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Teil I Sozialstaat und Gesundheitswesen 1 Deutschland ist ein Sozialstaat

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»Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.«

So lautet der Artikel 20 Abs. 1 des Grundgesetzes. Artikel 20 Grundgesetz genießt, ebenso wie Artikel 1, der die Wahrung der Menschenwürde fordert, Ewigkeitsrecht, d. h., er kann nie geändert werden, egal wie die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag aussehen.

Der Satz ist kurz, gleichwohl enthält er die wichtigsten Prinzipien unseres Staates. Deutschland ist eine Demokratie, die Bürger bestimmen in freien und geheimen Wahlen ihre Parlamente, Deutschland ist in Bundesländer gegliedert und Deutschland ist ein Sozialstaat.

Wer sich mit dem Gesundheitswesen beschäftigt, dem wird der Sozialstaat in vielerlei Gestalt begegnen. Es gehört zum Wesen eines Sozialstaates, dass er Menschen mit gesundheitlichen Sorgen unterstützt.

Das soll nun nicht heißen, das Gesundheitswesen sei die einzige Aufgabe des Sozialstaats. Sozialpolitik ist ein sehr weites Feld, zu ihr gehört die Unterstützung von Familien mit Kindern durch Kindergeld, ebenso der Schutz von Arbeitnehmern durch Unfallverhütungsvorschriften, durch einen gesetzlichen Urlaubsanspruch, durch Kündigungsschutz. Ein sozialer Staat wird dafür sorgen, den Lebensstandard von Menschen, die z. B. durch geringe Einkommen benachteiligt sind, nicht unter eine bestimmte Grenze sinken zu lassen. Dafür gibt es die Sozialhilfe. Anliegen eines Sozialstaates ist es ebenso, den Menschen gleiche Bildungschancen einzuräumen, z. B. durch Bafög. Die Aufzählung ist noch lange nicht fertig; es soll dem Leser überlassen werden, weitere Beispiele für sozialstaatliches Handeln zu finden.

Sozialpolitik hat heutzutage zwei Hauptanliegen:

1. Zwischen den Menschen soll ein sozialer Ausgleich stattfinden: Wer gesund ist, durch seine Leistungsfähigkeit ein gutes Einkommen erzielt, der gibt einen Teil seines Einkommens ab für jene, die z. B. krank oder arbeitslos sind und kein Einkommen erzielen können.

2. Auch Menschen, die Sozialleistungen erhalten, sollen an steigendem Wohlstand einer Gesellschaft teilhaben. Aus diesem Grund sind z. B. die Renten dynamisiert; steigen die Arbeitsentgelte, so steigen mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung auch die Renten. Wäre dies nicht so, würden die Rentner von zunehmendem Wohlstand abgekoppelt. Dieses zweite Ziel der Sozialpolitik rückt allerdings immer mehr in den Hintergrund. Wer über ein Jahr arbeitslos ist, erhält Arbeitslosengeld II (sogenanntes »Hartz-IV«), das nicht mehr wie noch vor 2005 vom früheren Arbeitsentgelt abhängt, sondern auf dem Sozialhilfeniveau liegt.

Im weiteren Sinne ist auch staatliches Handeln, das sich den Schutz der schwächeren Marktpartei zum Ziel setzt, der Sozialpolitik zuzurechnen. Zu diesem Politikfeld gehört z. B. der Kündigungsschutz für Arbeitnehmer und für Mieter sowie zahlreiche weitere Schutzrechte.

Die kurze Skizzierung sozialstaatlicher Anliegen soll nun nicht bedeuten, der Staat löse alle diese Aufgaben jederzeit zur Zufriedenheit aller – das weiß jeder, der sich täglich aus den Medien über Politik informiert. Und es soll auch nicht bedeuten, der Sozialstaat sei so etwas wie ein guter Vater, der sich treusorgend um die ihm Anvertrauten kümmert. Sozialstaatliches Handeln bedeutet vielmehr: Der Staat organisiert die Solidarität der Menschen untereinander.

Kaufmann/Kauffrau im Gesundheitswesen

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