Читать книгу Befreie mich, versklave mich | Erotischer SM-Roman - Joanna Grey - Страница 13
ОглавлениеKapitel 11
Mario hielt Laura die Tür auf und forderte sie mit einer eleganten Handbewegung auf einzutreten. »Das hier ist mein Reich.«
Neugierig blickte Laura sich um.
»Du kannst dich gern überall umsehen, fühl dich ganz wie zu Hause.«
Laura streifte ihre Stöckelschuhe ab und begann ihre Erkundung. Vom Vorzimmer aus zweigte rechts ein Flur ab, links ging es ins Wohnzimmer und geradeaus in die Küche. Nach einem kurzen Blick in die Küche ging Laura ins Wohnzimmer. Sie war auf eine typische Junggesellenwohnung gefasst gewesen, in der eben die notwendigsten Möbelstücke mehr oder weniger wahllos zusammengewürfelt worden waren. Hauptsache, sie erfüllten ihren Zweck, und man musste nicht in mehr als ein Möbelgeschäft gehen, um sie zu kaufen. Umso überraschter stellte sie fest, dass Mario bei der Einrichtung sehr viel Geschmack bewiesen hatte. Offenbar bevorzugte er einen minimalistisch-modernen Stil. Die Couch bestand aus zwei einzelnen Sofas mit niedrigen Polstern als Seitenlehnen. Sie hatte einen elfenbeinfarbenen Lederbezug und silberfarbene Metallfüße, was einen tollen Kontrast zu dem dunkelbraunen Parkettboden bildete. Davor lag ein flauschiger weißer Teppich, auf dem ein gläserner Couchtisch stand, ebenfalls mit silberfarbenen Füßen. Der Esstisch schien eine Großausgabe des Couchtisches zu sein. Darunter lag ein dünner Teppich, der, ebenso wie der Stoffbezug der Sessel, etwa die gleiche Farbe wie die Couch hatte. Die Füße der Sessel waren dunkelbraun, passend zum Boden. Ansonsten gab es noch ein paar niedrige Schränke, die ebenfalls in Weiß und Dunkelbraun gehalten waren und einen schlichten, modernen Stil mit glatten Fronten und ohne Griffe hatten. Die Wand gegenüber der Couch wurde von einem Großbildfernseher geschmückt, darunter stand ein flaches HiFi-Regal, welches die diversen peripheren Geräte beherbergte.
Laura verließ das Wohnzimmer wieder und ging den Flur hinunter. Die erste Tür rechts war das WC, die zweite das Bad. Links war eine Tür, die in ein kleineres Zimmer führte, in dem ein Schreibtisch mit einem Computer und ein paar Trainingsgeräte standen. Am Ende des Flurs befand sich noch eine Tür. Das musste dann wohl das Schlafzimmer sein.
Erstaunen packte sie bei dem, was sie hier vorfand. Sie hatte definitiv noch nie zuvor ein so extravagant eingerichtetes Schlafzimmer gesehen. Die Wände waren dunkelrot gestrichen, der Boden mit einem schwarzen Spannteppich ausgelegt, der sich sehr angenehm unter ihren nackten Füßen anfühlte. Etwas links gegenüber der Tür stand das Bett. Es hatte ein Gestell aus schwarzem Metall mit geschwungenen Mustern an Kopf- und Fußende, und stand auf vier relativ hohen Füßen. Laken und Bettwäsche waren bordeauxrot. Links und rechts vom Bett standen je ein schwarzes Nachtkästchen mit mehreren Schubladen. Über dem Kopfende hing ein Ölgemälde, eine einzelne rote Rose auf schwarzem Hintergrund. Für die Dornen an ihrem Stängel hatte der Künstler die Farbe teilweise so aufgetragen, dass sie als kleine Stacheln aus dem Bild herausragten. Zu beiden Seiten des Bildes waren je zwei schmiedeeiserne Kerzenhalter in aufsteigender Höhe montiert, auf denen sich schwarze Stumpenkerzen befanden. Die kurze Seite des Zimmers rechts von der Tür wurde komplett von einem riesigen Kleiderschrank ausgefüllt, ebenfalls in schwarz. Das einzige in dem Raum, das nicht schwarz oder rot war, war eine dunkelbraune Truhe mit gewölbtem Deckel, die gegenüber der Tür stand. Die zierlichen kleinen Muster, die kunstvoll eingeschnitzt worden waren, sowie die aufwändigen schmiedeeisernen Metallbeschläge ließen darauf schließen, dass sie recht alt war, womit sie sich deutlich von der sonst so modernen Einrichtung abhob. Allerdings passte der verschnörkelte Stil gut zu den geschwungenen Mustern des Bettes. Direkt vor der Tür gab es einen großen freien Bereich. Als Laura nach oben sah, entdeckte sie genau mittig darüber einen massiven Ring, der in die Decke geschraubt war. Stirnrunzelnd fragte sie sich, wozu der wohl gut war. Sie schloss die Tür wieder und kehrte zu Mario ins Wohnzimmer zurück, der inzwischen mittels Kerzen für stimmungsvolles Licht gesorgt und Getränke für sie beide bereitgestellt hatte.
»Fertig mit deinen Erkundungen?«, fragte Mario grinsend.
Laura antwortete mit einem Kopfnicken. »Du hast eine sehr schöne Wohnung. Und einen ziemlich ausgefallenen Geschmack, wenn ich das mal so sagen darf.«
»Danke, ich fasse das als Kompliment auf.«
Sie nahmen nebeneinander auf der Couch Platz, und kurz darauf waren sie mitten in einer angeregten Unterhaltung. Die Zeit schien wie im Flug zu vergehen.
Als Mario sie kurz allein ließ, um Getränkenachschub aus der Küche zu holen, lehnte Laura sich zufrieden zurück und dachte über Mario nach. In Momenten wie diesen war sie sich ganz sicher, warum sie ihn so mochte. Sie konnte sich einfach prächtig mit ihm unterhalten, und sie hatten so viel Spaß zusammen. Und wenn er ihr dieses besondere Lächeln zuwarf, war sie sich sicher, dass er es genauso empfand. Wenn sie es nicht selbst erlebt hätte, würde sie ihm gar nicht zutrauen, dass er auch ganz anders sein konnte. So ... Sie konnte einfach nicht das richtige Wort dafür finden. Gemein konnte man es eigentlich nicht nennen. Dafür war er, trotz allem, zu liebevoll gewesen. Er war auch definitiv kein typischer Macho, der glaubte, eine Frau habe sich ihm grundsätzlich unterzuordnen. Vielleicht sollte sie ihn einfach mehr oder weniger direkt darauf anzusprechen. Irgendwann im Laufe des Abends würde sich schon eine günstige Gelegenheit ergeben.
Mario kam mit den Getränken aus der Küche zurück und setzte sich wieder neben Laura. Plötzlich fragte er ganz unvermittelt: »Wie hat dir eigentlich unser Einkaufsbummel gestern gefallen?«
Sein Tonfall war so unverfänglich, als hätte er sie nach dem Wetterbericht gefragt. Laura starrte ihn entgeistert an. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass die Gelegenheit so schnell kommen würde. Und so direkt. War sie tatsächlich gerade soweit gewesen zu glauben, dass er nichts weiter als einen netten Abend auf der Couch mit ihr verbringen wollte? Nun, das war anscheinend nur eine schöne Illusion gewesen. Sarkastisch antwortete sie: »Oh, das Einkaufen hat mir gut gefallen. Dass du mich auf dem Heimweg in den Sexshop verschleppt hast, hat mir aber überhaupt nicht gefallen! Darüber wollte ich sowieso noch ein ernstes Wörtchen mit dir reden.«
Mario beugte sich näher zu ihr hin und blickte ihr forschend in die Augen. Laura fühlte sich plötzlich ein wenig verunsichert. Es war wieder dieser Blick, bei dem sie das Gefühl hatte, er würde bis in ihr Innerstes schauen. Schließlich erwiderte er mit leicht nachdenklicher Stimme, ohne dabei den Blick von ihren Augen abzuwenden: »Hm, ich finde, wir sollten eher mal ein ernstes Wörtchen darüber reden, dass es mir nicht gefällt, wenn du mich anlügst.«
Laura schnappte empört nach Luft. Noch bevor sie etwas dazu sagen konnte, stellte Mario fest: »Das ist jetzt nämlich schon das zweite Mal, dass du mir auf eine einfache Frage eine faustdicke Lüge servierst.«
Laura wollte gerade den Mund aufmachen, um es abzustreiten, aber Mario brachte sie zum Schweigen, nur indem er ihr einen strengen Blick zuwarf und den Kopf leicht zur Seite neigte. Mit versöhnlicher Stimme fuhr er fort: »Lassen wir das lieber. Du wirst mich doch nicht etwa schon wieder anlügen wollen, indem du es abstreitest. Andererseits habe ich auch Verständnis dafür, dass es wohl zu demütigend für dich wäre, hier ein Schuldeingeständnis vorzubringen. Begnügen wir uns also damit, dass du versprichst, mir in Zukunft immer die Wahrheit zu sagen.«
Laura starrte ihn einfach nur fassungslos an. Sie konnte kaum glauben, was hier gerade ablief. Was bildete er sich eigentlich ein! Und wie beschämend war es, dass er noch dazu recht hatte.
»Laura? Ich warte.« Seine Stimme hatte jetzt einen gebieterischen Unterton.
Zornig funkelte sie ihn an, doch dann murmelte sie trotzig: »Ja, ich verspreche es.«
Auf Marios Gesicht breitete sich ein Lächeln aus. Aber es war nicht das warme Lächeln, mit dem er sie beim Abendessen so verliebt angeschaut hatte. Eine Gänsehaut zog über Lauras Körper. Als er das letzte Mal so gelächelt hatte, hatte er sie anschließend in den Sexshop gezerrt.
»Gut, dann können wir ja jetzt ehrlich miteinander reden. Du wolltest dich über unseren gestrigen Besuch im Sexshop unterhalten. Also, was hat dir dort denn besonders gut gefallen?«
Laura wandte den Kopf zur Seite und biss sich auf die Lippe. Wie dämlich konnte man eigentlich sein? Sie war ihm voll auf den Leim gegangen. Anscheinend hatte er die ganze Show nur deswegen abgezogen, um sie dazu zu bringen, ihm zu erzählen, was sie tatsächlich von ihrem Besuch im Sexshop gehalten hatte. Sie wäre am liebsten hier und jetzt in Grund und Boden versunken. Das alles war so verdammt peinlich. Warum tat er ihr das nur an? Sie schielte aus den Augenwinkeln zu ihm rüber, und da fiel ihr die Antwort wie Schuppen von den Augen. Weil er einfach Spaß daran hatte. Verzweifelt schloss Laura die Augen.
Na, da passen wir ja wunderbar zusammen. Ihm gefällt es, mich in peinliche Situationen zu bringen, und ich bin ihm auch noch dankbar, wenn er mich da wieder rausholt.
Erschüttert von dieser Erkenntnis riss Laura die Augen wieder auf. Erst jetzt bemerkte sie, dass Mario nähergerückt war und ihr nun den Arm um die Schulter legte. Das unheimliche Grinsen war verschwunden und hatte einem scheinbar aufrichtig liebevollen Blick Platz gemacht. Sanft zog er sie an sich, sodass sie ihren Kopf auf seine Brust legen konnte.
»Ist schon gut. Das muss dir nicht peinlich sein. Ich weiß, diese Gefühle können am Anfang ganz schön verwirrend sein. Aber das vergeht, sobald man sie einmal akzeptiert hat.«
Laura blickte fragend zu ihm auf. Wovon sprach er da? Er konnte doch unmöglich von dem Gefühlschaos wissen, das momentan in ihr herrschte. »Mario, warum tust du das? Macht dir das etwa wirklich Spaß, mich so zu quälen?«
Jetzt war es Mario, der schluckte. Was sollte er darauf nur antworten? Würde sie die Wahrheit verstehen? Andererseits konnte er sie nach seiner Predigt von vorhin schlecht anlügen. Und er hatte es schließlich auch extra darauf angelegt, dass es so weit kam. Sorgfältig suchte er nach den richtigen Worten.
»Das ist eine sehr vereinfachte Fragestellung. Weiß du, die ganze Sache ist schon ein wenig komplexer.«
Laura richtete sich auf und blickte ihm verwundert in die Augen. Er hatte ihre Frage nicht beantwortet, eine Frage, auf die doch niemand ernsthaft etwas anderes als »Nein, natürlich nicht« antworten würde. Zumindest nicht, wenn ihm tatsächlich etwas an ihr lag.
Diesmal hatte Mario das Gefühl, von ihr durchleuchtet zu werden. Es war eigenartig für ihn, das einmal von der anderen Seite zu erleben. Das war er nicht gewohnt.
Schließlich forderte Laura mit fester Stimme: »Dann erkläre es mir.«
Ein wenig Erleichterung überkam Mario. Immerhin würde sie ihn anhören und ihm Gelegenheit geben, sich zu erklären. Erst jetzt wurde ihm bewusst, wie weit er sich eigentlich aus dem Fenster gelehnt hatte. Das hätte auch gründlich schiefgehen können. Die gute Frage war nur, wo sollte er jetzt anfangen?
»Hast du schon einmal etwas von BDSM gehört?«
Laura schüttelte den Kopf.
»Es ist ein Akronym und steht für Bondage und Disziplin, Dominanz und Submission, und Sadomasochismus.«
Erschrocken riss Laura die Augenlider hoch. »Wie, Sadomasochismus? Du meinst so mit Auspeitschen und, ... und anderen Sachen, die wehtun?«
Beschwichtigend hob Mario die Hände. »Nein ... Also, ja schon, auch, aber das ist nur ein Teil des Ganzen, neben den beiden anderen. Man sollte das nicht so isoliert betrachten, das führt dann nämlich genau zu den Vorurteilen, die die Leute über SM haben.«
Laura wirkte alles andere als überzeugt, aber wenigstens hörte sie ihm zu. »Na schön, wie ist das mit den anderen beiden Teilen? Ich kann mir darunter nichts vorstellen.«
»Bondage ist eine alte japanische Kunstform, jemanden mit einem Seil zu fesseln. Dominanz und Submission bedeutet vereinfacht gesagt, dass ein Partner sich dem anderen unterwirft, wobei von den Partnern vorher abgesprochen wird, wie weit die Unterwerfung gehen soll. Es ist wohl nur eine Feststellung des Offensichtlichen, wenn ich dir jetzt sage, dass ich stark dominant veranlagt bin.«
Laura schien die Bedeutung dessen, was er gesagt hatte, zu ergründen. Schließlich fragte sie: »Und was bedeutet das für mich?«
Mario seufzte. »Also jetzt kommen wir zu dem Punkt, wo es kompliziert wird.«
»Ach, jetzt erst?«
»Ich hatte das nicht so geplant, Laura, und ich habe das auch vorher noch nie gemacht. Normalerweise suche ich mir Partnerinnen aus der BDSM-Szene, von denen ich weiß, dass sie submissiv sind. Da kann man die Karten einfach auf den Tisch legen und fertig. Ich habe schon seit Jahren keine Frau außerhalb der Szene angesprochen. Aber bei dir musste ich es einfach tun. Ich will ja nicht von Liebe auf den ersten Blick reden, das klingt so kitschig, und außerdem glaube ich nicht daran, aber es hat auf jeden Fall gefunkt, als ich dich gesehen habe. Das Problem war nur, ich konnte natürlich nicht einfach zu dir hingehen und mich vorstellen mit ›Hallo, ich bin Mario. Ich bin dominant. Willst du dich von mir ans Bett ketten lassen?‹ Da würde doch jede schreiend davon laufen.«
»Du hättest es ja etwas weniger direkt ausdrücken können.«
»Glaub mir, es gibt keine Art, es indirekt auszudrücken. Irgendwann muss man die Katze aus dem Sack lassen und es so deutlich sagen, dass die Botschaft auch ankommt. Der Punkt ist der, Laura: Mir gefällt, was ich tue, und habe nicht vor, damit aufzuhören. Aber ich würde es gern mit dir tun. Deshalb habe ich versucht, ein bisschen vorzufühlen, ob ich da eine submissive Ader in dir entdecke.«
»Und, was hast du gefunden?«
Verunsicherung schwang in ihrer Frage mit. Nachdenklich musterte Mario sie. »Weißt du es denn nicht?«
»Ich hab das Gefühl, ich weiß überhaupt nichts mehr. Das ist alles so verwirrend.«
Mario nickte. »Also ich hatte schon das Gefühl, dass da etwas ist. Aber letztlich musst du diese Frage ganz allein beantworten.«
Laura seufzte verzweifelt. »Wenn das so einfach wäre. Wenn ich bei dir bin, fühlt es sich gut an, egal wie unmöglich du dich benimmst, was ich unglaublich verwirrend finde. Und wenn ich dann später darüber nachdenke, kann ich gar nicht glauben, dass ich mir so was von dir habe gefallen lassen.«
Mario grinste wissend. »Das ist am Anfang nicht ungewöhnlich. Ich habe auch eine Zeit lang gebraucht, mich damit abzufinden, dass es mir Freude bereitet, andere zu dominieren. Was aber auch kein Wunder ist. Schließlich läuft es komplett dem zuwider, was einem jahrelang als gesellschaftlich akzeptabel eingetrichtert wurde. Aber irgendwann kommt man dann drauf, dass es auch andere Leute gibt, die genauso empfinden, die einen nicht dafür verurteilen. Und wenn man gemeinsam Spaß daran hat und alles einvernehmlich bleibt, sehe ich daran nichts Verkehrtes.«
»Das ist jetzt gerade alles ein bisschen viel auf einmal.«
»Das verstehe ich.« Mario zögerte ein wenig. Er wollte nicht, dass sie schon ging, doch er hatte das Gefühl, dass sie im Moment etwas Abstand brauchte. »Willst du, dass dich nach Hause fahre?«
Laura antwortete nur mit einem Nicken. Er nahm ihre Hände in seine und drückte sie zärtlich.
»Ich möchte dich zu nichts drängen, Laura. Nimm dir ruhig ein paar Tage Zeit zum Nachdenken. Aber ich hoffe, du gibst mir eine Chance und läufst nicht präventiv vor etwas davon, das du nicht einmal kennst. Ich beantworte dir gern alle deine Fragen, und wir können über alles reden, was dich beunruhigt.«
Eigentlich wollte Laura gar nicht gehen. Aber sie wusste genau, dass sie nicht in der Lage sein würde, logische Entscheidungen zu treffen, wenn er in ihrer Nähe war. Wobei ihr Logik in diesem Fall wohl kaum weiterhelfen würde.