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WE

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Freitag gegen halb drei Nachmittags, verließ Charlotte ihr Büro im Stuttgarter Norden. Aus der Tiefgarage kam soeben ihr Softmobil Voyager ein Elektroauto der Luxusklasse, welches ohne Hilfe vom Fahrer fuhr. Der Wagen bremste, die Türe sprang auf und sie stieg ein. Sie gab per Sprachbefehl die Adresse ihres Zielortes an, mit einem Zwischenhalt bei einem Feinkostgeschäft in Reutlingen. Der Wagen hatte längsseits und hinten eine bequeme weiche Rückbank, nach vorne längs Polster, um die Beine hochzulegen, vorne einen kleinen Sitz mit einem lächerlich kleinen, sich von selbst drehenden Lenkrades, einen in der Frontscheibe integrierten Bildschirm, natürlich Sprachsteuerung und Vernetzung mit allen Alltagsrelevanten Systemen, sowohl den Autobahnen und Bundesstraßen Leitsystemen bis zum PC in Charlottes Haus, dem gemeinsamen Bungalow auf der Alb und eingeschränkt, mit ihrem Büro, in der Lenzhalde im Stuttgarter Norden. Der Voyagerl fuhr mit leichtem seufzen sanft los und Charlotte streifte die Pumps ab, streckte die Beine auf den Polstern aus und sah gedankenverloren aus dem Fenster, während das Softmobil gerade Degerloch passierte und in Richtung Echterdingen fuhr. Die Frontscheibe konnte auf Befehl zum Monitor umschalten und man sah Naturimpressionen, Filme, Nachrichten, was man wollte. Drei der Scheiben hatten eine Zoomfunktion und man konnte weiter entfernte Personen oder Gegenstände zum näheren Betrachten heran zoomen. Das Soundsystem war super. Man konnte den Wagen auch künstlich verdunkeln, falls man schlafen wollte und selbstverständlich konnte von außen keiner hineinsehen, wenn man dies nicht wollte. Pedale gab es nicht mehr. Das lief alles über kleine Tasten am Lenkrad oder durch Befehle, schneller, langsamer, hier parken, links, rechts, wenden, aber diese Mühe machte sich kaum jemand. Wer so ein E Mobil der gehobenen Klasse hatte, überließ sich gerne der Technik. Charlotte lag entspannt halb hingestreckt, während ihr Nacken eine entspannende warme Massage durch die ergonomisch geformte Lehne erhielt.

„Was liegt dieses Wochenende an?“ Eine wohltönende warme männliche Stimme erklang.

„In 43 Minuten Stopp bei Feinkost Friesinger, Pfullingen. Heute Nachmittag, Zeit unbestimmt, Treffen mit Jo. Ankunft dort um 16:24 Uhr. Samstag 19.00 Abendessen und Theater mit Artur, Stuttgart, Staatstheater, Wagen ist bestellt auf 18.50 Uhr. Sonntagabend 19 Uhr High Heels Stuttgart, Panoramastraße, Termin Claudia Ulrich.

Sonntagabend 21 Uhr, Treffen mit Yvonne, Büro Lenzhalde.

Das sind alle mir vorliegenden Termine. Wenn sie einen kleinen Checkup wünschen ergreifen sie den stick bitte.- Charlotte umfasste einen Griff, ähnlich des Griffes eines Skistockes und drückte ihn ca. 5 Sekunden leicht. Kurz darauf erklärte die angenehme männliche Stimme:

„Beim Berühren des Softmobiltürgriffes haben mir meine Sensoren gemeldet, das sowohl ihr Hauttonus, als auch –Turgor ein leichtes Defizit aufweise. Daher empfehle ich Ihnen ein Glas Canstatter Mineralwasser zu trinken, unter ihnen im Kühlfach. Oder, da unsere Fahrt noch über eine Stunde dauert, könnten sie dazu auch ein Glas Weißwein, in Erwägung ziehen. Die Pupillen und Augenreflexe deuten auf leichte Ermüdung hin. Schlafen sie sich aus. Ihre Lendenwirbelsäule ist etwas verspannt, wenn sie das Go geben werde ich einen Termin bei ihrer Physiotherapeutin vereinbaren. Ansonsten machen sie einen entspannten Eindruck, die ausgeatmeten Gase entsprechen der Norm, Kreislauf, Blutdruck und Puls sind top. Einer leichten Vitamin D Minderversorgung könnten sie durch Dragees a 1000 Einheiten, neben dem Kühlfach unter ihnen, begegnen. Täglich ein Dragee. Der Frühling steht ja schon vor der Haustüre. Kleiner Checkup Ende.“ „Physio Go“ sagte Charlotte kurz. Das Kommunikationssystem fuhr fort „ Das bestellte Lunchpaket bei Spezialitäten Friesinger in Reutlingen und die bestellten Getränke, sind bezahlt und werden zum Wagen gebracht.

Ein schönes WE, Charlotte.“

„Danke“ murmelte sie, vergessend, dass sie mit einem Steuerungssystem kommunizierte.

Vierzig Minuten später holte sie ihr vorbestelltes Paket ab und der junge Mann der ein Kistchen mit drei Flaschen Champagner und einem teuren Cognac zum Wagen trug, hatte alle Mühe, der Kundin mit dem sexy Outfit nicht ins Dekolletee zu starren. Als er die Getränke verstaut hatte, lächelte sie ihn an und gab ihm 10 EU$. Der Lehrling, völlig überwältigt von Charlottes Präsenz, bedankte sich und ging mit rotem Kopf zurück in den Laden. Das Softmobil glitt lautlos den Albanstieg hinauf durch den Wald, als in ihrem elektronischen Kalender für Do 17 Uhr Termin Physiotherapie aufleuchtete. „Dach auf“ das große Schiebedach öffnete sich lautlos, während sie durch den Frühlingswald rauf auf die Alb fuhren. Sie hörte Vogelgezwitscher und der Wind blies mit leichtem Rauschen durch die Bäume. Die Luft war klar und kühl, doch im Wagen blieb es trotzdem angenehm warm. Hmm war das schön. Angenehm. Sie hatte eine hervorragende Krankengymnastin, die sie oft sehr forderte mit den Hausaufgaben, doch die Frau hatte mit ihrem Können schon Wunder vollbracht.

Punkt halb fünf, wie vom Mobil vorher angekündigt, rollte der Wagen zum Tor eines Anwesens, welches am Rand einer kleinen Ortschaft unmittelbar hinter dem Albaufstieg lag. Hier wohnte Jo. Zur Straße hin sah man nur ein großes Rolltor, eine Mauer und links das Haus, welches nur im ersten Stock Fenster zur Straße hatte. Hinter dem Tor links erstreckte sich ein Haus dessen Grundfläche ein L war. In dem Winkel war eine gemütliche Veranda. Rechts des Tores stand eine ehemalige Scheune, die nun als Garage diente. Nach hinten erstreckte sich ein etwas verwilderter Garten, der in eine Streuobstwiese überging, die hinten mit einem stabilen Zaun begrenzt wurde. Das Haus hatte im Erdgeschoss eine Wohnküche und ein geräumiges Wohnzimmer, von dem eine Treppe nach oben führte, wo zwei Schlafräume und ein großes Badezimmer lagen. Im Schlafzimmer zum Garten raus stand ein riesiges Futonbett aus Bambus, das mit einer riesigen indianischen Tagesdecke bedeckt war. In Decke und Wänden waren verschiedene Strahler angebracht und unsichtbar in der Wand ein hervorragendes Soundsystem, mit voicecontrol. Da sich Jo gerne auf das Wesentliche konzentrierte, gab es in diesem Raum außer einer kleinen chinesischen Truhe, deren Deckel zum drauf sitzen gepolstert war und drei schwarz, gold und rotlackierte Holzkistchen aus Java in absteigender Größe, kein weiteres Inventar. Jeweils 65 qm Wohnfläche reichten allemal für Jos Bedürfnisse. Das Tor öffnete sich, der Wagen fuhr hinein und blieb mit einem leichten Seufzen stehen. Jo Vollands Morgan Plus8, in racing green Oldtimer stand schon in der offenen Scheune, worüber sich Charlotte freute. Chrom, Leder, Edelholz und eine zeitlos schöne Karosse. Der Wagen hatte zweifellos Stil, doch er wirkte auch ein wenig antik. Wie sein Besitzer manchmal, schmunzelte Charlotte.

Sie hatte Jo kennengelernt, da war sie 16 und er machte sein Abitur, mit fast zwanzig, denn er hatte in der zehnten Klasse von der Waldorfschule an das Gymnasium gewechselt und musste die zehnte und die elfte Klasse wiederholen. Sie hatten eine Affäre, die zwei Jahre hielt und dann trennten sich ihre Wege.

Charlotte war auf der Überholspur und Jo kam da nicht mit. Sie verließ ihn und hinterließ einen tief gekränkten, verwirrten jungen Mann, der glaubte sein Leben sei nun zu Ende. Charlotte heiratete.

Acht Jahre später trafen sie sich wieder. Charlotte verheiratet, Jo Volland immer noch solo.

Sie setzten ihre Beziehung fort, auf einer lockeren Ebene, ohne Rechenschaft und ohne Alltag. Charlottes Mann, Apotheker, ein in vieler Hinsicht befriedigter Mann, liebte die Natur, die Jagd, lange Ansitze alleine und setzte sein Geld dann in Jagdreisen rund um den Globus ein. Er liebte seine Frau und es war ihm egal, ob sie Sex mit anderen, Frauen oder Männer hatte, er wusste, er würde sie nie bändigen können. Also band er sie an sich, durch Toleranz, durch selbstlose Liebe, durch Liebesbekundungen und regelmäßige kleine Gesten oder Geschenke. Er trug sie auf Händen und gönnte ihr das größte Geschenk zwischen Liebenden: ihre Freiheit. Sie nahm es an. Jeder lebte sein eigenes Leben und die Wochenenden gehörten schon länger von Freitag bis Samstag, manchmal auch bis Sonntagmittag, Ihr und Jo.

Die Glasschiebetür öffnete sich und Jo stand, mit einem Glas in der Hand in der Türe.

„Hallo Lottchen“

„Hallo Dickerchen“. Umarmung, kurzer heftiger Kuss, seine Hand auf ihrem Po.

„Ruhig Brauner“ neckte sie ihn und griff ihm spielerisch in die Weichteile. Jo bat sie herein und ging zum Wagen, die Lebensmittel und die Kiste mit Getränken herein zu holen.

Eine 56 jährige Witwe aus dem Ort sorgte einmal pro Woche dafür, dass das Haus sauber war, die Fenster geputzt, die Betten frisch bezogen wurden und kümmerte sich um die Wäsche. Manchmal stand auch eine selbstgekochte Leckerei auf dem Herd oder im Kühlschrank mit einem Hinweis, wie er sich diese warm machen konnte, ob Pfanne oder Mikrowelle. Sie war ruhig, zuverlässig und die beste Haushälterin, die man sich wünschen konnte. Sie war nun zehn Jahre bei Jo und hatte ihn sehr ins Herz geschlossen. Wenn sie Spuren von Drogenkonsum beim Putzen bemerkte, so starb sie vor Angst um Jo. Und sie wünschte ihm eine Ehefrau und Kinder, statt dieser Geliebten, die oft am Wochenende hier war. Obwohl Charlotte stets freundlich war, so missfiel der konservativen Älblerin eine Frau, die ihre üppigen Reize so offen zur Schau stellte. Aber das zeigte sie nicht und sie würde es schon gar nicht sagen.

Für Jo waren die regelmäßigen Treffen mit Charlotte der sprichwörtliche Höhepunkt der Woche. Sie waren ein gut eingespieltes Team und jeder wusste, wie er den Partner sexuell fordern und befriedigen konnte. Der Sex war das verbindende und das erneuernde. Kein Konsum.

Als ihre Beziehung in jungen Jahren endete, bohrte in Jo eine Wunde, die er weit höher bewertete, als Charlotte. Sie hatte ihn, inmitten eines Sexspieles gebeten, sie anal zu penetrieren, wozu er, durch Alkohol und Kokain nicht mehr in der Lege gewesen war. Er war tiefbeschämt, Charlotte nicht ihren nur zögerlich geäußerten Wunsch erfüllt haben zu können. Immer wieder fiel ihm dieser Abend ein und er fühlte sich beschämt und als Versager. Sie hatte diesen Wunsch auch nicht mehr geäußert.

Acht Jahre später, an einem Abend, sie hatten ein wenig gekokst, kam sie in schwarzer Unterwäsche aus dem Bad. Er sah sie, kurvig, die prallen Titten sprengten fast den BH und in ihm kam ein stahlharter, vor Geilheit pulsierender Impuls hervor. Zu seinem Erstaunen, warf er die Bettdecke auf den Boden und hörte sich sagen. „Runter“. Sie sah ihn an, in ihren Augen flackerte es. Er zog sein Hemd aus und stand da in Jeans, zog den Gürtel aus den Schlaufen und wiederholte leise aber bestimmt. „Runter. Ich sage es nicht noch mal“.

Dann dominierte er sie zwei Stunden lang, ohne Schläge, nur mit Kommandos und sie vögelten sich die Seelen aus dem Leib und er konnte endlich vollenden, was er Jahre zuvor nicht geschafft hatte. Das war die Offenbarung, der Schlüssel zu beiderseitigem Vergnügen. Seither waren sie im Bett ein super Team. Jo lernte durch sie, obgleich sie nie über Techniken oder Lust sprachen, die harmonische Sprache körperlicher Liebe, die oft Gegensätze benötigte und der nichts abträglicher war, als Gewohnheit und ein vermeintlich sicherer Weg. Und Humor. Einmal sagte er,“ solange du darüber lachen kannst, wenn ich keinen hochkriege, brauche ich ja nicht befürchten, dich nicht mehr zu erheitern.“ Sie gab ihm einen langen Kuss.

Sechs Stunden später lagen sie, nach einem langen Abend mit gutem Essen, einer Stunde Back Gammon, Wein, Sex, etwas Koks und noch mehr Wein und dann noch einmal Sex, angenehm ermüdet, Sie, wie aufgeladen von der sexuellen Energie, die beide freigesetzt hatten, unter einer federleichten indianischen Decke, sie auf die Seite gestützt den Kopf in ihrer Hand mit der anderen kleine Kreise um seinen Nabel drehend.

„Lottchen, kannst Du mir mal zuhören? Ich muss was loswerden.“

„Was ist los? erzähle es mir, aber lass uns doch raus auf die Veranda, den Sonnenuntergang anschauen.“

Die vergangenen 30 Minuten hatte Jo Charlotte erzählt, er sei auf etwas gestoßen, was seinen Verdacht erregt hätte. Aus irgendeinem Grund erwähnte er das Memo nicht. Dann wurde ihnen kühl und sie kamen wieder ins Haus.

„Bist Du Dir sicher?“

„Nein. Das ist ja mein Dilemma. Der Verdacht ist zu konkret, um übersehen zu werden, aber nicht stark genug, für greifbare Fakten“.

„ Ist Dir klar, was Du da andeutest? Leute gezielt abhängig zu machen, um sie in das Rentadep Programm zu bekommen?“

„ Ich deute nichts an“ brüllte er fast. Dann sofort „Entschuldige Charlotte.

Jedenfalls werde ich in den kommenden Tagen mal anfangen ein wenig Detektiv zu spielen. Als der Aktiengang war, muss es ja offizielle Zahlen gegeben haben. Ich habe mich da nie für interessiert, Aber Asshole hält sich auch immer schön bedeckt.“ Er meinte Gregor Kowalski den Vorstandsvorsitzenden und Geschäftsführer von Rentadep AG.

„Mach das und halt mich auf dem Laufenden“.

Unter ihnen im Bettkasten hörte ein Mikrofon dem Gespräch zu und sendete es zu einem Aufnahmegerät, welches 15 Meter neben der Villa, in einem Geräteschuppen versteckt war.

Dort konnte nachts ohne Probleme die bespielte Cassette geholt und neue Batterien ersetzt werden.

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