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TRAININGSINTENSITÄT
IN DIESEM KAPITEL werden wir uns intensiv mit einem Thema beschäftigen, dessen Bedeutung selbst vielen Altersklassen-Athleten, die den Sport sehr ernst nehmen, nicht vollständig bewusst ist. Warum ich das glaube? Wenn ich Sportler frage, wie ihr Training läuft, erzählen sie mir fast immer von den Umfängen – wie viele Stunden sie wöchentlich investieren. Nur selten begegnet man jemandem, der diese grundlegende Frage nicht so beantwortet. Dabei verrät uns eine Forschungsstudie nach der anderen, dass das wichtigste Element des Trainings für fortgeschrittene Athleten die Intensität ist. Klar, alle ambitionierten Triathleten absolvieren manchmal (vielleicht zu oft) harte und sogar sehr harte Einheiten. Und sie wissen, dass es einen Effekt auf ihre Fitness hat. Keine Frage. Der Knackpunkt ist, dass sich die geleistete Intensität nur schwer darlegen lässt, wenn man gefragt wird, wie das Training läuft.
Irgendwann sollten Sie in der Lage sein, in einem breiteren Kontext über Ihr Training zu sprechen. In diesem Kapitel beginnen wir unseren Weg dorthin, indem Sie etwas mehr über die Intensität lernen. Es ist ein großes Thema, das sich in vielen nachfolgenden Kapiteln fortsetzt.
INTENSITÄT MESSEN
In Kapitel 3 wurden drei Variablen eingeführt, die Sie bei der Gestaltung Ihres wöchentlichen Trainingspensums variieren können. Die erste war die Häufigkeit – wie oft Sie trainieren. Das ist leicht zu messen. Alles, was Sie brauchen, ist ein Kalender. Sie müssen nur zählen, wie oft Sie in einer Woche geschwommen, Rad gefahren und gelaufen sind, und Sie haben die Häufigkeit. Die Dauer ist auch einfach zu messen. Dafür brauchen Sie nur eine Stoppuhr. Wie lange hat die Einheit gedauert? Wenn Sie die Zeiten aller Einheiten für eine Woche addieren, erhalten Sie den Trainingsumfang, was nichts anderes ist als die Kombination von Häufigkeit und Dauer.
Die Intensität ist anders. Sie ist viel schwieriger zu messen, und dafür benötigen Sie spezielle Instrumente oder Fertigkeiten. Derzeit gibt es vier Möglichkeiten, wie ein Triathlet die Trainingsintensität messen kann, je nach Sportart: empfundene Anstrengung, Pace, Herzfrequenz und Watt. Für erfahrene Triathleten, die den Sport seit mehr als drei Jahren betreiben, ist die Intensität der Schlüssel zu hohen Leistungen. Um Ihr Potenzial zu erreichen, müssen Sie die verschiedenen Methoden verstehen und in der Lage sein, sie anzuwenden.
Rating of Perceived Exertion
Die grundlegendste Methode der Intensitätsmessung, die von allen Triathleten beherrscht werden sollte, ist die Bewertung der empfundenen Anstrengung (Rating of Perceived Exertion, kurz RPE). Hierzu weisen Sie jedem Training einfach selbst auf einer numerischen Skala einen Intensitätswert zu. Die am weitesten verbreitete Skala ist 0 bis 10. Am unteren Ende bedeutet die 0 keinerlei Trainingsintensität, und eine 1 zeigt an, dass Sie sich langsam und mit geringer Anstrengung bewegen. Am oberen Ende bedeutet eine 10, dass Sie sich maximal verausgabt haben. Tabelle 4.1 zeigt die gesamte Skala.
Die sachgemäße Verwendung der RPE ist eine Kunst, die man erlernt, indem man sie häufig nutzt. Machen Sie sich während der Trainingseinheiten laufend Gedanken darüber, wie hart sich die Intensität im Moment anfühlt, und nutzen Sie die Skala, um dieser Belastung einen Zahlenwert zuzuordnen. Wenn Sie das regelmäßig machen, werden Sie die RPE irgendwann gut beherrschen. Sie werden vermutlich entdecken, dass es schwieriger ist, Ihre Anstrengung einzuordnen, wenn Sie zusammen mit anderen trainieren. Üblicherweise wird einer Einheit dann eine tendenziell zu niedrige RPE zugewiesen.
Die RPE ist sehr subjektiv. Kein Wunder, denn letztlich ist es ja genau das – Ihre Meinung darüber, wie Sie sich während des Sports fühlen. Um die Intensität präziser zu bestimmen, müssen Sie auch Messinstrumente heranziehen, die objektive Ergebnisse liefern. Die am häufigsten verwendeten sind ein Pulsmesser, ein Gerät zur Pace- und Distanz-Messung z.B. mittels Global Positioning System (GPS) und ein Powermeter. Bereits in Kapitel 2 habe ich dargelegt, wie vorteilhaft solche Tools für Ihr Training sind. Eine präzise Intensitätsmessung ist dermaßen wichtig, dass ich die von mir trainierten Athleten verpflichte, diese Instrumente zu nutzen. Später in diesem Kapitel gebe ich Ihnen eine kurze Einführung, wie Sie für jedes von ihnen entsprechende Zonen bestimmen. Jedes der drei Geräte erfasst die Intensität in eigener Weise und stellt so Informationen bereit, die mittels der beiden anderen nicht verfügbar sind.
TABELLE 4.1 RPE-Skala von 0 bis 10 (laut Borg)
WERT | EMPFUNDENE ANSTRENGUNG |
0 | gar nichts |
1 | sehr locker |
2 | locker |
3 | moderat |
4 | ein wenig hart |
5–6 | hart |
7–8 | sehr hart |
9 | sehr, sehr hart (fast maximal) |
10 | maximal |
Pace
Die Pace, meist gemessen in Minuten pro Kilometer, wird schon genauso lange genutzt, wie Sportler schwimmen, Rad fahren und laufen. Bis ins späte 20. Jahrhundert hinein war sie die einzige Möglichkeit, die Intensität im Ausdauersport präzise zu messen. Jeder Athlet hatte Zugang zu einer Stoppuhr, und um die Intensität der absolvierten Einheiten auszudrücken, verwendete man die Pace: »Ich bin 5 Kilometer in einer 4:45er Pace gelaufen« oder »Ich bin 1.000 Meter in einer 100m-Pace von 1:30 geschwommen«. Nicht so gut funktionierte dies für Radsportler, weil äußere Faktoren wie Wind, Anstiege und Windschatten die Pace (bzw. die Geschwindigkeit in km/h) zu einem recht ungenauen Maß der tatsächlich geleisteten Intensität machten. Infolgedessen war von den drei Teildisziplinen das Training für das Radfahren am wenigsten wissenschaftlich und hing bei der Einschätzung der Intensität stark von der RPE ab. Das Radtraining war enorm subjektiv.
Heute wird die Pace noch immer häufig beim Schwimmen und Laufen verwendet. Weil beim Schwimmen in Bahnen die zurückgelegte Distanz leicht zu erfassen ist und in Sportbädern üblicherweise eine Uhr an der Wand hängt, ist die Pace hier leicht messbar und daher immer noch die vorrangige Art, die Intensität eines Trainings auszudrücken. Für Läufer erwies sich die Pace lange Zeit als etwas weniger sinnvoll, weil es bei den im Training genutzten Wegen nur selten Kilometermarkierungen gibt. Folglich hat sich die Herzfrequenz zum gebräuchlichsten Intensitätsmaß beim Laufen entwickelt. In den letzten Jahren haben Läufer aber auch begonnen, GPS-Geräte zur Bestimmung der Pace zu nutzen. Wie Sie später in diesem Buch lernen werden, sind sowohl Pace (Geschwindigkeit) als auch Herzfrequenz wertvolle Informationen, die einem das Training erleichtern. Ich zeige Ihnen dann auch, wie Sie beide kombinieren, um Ihre aerobe Ausdauer zu trainieren.
Herzfrequenz
Herzfrequenzmonitore gibt es schon seit den späten 1970er Jahren, als sie in Finnland erfunden wurden. Aber es dauerte bis Anfang der 90er Jahre, dass sie sich auf breiter Front im Ausdauersport durchsetzten und das Gros der Läufer und Radsportler die Technologie annahm. Triathleten gehörten zu den Ersten, die Pulsmesser benutzten, stellten aber fest, dass sie beim Schwimmen nicht sehr gut funktionierten.
Die Herzfrequenz verrät Ihnen, wie intensiv Sie sich anstrengen, aber sie sagt nichts über Ihre Leistung. Der Letzte in einem Rennen kann den gleichen Durchschnittspuls haben wie der Sieger. Es gibt keine Medaillen für hohe Herzfrequenzen. Ihre Herzfrequenz sagt nichts darüber aus, wie schnell Sie sich bewegen; alles, was sie verrät, ist, wie viel Anstrengung in eine Einheit investiert wird. Aber wenn es darum geht, die Anstrengung präzise zu erfassen, ist es das beste Instrument, das wir haben. In dieser Hinsicht ähnelt die Herzfrequenz sehr der RPE, nur ist sie objektiver.
Watt
Der mobile Leistungsmesser wurde Ende der 1980er Jahre von einem deutschen Ingenieur erfunden, einem früheren Radsportler. Es dauerte etwa 20 Jahre, bis diese Technologie für Radfahrer und Triathleten zur gängigen Praxis der Intensitätsmessung wurde. Seit die Athleten das Powermeter akzeptieren, hat sich das Radfahren von der unwissenschaftlichsten zur wissenschaftlichsten der drei Teildisziplinen entwickelt. Die Wattmessung hat das Radtraining revolutioniert. Inzwischen arbeiten erste Unternehmen auch an der Entwicklung von Powermetern für das Laufen. Es ist noch nicht abzusehen, wie genau und zuverlässig diese sein werden, aber wenn sie den Standard der Wattmessung beim Radfahren erreichen, stehen auch dem Lauftraining dramatische Veränderungen bevor.
Ein Rad-Leistungsmesser misst zwei Dinge: die Kraft, die auf das Pedal angewendet wird, und die Geschwindigkeit, mit der die Pedale gedreht werden. Die Pedalkraft wird als Drehmoment bezeichnet, die Pedalgeschwindigkeit als Kadenz. Die Kombination der beiden wird in Watt ausgedrückt. Vorerst genügt der Hinweis, dass Sie im Training und Wettkampf erheblich davon profitieren, wenn Sie lernen, wie man ein Powermeter einsetzt. (Es würde den Rahmen dieses Buches sprengen, in die Details der Wattmessung einzugehen. Ausführliche Informationen finden Sie z.B. in meinem Praxishandbuch Wattmessung.)
REFERENZPUNKTE DER INTENSITÄT
Ich muss Sie warnen, dass es in diesem Abschnitt ein wenig »wissenschaftlich« wird. Das ist nicht anders möglich, wenn die Bedeutung einiger Begriffe erklärt werden soll, die in diesem Buch immer wieder im Zusammenhang mit der Intensität auftauchen. Ich werde versuchen, es so schmerzlos wie möglich zu gestalten.
Sportwissenschaftler benutzen häufig die RPE, um die Intensität einer Aktivität zu messen, weil sie ihnen sagt, was ein Athlet erlebt. Sie nutzen aber gern auch physiologische Kennzeichen der Intensität, die als feste Referenzpunkte für die Anstrengung eines Sportlers dienen. Zwei solcher Marker, die am häufigsten verwendet werden, sind die aerobe Schwelle (Aerobic Threshold, AeT) und die anaerobe Schwelle (Anaerobic Threshold, AnT). In den folgenden Kapiteln werde ich auf beide häufig verweisen, und auch mit Ihren Trainingseinheiten haben beide eine Menge zu tun. Zunächst gilt es aber, eine allgemeine Vorstellung davon zu bekommen, was sie bedeuten. Später werden wir mehr ins Detail gehen. Abbildung 4.1 setzt die beiden Referenzpunkte in Relation zur RPE, um Ihnen eine Ahnung von der jeweiligen Intensität zu vermitteln. Behalten Sie diese Information im Hinterkopf, wenn Sie die folgenden Abschnitte lesen.
Aerobe Schwelle (AeT)
Sportwissenschaftler haben verschiedene Möglichkeiten, um bei Labortests die Intensität zu messen. Ein gängiges Verfahren ist, dem Athleten einen Tropfen Blut aus dem Finger oder Ohrläppchen zu entnehmen und diesen in einer speziellen Apparatur zu analysieren. Das Blut enthält nämlich etwas, von dem Sie ganz bestimmt schon mal gehört haben: Laktat. An und für sich ist Laktat nicht das »Problemkind«, als das es oft dargestellt wird. Es hat nichts mit Erschöpfung oder Muskelkater zu tun. Es ist jedoch ein guter Indikator, wie intensiv ein Sportler augenblicklich trainiert. Je mehr Laktat im Blut, desto größer die Anstrengung. Wissenschaftler messen Laktat in Millimol pro Liter (mmol/l). Im Ruhezustand (0 RPE) beträgt der Laktatgehalt etwa 1 mmol/l. Dies ist eine sehr kleine Menge. Wenn die Trainingsintensität auf etwa 3 oder 4 RPE und der Laktatgehalt des Blutes auf 2 mmol/l ansteigt, wird häufig davon ausgegangen, dass der Athlet die aerobe Schwelle erreicht hat.
ABBILDUNG 4.1 Intensitäts-Referenzpunkte in Relation zur RPE
Die AeT kann auch auf andere Weise bestimmt werden. Ein weiteres im Labor häufig verwendetes Verfahren besteht darin, die Menge an Sauerstoff und Kohlendioxid zu messen, die ein Athlet während der Belastung ein- und ausatmet. Eine solche Atemgasanalyse gibt Auskunft über Veränderungen des Laktatniveaus. Diese Methode ist nicht-invasiv – es wird kein Blut abgezapft –, sie erfordert jedoch ebenfalls einen teuren Test.
Ganz schön viel Fachchinesisch. Sie müssen jedoch nicht wirklich alles im Detail verstehen oder einen Labortest unternehmen, um Ihre AeT zu bestimmen. Eine viel einfachere und günstigere Methode, die Sie verwenden können, erfordert lediglich eine Pulsuhr, die Sie wahrscheinlich bereits besitzen. Die AeT tritt nämlich üblicherweise bei etwa 65 Prozent der maximalen Herzfrequenz auf. Bei einer anderen Methode wird Ihre AeT im Bereich von 20 bis 40 Schlägen pro Minute (BPM) unter Ihrer anaeroben Schwelle verortet (die entscheidende Vorsilbe an- bedeutet hier so viel wie »nicht«). Auf diesen zweiten Referenzpunkt kommen wir direkt im Anschluss zu sprechen. Anstatt sich also einem teuren Labortest zu unterziehen, können Sie auch einfach während des Sports Ihre Herzfrequenz verfolgen und davon ausgehen, dass Sie sich bei 30 BPM unter der anaeroben Schwelle in der Nähe Ihrer AeT bewegen.
Später werde ich Ihnen beibringen, wie Sie dieses entscheidende Intensitätsniveau im Training nutzen, um Ihr aerobes System vollständig zu entwickeln. Daraus ergibt sich, wie Sie noch sehen werden, eine hervorragende Trainingseinheit, die Sie häufig unternehmen sollten.
Anaerobe Schwelle (AnT)
Die anaerobe Schwelle ist der höhere der beiden Intensitätsreferenzpunkte. Hier treten Sie während der sportlichen Betätigung in den »roten Bereich« ein. Die Anstrengung entspricht einer hohen RPE von ungefähr 7. Wenn Sie dieses Niveau der Anstrengung im Training oder Rennen erreichen, arbeiten Sie schwer und erkennen, dass Sie nicht in der Lage wären, es für sehr lange beizubehalten. Die Intensität, bei der Sie die AnT erreichen, wird oft auch als Laktatschwelle bezeichnet. Aus Sicht der Sportwissenschaft sind die Laktat- und die anaerobe Schwelle nicht genau identisch, weil man die eine durch eine Atemgasanalyse bestimmt (AnT), die andere mittels Messung des Laktatgehalts in einem Blutstropfen (Laktatschwelle). Aber für unsere Zwecke können wir die beiden Begriffe als austauschbar und deckungsgleich betrachten.
Oben haben Sie gelesen, dass Sie sich etwa an Ihrer AeT befinden, wenn der Laktatgehalt im Blut bei 2 mmol/l liegt. Erreicht er 4 mmol/l, sind Sie an Ihrer AnT. An der unteren der beiden Schwellen baut der Körper die mit dem Laktat verbundene Säure, die in die Muskeln strömt, ebenso schnell ab, wie diese produziert wird. Bei 4 mmol/l und mehr beginnt die Säure hingegen, sich in Form von Wasserstoffionen (und eventuell anderen Substanzen wie anorganischem Phosphat) anzureichern und so die Muskelkontraktion zu behindern. Das ist der Grund, warum Sie anfangen zu leiden und dieses Intensitätsniveau nur begrenzte Zeit beibehalten können. Ein Athlet in guter körperlicher Verfassung kann die AnT-Intensität für etwa eine Stunde aushalten, während sich die AeT-Intensität auch mehrere Stunden aufrechterhalten lässt.
Mit der richtigen Art von Training lässt sich Ihre AnT anheben, so dass Sie ein höheres Tempo gehen können, bevor dieses kritische Intensitätsniveau erreicht ist. Beachten Sie aber, dass Ihre Herzfrequenz an der AnT trotz gesteigerter Fitness in etwa gleichbleibt. Das ist eine wichtige Lektion, die wir in diesem Kapitel genauer untersuchen werden. Es hat mit dem zu tun, was wir Fitness nennen.
Die meisten Triathlons werden mit Intensitäten zwischen AeT und AnT bestritten, wie Abbildung 4.2 zeigt. Bei einem Ironman, werden Sie sich in der Nähe Ihrer AeT und in unteren RPE-Regionen bewegen. Bei einem Sprint-Triathlon befinden Sie sich am anderen Ende der RPE-Skala (ungefähr 7) und wahrscheinlich ein wenig unter oder oberhalb Ihrer AnT. Mit anderen Worten: Es gibt eine inverse Beziehung zwischen Intensität und Dauer. Je härter Sie arbeiten, desto kürzer die Dauer des Rennens. Und je niedriger die Intensität, desto länger die Renndauer. Dies sollte offensichtlich sein – Ihnen ist natürlich klar, dass Sie einen Ironman nicht mit der Intensität eines Sprint-Triathlons bestreiten können. In einigen der folgenden Kapitel werden wir auf diesen grundlegenden Sachverhalt zurückkommen.
ABBILDUNG 4.2 Intensitäts-Referenzpunkte in Relation zur RPE und Wettkampfdistanz
Aerobe Kapazität (AeC)
Die aerobe Kapazität (Aerobic Capacity, AeC), auch bekannt als VO2max, definiert Ihre Fähigkeit, Sauerstoff zu verwenden, um Energie zu produzieren. Im Allgemeinen gilt: Je höher Ihre AeC, desto größer Ihre potenzielle Wattleistung oder Geschwindigkeit. Für die Betrachtung der Trainingsintensität im Rahmen dieses Kapitels ist die aerobe Kapazität noch nicht von Belang; wir behandeln sie später in Kapitel 6, wo Sie lernen, wie Sie Ihre Fitness systematisch weiterentwickeln.
Funktionale Schwelle (FT)
Von den beiden Schwellen ist die AnT wichtiger für Training und Wettkämpfe, denn wenn Sie diese kennen, können Sie auch Ihre AeT grob abschätzen, indem Sie von der AnT-Herzfrequenz 30 BPM subtrahieren. Zudem lässt sich die AnT auch leichter von einem Sportler selbst erkennen, weil sie mit einem ganz bestimmten Gefühl des Leidens einhergeht. Sobald Sie diesen wichtigen Referenzpunkt bestimmt haben, ist es dann ein Leichtes, Trainingszonen einzurichten, was wir in Kürze in Angriff nehmen werden.
Nachteilig an all dem ist, dass zunächst ein Labortest erforderlich wäre, um die AnT als solche überhaupt zu ermitteln, und dann regelmäßig weitere Folgetests vonnöten sind, um zu messen, was mit ihr im Laufe der Zeit geschieht, und so Veränderungen der Fitness genau zu erfassen. Denn ungeachtet der wertvollen Informationen, die sie liefern, gehen solche Tests auf Dauer doch ganz schön ins Geld. Hier kommt nun ein Sportwissenschaftler namens Andrew Coggan ins Spiel.
Dr. Coggan ist ebenfalls Radsportler, der zu Beginn des Jahrtausends eine Idee hatte, die den gesamten Prozess der Einrichtung von Trainingszonen revolutioniert hat. Er hat nicht nur das Konzept der AnT vereinfacht, sondern konnte auch den Bedarf an Labortests zur Identifikation von Fitness-Fortschritten deutlich verringern. Sein Grundgedanke war in etwa der folgende: Wenn wir wissen, dass ein gut trainierter Ausdauersportler seine AnT-Intensität etwa eine Stunde aufrechterhalten kann, warum unternehmen wir dann nicht einfach eine einstündige Einzelzeitprüfung (z.B. ein Zeitfahren) und gehen davon aus, dass die durchschnittliche Herzfrequenz, Pace und Wattleistung für diese Stunde die AnT repräsentieren? Genial! Dieses Verfahren ist für jeden einfach verständlich, und es fallen keine Kosten für teure Tests an. Jeder Sportler kann es jederzeit tun. Coggan nannte diesen neuen Referenzpunkt die funktionale Schwelle (Functional Threshold, FT).
Demnach ist die FT ein einfacher zu handhabender Ersatz für Ihre AnT. Dies bedeutet, dass Sie einen funktionalen Herzfrequenzschwellenwert (Functional Threshold Heart Rate, FTHR), eine funktionale Schwellenpace (Functional Threshold Pace, FTPa) und eine funktionale Schwellenleistung (Functional Threshold Power, FTPo) haben. Jeder der drei ergibt sich einfach als entsprechender Durchschnittswert, der bei einer einstündigen Einzelzeitprüfung gemessen wurde. Genau wie die AnT variieren sie alle jeweils von Sportart zu Sportart. Zum Beispiel ist die FTHR beim Radfahren und Laufen nicht identisch. Tendenziell liegt sie beim Laufen höher als beim Radfahren und dort wiederum höher als beim Schwimmen.
Der Nachteil von Dr. Coggans Idee ist natürlich, dass ein solcher einstündiger Feldtest eine extrem schmerzhafte Trainingseinheit darstellt. Die meisten Menschen könnten nie die Motivation aufbringen, sich eine Stunde so sehr anzustrengen. Wir haben Mitleid mit uns selbst und nehmen nach den ersten Minuten des Leidens lieber Tempo raus. Die Resultate eines solchen Tests würden folglich zu niedrig ausfallen, um die AnT mit ausreichender Annäherung zu bestimmen.
Wenn es dort, wo Sie leben, häufig Schwimm-, Rad- oder Laufwettkämpfe gibt (als isolierte Rennen, nicht im Rahmen eines Triathlons), für die Sie etwa eine Stunde benötigen, bieten Ihnen diese Rennen die perfekte Gelegenheit für FT-Feldtests. Das ist aber unwahrscheinlich.
Um dieses Dilemma zu lösen, erfand Dr. Coggan einen einfachen Feldtest, den Sie jederzeit absolvieren können, ohne sich eine Stunde des Leidens anzutun. Für das Radfahren und Laufen dauert er nur 20 Minuten. Sie werden immer noch leiden, aber nicht mehr so lange. Der Schwimm-Test funktioniert ein bisschen anders. Darauf komme gleich noch zurück. Sobald Sie Ihre FTHR für das Radfahren und Laufen, Ihre FTPa (Laufen) und Ihre FTPo (Radfahren) kennen, können Sie dann Ihre Intensitätszonen einrichten und sind bereit für ein systematisches Training. Schauen wir uns also an, wie das funktioniert.
TRAININGSZONEN FESTLEGEN
Der Grund, warum Sie keinen Triathlon verwenden sollten, um die Zonen zu bestimmen, liegt auf der Hand: Bei jedem Teilabschnitt müssen Sie sich hier ein wenig zurückhalten, damit Sie genug Energie haben, um den kompletten Wettkampf zu beenden. Um brauchbare Daten für die Einrichtung der Trainingszonen zu liefern, muss die Anstrengung beim Feldtest aber so hart sein, wie Sie so gerade eben durchhalten, wenn Sie sich ungefähr 20 Minuten lang verausgaben. Wenn Sie Ihren Einsatz zurückhalten müssen, um die gesamte Distanz zu schaffen (wie es beim Triathlon der Fall sein sollte), dann sind die ermittelten Daten zu niedrig, um genaue Herzfrequenz-, Pace- und Watt-Zonen festzulegen. Mit anderen Worten: In einem eigenständigen Schwimm-, Rad- oder Laufwettkampf hätten Sie sich mehr verausgaben können, was eine höhere Herzfrequenz, eine höhere Pace und höhere Wattzahlen ergeben hätte. Mit diesem Wissen im Hinterkopf können wir nun darangehen, Ihre Trainingszonen zu bestimmen.
Pace-Zonen Schwimmen
Für den Schwimm-Test werden wir ein wenig von Dr. Coggans 20-Minuten-Modell abweichen, denn dies ist jene der drei Sportarten, bei der sich in der Regel einfacher mit der Distanz arbeiten lässt als mit der Dauer. Ein vermessenes Schwimmbecken bietet einen Standard, der überall und jederzeit genutzt werden kann, um in einem Test die FT zu bestimmen.
Es gibt viele Möglichkeiten, einen Pace-Test im Schwimmen durchzuführen. Der Standard-Feldtest, den ich verwende, basiert auf einer 1.000-Meter-Einzelzeitprüfung. Was Sie mit Hilfe dieses Tests ermitteln wollen, ist Ihre T-Zeit, d.h. Ihre Durchschnitts-Pace für 100 Meter. Nach dem Aufwärmen schwimmen Sie 1.000 Meter, als ob es ein Rennen wäre. Es kann helfen, wenn jemand am Beckenrand steht und für Sie die Bahnen zählt, weil man leicht den Überblick verlieren kann. Nutzen Sie Tabelle 4.2, um Ihre Pace-Zonen zu ermitteln. Suchen Sie zunächst in der linken Spalte Ihre erzielte 1.000-Meter-Zeit heraus. Weiter rechts in der entsprechenden Zeile finden Sie dann Ihre T-Zeiten für die einzelnen Trainingszonen. Diese Zonen wiederum ziehen Sie später immer dann heran, wenn Sie die Pace-Vorgaben für Ihre Schwimm-Einheiten festlegen möchten.
TABELLE 4.2 Geschätzte Pace-Zonen für das Schwimmen
Ermittelt in einem 1.000-Meter-Einzelzeitschwimmen.
TABELLE 4.3 Wie Sie die Herzfrequenz-Zonen für das Radfahren bestimmen
HERZFREQUENZ-ZONEN RADFAHREN | MULTIPLIZIEREN SIE IHRE RAD-FTHR MIT | IHRE HERZFREQUENZ-ZONEN (IN BPM) |
1 | 81% | Weniger als __________________ |
2 | 81%–89% | __________________–__________________ |
3 | 90%–93% | __________________–__________________ |
4 | 94%–99% | __________________–__________________ |
5a | 100%–102% | __________________–__________________ |
5b | 103%–106% | __________________–__________________ |
5c | 106% | Mehr als __________________ |
Um Ihre Trainingszonen für das Radfahren zu bestimmen, wenden Sie jeweils als Ober- und Untergrenzen die genannten Prozentsätze auf die im 20-Minuten-Feldtest ermittelte FTHR für das Radfahren an.
Herzfrequenz-Zonen Rad/Laufen
Um die Herzfrequenz-Zonen für das Laufen und Radfahren zu bestimmen, greifen wir auf den 20-Minuten-Test zurück. Bevor ich die Details erläutere, möchte ich noch anmerken, dass Sie keine Formeln zur Bestimmung der Trainingszonen nutzen sollten. Im Internet finden Sie etliche solcher Formeln, die Ihre persönlichen Daten wie Alter, Geschlecht und andere Variablen heranziehen, um Ihre maximale Herzfrequenz zu bestimmen. Sobald Sie auf diese Weise einen Wert berechnet haben, werden Sie dann oft gebeten, einfach einen bestimmten Prozentsatz davon zu nehmen und diesen als Ihre AnT zu bezeichnen (oder als etwas Ähnliches, was auf dieselbe RPE verweist). Die häufigste dieser Formeln zur Bestimmung der maximalen Herzfrequenz lautet: 220 minus Lebensalter. Doch keine von ihnen funktioniert generell für alle Sportler, weil wir nun mal alle einzigartige Individuen sind. (Erinnern Sie sich an das Prinzip der Individualität aus Kapitel 2?) Eine solche Formel mag für einige Athleten zutreffen, aber nicht auf die meisten. Würde man für einen größeren Personenkreis, also zum Beispiel alle Leser dieses Buches, die tatsächlichen maximalen Herzfrequenzen in einem Diagramm darstellen, ergäbe sich eine glockenförmige Kurve. Für die Athleten in der Mitte der Kurve mag eine Formel wie 220 minus Alter recht genaue Werte liefern, aber für alle, die links oder rechts der Kurvenmitte liegen, kommen zunehmend ungenaue Ergebnisse heraus. Und weil Sie nicht wissen, wo Sie selbst auf der Kurve zu verorten sind, erhalten Sie mittels solcher Formeln Zonen-Empfehlungen, die wahrscheinlich um einiges verschoben sind – womöglich um bis zu 20 BPM in die eine oder die andere Richtung. Das bedeutet eine Unsicherheit von immerhin 40 BPM! Sie könnten Ihre maximale Herzfrequenz auch genauso gut schätzen. Die Quintessenz also lautet: Verwenden Sie keine Formeln. Machen Sie einen Feldtest, um Ihre FTHR zu bestimmen.
Der Test funktioniert auf gleiche Weise für Radfahren und Laufen. Ich werde also ein Standardprozedere beschreiben, das Sie auf beide anwenden können. Die Bestimmung der Zonen ist dann aber für jede Sportart individuell vorzunehmen, worauf wir später zurückkommen werden.
Der Ort, den Sie für den Test wählen, ist entscheidend für die Qualität der Daten. Es sollte ein Kurs sein, den Sie auch bei zukünftigen Tests jederzeit wieder nutzen können. Für Lauf-Tests ist eine Stadionlaufbahn gut geeignet, da sie flach und sicher ist. Ein guter Parcours für den Rad-Test ist schwieriger zu finden. Suchen Sie nach einer stoppschildfreien Strecke mit breiter Radspur und nur wenigen Kreuzungen und Kurven, die insgesamt flach ist oder leicht bergauf führt (weniger als 3 Prozent Steigung). Sie benötigen vermutlich eine Distanz von 8 bis 16 Kilometern, je nachdem wie schnell Sie sind. Ein solcher 20-Minuten-Test ist auf dem Rad besonders gefährlich, so dass großer Wert auf die Sicherheit der Strecke zu legen ist. Behalten Sie Ihren Kopf während des Tests oben, um Gefahren rechtzeitig zu erkennen, und achten Sie gut auf den Verkehr. Gehen Sie keine Risiken ein, um gute Daten zu erhalten. Sie sollten im Radtraining immer Vorsicht walten lassen, aber umso mehr, wenn ein Test wie dieser ansteht, wo Sie mit »vollem Einsatz« fahren.
TABELLE 4.4 Wie Sie die Herzfrequenz-Zonen für das Laufen bestimmen
HERZFREQUENZ-ZONEN LAUFEN | MULTIPLIZIEREN SIE IHRE LAUF-FTHR MIT | IHRE HERZFREQUENZ-ZONEN (IN BPM) |
1 | 85% | Weniger als __________________ |
2 | 85%–89% | __________________–__________________ |
3 | 90%–94% | __________________–__________________ |
4 | 95%–99% | __________________–__________________ |
5a | 100%–102% | __________________–__________________ |
5b | 103%–106% | __________________–__________________ |
5c | 106% | Mehr als __________________ |
Um Ihre Trainingszonen für das Laufen zu bestimmen, wenden Sie jeweils als Ober- und Untergrenzen die genannten Prozentsätze auf die im 20-Minuten-Feldtest ermittelte FTHR für das Laufen an.
Um sicherzustellen, dass Sie gute Daten erhalten, sollte der Test an einem Tag absolviert werden, an dem Sie gut ausgeruht sind. Gehen Sie es ähnlich wie ein Rennen an, indem Sie das Training in den zwei oder drei Tagen zuvor zurückfahren. Belassen Sie es im Vorfeld bei kurzen Trainingseinheiten.
Egal ob Rad- oder Lauf-Test, wärmen Sie sich zunächst gut auf, bevor Sie den 20-minütigen Feldtest starten. Für die meisten Athleten umfasst das Warm-up gewöhnlich mindestens 20 Minuten steigender Intensität – von einer sehr niedrigen über eine mäßige RPE bis hin zu progressiv ausgedehnten Beschleunigungen, die mit zunehmendem Einsatz erfolgen und Sie jeweils für einige Sekunden über eine RPE von 7 bringen (Tabelle 4.1). Nach einer letzten solchen Anstrengung sollten Sie sich ungefähr 2 Minuten bei niedriger RPE erholen, bevor Sie den 20-Minuten-Test starten.
TABELLE 4.5 Wie Sie die Watt-Zonen für das Radfahren bestimmen
WATT-ZONEN RADFAHREN | MULTIPLIZIEREN SIE IHRE FTPo MIT | IHRE WATT-ZONEN FÜR DAS RADFAHREN |
1 | 55% | Weniger als __________________ |
2 | 55%–74% | __________________–__________________ |
3 | 75%–89% | __________________–__________________ |
4 | 90%–104% | __________________–__________________ |
5 | 105%–120% | __________________–__________________ |
6 | 120% | Mehr als __________________ |
Um Ihre Watt-Trainingszonen für das Radfahren zu bestimmen, wenden Sie jeweils als Ober- und Untergrenzen die genannten Prozentsätze auf die im 20-Minuten-Feldtest ermittelte FTPo an.
Quelle: Allen und Coggan, Training and Racing with a Power Meter (Wattmessung im Radsport und Triathlon).
TABELLE 4.6 Wie Sie die Pace-Zonen für das Laufen bestimmen
PACE-ZONEN LAUFEN | MULTIPLIZIEREN SIE IHRE FTPa MIT | IHRE PACE-ZONEN FÜR DAS LAUFEN |
1 | 129% | langsamer als __________________ |
2 | 114%–129% | __________________–__________________ |
3 | 106%–113% | __________________–__________________ |
4 | 101%–105% | __________________–__________________ |
5a | 97%–100% | __________________–__________________ |
5b | 90%–96% | __________________–__________________ |
5c | 90% | schneller als __________________ |
Um Ihre Pace-Trainingszonen für das Laufen zu bestimmen, wenden Sie jeweils als Ober- und Untergrenzen die genannten Prozentsätze auf die im 20-Minuten-Feldtest ermittelte FTPa an.
Beginnen Sie mit einem hohen, aber noch konservativ gewählten Einsatz. Mit anderen Worten, Sie sollten das Gefühl haben, noch zulegen zu können. Der häufigste Fehler bei diesem Test besteht darin, dass man zu schnell loslegt, weil es sich in den ersten paar Minuten so locker anfühlt. Je öfter Sie den Test machen, desto besser werden Sie das Pacing hinbekommen. Die ersten 5 Minuten sollten sich relativ leicht anfühlen. Nach jeweils 5 Minuten entscheiden Sie, ob Sie etwas Tempo herausnehmen oder zulegen sollten. Diese 5-minütigen Änderungen der RPE sollten jeweils klein ausfallen.
Am Ende des 20-Minuten-Tests absolvieren Sie ein leichtes Cool-down, so dass Ihre Herzfrequenz und die Atmung wieder auf Ruheniveau zurückkehren können. Nach der Erholung von der Anstrengung sind Sie dann bereit für den unterhaltsamen Teil der Übung: die Analyse der Daten.
Laden Sie Ihre Herzfrequenz-Daten in Ihre bevorzugte Software und ermitteln Sie die durchschnittliche Herzfrequenz für den 20-Minuten-Test. Subtrahieren Sie 5 Prozent von diesem Wert und Sie erhalten eine gute Schätzung Ihrer FTHR beim Radfahren bzw. Laufen. Verwenden Sie dann Tabelle 4.3 (Radfahren) oder Tabelle 4.4 (Laufen), um Ihre Trainingszonen zu bestimmen.
Watt-Zonen Rad
Wenn Sie ein Powermeter am Rad haben oder einen Indoor-Trainer mit Leistungsmesser verwenden, können Sie Ihre Watt-Trainingszonen durch einen FTPo-Test bestimmen. Tatsächlich müssen Sie nur den oben beschriebenen 20-Minuten-Test zur Bestimmung der Herzfrequenz-Zonen unternehmen, um in denselben Testdaten auch Ihre FTPo zu finden. Es besteht keine Notwendigkeit, dafür einen separaten Test durchzuführen. Alles, was Sie tun müssen, ist, 5 Prozent von Ihrer durchschnittlichen Wattzahl (nicht von der »normalisierten« Leistung) während des 20-Minuten-Tests abzuziehen, um eine gute Schätzung Ihrer FTPo zu erhalten. Verwenden Sie dann Tabelle 4.5, um Ihre Trainingszonen festzulegen. Wie bei der FTHR gilt: Je öfter Sie diesen Test absolvieren, desto genauer werden die Ergebnisse, weil man erst lernen muss, wie man eine solche wettkampfähnliche Solo-Anstrengung richtig angeht.
Pace-Zonen Laufen
Genau wie Ihre Watt-Vorgaben für das Radfahren können Sie auch Ihre Pace für das Laufen aus demselben Test ableiten, den Sie zur Bestimmung Ihrer Lauf-FTHR absolvieren. In den Daten des 20-Minuten-Tests, in diesem Fall in den Aufzeichnungen Ihres GPS-Geräts, finden Sie auch Ihre durchschnittliche Pace (in Minuten pro km). Berechnen Sie dann Ihre Pace-Zonen mit Hilfe von Tabelle 4.6. Dies geschieht am besten durch die Umwandlung der ermittelten Pace in eine Dezimalzahl. Zum Beispiel würden 4:30 Minuten pro Kilometer einem Wert von 4,5 Minuten entsprechen. Addieren Sie nun 5 Prozent, um Ihre FTPa zu bestimmen (beachten Sie, dass Sie nicht subtrahieren, wenn Sie mit der Pace statt mit km/h arbeiten). Betrug Ihre Durchschnitts-Pace für den 20-minütigen Lauf-Test beispielsweise 4,5 Minuten, multiplizieren Sie 4,5 mit 0,05 und erhalten 0,225. Die Addition der beiden Werte 0,225 und 4,5 ergibt dann Ihre FTPa. In diesem Beispiel wären es 4,725 Minuten (also circa 7:44 Minuten; 0,725 x 60 Sekunden = 43,5 Sekunden).
Abstimmung der Zonen
Wenn Sie beim Radfahren sowohl ein Powermeter als auch eine Pulsuhr verwenden oder beim Laufen eine Pulsuhr mit integriertem GPS werden Sie bald feststellen, dass die mittels der obigen Anleitungen festgelegten Zonen nicht immer übereinstimmen. Wenn Sie in der Herzfrequenz-Zone 2 sind, befinden Sie sich nicht unbedingt auch in der Watt-Zone 2 beim Radfahren oder in der Pace-Zone 2 beim Laufen. Dies ist kein Problem in Bezug auf Ihr Herz, Ihre Beine oder die verwendeten Geräte. Es ist nur so, wie es ist. Und das ist auch gut so – wie ich im Folgenden erläutern möchte.
Bei fortgeschrittenen Athleten verändern sich die Herzfrequenz-Zonen, wenn überhaupt, im Laufe der ganzen Saison nur wenig. Auf der anderen Seite ändern sich Watt- und Pace-Zonen signifikant. Wenn Sie besser in Form kommen, verbessern sich Ihre FTPa und FTPo. Sie werden beim Laufen schneller und bringen beim Radfahren mehr Watt auf die Pedale. Dies bedeutet, dass sich folglich alle Ihre Watt- und Pace-Zonen nach oben verschieben. Wenn die Fitness abnimmt, verschlechtern sich entsprechend auch Ihre FTPa und FTPo, und die Zonen verschieben sich nach unten. Die Herzfrequenz-Zonen indes bleiben die ganze Zeit konstant. So kann es im Laufe einer Saison mal große und mal kleine Überschneidungen geben – und manchmal sogar gar keine.
ABBILDUNG 4.3 Saisonale Verteilung der Trainingszeit relativ zur anaeroben und aeroben Schwelle
Warum ist das so? Betrachten Sie es mal so: Wenn Ihre Watt-Zonen sich nicht veränderten, würden Sie bei gegebenen Herzfrequenzen niemals schneller werden können. Wie Sie später sehen werden, sind Radfahren mit hohen Wattzahlen und schnelles Laufen bei vorgegebener Anstrengung oder Herzfrequenz der Schlüssel, um Verbesserungen der Fitness zu erfassen. Mit anderen Worten: Es wird nie einfacher, Sie werden nur schneller.
INTENSITÄTSVERTEILUNG
Es gibt derzeit eine große Debatte unter Sportwissenschaftlern darüber, wie die Trainingszeit eines Athleten über eine Saison hinweg relativ zur aeroben und anaeroben Schwelle verteilt werden sollte (Abbildung 4.1). Sollten Sie die meiste Zeit unter Ihrer AeT, zwischen AeT und AnT oder über der AnT verbringen? Einige vertreten die Position, dass Sie entweder sehr leicht unterhalb der AeT oder sehr hart oberhalb der AnT trainieren sollten, und nur sehr wenig dazwischen. Dies wird als polarisiertes Training bezeichnet. Andere hingegen raten, viel Training bei Wettkampf-Intensität zu absolvieren; wie Sie in Abbildung 4.2 gesehen haben, würde dann ein erheblicher Teil der Trainingszeit zwischen AeT und AnT liegen.
Einig sind sich die Wissenschaftler offenbar in der Frage, dass im Laufe einer Saison die meiste Trainingszeit – vielleicht 70 bis 80 Prozent – auf lockere Intensitäten unterhalb der AeT entfallen sollte. Ihre Zeitverteilung für die Saison kann dann so aussehen wie in Abbildung 4.3 gezeigt, mit riesigen Umfängen unterhalb der AeT und der Rest wird zwischen den beiden anderen Segmenten aufgeteilt. Wie viel Zeit in jedem dieser zwei intensiveren Segmente verbracht werden sollte, kann auch eine individuelle Frage sein (auch hier ist das lästige Prinzip der Individualität zu beachten). Es hängt davon ab, welchen Trainingsaufwand Sie betreiben, für welche Art von Wettkampf Sie trainieren und wie Sie auf das Training ansprechen. Ich glaube nicht, dass es eine prozentuale Verteilung der verbleibenden Zeit gibt, die jedem gerecht wird. Entscheidend hier ist, dass Sie sich merken, dass ein großer Teil Ihres Trainings an oder unterhalb der AeT erfolgen wird.
Aber warum ist das so? Läuft das nicht auf ziemlich einfache Trainingseinheiten hinaus? Ja, und das ist der entscheidende Punkt: Je einfacher Ihre lockeren Einheiten sind, desto anspruchsvoller können Ihre harten Einheiten werden. Ein einfacher Trainingstag sorgt dafür, dass der nächste harte Tag wirklich schwer werden kann. Wenn Sie vom Gros der Trainingszeit, die Sie gemäß Abbildung 4.3 unterhalb der AeT verbringen, einen erheblichen Teil auf einen der beiden intensiveren Bereiche verschieben, insbesondere auf das Segment zwischen AeT und AnT, würden Sie eine so große Erschöpfung erzeugen, dass die entscheidenden Einheiten der Woche darunter leiden würden. Die Schlüsseleinheiten würden nicht so anspruchsvoll sein, wie sie sollten, um ein hohes Maß an Fitness zu produzieren. Die Neigung, lockere Einheiten (unterhalb der AeT) mit moderater Intensität zu absolvieren (zwischen AeT und AnT) und damit die Regenerationszeit zu verkürzen, ist zweifellos der größte einzelne Fehler, den ambitionierte Athleten begehen. Sie benötigen sehr, sehr viele einfache Einheiten, wenn Sie auf hohem Niveau Leistungen bringen wollen. Ich weiß, das klingt widersprüchlich, aber es funktioniert.
All dies wirft natürlich die Frage der Saisonplanung auf. Es ist keine gute Idee, Woche für Woche auf die gleiche Weise zu trainieren, eine ganze Saison lang. So würde nicht nur das Risiko steigen, mental auszubrennen, es würde sich wahrscheinlich auch ein Plateau-Effekt einstellen, bei dem der Zugewinn an körperlicher Fitness über ein paar Wochen stagniert und der sich nicht überwinden lässt, indem Sie stur an der gleichen Trainingsmethode festhalten. In dieser Hinsicht zahlen sich laufende Veränderungen aus. Auf die Frage der Saisonplanung kommen wir in Kapitel 7 zurück.
FAZIT: TRAININGSINTENSITÄT
Wie die meisten Dinge ist das Training für den Ausdauersport ziemlich einfach. Unabhängig von Ihrer Erfahrung oder Ihrem Leistungsvermögen basiert es letztlich darauf, drei Dinge zu beeinflussen: die Häufigkeit, Dauer und Intensität des Trainings. Es spielt keine Rolle, ob Sie ein Anfänger sind, der gerade erst mit dem Triathlon begonnen hat, oder ein Profi-Triathlet – das Training läuft letztlich immer auf diese drei Punkte hinaus. Die Art und Weise, wie Sie sie organisieren, hat jedoch großen Einfluss darauf, welche Fortschritte Sie machen. Für Sportler, die schon längere Zeit dabei sind, ist der Schlüssel zum Erfolg im Triathlon die Intensität des Trainings. Das bedeutet nicht, die ganze Zeit mit vollem Einsatz zu arbeiten, vielmehr geht es darum, mit Intensitäten zu trainieren, die der aktuellen Saisonphase und dem Wettkampf, für den Sie trainieren, angemessen sind.
Es gibt viele Möglichkeiten, die Intensität zu ermitteln. Am gebräuchlichsten sind derzeit die subjektive Bewertung der empfundenen Anstrengung (RPE) auf einer Skala von 0 bis 10, die Überwachung der Herzfrequenz, die Verwendung eines Powermeters beim Radfahren und die Bestimmung der Lauf-Pace mit Hilfe einer Stoppuhr auf vermessener Strecke oder eines GPS-Geräts.
Entscheidend für die richtige Intensitätssteuerung im Training ist, dass Sie bestimmte physiologische Referenzpunkte verstanden haben und kennen. Die am häufigsten verwendeten sind die aerobe Schwelle (AeT) und die anaerobe Schwelle (AnT). Die AeT hat die geringere Intensität der beiden und tritt auf, wenn Sie mit einer moderaten Anstrengung trainieren. Das ist etwa bei 3 oder 4 RPE der Fall. Ihre AnT können Sie in der Regel recht deutlich spüren, wenn Sie sich beim Training schwer anstrengen – mit einer RPE von etwa 7. Die AeT liegt ungefähr 30 BPM unterhalb der Herzfrequenz, bei der Sie an Ihrer AnT sind.
Die AnT ist wahrscheinlich der wichtigere dieser beiden Referenzpunkte, weil alle Ihre Trainingszonen anhand dieser Schwelle festgelegt werden, unabhängig vom verwendeten Messgerät. Das einzige Problem mit der AnT sind die Kosten, die anfallen, um sie in einem Labor zu bestimmen. Ein schöner, kostengünstiger Stellvertreter für die AnT, der mit einem Feldtest in Eigenregie ermittelt werden kann, ist die funktionale Schwelle (FT). In diesem Kapitel haben Sie verschiedene funktionale Schwellen kennengelernt: die FTHR beim Radfahren und Laufen, die FTPa beim Schwimmen und Laufen und die FTPo beim Radfahren. Und Sie haben gelernt, wie Sie jeweils mittels eines Feldtests Ihre Trainingszonen festlegen können.
Ebenso haben Sie erfahren, dass die verschiedenen Trainingszonen, die Sie in einer bestimmten Sportart verwenden, z.B. Herzfrequenz- und Pace-Zonen beim Laufen oder Puls- und Watt-Zonen beim Radfahren, nicht unbedingt deckungsgleich sind – und auch nicht sein sollten. Wenn sich Ihre Fitness im Lauf der Saison verbessert, werden sich die Zonen weiter auseinanderbewegen. Das liegt daran, dass sich Ihre FTPa verbessert, während die Lauf-FTHR weitgehend unverändert bleibt. Das Gleiche gilt für die Steigerung der FTPo im Saisonverlauf, während sich die Rad-FTHR nicht ändert. Und das Gegenteil tritt ein, wenn Ihre Fitness zurückgeht, wie es am Saisonende üblich ist.
Sobald Sie Ihre Intensitätszonen für das Training festgelegt haben, sollten Sie beobachten, wie viel Ihrer Trainingszeit Sie unter der AeT, über der AnT und zwischen den beiden Schwellen verbringen. Der Großteil Ihres Trainings sollte auf den Bereich unterhalb der AeT entfallen. Mit anderen Worten: Das meiste Training – womöglich immerhin 80 Prozent – sollte mit einer moderaten RPE im Bereich von 3 bis 4 erfolgen. Auf diese Weise können Sie sicherstellen, dass Sie ausgeruht und bereit sind, wenn die nächste Trainingseinheit mit einer Intensität oberhalb der AnT oder zwischen AeT und AnT ansteht. Das sind die hochwertigen Einheiten, die eine ganz entscheidende Rolle spielen, wie fit Sie am Tag des Wettkampfs sein werden. Wenn Sie dies berücksichtigen, haben Sie den ersten wichtigen Schritt in Richtung eines zielgerichteten Trainings bereits getan. In Teil III werden wir nun tiefer in dieses Thema des zielgerichteten Trainings für individuelle Höchstleistungen einsteigen.