Читать книгу Roland Emmerich - Jo Müller - Страница 20
ОглавлениеHollywood Monster:
Bubenstreich in der Traumfabrik
Die Welturaufführung von Joey findet nicht in einer klassischen deutschen Premieren-Stadt wie Berlin, München oder Hamburg statt, sondern im Sindelfinger Kino Neues Central. Die Feier erinnert an eine gemütliche Familienfete, es gibt Wein, Butterbrezeln und viele gutgelaunte Premierengäste, von denen viele an Joey mehr oder weniger direkt mitgearbeitet haben. Nach der Vorführung treten die Hauptdarsteller vor die applaudierenden Zuschauer. Neben ihnen auf der Bühne ein schlaksiger, unauffällig gekleideter Mann, der unruhig von einem Bein aufs andere tritt. Verlegen grinst er ins Publikum, so als wolle er allen klarmachen, dass er hier oben eigentlich gar nichts zu suchen, er sich schlichtweg nur verlaufen habe, was ja jedem mal passieren kann. Doch weil es sich bei ihm um Roland Emmerich, den Regisseur, handelt, bleiben alle Blicke unbarmherzig auf ihn gerichtet.
Im Kinosaal ebbt der Gesprächslärm ab, dann wird es mucksmäuschenstill. Die Zuschauer warten gespannt auf eine Rede des Regisseurs, die schließlich zu einer solchen Filmfeier dazugehört. Es gibt jedoch kaum etwas, das Emmerich weniger leiden kann, als Ansprachen dieser Art zu halten, doch er weiß auch, dass er dem Wunsch nachzukommen hat. „Bei Premieren“, so beginnt er schließlich, „wird ständig der Name des Regisseurs in den Mittelpunkt gestellt. Mir ist das eher peinlich. Ohne Teamwork wäre die Herstellung eines Films nicht möglich.“ Und so lenkt er geschickt die Aufmerksamkeit auf die anderen anwesenden Teammitglieder, um sich selbst schnellstmöglich aus dem Staub machen zu können.
Emmerich hält nichts vom Rummel um seine Person, er versucht, sich im Hintergrund zu halten. Blitzlichtgewitter gehört zu seinem Beruf, aber er sucht es nicht. Mag der schwäbische Filmtüftler sicherlich auch Schwächen haben, Eitelkeit gehört definitiv nicht dazu. Überhaupt ist er, während die Premierenfeier von Joey stattfindet, gedanklich schon wieder voll mit der Vorbereitung eines neuen Films beschäftigt. Und dieser hat mit Roland Emmerichs Faszination für das Thema UFO-Entführungen zu tun. Er möchte eine Komödie um ausgeflippte Aliens inszenieren, die regelmäßig Menschen kidnappen und in ihr Raumschiff beamen. Einer kleinen Gruppe von Entführungsopfern gelingt schließlich aber die Flucht.
Mehrere Monate lang entwickelt der Regisseur mit seinem Team ein brauchbares Story-Gerüst, um daraus ein Treatment zu erstellen. Doch dann wird das Projekt auf Eis gelegt, weil Gerüchte aus Amerika von einer ähnlichen Produktion berichten, die Spielbergs Schützling Joe Dante dreht. Dessen satirisches Science-Fiction-Abenteuer Explorers – Ein phantastisches Abenteuer erzählt von drei Jungs, gespielt von River Phoenix, Jason Presson und Ethan Hawke, die von Außerirdischen zu einem Besuch eingeladen werden. Die Wesen aus dem Weltraum senden dem Trio mittels Träumen Schaltpläne für einen Kraftfeldgenerator, der es ermöglicht, zu ihrem Raumschiff zu reisen. Als die amerikanischen Vorstadtkinder im Bauch des fremden Astrokreuzers auf ihre Gastgeber treffen, steht ihnen eine Enttäuschung bevor. Denn diese entpuppen sich als schleimige Tentakelmonster, die ihre Zeit vor einem riesigen TV-Bildschirm vergeuden und deshalb nur in Form von Zitaten sprechen, die sie im Fernsehen aufgeschnappt haben. Die Welt der Außerirdischen scheint den Besuchern von der Erde damit genauso öde wie die ihres eigenen Planeten.
Dante wollte mit Explorers eine Satire auf die umfassendes Heil versprechende Märchenwelt Spielbergs inszenieren – und landete damit einen grandiosen Flop. Emmerich indes, der sein Projekt Skynappers gestoppt hatte, dachte da längst über eine neue Idee nach. Diese geisterte in seinem Kopf herum, seit er nach den Dreharbeiten von Joey erstmals Los Angeles besucht hatte. Bis dahin hatte er nur die Ostküste der Vereinigten Staaten kennengelernt. Die Metropole am Pazifik hinterließ einen nachhaltigen Eindruck bei ihm, denn er fand es faszinierend, dort gleichsam jeden Platz zu kennen, ohne jemals da gewesen zu sein. Emmerich war mit L.A. im Allgemeinen und Hollywood im Besonderen ausschließlich dank des Kinos und der Fernsehnachrichten vertraut. Weshalb also, so fragte er sich, nicht eine Story über zwei Filmfreaks aus L.A. entwickeln? Zum einen reizte ihn an dieser Idee, endlich in der Stadt der großen Kino-Illusionen zu drehen. Zum anderen lag es nahe, eine Story zu erzählen, in der sich seine eigenen Erfahrungen im Filmgeschäft einbringen ließen. Im Gegensatz zu Joey, in dem er seinen filmischen Vorbildern liebevollen Respekt zollte, wollte er diesmal allerdings einen Streifen mit autobiografischen Zügen inszenieren.
Die Kamera bewegt sich aus einem Gestrüpp heraus auf ein Haus zu. Wir sehen überall Weihnachtslichter. Im Inneren des Gebäudes sitzen zwei Teenager auf dem Sofa. Ein Junge und ein Mädchen. Sie schauen sich im Fernsehen den Schwarzweiß-Gruselklassiker Die Nacht der lebenden Toten an. Dabei versucht der Junge, ihr näher zu kommen, was sie zu verhindern trachtet. Währenddessen bewegt sich die Kamera von außen weiter auf die Tür zu. Auf dem Fernsehbildschirm ist dann zu sehen, wie jemand ein Messer packt. Und nun erkennen wir auch ein Messer, als sich die Kamera dem Jungen und dem Mädchen auf dem Sofa unaufhaltsam nähert. Die beiden küssen sich inzwischen. Doch plötzlich schreit das Mädchen auf, beschwert sich bei dem Jungen, er habe seine Zunge benutzt, und reißt sich die blonde Perücke vom Kopf. Und wir erkennen: Das Ganze ist nur Teil einer Filminszenierung. Das Mädchen ist Laurie (Jill Whitlow), der Junge Warren (Jason Lively). Und neben der Kamera sitzt verzweifelt Fred (Tim McDaniel), der die Einstellung wieder nicht in den Kasten bekommen hat.
Laurie verlässt wütend den Drehort und lässt Warren und Fred allein im Haus zurück. Dieses zeichnet sich durch unzählige Technik-Gimmicks aus. Fred ist ein passionierter Bastler und Fan von Gruselfilmen. Warren dagegen ist ein Gelegenheitsschauspieler, der sich selbst gern in Szene setzt und im Gegensatz zu Fred das Leben locker nimmt. Beide haben jedoch eins gemeinsam: Sie sind total pleite!
Dann erhält Warren eine Ladung zur Testamentseröffnung. Es geht um die Hinterlassenschaften seines verstorbenen Vaters. Mit ihrem Leichenwagen fahren die beiden durch L.A. Was weder Warren noch Fred bemerken, ist jedoch, dass ihnen eine weiße Limousine folgt. In ihr sitzt Filmproduzent Stan Gordon (Paul Gleason).
Während Fred im Auto wartet, begibt sich Warren in das Büro des Testamentsvollstreckers, der ihm nichts weiter als einen Pfandleihschein übergibt. Beim Pfandleiher erhalten die beiden wenig später einen verschlissenen Koffer mit einer alten Kaminuhr und anderem wertlosen Zeug. Als Warren auf der Straße mit Laurie telefoniert, um sie doch noch davon zu überzeugen, bei ihrem Projekt mitzumachen, versucht Gordon, Fred den Koffer zu stehlen. Was indes misslingt.
Des Nachts hat Fred einen intensiven Traum. Er sieht darin, wie Warrens böser Großvater sich aus Sorge, irgendjemand könne ihm sein immenses Vermögen stehlen, von seinem Butler Louis bei lebendigem Leib einmauern lässt. Fred erwacht aus dem Albtraum, als der Butler in Form einer geisterhaft leuchtenden Erscheinung vor ihm steht und sich ihm vorstellt: Er sei ein Geist, weil er für seine Sünden büßen müsse. Als Fred seinem Freund Warren von der unheimlichen Begegnung erzählt, glaubt dieser ihm natürlich kein Wort. Allerdings stellt sich bald heraus, dass in der Tat jemand am Inhalt des Koffers sehr interessiert zu sein scheint …
Die Begegnung mit dem Butler regt zwischenzeitlich Freds Phantasie an und er baut das düstere Gemäuer, das er in seinem Traum gesehen hat, nach. Das Drehbuch, das er schreibt, handelt von der (Alb-)Traum-Geschichte. Warren versucht gleichzeitig, Laurie dazu zu bewegen, nun bei diesem neuen Film mitzuspielen. Und tatsächlich lässt sie sich von dem Buch überzeugen und zu einem Treffen in Fred und Warrens Haus überreden. Einmal mehr versucht Letzterer es mit aufdringlichen Annäherungsversuchen – wird dabei aber gestört von geisterhaften Lichtern, die aus der Kaminuhr dringen. Der Geist des toten Butlers Louis fährt in eine Puppe, die Fred gebaut hat, sorgt in der Folge für ein wildes Durcheinander und erklärt den dreien dann, was zu tun ist: Noch bevor die Stunde um ist, müssen sie den Ort finden, an dem das Erbe versteckt ist, um das Warrens böser Großvater seine Nachfahren gebracht hat. Und so machen sich denn alle im Leichenwagen auf, um irgendwo in Hollywood ein großes weißes Holzhaus zu suchen, in dessen Keller sich der Schatz befindet.
Ausgerechnet in den Stan Gordon Studios, die an Stelle des alten Anwesens entstanden sind, werden sie letztlich fündig. Doch was tun? Laurie, die sich einmal mehr über Warren echauffiert, geht zur Arbeit, wo sie einen Anruf von Stan Gordon bekommt, der ihr ein Angebot unterbreiten will. Als sie in seinem Büro vorspricht, erklärt er ihr, dass sie für die Hauptrolle einer King Kong-Neuverfilmung vorgesehen sei, sie müsse ihm aber dafür einen kleinen Gefallen tun … Laurie verlässt daraufhin das Büro des Erfolgsproduzenten wutentbrannt.
Bei diesem tauchen dann allerdings unerwartet Warren und Fred auf, die inzwischen herausgefunden haben, dass ein Vorfahre Gordons das Grundstück, auf dem das Studio erbaut wurde, seinerzeit illegal erwarb. Es gehört eigentlich Warrens Großvater. Gordon bietet ihnen daraufhin einen Filmvertrag an. Während Fred sich begeistert zeigt, ist Warren verärgert und stürmt aus dem Büro.
Unterdessen hat Laurie durch Zufall herausgefunden, wo das alte Gemäuer, das sie suchen, wirklich steht. Sie hat es im Fernsehen, in einem Gruselfilm aus dem Hause Stan Gordons gesehen. Als sie Warren nicht erreichen kann, fährt sie zu ihm, ohne zu ahnen, dass dort gerade ein Dieb herumschnüffelt, den Stan Gordon angeheuert hat. Dieser überwältigt Laurie und bekommt wenig später auch Warren in seine Gewalt. Doch mit Hilfe des wiederaufgetauchten Louis kann Fred den Bösewicht schließlich austricksen und niederschlagen.
Die Gruppe macht sich auf zu dem gesuchten Haus – nur um zu erfahren, dass Stan Gordon es in die Luft sprengen will. Es bleibt nur noch sehr wenig Zeit, den Schatz im Keller zu finden. Womit jedoch niemand gerechnet hat: Der Geist des bösen Großvaters erwacht zu neuem Leben und versucht alles, um zu verhindern, dass jemand sein Geld in die Hände bekommt. Zwischen Warren und dem Dämon kommt es zu einem Kampf, nach vielen Verwicklungen kann am Ende aber der gute Geist des Butlers den seines ehemaligen Herrn vernichten.
Laurie, Fred und Warren finden schließlich gerade noch rechtzeitig den Schatz, bevor das Gebäude in die Luft gesprengt wird. Warren wird jedoch unter Trümmern begraben, was Laurie um sein Leben fürchten lässt. Wie sich herausstellt, hat er allerdings außer ein paar Kratzern nichts abbekommen. Zwischen ihm und Laurie kommt es endlich zum ersten richtigen Kuss.
Am Ende sieht man, wie Stan Gordon von einer Pressemeute verfolgt wird und völlig derangiert in sein Büro flieht. Er hat alles verloren. Laurie, Warren und Fred hingegen fahren mit der Limousine durch L.A. und freuen sich über ihren neugewonnenen Reichtum. Während Warren und Laurie knutschen, entwickelt Fred bereits eine neue Geschichte, die vom Geist des Butlers handelt!
„Zwei Freunde auf der Jagd nach dem Traum von Hollywood“, so resümierte der Verleih den Film Hollywood Monster. Es könnte auch als Motto für Emmerich und seine Crew stehen, denn die Kinobesessenen wollten bei dieser Produktion einmal mehr den Beweis antreten, dass sich Hollywood auch in Deutschland realisieren lässt. Wieder steht das Team vor der Aufgabe, die Visual Effects selbst herzustellen. Zu diesem Zweck wird in der Magstadter Lagerhalle, in der auch Joey entstand, ein Trickstudio eingerichtet. Lange vor dem eigentlichen Dreh soll hier schon mit den Arbeiten begonnen werden und so werkeln Dutzende von Modellbauern mit Hilfe von Spielzeug-Bausätzen an Miniatur-Landschaften, Häusern und Autos.
Eine besondere Herausforderung für die engagierten Trickser ist die Herstellung des titelgebenden Monsters, das eher niedlich denn bedrohlich daherkommen soll. Louis, der ein wenig wirkt, als hätte sich E.T. in einen englischen Butler verwandelt, wird nach den Entwürfen des Regisseurs von Trick-Bastler Joachim Grüninger als vollbewegliche Latexpuppe geschaffen. Sie wird von verschiedenen Puppenspielern bewegt, denen es mittels Fernsteuerung möglich ist, die Gesichtszüge der Puppe zu kontrollieren. Augen, Ohren, Mund und Nase können seperat gesteuert werden, womit der kleine, runzlige Kobold über eine mimische Ausdrucksbreite verfügt, um die ihn so mancher Schauspieler beneiden dürfte. Tatsächlich wirkt das Kunst-Geschöpf aus der Trick-Hexenküche so überzeugend, dass Louis schon bald wie ein ganz normales Crewmitglied behandelt wird.
Wenngleich die Arbeiten an den Special Effects Fortschritte machen, die Vorbereitungen für den Realdreh stellen sich als äußerst schwierig heraus. Emmerich erfährt, dass die Sindelfinger Ausstellungshalle, in der er die Szenen mit den Schauspielern drehen will, zum gewünschten Zeitpunkt nicht zur Verfügung steht. Die Crew ist deshalb gezwungen, die Studioaufnahmen ebenfalls in der Magstadter Lagerhalle zu realisieren. Dort jedoch sind die Decken so niedrig, dass die Beleuchtungstechniker Probleme haben, ihre Schweinwerfer entsprechend auszurichten.
Weil Hollywood Monster sich ähnlich wie Joey nicht auf den deutschen Markt beschränken, sondern international herausgebracht werden soll, will Emmerich auch diesmal in Englisch drehen und amerikanische Schauspieler engagieren. Eine Hollywood-Agentur schlägt ihm 70 potentielle Kandidaten für die Hauptrollen vor, von denen Emmerich schließlich drei bei einem Casting in Los Angeles für den Film verpflichtet: Die Rolle von Warren gibt er Jason Lively, der schon in zahlreichen Werbespots aufgetreten ist und für Hollywood-Produktionen wie Project Brainstorm, Hilfe, die Amis kommen oder Die Nacht der Creeps vor der Kamera stand. Sein Freund Fred wird von Tim McDaniel verkörpert, der bereits in einem kurzen TV-Lehrfilm und der US-Show Sledgehammer auftrat, der Part des „Love Interest“, des schönen Mädchens an der Seite der Jungs, geht an Jill Whitlow, die als Model arbeitet und ebenfalls Filmerfahrung besitzt. Sie spielte sowohl in Peter Bogdanovichs Die Maske als auch in Porkys oder L.I.S.A – Der helle Wahnsinn. Bei den Dreharbeiten von Die Nacht der Creeps hatte sie Jason Lively kennengelernt, mit dem sie nun wieder vor die Kamera treten soll.
Emmerich beendet das Casting Ende August 1985 und fliegt zurück nach Magstadt. Er kontrolliert den Fortschritt der Trickarbeiten und die inzwischen aufgebauten 1:1-Innenkulissen von Freds und Warrens Haus. Sein Kameramann, Herbert Umbrecht, hat schon zahlreiche Probeaufnahmen gemacht. Wichtig sind auch die Außenaufnahmen des Stan-Gordon-Pictures-Filmstudios, in dessen Kellergewölben der Schatz versteckt sein soll. Dieses existiert allerdings nur im Miniaturformat. Die Fahrt der Helden auf das Studiogelände kann damit auch nur en miniature gedreht werden. Dafür montiert Umbrecht seine Kamera auf einen Mini-Wagen und verwendet das Vorsatzmodell einer Windschutzscheibe. So entsteht später im Film der Eindruck, der Zuschauer sitze im Auto und fahre über das Gelände der Studios. Obwohl Aufnahmen dieser Art äußerste Konzentration erfordern, weil jedes winzige Ruckeln den Trick sofort entlarven würde, lohnen sie sich. Schließlich spart sich die Crew dadurch teure Außenaufnahmen.
Die Haupt-Dreharbeiten stehen dann gerade kurz bevor – als das Schicksal zuschlägt. Kameramann Herbert Umbrecht stirbt völlig unerwartet am 5. September. Die Crew ist wie paralysiert, die Arbeit wird unterbrochen, der Dreh verschoben. Emmerich macht sich schließlich auf die Suche nach einem neuen Kameramann und engagiert einen ehemaligen Kommilitonen von der HFF, Karl Walter Lindenlaub. Er wird später mit Emmerich das perfekt aufeinander eingespielte Dreamteam von Moon 44, Universal Soldier, Stargate und Independence Day bilden.
Obwohl Lindenlaub noch keine Erfahrung mit Trickaufnahmen hat, steigt er in das Projekt ein. Zusammen mit dem Regisseur tüftelt er akribisch am visuellen Konzept des Films und entscheidet sich für kräftige Bonbonfarben. Sie eignen sich hervorragend, um dem Zuschauer auf unterbewusster Ebene zu suggerieren, dass die Story von Hollywood Monster nicht in der Realität, sondern in der völlig künstlichen Welt des Kinos angesiedelt ist. Schließlich dreht sich hier alles ausschließlich ums Filmemachen. Das, was Warren, Fred und Laurie erleben, könnte gar ein kompletter Film im Film sein.
Nach dem Studiodreh in Magstadt fliegt das Team für einen Monat nach Los Angeles, um dort die notwendigen Außenaufnahmen zu filmen. Dort, in der Welthauptstadt der Kino-Illusionen, ist alles perfekt organisiert, aber wahnsinnig teuer. Eine Drehgenehmigung verschlingt schnell mehrere tausend Dollar, Straßenabsperrungen müssen schließlich ebenso bezahlt werden wie Polizeibeamte und Feuerwehrmänner. Um das Budget zu schonen, dreht Emmerich mehrmals ohne Genehmigung, nach der von Independent-Produktionen praktizierten Grab and run-Methode: einfach filmen – und schnell zusammenpacken und abhauen, sobald die Polizei im Anmarsch ist!
Einmal wird das deutsche Team tatsächlich von den Ordnungshütern erwischt und verwarnt. Seit er große Studioproduktionen wie Stargate, Independence Day oder Godzilla inszeniert, kann Emmerich auf das spontane Filmen allerdings getrost verzichten. Doch nach wie vor ärgert es ihn, dass in Amerika blitzschnell Hunderte von Mitarbeitern den Drehort bevölkern, die vor dem Hintergrund gewerkschaftlicher Bestimmungen engagiert werden müssen, aber nicht das Geringste zu tun haben.
Obwohl Hollywood Monster im Kino kein großer Erfolg beschieden war, stellte er für den Selfmademan in künstlerischer Hinsicht einen großen Fortschritt dar, zeigte sich doch, dass er jetzt der filmischen Experimentier-Phase entwachsen war und die Klaviatur des Kino-Entertainments souverän zu beherrschen begann. Wenngleich die Story auch diesmal eher simpel gestrickt war, besitzt sie doch sehr viel Charme. Mit viel künstlichem Rauch, zuckenden Special-Effects-Blitzen und schönen Bildern bringt Emmerich eine kecke Liebeserklärung an die Traumfabrik auf die Leinwand, eine Hommage an all die Verrückten dieser Branche.