gassenhauer, trat Josephe zur Mutter, beugte den Kopf und sagte leise: „Mir ist sehr bang, Mutter.“

Christine, die die Regung nicht verstand, schaute sie besorgt an und streichelte ihr das Haar.

Ulrike Woytich

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