Читать книгу Romantic Thriller Trio #9 - Drei Romane - Jan Gardemann - Страница 18
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Оглавление»Brenda, ich liebe dich!«
Da war sie wieder, diese sonore männliche Stimme aus der Dunkelheit. Sie schickte wohlige Schauer durch meinen Körper. Ich fühlte mich zu dieser Stimme hingezogen. Jede Faser meines Körpers sehnte sich danach, von dem Mann, dem die Stimme gehörte, berührt zu werden. Ich liebte diesen Mann und es stürzte mich in tiefe Verzweiflung, dass ich seinen Namen nicht kannte.
Unruhig warf ich mich in meinem Bett hin und her. Dann spürte ich plötzlich zwei starke aber sanfte Hände. Sie schmiegten sich in meine offenen Handflächen, kosten meine Finger, mit denen sie sich schließlich zärtlich verschränkten.
Mit gespreizten Armen lag ich auf dem Rücken und spürte eine süße Last auf meiner Brust, so als würde sich jemand über mich beugen. Tatsächlich strich nun auch ein warmer Atemhauch über mein Gesicht. Jemand küsste meine Stirn, meine Wangen und meine Nasenspitze.
Ich lächelte glücklich und gab mich ganz dem wundervollen Gefühl hin, das mir die Gegenwart des geheimnisvollen Mannes schenkte. Jetzt küsste er sogar meine Lippen, spielte mit ihnen und neckte sie. Dabei flüsterte er immer wieder: »Ich liebe dich. Ich liebe dich, Brenda.«
»Ja, ich liebe dich auch«, hauchte ich.
Tränen liefen mir über die Wangen. Ich hatte das Gefühl, dass ich den Namen des Fremden kennen müsste, dass ich ihn schon unzählige Male geflüstert hatte.
Aber ich konnte mich nicht erinnern!
Blinzelnd öffnete ich die Augen. Über mir schwebte ein blasses Gesichtsoval in der nachtschwarzen Dunkelheit. Es war umgeben von lockigem, dichtem Haar. Schemenhaft zeichnete sich ein lächelnder Mund in dem verschwommenen Gesicht ab und blaue Augen, die mich verliebt ansahen.
»Brenda«, flüsterte der Mann mit vertrauter Stimme. »Ich vermisse dich!«
»Ich vermisse dich auch«, hauchte ich, während Tränen über mein Gesicht kullerten.
Ich wollte mich aufrichten, den Mann fest in meine Arme schließen und nie wieder loslassen.
Doch in dem selben Moment, da ich in meinem Bett hochfuhr, fand der Traum ein plötzliches Ende.
Benommen und mit tränenfeuchten Augen sah ich mich um. Fahles Mondlicht drang durch ein hohes Fenster herein und tauchte die zierlichen Rokokomöbel, die mich umgaben, in silbernen Schimmer.
Ich befand mich in meinem Privatzimmer i n Danmoor Castle. Ich hatte bloß geträumt und war ganz allein!
Aber war ich das wirklich?
Plötzlich hatte ich das unbehagliche Gefühl, als würde mich jemand beobachten.
Das war natürlich Unsinn. Ich hatte die Tür sorgfältig verschlossen und mit einer schweren Kommode verrammelt, bevor ich mich zu Bett begeben hatte. Schließlich wollte ich sichergehen, dass John mir nachts nicht doch einen Besuch abstattete und auf seine Eherechte bestand.
Trotzdem hatte ich den Eindruck, jemand würde mich mit brennenden Augen anstarren!
Vielleicht gab es einen Geheimgang, den John benutzt hatte, um doch noch in mein Zimmer zu gelangen!
Diese Vorstellung ließ mich erschaudern. Da s wohlige, warme Gefühl, das ich aus meinem Traum hinübergerettet hatte, war augenblicklich verflogen. Stattdessen tastete ich nun nach dem Schalter der kleinen Nachttischlampe neben dem Bett.
Doch als ich den Schalter endlich gefunden und betätigt hatte, blieb es trotzdem dunkel.
Anscheinend war der Strom ausgefallen oder die Glühbirne kaputt gegangen.
Oder gab es etwa einen anderen Grund, warum das Licht ausgerechnet jetzt nicht funktionierte?
»Hallo?«, rief ich verhalten in die Dunkelheit. »Ist da jemand?«
Ich erhielt keine Antwort.
Unbehaglich zog ich die Bettdecke bis zum Hals und starrte ängstlich in die Dunkelheit. Das vage Gefühl, nicht mehr allein zu sein, war jetzt fast zur Gewissheit geworden. Jemand hielt sich in meinem Zimmer auf, da war ich mir sicher!
»John, bist du das?«, fragte ich und bemühte mich, meine Stimme dabei fest und selbstsicher klingen zu lassen.
Tatsächlich bemerkte ich in der linken Ecke des Zimmers nun plötzlich eine schemenhafte Bewegung.
»John, ich warne dich!«, rief ich und wich bis zum Kopfende meines Bettes zurück, die Decke krampfhaft vor meiner Brust zusammengerafft. »Komm mir nicht zu nahe!«
Eine Gestalt trat zögernd in das fahle Mondlicht.
Ich glaubte, meinen Augen nicht zu trauen. Es war nicht John, der da vor mein Bett getreten war, sondern ein zierlicher Junge, m it langem, welligem Haar, der einen altertümlichen Mantel mit schimmernden Messingknöpfen trug.
Das Knabengesicht war dasselbe, wie auf dem alten Gemälde im Blauen Salon. Charles Macer war sein Name. Doch er war seit über dreihundert Jahren tot!
Fing ich etwa wieder an zu halluzinieren?
Ich schluckte und kämpfte das nackte Entsetzen herunter, das in mir mit aller Wucht aufzusteigen drohte. Ich wollte nicht verrückt werden! Lieber wollte ich mich an mein gemeinsames Leben mit John erinnern, als dem Wahnsinn anheimzufallen und geisterhafte Gestalten zu sehen, die längst tot waren!
Das Trugbild vor meinem Bett blieb jedoch hartnäckig bestehen. Jetzt hob der Junge sogar zaghaft einen Arm und winkte.
Mein Atem wurde hektischer und ich schüttelte entsetzt den Kopf. »Nein«, röchelte ich und fuchtelte mit der Hand abwehrend in der Luft herum. »Geh weg, Junge! Geh weg!«
Der Knabe legte den Kopf schief und betrachtete mich traurig. Der Ausdruck von Resignation und tiefer Verzweiflung machte sich plötzlich auf seinem blassen Gesicht breit. Er ließ die Schultern hängen und traf Anstalten, sich von mir abzuwenden, um wieder im Dunkeln zu verschwinden.
Plötzlich tat mir der Junge leid. Meine ängstliche, abweisende Reaktion kam mir plötzlich albern und kindisch vor. Dieser Junge brauchte meine Hilfe! Nicht umsonst war er zu mir gekommen!
Auf die Gefahr hin, nun ganz den Verstand zu verlieren, streckte ich bittend die Hand aus.
»Warte«, rief ich verhalten. »Geh nicht!«
Der Junge hielt inne und drehte sich langsam wieder zu mir um. Gefasst schaute er mich mit seinen ti efgründigen, traurigen Augen an.
»Du siehst dem Jungen auf einem Ölgemälde im Castle zum Verwechseln ähnlich«, sagte ich und kroch über das Bett auf die kleine Gestalt zu.
Der Junge nickte eifrig, als wollte er meine Worte bestätigen. Er stand mir nun direkt gegenüber. Aber in dem silbernen Mondlicht wirkte er auf erschreckende Weise unwirklich, fast durchscheinend.
»Bist du Charles Macer?«, fragte ich rau. Mir wohl bewusst, wie unsinnig meine Frage war, da Charles Macer ja seit über dreihundert Jahren tot war.
Der Junge nickte traurig. Sein Gesicht hellte sich plötzlich wieder auf und er gab mir mit einem ungeduldigen Wink zu verstehen, dass ich ihm folgen sollte. Dann wandte er sich ab und trat auf die Tür zu, die ich mit der Rokokokommode verrammelt hatte.
»Warte!«, rief ich und wollte nach der Schulter des Jungen greifen.
Aber meine Hand ging durch die Gestalt hindurch, als würde sie aus Nebel bestehen.
Mit einem leisen Aufschrei wich ich auf dem Bett zurück.
Doch Charles sah nur kurz über seine Schulter zu mir zurück und lächelte dünn. Dann hatte er die Tür erreicht und schritt einfach durch sie hindurch!
Starr vor Schreck und Entsetzen kauerte ich auf dem Bett und glotzte die verrammelte Tür verdattert an, durch die der Junge soeben verschwunden war.
» Entweder bin ich jetzt verrückt oder bei dem Jungen handelt es sich wirklich um den Geist von Charles Macer«, flüsterte ich mit zitternder Stimme.
Eine Gänsehaut kroch mir den Rücken hinunter. Alles in mir schrie danach, einfach die Bettdecke über den Kopf zu ziehen und darauf zu warten, bis es endlich Morgen wurde.
Aber es regte sich auch eine unbestimmte Neugierde in meinem Innern.
Charles Macer brauchte meine Hilfe! Das stand für mich unumstößlich fest. Und diese Hilfe würde ich ihm nicht verwe hren, egal, wie fest mich die Angst mit ihren kalten Klauen gepackt hielt!
Entschlossen verließ ich das Bett und machte mich daran, die Kommode von der Tür wegzurücken.