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Kernthemen: Selbstführung und lebenslanges Lernen

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Meine Oma hat immer zu mir gesagt: »Wenn du nicht mit der Zeit gehst, gehst du mit der Zeit.« Das habe ich erst viel später verstanden und mir dann sehr zu Herzen genommen. Die Jüngeren wehren sich heute zu Recht gegen einen diktatorischen Führungsstil, der streng und hierarchisch daherkommt. Das Modell »Zuckerbrot und Peitsche« ist längst überholt. Wer das nicht versteht und keine echte und faire Bindung zum Menschen / Mitarbeiter aufbaut, hat in meinen Augen verloren. Der Chef, der alles besser weiß und alle Fäden in der Hand behalten will, hat ausgedient. Das durfte ich selbst über die Jahre auch von meinem Team lernen – ich habe von meinen Mitarbeitern vermutlich genauso viel gelernt wie sie von mir.

Anfangs habe ich mir den Führungsstil meines Vaters zu eigen gemacht, weil ich keine Alternative hatte und ich keine bessere Möglichkeit sah, mir Respekt zu verschaffen. Was ich heute weiß: dass ich dadurch nicht authentisch war. Meine Vorteile lagen sicherlich in meiner fachlichen Kompetenz und meinem beharrlichen Fleiß; das hat manchen vielleicht imponiert, da ich noch sehr jung war. Es gab ihnen auch ein Gefühl von Sicherheit.

Doch ich merkte mit der Zeit, dass ich nur eine Rolle einnahm: Ich war nicht ich selbst. Tief im Inneren wollte ich anders sein. Ich wollte auch meine warme, den Menschen zugewandte Seite zeigen. Mir taten die Mitarbeiter manchmal richtig leid, weil wir – mein Vater und ich – einfach zu hart waren.

Trotzdem brauchte es noch einige Zeit, bis ich zu einer Veränderung bereit war. Diese Rolle, die »Maske«, die ich mir angeeignet hatte, war schwer abzulegen. Mein LEIDbild war so stark, dass ich meine Authentizität nicht leben konnte. Mein wirkliches LEITbild entwickelte sich erst durch die Erfahrungen, die ich im Laufe der Zeit gemacht hatte. Schließlich gelang es mir, die Punkte zu visualisieren, die ich umsetzen wollte, um ein Team erfolgreich führen zu können. Was ich für mich schließlich daraus schloss, war Folgendes: Wer sich nicht selbst zu führen versteht, wer zu sich selbst nicht gut ist und täglich das tut, was ihm Freude bereitet, der kann nicht positiv sein und der kann auch andere nicht führen.

Ich überlegte mir, welche Werte mir wirklich wichtig waren, welche ich mit meinem Team leben wollte und welche ich für mich selbst brauchte. Ich habe mir meine Werte aufgeschrieben und auch das Leitbild, nach dem ich ein Team führen wollte. Vor allem sollten es Werte sein, die die Mitarbeiter schon mitbringen. Denn eines habe ich damals verstanden: Wenn das gesamte Team, inklusive Chef, keine gemeinsamen Werte hat, führt das zu einem endlosen Kampf, bei dem nur sinnlos Energie verschwendet wird. Diese Erkenntnis habe ich seither immer befolgt. Wenn ich mir nun eine Arbeitsstelle suchte, klärte ich so früh wie möglich die Werte und das Leitbild des Chefs ab. Passten sie mit meinen Werten und meinem Leitbild nicht zusammen, würde ich dort nicht anfangen.

Fachkräftemangel oder Machkräftemangel?

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