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1 - Helgas Frage

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Na, bist du Walter auf die Schliche gekommen?

Ihre Frage.

Irgendwann muss ich ja mal anfangen. Auch wenn ich merke, wie träge mein Kopf ist. Wie schwer es mir fällt, ein zwei Sätze hintereinander weg zu schreiben. Sollte man nicht für möglich halten, so viel wie ich schon geschrieben habe. Vielleicht geht es mit mir bergab, auch wenn ich das nicht wahrhaben mag. Noch vor kurzem hatte ich kein Problem damit, mal eben über Nacht einen Artikel abzuliefern - das ging im Handumdrehen (oder wie sagte Klaus immer: wie das Mäusemelken?).

Womit anfangen?

Ihre Frage, nachdem sie voller Erwartung ins Zimmer gekommen war. Damit überraschte sie mich. Warum? Die Frage war naheliegend. Sogar selbstverständlich. Wir sahen uns zum ersten Mal nach meiner Rückkehr. Und die Reise hatte ich wegen Walter angetreten.

Eben erschien mir das wie eine Entdeckung.

Es geht anscheinend nicht weiter. Offenbar warte ich, kaum dass ich begonnen habe, nur darauf, dass mein Zimmernachbar zurückkommt. Dann wäre eh Schluss. Der würde mir keine Ruhe lassen. Noch steht er da draußen und quatscht mit den anderen Rauchern.

Ich weiß, ich weiß. Helga gegenüber bin ich ungerecht. Da hat sie den weiten Weg von Hamburg hierher gemacht, und ich …

Alles OK? Da kommt dieser Fettkloß Egon schnaubend herein. Na, jetzt haste wieder was zu schreiben. Er grinst, und ich kann mir denken, dass er, obwohl er Helga nur im Vorbeigehen gesehen hat, die Anspannung erfasst hat. Feixe zurück: Wolln mal sehen, was für eine Miene deine Freundin macht, wenn sie dich hier besucht. Hab keine Freundin, wehrt er ab. Wenigstens muss ich nicht hinterher zwanzig Seiten schreiben, murmelt er und lässt sich aufs Bett fallen. Jetz‘n Bierchen, das wär’s. Scheiß-Krankenhaus. Er setzt sich Kopfhörer auf und glotzt nach oben in den Fernseher, der an der gegenüber liegenden Wand aufgehängt ist. Ich bemühe mich, nicht hinzuschauen.

Obwohl – die richtige Ruhe werde ich hier nicht finden.

Sicherlich war Helga enttäuscht, als sie ging. Es ist unglücklich gelaufen, das muss ich zugestehen. Ich hätte sie nicht anrufen dürfen, als es mir dreckig ging. Auf keinen Fall. Da hat sie gedacht, es könnte vielleicht doch noch was werden. Natürlich hat sie vorhin nichts davon gesagt. Sie sagt nie was. Aber ich kenne sie – so wie sie auch mich durchschaut.

Obwohl – nicht alles hat sie vorhergesehen. Dass ich so lange in der Provinz aushalten würde, hätte sie nicht gedacht (ich allerdings auch nicht). Aber - wie ich am Donnerstag schmerzlich erfahren musste - ich bin ihr wohl noch nicht entkommen.

Belarus (2004)

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