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Kapitel 6 – Damals – Verdacht

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»Bedauerlicherweise wird Marc Berger diese Schule nicht länger besuchen. Auch wenn Miss Lieberman darauf verzichtet, Anzeige zu erstatten, so ist Mr. Berger suspendiert. Seine Eltern haben beschlossen, die Stadt zu verlassen.« Der Schuldirektor räusperte sich. Es war ihm anzusehen, wie peinlich er die ganze Geschichte fand. Er hatte der Klasse die Hintergründe in aller Kürze erläutert. Es sei zu einem bedauerlichen Übergriff durch den beliebten Schüler gekommen, so dass eine Suspendierung das Mindeste sei.

Marcs Freunde schienen fassungslos. Die Mädchen tuschelten aufgeregt. Rose legte den Kopf schief und musste sich mit aller Kraft ein Lächeln verkneifen. Sie warf einen kurzen Blick zu Isabelle hinüber. Ihre ehemalige beste Freundin hatte den Kopf in die Hände gestützt und starrte auf den Tisch. Rose meinte, eine Träne sehen zu können. Ein warmes Gefühl breitete sich in ihrer Brust aus. Was Isabelle wohl mehr beschäftigte: der Verrat oder dass sie ihn nie wiedersehen würde?

Als die Glocke das Ende der Stunde verkündete, ging Rose auf die Toilette. Margret erwartete sie schon. Rose schloss sie in die Arme: »Jetzt ist alles vorbei, Maggie. Das Leben wird wieder, wie es vorher war.«

Margret strich sich gedankenverloren über den Bauch. »Alle starren mich an, als wäre es meine Schuld.«

»Nein, sie starren, weil sie nicht fassen können, was Marc getan hat.«

Margret nickte nachdenklich. »Ich vermisse Jake. Denkst du, es war richtig, was wir getan haben?«

Rose strich ihr über den Rücken. »Natürlich war es richtig. Du hast doch selbst gesagt, dass deine Eltern dich umgebracht hätten, wenn sie das mit Jake erfahren hätten. So, wie es jetzt ist, trifft dich keine Schuld. Marc hat dich bedrängt, und du konntest dich nicht wehren. Er hat dich zum Sex gezwungen.«

Margret sah sie zweifelnd an. »Ja, meine Eltern hätten es nie verstanden.«

Rose nickte sie beschwörend an. »Du hättest Probleme bekommen, und vor allem hätte Jake Probleme bekommen. Er hätte dich gehasst.«

Dieser Gedanke schien Margret gar nicht zu gefallen. »Ich könnte es nie ertragen, wenn Jake mich hassen würde.«

Rose grinste innerlich. Die Liebeskarte funktionierte immer. »Wie geht es dir denn nach der Abtreibung?«

Margret zuckte mit den Schultern. »Eigentlich ganz okay. Ich vermisse das Kind nicht. Es war einfach der falsche Zeitpunkt, und vielleicht bekomme ich in ein paar Jahren nochmal die Gelegenheit, schwanger zu werden.«

Rose verkniff sich die Bemerkung, dass Jake wohl der einzige Mann war, der sich mit jemandem wie Margret einlassen würde. Sie durfte es sich nicht mit ihr verscherzen.

»Isabelle und Marc tun mir so leid. Sie sind beide richtig fertig, und sie haben mir doch nichts getan.« Margrets Stimme hatte nun wieder diesen weinerlichen Ton angenommen.

Rose wurde wütend. »Hör' zu, Marc hat mir sehr wehgetan. Ich habe ihn geliebt wie du Jake liebst. Er hat es verdient.«

Margret nickte langsam. »Darf ich Isabelle wenigstens die Wahrheit erzählen?«

Nun verlor Rose die Geduld. »Jetzt reden wir beide Klartext. Solltest du Isabelle oder irgendjemand anderem die Wahrheit sagen, dann werde ich auch die Wahrheit sagen und dafür sorgen, dass dein geliebter Jake hinter Gitter kommt. Haben wir uns verstanden? Dann waren diese ganzen Lügen umsonst, und du musst dich deshalb verantworten.«

Margrets Augen wurden groß, und sie öffnete leicht den Mund. Doch dann nickte sie traurig. »Okay, vielleicht ist es wirklich besser so wie es ist.«

Rose lächelte zufrieden. »Es ist besser, glaub‘ mir. Marc hat dich gegen deinen Willen geschwängert, und jetzt zieht er weg, um einen Neuanfang zu machen.« Damit klopfte sie Margret noch einmal auf die Schulter und verließ die Toilette. Draußen stieß sie mit Isabelle zusammen. Diese hatte ein Taschentuch gegen die Augen gepresst und unterdrückte ihr Schluchzen.

»Oh, tut mir leid, Rose.«

»Das macht doch nichts. Mensch, dir scheint es ja wirklich nicht gut zu gehen.«

»Nein, das hätte ich niemals von Marc gedacht. Ich dachte, er liebt mich.«

Rose musste sich beherrschen, um nicht breit zu grinsen. »Ach, Isabelle, das dachte ich damals auch, aber dann fand er einfach eine Andere besser.«

Isabelle hob den Kopf und sah Rose in die triumphierenden Augen. »Hast du etwas damit zu tun?«, fragte sie fassungslos.

Rose mimte die Überraschte. »Wie kommst du denn darauf?« Isabelles Augen wurden schmal, doch sie war verunsichert. »Isabelle, was hätte ich denn tun sollen? Marc hat sich schon selbst auf Maggie gelegt.«

Das schien ihr einzuleuchten. Sie nickte langsam und sagte: »Tut mir leid, ich bin schon ganz durch den Wind.« Rose zwinkerte ihr zu und verließ das Schulgebäude.

Draußen wurde Marc gerade von seinen Eltern abgeholt. Mit gesenktem Kopf ging er an all seinen ehemaligen Freunden vorbei, die ihn jetzt mit Abscheu ansahen, und stieg in den Wagen seiner Eltern, der schon gepackt war. Als sein Vater den Motor startete, warf Marc einen Blick nach draußen und sah Rose direkt in die Augen. Sie hob die Hand zum Gruß und grinste. Seine Augen weiteten sich, als er verstand, doch er konnte nichts tun. Marc schüttelte nur leicht den Kopf – enttäuscht, verbittert. Es war zu spät. Der Wagen fuhr vom Hof. Niemand würde ihm je Glauben schenken. Seine Eltern waren froh, wenn das alles so schnell wie möglich unter den Teppich gekehrt sein würde.

Rose drehte sich um und ging zurück ins Schulhaus. Marc hatte eine wichtige Lektion gelernt: Niemand legte sich mit Rose Carter an.

Narzisse

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