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Teil 1 Verteidigung und AusländerrechtII. Verteidigungsstrategien zur Vermeidung der Ausweisung › 5. Unionsrechtlich privilegierte Ausländer

5. Unionsrechtlich privilegierte Ausländer

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Obwohl die alte Ausweisungssystematik – mit Ausnahme der freizügigkeitsberechtigten EU-Ausländer – grundsätzlich für alle Ausländer Geltung beanspruchte, galt bereits nach altem Recht für einzelne Saaten – z.B. die Türkei – aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarungen eine Sonderstellung. Obwohl die Türkei – bis heute – kein EU-Mitglied ist, wurden ihre Staatsangehörigen – aufgrund völkerrechtlicher Verträge – bereits nach altem Recht den EU-Ausländern weitestgehend gleichgestellt.[1] Der Gesetzgeber hat dies im Rahmen der Neuregelung zum Anlass genommen in § 53 Abs. 3 AufenthG für bestimmte Fälle Sonderreglungen festzuschreiben, die sich an der bisherigen Rechtsprechung orientieren. Im Einzelnen gilt Folgendes:

a) Ausweisungstatbestand

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Ein Ausländer, der

als Asylberechtigter anerkannt ist,
der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings genießt,
der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt,
dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder
der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt,

darf gemäß § 53 Abs. 3 AufenthG nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist; eine generealpräventiv motivierte Ausweisung ist damit ausgeschlossen[2].

aa) Asylberechtigte, anerkannte Flüchtlinge

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Eine erhebliche Verbesserung hat das neue Ausweisungsrecht für Asylberechtigte und Flüchtlinge gebracht, da diese – anders als nach altem Recht – nicht mehr aus generalpräventiven Gründen ausgewiesen werden können.

Hinweis

Die Ausweisung von Asylbewerbern ist in § 54 Abs. 4 AufenthG geregelt; die Vorschrift orientiert sich an § 56 Abs. 4 AufenthG a.F.

bb) Staatangehörige der Türkei

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Erhöhten Ausweisungsschutz i.d.S. genießen somit auch türkische Arbeitnehmer,[3] die mindestens vier Jahre dem regulären Arbeitsmarkt angehören (Art. 6 Abs. 1 dritter Spiegelstrich des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG-Türkei).

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Gleiches gilt für Familienangehörige – auch den Stiefsohn[4] – eines dem regulären Arbeitsmarkt angehörenden türkischen Arbeitnehmers, wenn diese die Genehmigung zum Zuzug erhalten haben und sich mind. fünf Jahre ordnungsgemäß im Bundesgebiet aufhalten;[5] der Ausweisungsschutz bleibt auch im Falle der Scheidung[6], der Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit[7] oder dem Auszug aus der elterlichen Wohnung im Falle des Eintritt der Volljährigkeit erhalten.[8]

Hinweis

Genießt der türkische Arbeitnehmer besonderen Ausweisungsschutz, steht dem die Verbüßung einer Freiheitsstrafe – auch bei sich anschließender Drogentherapie[9] – grundsätzlich nicht entgegen, wenn der Betroffene innerhalb eines angemessenen Zeitraumes nach seiner Haftentlassung wieder eine Beschäftigung findet.[10] Auf diesen Umstand ist der Mandant ausdrücklich hinzuweisen; andernfalls droht der Verlust des besonderen Ausweisungsschutzes.
Wird eine türkische Staatsangehörige zur Eheschließung in ihrer Heimat gezwungen, ist der mit der Zwangsheirat verbundene anschließende Aufenthalt im Ausland nicht geeignet den besonderen Ausweisungsschutz in Fortfall zu bringen.[11]
Die früher heftig umstrittene Frage, ob der durch Art. 28 Abs. 3a der Richtlinie 2004/38/EG vermittelte Ausweisungsschutz (vgl. oben Rn. 96 f.) assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen zugutekommt, d.h. diese einen über Art. 14 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates-EWG-Türkei hinausgehenden Ausweisungsschutz genießen, hat der EuGH[12] zwischenzeitlich im Sinn der obergerichtliche deutsche Rechtsprechung[13] ablehnend beantwortet.
Ob die Neuregelung des Ausweisungsrechts mit der in Art. 13 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates-EWG-Türkei vorgesehenen „Stillhalteklausel“ in Konflikt steht, wird die Rechtsprechung zu klären haben; entscheidend ist insoweit, ob das alte oder neue Ausweisungsrecht günstiger ist, wovon im Regelfall auszugehen sein dürfte. Im Einzelfall kann sich jedoch eine komplizierte Prüfung ergeben, in die das alte Recht einbezogen werden muss.[14]

cc) Besitzer einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU (9a AufenthG)

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Besonders privilegiert sind zukünftig auch Besitzer einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EU (§ 9a AufenthG).

b) Gefahrenprognose

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Durch die gesetzliche Regelung in § 53 Abs. 3 AufenthG wird zugleich klar gestellt, das im Fall der dort genannten Personengruppe eine generalpräventiv motivierte Ausweisung ausgeschlossen ist; die Ausweisung kann dann lediglich auf spezialpräventive Erwägungen gestützt werden. Zur Vermeidung von Wiederholungen sei auf die obige Darstellung verwiesen (Rn. 81 ff.).

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