Читать книгу Kaufmann/Kauffrau im Gesundheitswesen - Jochen Gürtler - Страница 16
1.1 Gemeinsamkeiten und Unterschiede
ОглавлениеMit Ausnahme der Unfallversicherung wird die Sozialversicherung überwiegend durch Beiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber finanziert. Beiträge zur Unfallversicherung werden allein von den Arbeitgebern entrichtet. Für die Renten- und Arbeitslosenversicherung gibt es eine Bundesgarantie. Gerät einer dieser Versicherungszweige in Zahlungsschwierigkeiten, muss der Bund mit einer Erhöhung des steuerfinanzierten Bundeszuschusses einspringen. Auf diese Weise sind für die Empfangsberechtigten, Rentner bzw. Empfänger von Arbeitslosengeld, die Zahlungen stets garantiert.
Typisches Kennzeichen der Sozialversicherung ist die Verpflichtung, eine Versicherung abzuschließen. Wer als Angestellter oder Arbeiter unselbstständig beschäftigt ist, der muss Mitglied der gesetzlichen Rentenversicherung und der Arbeitslosenversicherung sein. Er hat nicht die Wahl, diese Risiken allein privat abzusichern. In der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind Arbeitnehmer, sofern sie keine Beamten sind, pflichtversichert, wenn ihr monatliches Bruttoeinkommen unter 5212,50 € (2020) liegt. Wer diese Grenze erreicht bzw. überschreitet, kann zum 31.12. des jeweiligen Jahres frei wählen, ob er als freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Krankenkasse bleibt oder sich bei einer privaten Versicherung gegen Krankheitsrisiken absichert. Diese Versicherungspflichtgrenze (bzw. Jahresarbeitsentgeltgrenze 5212,50 € x 12 = 62 550 €), die den Kreis der zur Mitgliedschaft in der Sozialversicherung Verpflichteten definiert, gibt es auch in der Pflegeversicherung. Freiwillig Versicherte der GKV können wählen zwischen der Pflegekasse ihrer gesetzlichen Krankenversicherung und einer privaten Pflegekasse.
Die Pflicht zur Mitgliedschaft in der Sozialversicherung wird logisch ergänzt durch den Kontrahierungszwang (aus dem Lat.: Kontrakt = Vertrag): Jede Sozialversicherung muss einen Versicherungspflichtigen bzw. einen Versicherungsberechtigten aufnehmen, sie darf ihn nicht abweisen.
Möchte ein abhängig Erwerbstätiger z. B. Mitglied einer Ersatzkasse werden, so muss ihm diese die Mitgliedschaft gewähren, egal ob er krank oder gesund ist, egal ob sein Einkommen niedrig oder hoch ist, egal ob er Kinder hat oder nicht, egal ob er als Arbeiter oder Angestellter erwerbstätig ist.
Weiteres Kennzeichen einer Sozialversicherung ist die Einkommensabhängigkeit der Beiträge. Die Beiträge werden als Prozentsatz des Einkommens berechnet und somit zahlt, wer mehr verdient und folglich mehr zu leisten vermag, auch mehr Solidarbeitrag. Man spricht deshalb auch vom Leistungsfähigkeitsprinzip. Allerdings endet die Beitragszahlung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip an der Beitragsbemessungsgrenze. Am Beispiel der Krankenversicherung demonstriert bedeutet dies: Wer z. B. 5000 € pro Monat brutto verdient, dessen Beitrag wird nur auf 4687,50 €, die Beitragsbemessungsgrenze (Angabe für 2018), erhoben. Für den über dieser Grenze liegenden Verdienst in Höhe von 312,50 € wird kein Beitrag gezahlt.
Die Krankenversicherung gewährt ihre Leistungen ganz überwiegend als Sachleistungen, z. B. in Form von Krankenhausaufenthalten, Besuch beim Arzt etc., und nicht wie im Falle der Rentenversicherung als Geldleistung. Wie viel Sachleistungen ein Versicherter von seiner Krankenkasse finanziert bekommt, hängt nicht von seinen Beitragszahlungen ab. Für die Pflegeversicherung gilt Gleiches: Ihre Leistungen, egal ob Geld- oder Sachleistungen, sind für jeden Berechtigten gleich. Die Geldleistungen der Rentenversicherung, die gesetzlichen Renten, hängen dagegen von der Höhe des Einkommens während der Erwerbstätigkeit und der Anzahl der Beitragsjahre ab.