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ОглавлениеInterview mit Roland Emmerich:
„Neues Deutsches Kino – Nein, danke!“
Trügt der Eindruck oder haben Sie tatsächlich ganz andere Vorstellungen vom Medium Film als die Vertreter des Neuen Deutschen Kinos?
RE: Ich bin wesentlich jünger als die Regisseure des sogenannten Neuen Deutschen Films, was bedeutet, dass ich in eine andere Zeit hineinwuchs. Wenn ich in den politischen 1960er Jahren großgeworden wäre, hätte ich mich sicherlich für andere Filme interessiert. Man ist einfach immer ein Spiegelbild seiner Zeit. Bei mir war es auf der HFF so etwas wie ein Trotzverhalten. Ich wollte mich von dem distanzieren, was alle anderen gut fanden. Ich dachte einfach, nie solche Filme machen zu wollen wie die der verehrten Regisseure Werner Herzog, Alexander Kluge oder Wim Wenders. Selbstverständlich habe ich bei meinen Filmen auch viele Fehler gemacht und ärgerte mich nach dem Dreh über diese oder jene dramaturgische Unzulänglichkeit. Trotzdem bin ich froh, es damals riskiert zu haben, Unterhaltungsfilme zu drehen. Wichtig war mir allerdings etwas, das sich in dieser Zeit sonst niemand traute: Ich wollte von Anfang an selbst produzieren! Deshalb sorgte mein Vorgehen auch für sehr viel Aufmerksamkeit. Es war mir möglich und wichtig, schon frühzeitig bei der Finanzierung mitreden zu können. Dadurch verschaffte ich mir große Unabhängigkeit.
Haben Sie einen Bezug zum Oberhausener Manifest, in dem deutsche Regisseure Opas Kino für tot erklärten?
RE: Das ist alles inzwischen sehr weit weg für mich. Ich besitze überhaupt keinen Draht zu diesen jungen deutschen Filmemachern von einst. Allerdings bewundere ich die Allianz dieser Leute. Sie halten auch heute noch fest zusammen. Diese Allianz wünsche ich mir manchmal unter uns Jüngeren. Wir könnten sicher sehr viel mehr erreichen, würden wir uns besser untereinander austauschen und Verbindung zueinander halten. Das Forum des Regieverbandes ist dafür, aus meiner Sicht, völlig ungeeignet. Das müsste eher etwas sein, das auf privater Ebene abläuft, so etwas wie eine Selbsthilfegruppe. Das ist leider aber nicht der Fall.
Was für eine Stellung haben Sie bei den deutschen Filmemachern?
RE: Ich werde von Journalisten oft gefragt, was denn die arrivierten neuen deutschen Filmkollegen von mir halten würden. Aber genau besehen, sind das ja die alten deutschen Filmkollegen. Ich bin eine Art Repräsentant des neuen neuen deutschen Kinos. Die Regisseure der alten Garde habe ich bisher kaum kennengelernt. Aber diejenigen, die ich traf, meinten meist: „Das, was du machst, ist richtig.“
Waren Sie als Kind ein Kinofan?
RE: Ich war schon immer ein Filmfan. Als Kind bin ich sehr häufig ins Kino gegangen. Am liebsten mochte ich die Karl- May-Verfilmungen aus den 1960er Jahren. Mein persönlicher Rekord war, mir an einem Tag dreimal hintereinander Winnetou anzugucken. Auf der Filmhochschule wurden wir alle mal gefragt, welche Filme oder Regisseure wir bevorzugen würden. Während die meisten Kommilitonen Wim Wenders angaben, nannte ich Horst Wendlandts Winnetou-Filme. Überhaupt: Horst Wendlandt war ein Produzent, dessen Filme über Jahrzehnte hinweg großen Umsatz an der Kinokasse machten und mehr einspielten als die problembeladenen Autorenfilme.
Sie scheinen nicht nur eine Vorliebe für Unterhaltungsfilme, sondern auch für Visual Effects zu haben?
RE: Für Tricks begann ich mich schon während meiner Studienzeit auf der HFF zu interessieren. Ich schrieb Geschichten, die sich eben nur mit Visual Effects realisieren ließen. Deshalb setzte ich mich mit meinen Freunden zusammen und wir überlegten, wie wir dieses oder jenes auf die Leinwand bringen könnten. Wir bauten Raumschiff-Modelle und drehten drauflos. So erschlossen sich für uns nach und nach die Geheimnisse der Trick-Hexenküche. Es war einfach notwendig, alles über die Herstellung von filmischen Effekten in Erfahrung zu bringen, anders hätte ich Das Arche Noah Prinzip nicht machen können. Da der größte Teil der Handlung in einer Raumstation spielt, war mir bewusst, dass ich viele Dekorationen brauchen würde. Mir war allerdings nicht ganz klar, wie ich die Außenaufnahmen im All überzeugend verwirklichen könnte. Wir besorgten uns schließlich Fotos von der NASA und bastelten uns danach unser Raumschiff-Modell. Den Weltraum stellten wir mit einem durchlöcherten schwarzen Pappkarton her, der von hinten beleuchtet wurde. Die getrennt aufgenommenen Aufnahmen des Raumschiffs und die des Alls kombinierten wir durch eine Mehrfachbelichtung miteinander. Eine uralte Methode des Trickpioniers Georges Méliès. Das war ein ziemlich nervenaufreibender Prozess. Da wir alles In-camera drehten, mussten wir beim geringsten Fehler wieder von vorne anfangen.