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5. Die Zwölfzahl der Psalmen rührt von einem Engel her.

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Die wenigen, aber sehr erprobten Männer, welche im Anfange des Christenthums unter dem Namen „Mönche“ begriffen wurden, und welche unter Andern vom Evangelisten Markus seligen Andenkens, dem ersten Bischofe von Alexandrien, eine Regel erhielten, haben nicht bloß jene großmüthigen Dinge beibehalten, welche, wie in der Apostelgeschichte zu lesen, Anfangs die Kirche, d. h. die Menge der Gläubigen, zu thun gewohnt war,20 sondern sie gingen darüber noch hinaus und übten noch Höheres. Sie zogen sich nämlich in die entlegeneren Vorstädte zurück und führten ein Leben voll so großer Strenge und Abtödtung, daß sogar Diejenigen, welche nicht der christlichen Religion angehörten, über eine so rauhe Lebensweise mit Staunen erfüllt wurden. Denn mit einem so glühenden Eifer widmeten sie sich Tag und Nacht der Lesung der heiligen Schriften, dem Gebete und der Handarbeit, daß sie nicht zu essen begehrten, ja nicht einmal daran dachten, ausser um den zweiten oder dritten Tag; alsdann aber nahmen sie Speise und Trank nicht als etwas Ersehntes, sondern als etwas zum Leben Nothwendiges, und Dieß thaten sie nicht eher, als kurz vor Sonnenuntergang, um so den Tag ganz der Betrachtung und Uebung geistiger Dinge zu widmen und die Sorge für den Leib nur der Nacht vorzubehalten. Ausserdem aber übten sie noch weit größere Vollkommenheiten, als wie hier erzählt wird; darüber kann sich Jeder, der nicht weiter in persönlichen Beziehungen zu den Mönchen gestanden, durch die Kirchengeschichte belehren lassen.

Zu jener Zeit nun, als die Vollkommenheit der ersten Kirche bei den Nachfolgern jener heiligen Männer noch in frischem Andenken stand und unversehrt fortdauerte, und als der lebendige, feurige Glaube sich noch nicht im ganzen Volke verbreitet hatte und darum noch nicht lau geworden war, da kamen einst die ehrwürdigen Väter, beseelt von lebhafter Sorge für die Nachfolgenden, zusammen, um sich zu verständigen, welche Regel für die tägliche Lebensweise in der klösterlichen Gemeinschaft festzustellen sei, um so ihren Nachfolgern ein Erbe der Liebe und des Friedens zu hinterlassen, aus dem jede Erörterung gegentheiliger Meinungen ausgeschlossen wäre. Sie befürchteten nämlich, es möchten verschiedene Ansichten, welche über die täglichen Gottesdienstfeierlichkeiten unter Männern derselben Lebensweise entstünden, einst die Veranlassung zu Irrthümern, Eifersucht oder gar Spaltungen werden. Während nun ein Jeder nach Maßgabe seines Eifers und fremder Schwäche uneingedenk Vorschläge machte, welche er in Anbetracht seines Glaubens und seiner Stärke für sehr leicht ausführbar hielt, erwog man nicht hinlänglich, was für die große Masse der Brüder, in der sich nothwendig immer auch eine große Anzahl von Schwachen befindet, möglich ist. So überboten sie sich denn gegenseitig im Gefühle ihrer Seelenstärke, eine sehr große Anzahl von Psalmen aufzustellen; die Einen stimmten für fünfzig, die Anderen für sechzig, wieder Andere, mit dieser Zahl nicht einmal zufrieden, glaubten noch weiter gehen zu müssen, und es entstand bei der Aufstellung der Ordensregel gewissermaßen ein heiliger Wettstreit, welcher sich bis zur Zeit der gemeinschaftlichen Abendandacht hinzog. Sie schickten sich nun an, die gewöhnlichen Gebete zu verrichten. Einer von ihnen erhob sich und trat in die Mitte, um dem Herrn Psalmen zu singen; alle Übrigen saßen (wie es jetzt noch in Aegypten Sitte ist) und hielten ihre Herzen mit der größten Andacht auf die Worte des Vorsängers gerichtet. Als dieser nun eilf durch eingeschobene Gebete von einander getrennte Psalmen, und zwar einen Vers nach dem andern in gleichmäßigem Vortrage, abgesungen und den zwölften durch Hinzufügung von „Alleluja“ beendigt hatte, wurde er plötzlich vor Aller Augen entrückt, und damit war sowohl der Gottesdienst beendigt als auch die streitige Frage erledigt.

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