Читать книгу Teufels Träume - Jasmin Salfinger - Страница 11
Flammende Flucht
ОглавлениеEmilia hustete unter dem erstickenden Rauch. Sie hatte keine Ahnung, was soeben geschehen war. Sie war aufgewacht als sie unsanft aus dem Untersuchungsstuhl geschmettert worden war und die Gasmaske von ihrem Gesicht weggerissen wurde.
Lautes Sirenengeheul schallte von überall her auf sie nieder. Doch sie hörte es nur dumpf, da die Explosion einfach zu laut für ihre Ohren gewesen war.
Blindlinks stützte sie sich an der Wand ab und schob sich vorwärts auf der Suche nach einem Ausgang aus dieser qualmenden Hölle. Ihr Gleichgewichtssinn schien in Mitleidenschaft gezogen worden zu sein. Panische Schreie drangen an ihre dumpfen Ohren. Ein stechender Schmerz durchzuckte ihren Fuß, als sie auf eine Glasscherbe trat. Vor ihr löste sich der Rauch und Licht drang herein. Emilia schob sich auf das Licht zu, bis sie letztendlich aus eine riesigen Loch in der Mauer hinaus Sonnenlicht trat. Sie war im Freien… Die Explosion hatte ein Loch in die Wand gerissen.
Sie war im Freien! Völlig egal ob ihr gerade die halbe Welt um die Ohren geflogen war, sie war frei und konnte davonlaufen! Sie könnte jetzt ihre Unschuld beweisen. Die ganze Zeit hatte sie sich vorgestellt zu fliehen und jetzt hatte sie es geschafft ohne nur im Geringsten etwas dafür getan zu haben - als wäre ihr Wunsch in Erfüllung gegangen. Vielleicht hätte sie auch einen Gedanken daran verschwenden sollen, wie sie nach einem Ausbruch von dem Gelände wegkommen könnte.
Kuthar Hona war in der Tat ein grauenhafter Ort. Selbst die Umwelt wirkte trist, grau und verwelkt. Die Irrenanstalt konnte noch so renommiert sein, hässlich war sie trotzdem. Schnell lief sie über den harten, steinigen Boden. Hier und da stolperte sie, rappelte sich wieder auf und humpelte weiter.
Hinter sich hörte sie Rufe. Dicker Rauch quoll aus dem Gebäude. Doch der Krawall der Explosion hatte so viel Verwirrung und Panik ausgelöst, dass ihr Verschwinden hoffentlich unbemerkt bleiben würde.
Sie musste hier weg! Fieberhaft stürzte sie auf die Straße zu. Irgendwie musste sie es schaffen den Zaun des Geländes zu überqueren. Plötzlich kam hinter ihr ein Auto angedonnert. Entsetzt dachte sie man hätte sie erwischt und schrie auf. Panisch lief sie, halb humpelnd weg von der Anstalt, als ein veralteter Camaro mit quietschenden Reifen neben ihr zum Stehen kam. Die Tür riss auf und ein junger Mann sprang heraus. „DU?“ krächzte Emilia. Er antwortete nicht, packte sie nur an den Schultern, schubste sie nur in den Wagen, setzte sich selbst wieder hinter das Steuer und stieg aufs Gas.
„Darren? Was zum Teufel MACHST DU HIER?“ brüllte sie ihn an.
„Na was wohl? Dich RAUSHOLEN!“ brüllte er zurück. Er brauste mit rasender Geschwindigkeit auf die Eisentore der Einfahrt zu und preschte hindurch. Die Tore riss es aus den Angeln und Staub wirbelte durch die Luft.
Emilia krallte sich in ihrem Sitz fest als er um die Kurven raste. Sie spähte angespannt zurück, doch die Anstalt wurde immer kleiner bis sie irgendwann am Horizont verschwand und Emilia somit Kutar Hona endlich hinter sich ließ.
Erst nach dem sie die Anstalt nicht mehr sehen konnte, und sie sicher war, dass man sie bis jetzt nicht verfolgte, entspannte sie sich ein wenig und ließ sich erschöpft in den Ledersitz sinken.
Da erst wurde ihr bewusst mit wem sie ihm Wagen saß bzw. wer sie eben gerade gerettet hatte. Da bemerkte sie auch schon wieder diese kalte Aura der von ihm ausging.
Sie musterte kurz misstrauisch sein Gesicht, Strähnen seines blonden Haares klebten an seiner verschwitzten Stirn.
„Ok, jetzt sag mir, was soll das? Warum bist du hier? Wie hast du mich gefunden?“ platzte sie heraus.
„Du hast mich angerufen, schon vergessen?! Wie gesagt, ich steh in deiner Schuld. Du hast angerufen, hier bin ich.“ Sagte er schlicht und wendete den Blick nicht von der Straße ab. Gut so, er raste wie ein Irrer.
„Da hast du aber ganz schön was in meinen Anruf hineininterpretiert. Recht viel hab ich da nicht gesagt, geschweige denn, dass ich Hilfe brauche oder wo ich bin.“ sagte sie mit zusammengekniffenen Augen.
„Tz. Ich glaube jemand wie du kann immer Hilfe gebrauchen.“ sagte er verächtlich.
„Hey, um eines klar zu stellen, ich hatte nicht um deine Hilfe gebeten! Ich bin prima allein ausgebrochen, ich wäre da auch so irgendwie weggekommen!“ blaffte sie empört.
„Jaah, das hab ich gesehen.“ Sagte er sarkastisch und zog eine Braue über seinen schwarzen Augen hoch.
Sie schenkte ihm einen wütenden Blick: „Schön! Und wo fährst du mich jetzt hin?“
„Kommt drauf an wo du hin willst?“ gab er ziemlich nüchtern zurück.
Da wurde Emilia kurz still.
„Zu- zurück nach Hause.“ sagte sie stockend. Kurz blitzte ein Hauch Verwunderung über sein kaltes Gesicht, dann nickte er nur und stieg zur Antwort noch einmal kräftig aufs Gas.
Er hatte sie gerettete, und sie blaffte ihn an. Das war nicht gerade nett, dachte Emilia bei sich. Ihr Gewissen biss sie, dass sie sich so undankbar verhielt. Klar, er war kein Gentlemen, aber so sollte sie sich wirklich nicht verhalten.
„Danke“ knirschte sie mit gesenktem Blick. Darren sah sie zum ersten Mal direkt an, indem er ihr einen kurzen, dunklen Blick aus den Augenwinkeln zuwarf.
Er antwortete nicht, streckte nur seinen muskulösen Arm aus, griff nach hinten auf die Sitzbank und zog einen Kapuzenpulli nach vorne.
„Hier, damit du was anhast.“ Sagte er kühl und warf ihn ihr in den Schoß. Ahja, außer dem Patientenhemd trug sie nicht gerade viel. Sie hatte eigentlich nichts gegen knappe Outfits, aber man musste es ja nicht übertreiben. Außerdem war das Teil nicht gerade warm. Sie zitterte. Emilia hatte gar nicht gespürt, wie kalt ihr geworden war. Im Sommer. Von Darren ging einfach so eine Kälte aus, die den gesamten Wagen füllte und sie zum schaudern brachte. Als Klimaanlage machte er sich zumindest nicht schlecht.
Dankbar zog sie den Reisverschluss des Pullis auf und schlüpfte hinein. Er war viel zu groß und rutschte ihr bis über die Oberschenkel… und er duftete wahnsinnig gut.
Emilia verstummte, sie war erschöpft, müde und ausgelaugt. So ein Ausbruch aus einer Irrenanstalt war doch leicht anstrengend. Immer wieder dämmerte sie kurz weg, zuckte zusammen und öffnete die Augen. Sie wollte nicht neben Darren einschlafen. Er hatte sie zwar gerade gerettet, dass hieß aber nicht, dass sie ihm vertraute. Doch als die Sonne sich dem Horizont zuneigte, schlossen sich endgültig ihre schweren Lieder.