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Elisabeth Caland – Klavier spielen, aber richtig! 4 Wohnhaus von Elisabeth Caland (Charlottenburg)

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Ehemaliges Wohnhaus von Elisabeth Caland in der Nithackstraße

»Um besondere Tonfülle bei Akkorden und markig hervortretende Accente, die einzelne Stellen dieser oder jener Komposition verlangen, zu erzielen und wiederzugeben, ist es notwendig, die federleichte Hand, vom Rücken und Oberarm getragen, mit festgespannten Fingern über die zu spielenden Töne zu bringen. Man halte die Hand so gespannt und gerundet, als ob sie sich über einen, im Verhältnis zu derselben stehenden, großen Ball ausbreitet. Wenn die Finger, ohne sich in die Tasten zu senken, mit derselben Fühlung erhalten, drücke man die Hand vermittels der Rückenmuskeln plötzlich kraftvoll nieder.«

Klavierspielen mit Rücken und Schulter, diese zur damaligen Zeit revolutionäre Methode schildert uns Elisabeth Caland in ihren Technischen Ratschlägen für Klavierspieler aus dem Jahre 1912. Die gebürtige Rotterdamerin war 22 Jahre alt, als sie nach Berlin kam, um bei dem fortschrittlichen Musikpädagogen Ludwig Deppe zu studieren. Von ihm übernahm sie zahlreiche Anregungen und entwickelte sie weiter. Etablierte Pianisten waren entsetzt. Mit dem Rücken? Mit den Schultern? Allein mit den Fingern sollten die Töne erzeugt werden, wie beim Cembalospiel, das war gängige Lehre. Die Ideen der jungen Künstlerin aber fanden bald zahlreiche Nachahmer. Ungemein kraftvoll, ungemein farbig konnte die Musik klingen, wenn man aus dem ganzen Oberkörper heraus spielte. »Besonders betont werde hierbei, dass der ganze Arm, vom Schultergelenk aus, wie aus einem Stück, also gewissermaßen ohne Gelenke, gedacht werden soll.« Auf diese Weise gelang es der willensstarken Pianistin, allein durch Schüttelbewegungen der Schultern Tremolofiguren und Triller zu erzeugen.

Elisabeth Caland wohnte von 1909 bis 1913 in der Nithackstraße 22, in Sichtweite des Charlottenburger Schlosses. In diesen Jahren entstanden ihre einflussreichsten musikpädagogischen Schriften. Nach Jahren als Klavierlehrerin in Gehlsdorf und Rostock starb sie am 26. Januar 1929 in Berlin, ihre Lehre aber lebt durch ihre zahlreichen Anhänger fort: »Bleiben sämtliche Gliedmaßen in der vorgeschriebenen Stellung, so wird derselbe [musikalische Eindruck] um so größer und schwebender sein und eine so volle, reiche Tonfärbung haben, dass er dem Klang der Orgel zu vergleichen ist.«


Gedenktafel am Haus Nithackstraße

Wohnhaus Elisabeth Caland

Nithackstraße 22

10585 Berlin

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