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3.2.1 Traditionelle Schulgrammatik
ОглавлениеEin Blick in aktuelle Deutschlehrwerke für den Erst- und Zweitsprachunterricht zeigt die anhaltende Dominanz eines Grammatikmodells, das nicht explizit für das Deutsche entwickelt, sondern aus der Beschreibung der lateinischen Sprache adaptiert wurde. Doch nicht nur schulische Lehrwerke halten daran fest. Auch die bis heute als wichtiges Nachschlagewerk häufig an den Universitäten und an Schulen benutzte Duden-Grammatik ist als in dieser Traditionslinie stehend zu begreifen – zumindest was die Terminologie betrifft, auch wenn sie die Bindung der einzelnen Bausteine eines Satzes (die Satzglieder) durch das Verb gesteuert betrachtet und diesbezüglich in der Theorie der weiter unten besprochenen Valenz- und Dependenzgrammatik (im Folgenden VDG) verortet ist. Damit schlägt die Duden-Grammatik eine Brücke zu der unten dargestellten VDG.
Zentral für die traditionelle Schulgrammatik ist einerseits die Terminologie für die einzelnen Bausteine eines Satzes (Subjekt, Prädikat, Objekt, Adverbiale), andererseits die zentrale Rolle des Subjekts, das in einem Kongruenzverhältnis zum Verb (bzw. zum finiten Verb) steht. Kongruenz bedeutet, dass das Subjekt mit dem Verb in Person und Numerus übereinstimmt, wie folgende Beispiele illustrieren:
Mike spielt mit seinen Puppen.
Anette und Senem spielen Fußball.
Kongruenz bezeichnet beispielsweise das Kongruieren, d.h. die Übereinstimmung des Subjekts mit dem Prädikat. Das Prädikat kongruiert mit dem Subjekt in Person (1., 2., 3. Person) und Numerus (Singular und Plural).
Die Termini Objekt, Subjekt und Prädikat fanden ihren Weg aus Beschreibungen der lateinischen Sprache in Beschreibungen des Deutschen im 17. und 18. Jahrhundert (Pfeifer 1993; Elsen 2014). Bis heute sind diese Termini in schulorientierten Grammatiktheorien präsent. Die wichtigsten zentralen Bausteine des Satzes (Satzglieder) sind in der traditionellen Grammatik Subjekt, Prädikat, Akkusativobjekt, Dativobjekt, Genitivobjekt, Präpositionalobjekt, Adverbiale. Die häufig als Nachschlagewerk verwendete Duden-Grammatik bedient sich dieser Bezeichnungen, auch wenn sie die VDG als Erklärungsmodell zugrunde legt. Andere Grammatikmodelle versuchen seit dem 20. Jahrhundert, sich davon zu distanzieren und beschreibungsadäquatere Bezeichnungen zu finden. Dazu mehr im folgenden Abschnitt zur VDG.
Unter Satzglied versteht man einen Satzbaustein, der aus einem oder mehreren Bestandteilen besteht und der einen inneren Zusammenhalt aufweist. Dieser innere Zusammenhalt zeigt sich darin, dass diese Bausteine – von Ausnahmen abgesehen – nur als Gesamtheit im Satz verschoben werden können. Weitere Nachweismöglichkeiten für Satzglieder sind, dass sie in ihrer Gesamtheit ersetzbar und erfragbar sind. Im Deutschunterricht sind diese Analyseverfahren als sogenannte Glinz’sche Proben bekannt und bereits Lerninhalt des Grundschulunterrichts.
An der traditionellen Grammatikbeschreibung des Deutschen ist zu kritisieren, dass sie nicht eindeutig beschreiben bzw. vorhersagen kann, welche Satzglieder in einem Satz repräsentiert sein müssen, damit er vollständig und akzeptabel ist. Diesen Makel beseitigt die VDG, indem sie die zentrale Funktion des Prädikats bei der Festlegung von notwendigen Satzgliedern betont.