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3 Schulverweigerung –„Ich bleib dann mal weg“1 3.1 BEGRIFFSDIFFUSION UND TRENNSCHÄRFENPROBLEMATIK

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„An Begriffe werden Kriterien (Merkmale) geknüpft, sie

erhalten damit einen Zuschreibungscharakter. Sie sind ein

gedankliches Konstrukt. Begriffe treten hierarchisch in

Beziehung zueinander und trennen einander ab.

Die Trennschärfe ist jedoch nicht immer gegeben.“

(Beinke et al. 2008, S. 91)

In der Forschung und Fachliteratur existieren unterschiedliche Bezeichnungen für das Phänomen Schulverweigerung. Die Differenzierung ist unscharf (vgl. Weckel 2017, S. 51).

Thimm und Ricking betonen beispielsweise, dass es vor allem bei der Verwendung und Abgrenzung der Begriffe Schulverweigerung, Schulschwänzen, Schulabwesenheit, unregelmäßiger Schulbesuch, Schulverdrossenheit, Schulphobie, oder schuldistanziertes Verhalten keine konsensfähige Begriffsverwendung und sehr große Uneinigkeiten gibt.

Für Ricking umfasst der Oberbegriff Schulabsentismus alle Verhaltensweisen und -muster, bei denen die Schüler*innen zur Unterrichtszeit in alternativen Räumen aufhalten (vgl. Ricking 2014, S. 8).

Schulverweigerung ist für ihn eine Erscheinungsform des Schulabsentismus. Die Klassifikation in unterschiedliche Erscheinungsformen basiert auf den ursächlichen Faktoren (Ricking/Albers 2019, S. 11).

Rickings Definitionen können sich nicht durchsetzen können, weil die Begrifflichkeiten im allgemeinen Sprachgebrauch nach wie vor als Synonyme gebraucht werden und nicht im hierarchischen Verhältnis gesehen werden (vgl. Fahrenholz 2015, S. 10).


Abb. 1: Unterschiede zwischen schulaversiven Verhaltensweisen und Schulversäumnissen (nach Ricking 2014, S. 38)

Für Seeliger ist Schulverweigerung ebenso wie für Ricking eine Unterkategorie des Schulabsentismus. Schulverweigerung ist für sie durch eine prozesshafte Entwicklung charakterisiert. Die Autorin unterscheidet zwischen der aktiven und der passiven Schulverweigerung. Die passive Schulverweigerung steht für körperliche Anwesenheit in der Schule, aber bewusstes Verweigern von Arbeitsaufträgen, gezieltes Stören des Unterrichts oder fehlende Teilhabe. Unter aktiver Schulverweigerung versteht Seeliger hingegen das bewusste Fernbleiben (vgl. Seeliger 2016, S. 26 ff.).

Für die Unterscheidung zwischen Schulschwänzen und Schulverweigerung gilt in der Schulabsentismus-Forschung u. a. auch die quantitative Komponente. Wenn jemand öfter als fünfmal im Schuljahr der Schule unentschuldigt fernbleibt, so handelt es sich nicht mehr um Schulschwänzen, sondern um Schulverweigerung (vgl. Samjeske 2007, S. 185).

Auch Barth bemängelt die unzureichende begriffliche Klärung. Er bringt Schulverweigerung mit der Adoleszenz in Verbindung. Für ihn ist Schulverweigerung ein übliches Verhalten der Jugendzeit. Schulverweigerung kann jedoch bereits in der Grundschule beginnen und sich bis zur Pubertät steigern (vgl. Barth 2015, S. 115).

Für Dunkane und Ricking entwickelt sich Schulverweigerung als Reaktion auf subjektiv empfundene Bedrohung. In ihrer Studie (2017) wird deutlich, dass Schulverweigerung mit internen internalisierenden Angstsymptomen sowie mit sozialen oder leistungsbezogenen Problemlagen in der Schule zusammenhängt. Schulverweigerer*innen leiden häufig an Prüfungsangst, werden gemobbt oder befinden sich in Klassen mit schlechtem Klassenklima. 23 % der Schüler*innen gaben in der Studie an, häufig an Ängsten zu leiden (vgl. Dunkake/ Ricking 2017, S. 97).

In der begrifflichen Annäherung bleiben weiche Formulierungen bestehen. Im wissenschaftlichen Diskurs ist man sich mittlerweile darüber einig, dass es die typische Schulverweigerer*in nicht gibt, ebenso wenig wie ein typisches Profil für Schulverweigerer*innen. Für Seeliger wird Schulverweigerung im schulischen Alltag oft über subjektive Einschätzung sowie Interpretation der Lehrpersonen, Eltern, Pädagogen*innen definiert (vgl. Seeliger 2015, S. 28).

Schulverweigerung als Entwicklungschance?

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