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Geleitwort von Romana Schneider und Stefan Ruetz
ОглавлениеIn einem Gespräch, das wir beide, Romana Schneider und Stefan Ruetz, mit Johanna Kiniger nach dem Abschluss ihrer Masterthesis führten, fragte sie, ob wir uns noch an das Gefühl ihrer Verzweiflung nach den ersten Probeinterviews erinnern konnten. Wir konnten es nicht, denn wenn wir heute an die Masterthesis von Johanna Kiniger und das vorliegende Buch, das daraus entstanden ist, denken, ist es aufrichtige Bewunderung, die wir empfinden! Gerne denken wir an dieser Stelle an den erfolgreichen Weg zurück, den sie gegangen ist:
Johanna Kiniger war eine der ersten Studierenden des Masterupgrades für psychosoziale Beratung, das seitdem unser Institut in Kooperation mit der Uni for Life/ Universität Graz in Schwaz in Tirol veranstaltet und das mit dem Titel Master of Sience (MSc) abschließt. Dieses Masterupgrade ermöglicht es psychologischen Berater*innen, an ihre Ausbildung ein Masterstudium anzuschließen und ihre Expertise wissenschaftlich zu untermauern.
Während einer Lehrveranstaltung berichtete sie uns – ihren eigenen Worten nach „ganz verzweifelt“ – über ihre ersten Probeinterviews, in denen wider Erwarten Jugendliche ihr gesagt hatten, dass diese ihre Schulverweigerung nicht als problematisch ansahen, sondern ganz im Gegenteil als einen wichtigen Entwicklungsschritt in ihrem Leben. Aufgrund dieser Aussagen musste Johanna Kiniger ihre gesamte Masterthesis umgestalten, was für sie einen ungeheuren Aufwand darstellte – doch der Preis für diesen Aufwand hat sich gelohnt. Entstanden sind eine herausragende Masterarbeit und das vorliegende Buch. Beide wissenschaftlichen Werke sind in vielerlei Hinsicht bewundernswert und wir möchten einige Aspekte exemplarisch herausgreifen, um Ihnen die lösungsorientierte Haltung der Autorin in Zusammenhang mit ihrer Fachexpertise und Umsetzung in die Praxis aufzuzeigen.
Der erste Aspekt, den wir hervorheben möchten, ist das Umdenken, auf das sich die Autorin durch die Sichtweise der Jugendlichen auf das Thema Schulverweigerung eingelassen hat. Nämlich die Abwendung von einer problemorientierten Sichtweise hin zu einer stärkenorientierten Sichtweise, was aus fachlicher Sicht nichts weniger als einen Paradigmenwechsel darstellt.
Ein weiterer Aspekt ist, dass mit dem Einbeziehen der Schüler*innen die Autorin den eigenen Expertenstatus verlassen und die Jugendlichen selbst als Expert*innen ihrer Situation fortan angesehen hat. Sie hat sich im System der Jugendlichen kundig gemacht und aus dieser Position heraus einen neuen Fragenkatalog entwickelt. Dies bedeutet ein Arbeiten auf Augenhöhe und ist Ausdruck von Partizipation sowie der damit verbundenen Wertschätzung. Das gegenständliche Werk ist somit auch Abbild der Wechselwirkung zwischen den Schüler*innen und der Autorin und der Nutzung der Potentiale der Schüler*innen.
Die beiden erwähnten Aspekte drücken eine Haltung aus, die hinter der Fachexpertise der Autorin steckt. Zusätzlich ist es ihr gelungen, einen fachlich herausragenden Schritt zu machen, nämlich die Theorie der Lösungsorientierung in Zusammenhang mit dem Themengebiet der Schulverweigerung zu setzen, eine Leistung, die die Fachwelt wesentlich bereichert.
Neben diesem wesentlichen Schritt setzt Johanna noch einen weiteren wichtigen Schritt, nämlich die gewonnen Erkenntnisse in die Praxis umzusetzen und einen Methodenkoffer für die praktische Anwendung zu entwickeln. Damit gibt sie Fachleuten hilfreiche Werkzeuge für die Zusammenarbeit mit Schulverweiger*innen in die Hand. Diese werden zusammen mit den neuesten Entwicklungen im Bereich Schulverweigerung in einem weiteren Buch erscheinen.
Allein die Tatsache, dass dieses erste Buch schon wertvolle Beiträge im Bereich Schulabsentismus setzt, lässt uns gespannt auf weitere Ergebnisse von Johanna warten. Wir durften sie ein Stück ihres wissenschaftlichen Weges begleiten und wünschen ihr alles Gute und weiterhin viel Erfolg!
Mag.a Romana Schneider und MMMag. Stefan Ruetz,
Ausblicke – Institut für lösungsorientierte Beratung
Schwaz im April 2021