Читать книгу Rentadep - Jens Otto Holländer - Страница 17
Jo saß in seinem Büro, eine Handvoll Unterlagen vor sich auf dem riesigen Schreibtisch und traute seinen Augen nicht.
Zu sagen, er wäre geschockt, würde nicht annähernd seinen Zustand von Entrüstung beschreiben, der ihn durchtoste. Rentadep, zu Beginn für nicht einmal 85.000 Abhängige entwickelt, betreute alleine in Deutschland über 300.000 Süchtige. Wo kamen die her? Warum war das so angestiegen? Sicher die Zeiten waren härter geworden. Aber mehr als das dreifache in 17 Jahren? Er wagte gar nicht weiter zu denken. Doch das war ja nur das Eine.
Eigentlich war in Europa zumindest, Heroin schon wieder auf dem Rückzug gewesen. Heroinabhängige waren Verlierer, Heroin war definitiv keine Partydroge, den Konsumenten haftete der Ruf ein Versager zu sein, an. Kokain, sein Billigderivat Crack und Methamphetamin Chrystal Meth, waren eine Pest und hatten Europaweit verheerende Schäden angerichtet. DAS waren die Zugpferde, sämtliche Partydrogen damit einhergehend. Doch die Zeit der Partys und des wilden Lebens, dauerten bei den meisten Menschen nur bis sie Mitte zwanzig waren. Dann kam das Erwachsenenleben und das dauerte dann 50 bis 60 Jahre. Und hier kam Heroin wieder ins Spiel, bzw. der Wolf im Schafspelz, Euphorin. Sehr viele der heutigen Heroin oder Opiat Abhängigen, fingen erst mit 20 oder älter an, das braune Pulver zu rauchen, schnupfen oder zu spritzen. Und wenn sie dann erst einmal Euphorin probiert hatten, war die Falle zugeschnappt und es gab kaum ein zurück. Trotzdem erklärte es bei weitem nicht diesen Anstieg. Da würde er mal dranbleiben. Diese Zahlen waren offiziell und keiner schien darüber erstaunt.
Er las etliche Mails, fand aber nichts Besonderes, also nahm er noch einmal das Papier vor, welches ihm vor wenigen Tagen in die Hände geraten war. Es war die zweite Seite einer Mitteilung: mit bebender Hand las er:
Ganz oben war eine Zeile eingefügt: Verteiler, rentadep.int. circle.d.j. exe/ surrou..abgerissen
2
nur mühsam, die geforderten Kapazitäten erreicht werden. Häftlinge, als freiwillige Programmteilnehmer können nur einen kleinen Teil, der durch Eu2.0 zu Tode gekommenen, auffüllen. Es sollte noch mehr Augenmerk auf die Verpflichtung von weiblichen Teilnehmern gelegt werden, da diese besser und wesentlich teurer vermittelt werden können. Durch gezielte Anwerbung, wie in den vergangenen acht Jahren. Die finanzielle Prämierung für Sterilisation macht erstaunlich gute Fortschritte, so dass weibliche Substies definitiv vor ungewollter Schwangerschaft sicher sind. Unsere Substies erfreuen sich einer gesellschaftlich immer stabileren Akzeptanz. Dies gilt es weiter auszubauen.
3
Erste aussagekräftige Studien von rentdep.gentech.de lassen den Schluss zu, dass Euphorin2.0, bei täglicher Einnahme, ab einer Gabe von 0,1 mg/kg Körpergewicht dauerhafte Schäden an der Reproduktionsfähigkeit von Zellen besonders Nervenzellen hervorruft. Nach sechs Monaten ist der Schaden irreparabel und die Behandlung kann mit Euphorin fortgesetzt werden.3-6 Monate später verstirbt der Konsument. Die Schädigung betrifft die Mitochondriale DNS.. Um die angesparte Prämie nicht auszahlen zu müssen, sollten die Probanden auch nicht viel länger leben, da fünf Jahre nach dem Ausscheiden aus dem Programm die erste und weitere fünf Jahre später die zweite Prämie fällig ist. Der Zeitpunkt der Gabe von Euphorin 2.0 kann beliebig gewählt werden. Ich schlage je nach Laufzeit des Vertrages vor, diesen ab dem 10. Vertragsjahr zu wählen.
4
Bei einem durchschnittlichen Verdienst von 7000 EU$ pro Teilnehmer, pro Jahr kommen, bei rund 300000 Teilnehmern immerhin schon 2,1 Milliarden an Gewinn zusammen, bei einer Dauer von 20 Jahren sind das pro Substie durchschnittlich140.000 EU$. Bei kürzerer Laufzeit entsprechend weniger. Frauen erzielen oft weit mehr. Durch den geplanten Aktiengang erhalten die Mitglieder des Vorstandes eine Dividende von.. hier endete das Schreiben, wieder durch einen unsauberen Schnitt/Riß.
Jo war fassungslos.
Obwohl er das Papier schon kannte, war er geschockt, als er in trockenen Worten las, dass offensichtlich gezielt Abhängige geschaffen wurden, um sie ohne Lohn arbeiten zu lassen und dann zu eliminieren. Das hatte nichts, aber auch gar nichts mit dem humanitären Programm zu tun, was seine Freunde und er vor 17 Jahren ins Leben gerufen hatten. Eigentlich sollte Euphorin dafür sorgen, dass die Abhängigen KEINE Drogen mehr brauchten. Dabei war es zur Falle geworden und machte die Abhängigkeit erst perfekt. Und er, Jo Volland hatte maßgeblich dran mitgewirkt. Nun machte man sie mit einem Gift abhängig, welches sie langsam umbrachte, beutete sie aus und hoffte, dass sie bald verstarben. Was verdammt noch war Euphorin 2.0?
Er öffnete die mailbox und schrieb an Charlotte: Wir müssen uns sehen, es ist schlimmer…
Einem Impuls folgend löschte er die Zeile, fuhr den PC herunter und verließ tief in Gedanken sein Büro.