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VEDANTA IST OFFENBARTE WAHRHEIT

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Menschen erfahren die Wahrheit. Aber sie kommt nicht von ihnen. Sie kommt zu ihnen – von ‚außerhalb‘. Sie wird gesehen. Sie wird gehört. Sie kommt von einer objektiven Quelle, jenseits von uns. Offenbarungen waren schon immer ein vertrauter Teil menschlicher Erfahrung. So wie sich über Jahrhunderte ein objektiver Bestand wissenschaftlicher Erkenntnisse aufgebaut hat, hat sich auch ein objektiver Bestand von Wissen über das Bewusstsein entwickelt.

Gute Beispiele für diese Art von Erkenntnis sind Einsteins «Entdeckung» der Relativitätstheorie und Edisons Entdeckung der Elektrizität. ‚Entdecken‘ bedeutet, etwas zu enthüllen, was präsent, aber bislang unbekannt war. Relativität, Gravitation und Elektrizität beschreiben, wie gewisse Phänomene nach den Gesetzen der Physik funktionieren, nicht nach Einstein oder Edison. Der Gravitation oder der Elektrizität ist es egal, ob du an sie glaubst. Ob du sie verstehst oder nicht, hat auf ihre Wirkung keinen Einfluss. Selbst-Erkenntnis ist immer hier, direkt vor unserer Nase, aber von der Dualität verblendet, sehen wir sie nicht.

Es ist sehr wichtig, dass wir auf das Wissen vertrauen, nicht auf die Menschen. Menschen sind nicht schlecht; sie neigen nur zur Ignoranz, besonders wenn es um die Frage geht, wer sie sind. Ignoranz verbirgt oder verschleiert Wissen und führt dazu, dass Überzeugungen und Ansichten projiziert werden, die kein Wissen sind. Da wir nicht verstehen, wer wir sind, halten wir das, was wir denken und fühlen, für die Wahrheit. Doch auf diese Form der ‚persönlichen‘ Wahrheit sollten wir uns nicht verlassen.

Menschen haben sich seit Anbeginn der Zeit mit dem Feuer beschäftigt. So wurde schließlich klar, dass es eine bestimmte Natur hat und gewissen Gesetzen gehorcht. Aufgrund unseres Wissens über Hitze können wir Raketen zum Mars schießen. Jeder, der über dieses Wissen verfügt und die erforderlichen Ressourcen hat, kann eine Rakete ins All schicken. Das ist völlig unabhängig von Personen. Auf die gleiche Weise hatten über Tausende von Jahren Millionen von Menschen Offenbarungen über die nicht-duale Natur der Realität. Das Wissen aus diesen Erfahrungen wurde zusammengetragen und extrahiert; daraus entwickelte sich Vedanta, die Wissenschaft des Bewusstseins, des Selbst.

Im Unterschied zu Vedanta, das sich auf das Subjekt konzentriert, konzentriert sich die moderne Wissenschaft auf die Objekte. Zudem befindet sich das Wissen, das durch die Naturwissenschaften gewonnen wurde, in einem Zustand ständiger Veränderung, die wissenschaftlichen Erkenntnisse und Theorien wandeln sich und entwickeln sich weiter. Dies liegt daran, dass sich auch das Feld der untersuchten Objekte ständig wandelt und das Mittel der Erkenntnis, der menschliche Geist, der Ignoranz unterworfen ist: Je mehr wir über die Objekte wissen, desto mehr Fragen tauchen auf. Das Wissen, das Vedanta liefert, verändert sich dagegen nicht, denn das Selbst ist unveränderlich. Auf Selbst-Erkenntnis ist immer Verlass.

Ein weiterer fundamentaler Unterschied zwischen Vedanta und der modernen Naturwissenschaft ergibt sich aus den angestrebten Resultaten. Während Selbst-Erkenntnis die Befreiung von existenziellem Leiden bezweckt, ist die Naturwissenschaft auf das Verständnis der physikalischen Kräfte, die im Bewusstseinsfeld wirken, und auf ihre gewinnbringende Nutzung beschränkt. Der Gewinn begehrter Objekte ist aber, wie wir gesehen haben, nicht geeignet, Leiden zu überwinden.

Doch all dies bedeutet nicht, dass Vedanta mit den Erkenntnissen der Wissenschaft im Streit steht. Im Kapitel 6 komme ich darauf zu sprechen, wie moderne wissenschaftliche Erkenntnisse über den Kausalen und den Feinstofflichen Körper einen Beitrag zu Vedanta als Mittel der Selbst-Erkenntnis leisten können.

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