Читать книгу Just One Word: Verrückte Mädchen küssen besser - Jana Aston - Страница 5

1. Kapitel

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»Mein Coach sagt, dass wir die Chefs unseres eigenen Lebens sind.«

Hm. Mir gefällt, wie das klingt, also höre ich weiter zu. Ich habe mich bisher noch nie für irgendwelchen CEO-Kram interessiert, insbesondere nicht, wenn es dabei um mein eigenes Leben ging. Aber jetzt, wo ich das höre, klingt es vernünftig. Außerdem kommt der Tipp vom einem echten Life-Coach, also muss da etwas dran sein. Sollte ich vielleicht selbst einen Life-Coach engagieren? Ich wette, erfolgreiche Menschen haben einen. Glückliche Menschen. Menschen, die ihr Leben im Griff haben.

Auf mich trifft das jedenfalls nicht zu. Wenn ich mein Leben im Griff hätte, würde ich nicht in einem Coffeeshop Halt machen und einen Muffin zum Abendbrot kaufen, weil mir bereits mitten in der Woche meine üblichen Lebensmittel ausgegangen sind.

Fairerweise muss man sagen, dass es für mich bisher immer gut funktioniert hat, in den Tag hineinzuleben, aber vielleicht steckt in mir ja viel mehr? Möglicherweise habe ich ungenutztes Potenzial, von dem ich noch gar nichts weiß? Vielleicht könnte ich mit der Hilfe eines Life-Coaches eine dieser Frauen werden, die jede Situation geregelt bekommen und sogar unter der Woche auf High Heels mit zehn Zentimeter Absatz ihren Alltag meistern. Mit gestylten Haaren sowie einem adretten Shirt-Kleid und einem schmalen Gürtel. Genau wie Meghan.

Verfluchte Meghan.

Normalerweise flechte ich meine Haare nach dem Duschen zu einem Zopf und lasse sie an der Luft trocknen, bis ich zur Arbeit gehe. Bevor ich aus dem Auto steige, löse ich meinen Zopf und lockere einzelne Strähnen einfach ein bisschen auf. Ich habe dichtes, blondes Haar und die Sache mit dem Flechten sorgt dafür, dass ich danach einen schicken Beach-Look habe, für den ich viele Komplimente bekomme. Aber vielleicht sind die Leute einfach nur nett? Ich wickle mir eine meiner Locken um den Finger und betrachte sie, ehe ich sie loslasse. Erneut starre ich Meghans Haar an und frage mich, wie es um neunzehn Uhr abends immer noch so seidenglatt aussehen kann.

Ob ihr Life-Coach ihr einen guten Friseur empfohlen hat? Darauf würde ich wetten. Ich wette, er hat ihr alle möglichen tollen Tipps gegeben.

Die Schlange bewegt sich und ich schiebe mich ein paar Schritte vorwärts, zusammen mit Meghan.

»Mein Coach sagt, dass mich innere Widerstände davon abhalten, das Leben zu erschaffen, von dem ich träume.«

Oh mein Gott. Mir geht es genauso. In mir regen sich ebenfalls solche inneren Widerstände. Ich bin mir immer sicher, kurz davor zu stehen, das Leben meiner Träume zu leben, doch dann kommt irgendwas dazwischen. Wie die Realität. Tja, damit ist es wohl eindeutig, oder? Ich brauche einen Life-Coach. Ich frage mich, ob mir Meghan verraten wird, wen sie engagiert hat. Warum sollte sie nicht? Es ist ja nicht so, als würde ich sie kennen, also stehen wir nicht miteinander im Wettkampf, aber man weiß ja nie. Die Leute können echt empfindlich sein, wenn es um so was geht.

Ich höre auf, mit meinem Handy herumzuspielen, und suche stattdessen nach Life-Coaches in Las Vegas, während ich darauf warte, dass Meghan ihren Anruf beendet, damit ich sie fragen kann.

Oh, wow, es gibt Millionen von Suchergebnissen.

Die besten 10 Life-Coaches in Las Vegas, NV Life-Coach-Therapeuten in Las Vegas, NV Die Top 17 Life-Coaches in Las Vegas

Das letzte Suchergebnis ist seltsam, oder? Siebzehn? Man beendet eine Liste doch nicht bei siebzehn, das ist einfach kleinlich. Ich wette, dass, wer auch immer diese Liste erstellt hat, den Life-Coach auf Platz achtzehn so sehr gehasst hat, dass er nach Nummer siebzehn Schluss gemacht hat.

Mein Beileid, Nummer achtzehn.

»Heute Abend werden wir daran arbeiten, meine inneren Blockaden zu lösen«, fährt Meghan fort, also konzentriere ich mich wieder auf ihre Worte, während ich auf den Link mit den zehn besten Life-Coaches klicke, weil ich diese inneren Blockaden ebenfalls fühle. Glaube ich. Außer … Normalerweise tue ich einfach, wonach mir ist, also habe ich vielleicht gar keine inneren Blockaden? Oder hält mich möglicherweise genau das davon ab, etwas Besseres zu tun?

»Wir treffen uns in diesem neuen Grind Me Café, das in Henderson eröffnet hat«, sagt Meghan der Person, mit der sie telefoniert, und ich spitze die Ohren. Genau dort befinde ich mich gerade – hinter ihr in der Schlange im neuen Grind Me Café!

Als ich gesehen habe, wie das Schild angebracht wurde, habe ich gedacht, dass es sich dabei um einen cleveren Namen für einen Sexshop handeln würde, aber als ich das Geschäft das erste Mal betrat, wurde mir klar, dass sich der Name auf das Mahlen von Kaffee bezieht und nicht auf – na ja, egal. Es ist ein Coffeeshop, und zwar genau der, in dem Meghan ihren Life-Coach trifft. Außerdem gibt es hier hervorragende Bananen-Nuss-Muffins, doch das ist nicht der Punkt, sondern dass es sich bei dieser Situation um Kismet handeln muss, was ein hochtrabenderes Wort für Schicksal ist, aber immer noch das Gleiche bedeutet.

Wie hoch stehen schon die Chancen, dass ich im selben Coffeeshop, in derselben Schlange, zur selben Zeit wie eine Frau stehe, die möglicherweise die gleichen Probleme hat wie ich?

Die Chancen sind gering. Nun, um ehrlich zu sein, habe ich keine Ahnung, wie die Chancen genau stehen, aber einigen wir uns um des Arguments wegen darauf, dass sie sehr niedrig sind.

Da ist noch etwas …

Die andere Sache ist – ich wette, dass solche Coaches teuer sind. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass Meghan und ich wahrscheinlich ähnliche Probleme haben. Von daher … sollte ich hierbleiben und schauen, ob der Life-Coach und ich kompatibel sind. Oder? Das macht doch absolut Sinn.

Meghan erreicht das Ende der Schlange und hält ihr Handy ein Stück von ihrem Mund weg, um einen schwarzen, entkoffeinierten, mittelgroßen Kaffee zu bestellen. Eine weitere Sache, die wir gemeinsam haben, da ich ebenfalls Kaffee trinke. Zwar mit Milch und Zucker, aber hey, es bleibt Kaffee.

Ich bestelle das Gleiche wie Meghan und dazu noch einen Muffin, schließlich bin ich hergekommen, um Letzteres zum Abendessen zu kaufen. Meghan hatte wahrscheinlich gegrillte Hähnchenbrust mit Grünkohl als Beilage, weil ihr Leben gecoacht wird. Sie handelt nicht einfach aus dem Bauch heraus und kauft einen Muffin zum Abendessen, weil ihr die Cheez-Its ausgegangen sind. Niemals. Ich lasse mir Zeit, während ich etwas Milch und ein Päckchen Zucker in meinen Kaffee gebe, und beobachte Meghan dabei, wie sie an einem der Tische Platz nimmt. Und welch ein Zufall, neben ihr ist noch ein freier Tisch. Glück oder Kismet? Hm? Wie dem auch sei, diese Gelegenheit kann ich mir nicht entgehen lassen.

Also setze ich mich an den Tisch neben ihren.

Ich stecke mir meine Kopfhörer in die Ohren, schalte aber natürlich keine Musik an. Sie dienen nur zur Ablenkung, damit mein Lauschen nicht so auffällt.

Das klingt so schäbig – lauschen. Schließlich handelt es sich hier eher um eine Art Kostprobe, so als würde man in den Supermarkt gehen und dort etwas zum Probieren erhalten. Wenn Meghan nicht gewollt hätte, dass ich testweise an ihrer Life-Coaching-Session teilnehme, hätte sie diese in etwas privaterer Atmosphäre abhalten sollen, nicht wahr? Außerdem hat Kismet entschieden, dass ich dazu bestimmt bin, in diesem Moment hier zu sein, und jeder weiß, dass man gegen Kismet nicht ankämpfen kann.

Keine Ahnung, ob ich den Begriff Kismet richtig verwende, aber ich bin mir sicher, dass das die Essenz des Ganzen ist. Zumindest relativ sicher.

Ich stelle den Muffin auf einer Serviette ab, ehe ich einen Stift aus meiner Handtasche krame und eine weitere Serviette glattstreiche, um mir darauf Notizen zu machen. Ich bin einfach nur eine ganz normale Frau, die ihre eigene Gesellschaft bei einem Kaffee und einem Muffin genießt, absolut unauffällig. Ich stopfe mir etwas von dem Süßkram in den Mund und fahre mit meiner Suche nach den besten Life-Coaches in Las Vegas fort, während ich darauf warte, dass Meghans auftaucht. Sollte Meghans Termin heute Abend gut verlaufen, werde ich mir definitiv einen eigenen Coach zulegen.

Es sei denn …

Ach du heiliger Bimbam! Life-Coaches sind gerade echt beliebt. So richtig beliebt. Auf der Website des beliebtesten Coaches steht, dass Klienten derzeit ein Jahr auf einen Platz warten müssen.

Ein. Jahr.

Seufzend werfe ich meinen Stift auf den Tisch. Ich soll ein ganzes Jahr warten, bis ich mein Leben in den Griff bekomme? Zwar bin ich keine Expertin, was das angeht, doch es klingt nicht sinnvoll. Also besuche ich die Website des zweitbeliebtesten Coaches, wo steht, dass aktuell keine neuen Klienten angenommen werden. Ich kann mich nicht mal auf der Warteliste eintragen.

Mist.

Bei Coach Nummer drei sieht es nicht anders aus. Nummer vier und fünf sagen mir nicht zu, deswegen halte ich mich gar nicht erst damit auf, ihre Wartelisten zu überprüfen. Der Coach auf dem sechsten Platz ist ein attraktiver Mann, der kein Recht hat, irgendetwas anderes als meine Orgasmen zu coachen. Mir gefällt Nummer sieben, aber … Moment. Einen Augenblick. Stimmt dieser Preis? Ich hatte erwartet, dass solche Coachings teuer sind, aber so teuer? Wer zur Hölle kann sich das leisten? Nur eine Person, die ihr Leben bereits gänzlich im Griff hat, sonst keiner. Kismet ist doof. Warum hat es dafür gesorgt, dass ich einen Muffin zum Abendessen wollte, genau an diesem spezifischen Coffeeshop Halt machte und hinter Meghan in der Schlange stand, während sie so laut in ihr Handy sprach, dass der ganze Laden es hören konnte, wenn ich nicht dazu bestimmt war, mir einen Life-Coach zuzulegen? Dass mir gestern die Cheez-Its ausgegangen sind, kann ebenfalls kein Zufall sein – schließlich war das der Auslöser für all diese Folgeereignisse.

Während ich darüber nachdenke, was das alles bedeutet, esse ich noch einen Happen meines Muffins. Im nächsten Moment taucht Meghans Coach auf, weshalb ich beschließe, das Nachdenken auf später zu verschieben und mich darauf zu konzentrieren, das Essentielle aus dieser Probesitzung herauszuholen. Das ist schließlich der Sinn dahinter, oder? Vielleicht ist Life-Coaching ja auch echt ätzend und Kismet wollte nur, dass ich anfange, mir die Haare zu föhnen. Finden wir es heraus.

Fünfzehn Minuten später hänge ich am Haken. Meghans Life-Coach ist weiblich und die Beste. Sie sorgt dafür, dass ich eine bessere Version von mir sein möchte. Sie lässt mich glauben, dass ich eine bessere Version von mir sein kann! Nun verstehe ich total, warum jemand so einen Coach engagieren möchte. Ich fühle mich bereits jetzt ruhiger und fokussierter, und das nur durch das Belauschen von Meghans Session. Also … Mir ist bewusst, dass ich jetzt wahrscheinlich gehen sollte. Das sollte ich wirklich. Aber ich habe noch immer keine Lösung dafür, wie ich meinen eigenen Coach bezahlen soll oder wo ich überhaupt einen finde. Es ist ja nicht so, als könnte ich aufstehen, zu ihrem Tisch gehen und um eine Visitenkarte bitten, oder?

Kann ich nicht.

Von daher …

Ich werde einfach noch ein wenig länger bleiben. Nur ein kleines bisschen. Oder aber die ganze Stunde. Das ist am praktikabelsten. Normalerweise ist Zweckmäßigkeit nicht gerade mein Ding, also ist die Tatsache, dass ich gewillt bin, praktikabel zu sein, doch ein weiteres Zeichen, meint ihr nicht? Ich finde schon. Ich denke, es bedeutet, dass es mir bestimmt war, genau zu diesem Zeitpunkt hier zu sein. Außerdem scheinen Meghan und ich viel gemeinsam zu haben. Wenn ich ein paar Jahre älter wäre, eine bessere Garderobe hätte, mir die Zeit nehmen würde, mir jeden Tag die Haare zu föhnen und zu stylen, und es mir leisten könnte, einen Life-Coach zu engagieren, dann wären wir praktisch die gleiche Person. Zugegeben, das mag nach einer fünfzehnminütigen Kostprobe ihres Lebens vielleicht ein wenig übertrieben sein, aber wir sind uns ähnlich genug. Folglich ist es ein wenig so, als würde sie ihrem bisherigen Ich dazu verhelfen, die beste Version seines Selbst zu werden.

Ich halte inne und wickle mir eine meiner Haarsträhnen um den Finger. Okay, das ist wirklich weit hergeholt.

Trotzdem bleibe ich.

Der Rest der Sitzung ist genauso lebensverändernd wie die ersten fünfzehn Minuten. Wir arbeiten daran, unsere größten Stärken zu identifizieren und herauszufinden, welche neuen Fähigkeiten wir gern entwickeln würden – und es fühlt sich wirklich gut an, meine Stärken zu identifizieren. Ich besitze jede Menge positive Eigenschaften. Zum Beispiel bin ich spontan. Das ist etwas, woran Meghan noch arbeitet. Darüber hinaus bin ich sehr extrovertiert und gut darin, mit dem Strom zu schwimmen. Anpassungsfähig würde Carol das nennen. Nächste Woche werden wir an unserer Entscheidungsfähigkeit arbeiten. Wie es scheint, hat Meghan ein paar unkluge Entscheidungen getroffen, aber dafür verurteile ich sie nicht, denn: wem ist das noch nicht passiert? Außerdem hat Carol gesagt, dass schlechte Entscheidungen oft zu guten Entscheidungen führen, weil wir aus unseren Fehlern lernen. Sie war auch der Ansicht, dass schlechte Resultate nicht immer das Ergebnis falscher Entscheidungen sind oder dass eine richtige Entscheidung manchmal ungute Folgen haben kann, ohne dass man irgendeine Schuld trägt. Deswegen sollte man sich nicht davon abhalten lassen, es erneut zu versuchen.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie über eine Eigentumswohnung geredet haben, die Meghan gekauft hat, bevor sie nach Las Vegas gezogen ist, aber der Ratschlag lässt sich auch auf all die Typen anwenden, die ich im College gedatet habe. Seht ihr, wie anpassungsfähig ich bin?

Carol ist toll.

Das ist auch der Grund, weshalb ich denke, dass ich nächste Woche vielleicht wiederkommen sollte. Denn mal ehrlich, wer bestimmt schon, wie lang eine Kostprobe dauern sollte?

Ich nicht. Schließlich bin ich nicht die Kostprobenpolizei.

Ich bin einfach nur eine Frau, die in einem Coffeeshop sitzt und aus ihren Stärken einen Nutzen zieht. Die den Sinn und Zweck ihres Lebens freischaltet. Ihre Komfortzonen erweitert. Außerdem ist das nicht mal die schlechteste Idee, die ich jemals hatte. Es ist nicht mal die schlechteste Idee, die ich diese Woche hatte, wobei auch das in Ordnung wäre, denn schlechte Ideen entfachen unsere Kreativität. Zumindest sagt das Carol, und da mir diese Sichtweise wirklich gefällt, übernehme ich sie.

»Ist das hier ein guter Ort, um uns nächste Woche erneut zu treffen?«

Ja. Ja, ist es. Genau genommen hat Carol natürlich Meghan gefragt, aber ein Coffeeshop ist nicht wirklich der Ort für eine Life-Coaching-Session, wenn man nicht möchte, dass Fremde ebenfalls davon profitieren.

»Nächste Woche kann ich Donnerstag nicht«, antwortet Meghan. »Ich bin auf einer Geschäftsreise. Ich werde in meinem Terminkalender nachschauen und dir eine E-Mail schreiben.«

Tja, das war’s dann vermutlich. Ich werde niemals erfahren, wann sie sich wieder treffen, und ich kann wohl kaum wie ein trauriger Autor mit einer Allergie gegen Heimarbeit jeden Tag in diesem Coffeeshop herumhängen. Ich mustere eine an einem der Ecktische sitzende Frau, die vor sich hinmurmelt, während sie tippt. Nein, definitiv nicht.

»Der einzige andere freie Termin wäre am Sonntagmorgen um elf«, verkündet Carol.

Problem gelöst.

Just One Word: Verrückte Mädchen küssen besser

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