Читать книгу Faithless Love - Jana Reeds - Страница 6
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Juan
Schwarze Haare. Grüne Augen. In diesem Türkis, wie man es nur in der Karibik sieht. Volle, rote Lippen. Eine gerunzelte Stirn. Ein prüfender Blick.
„Er ist wieder da“, sagte sie an einen Typen gerichtet, dessen Umrisse ich hinter ihrem Körper sehen konnte. Ich hörte seine Antwort nicht, weil ich anfing, zu husten.
Ich hustete mir meine verdammte Lunge aus dem Leib. Versuchte, ächzend und keuchend damit aufzuhören, denn es zerriss mich innerlich.
Überall Schmerz.
Nichts als stechender, pochender Schmerz.
Gut, dass mich die Dunkelheit wieder umhüllte, in ihre schützenden Arme nahm und von dort wegholte.
War ja klar. Jeder, absolut jeder, der aus einer Ohnmacht erwachte, berichtete von einem engelsgleichen Wesen, das sich über ihn beugte. Und ich?
Ich konnte mich sehr gut daran erinnern, dass ich mit ein paar schallenden Ohrfeigen zurückgeholt wurde. Als ich die Augen öffnete, sah ich sie. Dunkle Haare. Türkisgrüne Iriden. Ich wusste sogar noch, dass ich ziemlich benommen gewesen war, null Orientierung hatte und nicht wusste, warum sich diese Frau über mich beugte, die mir zuvor ins Gesicht geschlagen hatte.
Ihr Gesicht, von pechschwarzen Haaren umrahmt, war auf jeden Fall ein unmissverständlicher Hinweis darauf, dass es sich bei ihr nicht um einen Engel gehandelt hatte.
Kein Wunder. Bei mir würde der liebe Gott wahrscheinlich eher den Teufel schicken – oder eine seiner Gehilfinnen. Ich drehte den Kopf, um zu überprüfen, ob meine Erinnerung richtig war und ich mich tatsächlich in einem verfickten Krankenhaus befand.
Uuund. Richtig. Die weißen Wände, der Zugang in meiner Hand und die Monitore. All das zeigte, dass ich recht hatte.
Scheiße!
Ich hasste Krankenhäuser. Andererseits kannte ich niemanden, der sie mochte, von daher war es wohl nicht allzu verwunderlich, dass ich am liebsten gleich aufgesprungen wäre, um zu verschwinden. Das Blöde war nur, dass ich total müde war. Um mich davon abzulenken und nicht sofort wieder einzuschlafen, schaute ich zu dem Typen, der neben meinem Bett saß. Tyler, mein Boss, hatte seine Beine lang von sich gestreckt, sein Kinn lag auf seiner Brust und tiefe Atemzüge hoben und senkten seine Brust.
Schlief der etwa?
„Hey, Tyler!“, krächzte ich. Normalerweise hätte ich ihn etwas höflicher angeredet, aber ich war mir ziemlich sicher, in meinem Zustand so was wie Narrenfreiheit zu haben.
Mit einem Ruck fuhr sein Kopf nach oben, er setzte sich auf und starrte mich an, als hätte er noch nie einen Typen im Krankenhaus gesehen.
„Du bist wach!“
„Ja, ich bin wach. Gut erkannt“, murmelte ich sarkastisch und räusperte mich. Meine Stimme war total eingerostet. Außerdem war ich noch immer hundemüde. Ich hatte keine Ahnung, wie lange ich bereits in diesem Bett lag. In den letzten Stunden war ich ständig wieder eingeschlafen, kurz aufgewacht, nur um sofort erneut in einen tiefen Schlaf zu fallen.
Die Sache mit der Orientierungslosigkeit hatte ich wenigstens schon hinter mir. Ich war ja nicht blöd, auch wenn ich in den letzten Tagen die meiste Zeit in einer Art Dämmerzustand verbracht hatte, so war ich in Gedanken aktiv gewesen. Hatte in jeder wachen Minute versucht, mir ins Gedächtnis zu rufen, was genau geschehen war. Ich wollte wissen, weshalb ich im Krankenhaus lag, bevor ich mit jemandem sprach. Und das war mir gelungen. Wie ein Puzzle hatte ich meine Erinnerungen zusammengesetzt. Die schwarzhaarige Frau, die kein Engel war, aber ein Gesicht hatte, das … Egal. Viel wichtiger als sie waren die anderen Geschehnisse.
Der Überfall der Piraten.
Der Vorfall an Deck, als sie Lou erschießen wollten.
Die Kugel, die mich erwischte, mein Sturz über Bord und meine Anstrengungen, mich über Wasser zu halten, nicht unterzugehen und erbärmlich zu ertrinken.
All das war Stoff für einen Albtraum und doch nicht einmal das Schlimmste, was mir durch den Kopf ging.
„Was machst du hier?“, fragte ich ihn. Tyler zu nerven, war besser, als meinen Gedanken nachzuhängen.
„Ich habe gewartet, dass du aufwachst. Was denkst du denn?“
„Und warum?“
„Warum?“
„Ja. Kann dir doch egal sein, wann ich aufwache.“
Tyler schüttelte den Kopf. „Du bist echt ein Idiot. Wir haben uns Sorgen um dich gemacht. Oder glaubst du, wir lassen dich fast abkratzen und machen danach weiter, als wäre nie was geschehen?“
„Na ja, weißt du denn nicht …“ Ich stockte. Scheiße. Beinahe hätte ich mich verraten, und dass Tyler hier war und normal mit mir redete, konnte ja nur eines bedeuten. Er wusste von nichts. Niemand wusste was. Bevor sich das änderte, musste ich von hier weg. Blöderweise schlief ich wohl wieder ein, ohne diese tolle Idee in die Tat umzusetzen. Überhaupt schlief ich viel zu viel, und wenn ich das mal nicht tat, konnte ich mich kaum rühren, so am Arsch war mein Körper. Außerdem war ich nie allein. Jedes Mal, wenn ich meine verdammten Augen öffnete, saß ein anderer von der Crew an meinem Bett. Dylan, dann wieder Lou oder Marli. Selbst Fabio und Logan tauchten auf. Allmählich hatte ich den Eindruck, die hatten alle nichts zu tun und waren froh, wenn sie bei mir im Krankenhaus die Zeit totschlagen konnten.
Wie zur Hölle sollte ich unauffällig verschwinden, wenn ich niemals allein war? Und wenn noch immer etliche Schläuche aus mir heraushingen? Scheiße, ich fühlte mich, als sei ich eine verdammte Steckdose. Und dann war nicht ein einziges Mal die Polizei hier gewesen. Niemand, der mir unangenehme Fragen stellte. Ich sollte mich wohl darüber freuen, aber so richtig wollte mir das nicht gelingen. Außerdem war ich extrem genervt. Tagelang im Bett zu liegen, mich scheiße zu fühlen und nicht wegzukönnen, ging mir ganz schön auf den Geist. Ich brauchte körperliche Betätigung; wenn ich nicht tauchte oder auf einen Boxsack einprügelte, machte ich Krafttraining, joggte. Jetzt lag ich nur noch da wie ein nasser Sack und schlief die meiste Zeit. Ich fühlte meinen Körper nicht mal, so zugeknallt war ich mit Schmerzmitteln. Da kam mir Dylan gerade recht. Der schlenderte nämlich in diesem Moment zu mir herein und gab Marli, seiner Verlobten, einen Kuss, der verdammt lange andauerte.
„Hey, nehmt euch gefälligst ein Zimmer“, murrte ich, nachdem es so aussah, als wolle er seinen Mund nie wieder von ihrem lösen.
„Schlecht gelaunt?“
„Nein, mir geht’s blendend. Aber du knutschst die Frau ab, als wolltest du sie gleich hier auf meinem Bett vögeln. Ich bin nicht so fürs Zusehen, ich habe lieber selbst …“
„Halt die Klappe, Juan“, sagte Dylan.
„Machs gut, mein Schatz.“ Marli grinste mich an, gab mir einen Luftkuss und tänzelte zur Tür. Das tat sie garantiert nur, um Dylan eifersüchtig zu machen.
„Mein Schatz? Du nennst ihn Schatz?“, rief er ihr hinterher.
„Er hat es sich verdient.“ Die Tür fiel hinter ihr zu.
„Ich gebe ihr den besten Kuss, den sie je bekommen hat, und sie sagt, du hättest es verdient, so genannt zu werden?“ Dylan, der Idiot, ließ sich auf den Stuhl neben meinem Bett fallen.
„Sie wollte dich eifersüchtig machen und es hat funktioniert.“
„Glaubst du?“
Statt einer Antwort schüttelte ich nur den Kopf und rollte mit den Augen. Ich wusste, dass ich mich wie ein Teenager benahm, aber manchmal schaffte er es, meine pubertäre Seite hervorzuholen.
„Was tust du hier? Du warst gestern erst da. Jetzt nervst du mich schon wieder. Hast du nichts Besseres zu tun?“ Okay. Ich klang wie ein Arschloch, aber allmählich nervte mich diese Besuchsorgie, die meine Kollegen und mein Boss hier abzogen. Und wenn es mich nicht ärgerte, wurde mir ganz warm ums Herz, was ich noch weniger gebrauchen konnte.
„Nein, ich habe nichts Besseres zu tun. Außerdem ist es auf der Jacht ziemlich langweilig.“
„So, so. Ihr seid also wieder auf der Jacht. Da habt ihr ja Pech gehabt“, murmelte ich sarkastisch.
„Ja, nicht wahr?“ Dylan grinste mich an, lehnte sich zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Er sah aus wie jemand, der nicht so schnell gehen wollte.
„Und warum seid ihr nicht auf der Sea Shadow? Ich meine, da unten auf dem Meeresboden liegt ein verdammter Schatz rum, der geborgen werden will, und ihr geht in Cadiz vor Anker und langweilt euch?“
„Wir dürfen nichts tun, solange Tyler mit der Regierung verhandelt. Die Spanier wollen ein Stück vom Kuchen abhaben. Dank der Piraten wissen sie jetzt, was wir hier so treiben. Die Fundstelle befindet sich zwar außerhalb der Drei-Meilen-Zone und damit nicht in spanischen Gewässern, aber anscheinend ist das egal, wenn es um dreistellige Millionenbeträge geht.“
„Oh.“
„Ja, oh. Also sitzen wir hier rum, drehen Däumchen und langweilen uns.“
„Na, mir würde da bestimmt was einfallen, wenn ich mir so eine Frau wie Marli geangelt hätte.“
„Tja, das ist Pech, denn sie gehört mir.“ Dylans Grinsen wurde noch breiter. Und warum auch nicht, der Arsch hatte mich dazu verpflichtet, bei seiner Hochzeit den Trauzeugen zu spielen. Seitdem sah ich meiner Genesung mit gemischten Gefühlen entgegen. Eigentlich hatte ich vorgehabt, sofort abzuhauen, sobald die mich endlich von den blöden Schläuchen abmachten und mich nach Hause schickten. Aber jetzt?
Die Vorstellung, auf der Jacht aufzutauchen und all meine Kollegen zu sehen, um bei der Hochzeit von Dylan und Marli eine wichtige Rolle zu spielen, ließ Übelkeit in mir aufsteigen. Andererseits brachte ich es auch nicht über mich, Dylan im Stich zu lassen. Genauso wenig wie Marli.
Immerhin besuchten sie mich jeden Tag im Krankenhaus. Hielten mich für einen Helden, weil ich die Kugel abgefangen hatte, die für Lou, Dylans Schwester, bestimmt gewesen war und …
Scheiße.
Die ganze Situation war total verfahren. Also schloss ich die Augen und tat das, was ich am besten konnte. Schlafen.