Читать книгу Romantic Thriller Trio #9 - Drei Romane - Jan Gardemann - Страница 20
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Оглавление»Halt!«, ertönte da eine weibliche Stimme. Sie gehörte Gwendolyn Hyes. Nur in ein seidiges blaues Nachthemd gekleidet stand sie oben am Geländer der Treppe. Ein Mondstrahl, der durch das runde Fenster über der Tür hereinfiel, beleuchtete ihre schlanke Gestalt. Gwendolyns rotes Haar schimmerte wie Glut und ihre Augen blickten streng auf John herab.
Augenblicklich ließ John die erhobene Hand sinken. »Gwen«, sagte er unbehaglich. »Warum schläfst du nicht?«
»Bei dem Lärm, den ihr beide veranstaltet, ist es unmöglich zu schlafen«, erwiderte Gwendolyn kalt. »Ihr beide solltet jetzt wieder ins Bett gehen, bevor es noch ein Unglück gibt!«
John warf mir einen hasserfüllten Blick zu. »Denk an meine Worte!«, zischte er böse. »Betrete nie wieder den verbotenen Korridor!«
John drehte sich abrupt um und eilte die Stufen empor. Vor Gwendolyn blieb er einen kurzen Moment stehen und starrte sie von oben bis unten an.
Dies schien der jungen Ärztin jedoch keinerlei Unbehagen zu bereiten. Im Gegenteil, aufrecht und stolz stand sie da und schien die verschlingenden Blicke von John sogar zu genießen.
Schließlich wandte John sich ab und verschwand Richtung Schlafzimmer.
Fröstelnd rieb ich mir mit den Händen über die Unterarme. Wenn es überhaupt möglich war, so verabscheute ich John jetzt noch viel mehr. Ich war überzeugt, dass er mir etwas angetan hätte, wenn Gwendolyn nicht auf der Bildfläche erschienen wäre.
Ich ging zu der jungen Ärztin, die oben bei der Treppe auf mich wartete.
»Danke«, murmelte ich.
»Es gibt nichts, wofür du dich bedanken müsstest«, erwiderte Gwendolyn. »John ist ein eigensinniger, störrischer Mann. Man muss wissen, wie man ihn zu nehmen hat. Dann kommt man auch prima mit ihm aus.«
»Habe ich das vor meinem Unfall gekonnt?«, fragte ich.
Gwendolyn nickte, schaute aber zur Seite, so als könnte sie mir dabei nicht in die Augen sehen.
»Ich werde John morgen verlassen«, sagte ich.
Gwendolyn sah mich erschrocken an. »Das darfst du nicht!«, rief sie aufgebracht. »Wenn du Danmoor Castle verlässt, wird deine Erinnerung niemals zurückkehren!«
»Darauf lege ich auch keinen Wert«, entgegnete ich kalt. »Vielleicht ist es besser so, wenn ich mich nicht an John erinnere.«
Gwendolyn ergriff meine Hände und sah mich eindringlich an. »Wo willst du denn hin?«, fragte sie. »Wenn du John verlässt, stehst du völlig mittellos da. Er wird dir weder Geld noch eine andere Unterstützung gewähren. Du bist ganz allein auf dich angewiesen, ohne Freunde, ohne Wohnung. Außerdem wird John dich für unzurechnungsfähig erklären lassen. Du hast deine Erinnerung verloren und bedarfst ärztlicher Hilfe. Du musst hierbleiben und dich erst an alles erinnern. Dann erst hast du eine Chance, dich von John loszusagen.«
Gefasst sah ich Gwendolyn an. »Hältst du mich denn für unzurechnungsfähig?«, fragte ich und musste dabei unwillkürlich an meine seltsamen Träume und den Geisterjungen Charles Macer denken.
Gwendolyn ließ meine Hände los und nickte. »Ich kann es allein schon aus ärztlicher Sicht nicht verantworten, dass du die vertraute Umgebung von Danmoor Castle verlässt. Ich will nur das beste für dich, Brenda. Das kannst du mir glauben. Schließlich bin ich deine beste Freundin.«
»Und wie es den Anschein hat, auch meine einzige«, merkte ich in einem Anflug von Sarkasmus an.
»Du hast immer ein zurückgezogenes Leben geführt und warst dabei glücklich«, erwiderte Gwendolyn.
Ich lachte rau. »Glücklich! Ich kann mir nicht vorstellen, dass John mich wirklich glücklich gemacht hat. Wir sind einfach zu verschieden. Um das zu erkennen, brauche ich keine Erinnerung. Es genügt, auf mein Herz zu hören.«
Gwendolyn kniff die Lippen zusammen und zuckte mit den Achseln. Es war ihr anzusehen, dass sie von John eine ganz andere Meinung hatte als ich.
»Du liebst John, nicht wahr?«, platzte es aus mir hervor.
Gwendolyn machte ein bestürztes Gesicht. »Wie kommst du darauf?«
»Ich habe vielleicht mein Gedächtnis verloren, aber nicht mein Urteilsvermögen«, erwiderte ich. »Es ist dir deutlich anzumerken, was du für meinen Mann empfindest, Gwendolyn. Aber ich bin dir deswegen nicht böse. Ich liebe John nicht. Es ist mir gleichgültig, was er mit dir hinter meinem Rücken treibt.«
Gwendolyn sah mich ernst an und schüttelte dann bedächtig den Kopf.
»Du täuschst dich, Brenda«, sagte sie kühl. »John und ich sind Freunde, mehr nicht. Was sich deiner Meinung nach zwischen uns abspielt ist bloß Einbildung. Du siehst die Dinge anders, als sie wirklich sind. Auch das wird eine Folge deines Unfalls sein. Ich rate dir dringend, dich jetzt hinzulegen und zu schlafen, Brenda. Morgen früh werden wir dann versuchen, deinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen, indem wir dich mit Artefakten konfrontieren. Ich bin sicher, dass deine Wahnvorstellungen aufhören, wenn sich die Erinnerung erst wieder einstellt.«
Gwendolyn wandte sich ab und ging
Mit gemischten Gefühlen starrte ich Gwendolyn hinterher.
Hatte die junge Ärztin etwa recht? Bildete ich mir die Liebesbeziehung zwischen ihr und John genauso ein, wie den Mann in meinen Träumen und Charles Macer, das Geisterkind?