Читать книгу 5 glorreiche Western 3/2020 - Helden, Halunken, Halsabschneider: Sammelband mit 5 Wildwestromanen - John F. Beck - Страница 26

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Drei Tage später erreichte Sarto Singal die Hazienda del Saltillo.

Respekteinflößend wirkten die hohen Mauern, die Säulengänge, die das Haupthaus zum Innenhof hin abschlossen, die zahlreichen Nebengebäude und die Corrals. Sonnenlicht glänzte auf den roten Ziegeldächern.

Die Mauern schienen inzwischen verstärkt worden zu sein. Ein Wachturm war neu errichtet. Vor den Arkaden, direkt an der Freitreppe, stand ein Geschütz, dessen Mündung genau auf das Tor gerichtet war. Es hatte neue, mit Bandeisen verstärkte Bohlen bekommen.

Aus Saltillos Hazienda war eine waffenstarrende Festung geworden, die jedem Sturmangriff standhalten sollte.

Sarto Singal musste erst mit dem Revolverkolben gegen das Holz trommeln und die Parole rufen, bevor er eingelassen wurde.

Männer mit nackten Oberkörpern umringten ihn. Eine Marotte von Dr. Miguel Gomez, der die Gepflogenheiten orientalischer Feudalherrscher schätzte.

Doch diese Halbnackten waren nicht nur mit Krummschwertern ausgerüstet, sondern auch mit modernen Handfeuerwaffen und Gewehren.

Singals Nase würde nie mehr richtig heilen, doch er wurde erkannt und anstandslos eingelassen.

Zwei Peons mit stoischen Mienen nahmen ihm das abgekämpfte Pferd ab, führten es zur Tränke und rieben es trocken.

Der Bandit hatte die Kanone und die Freitreppe noch nicht erreicht, als ihm Dr. Miguel Gomez schon entgegenkam.

Wie immer trug Gomez ein lang wallendes weißes Gewand. Er war ein feister Moloch mit spiegelnder Glatze und einem Hängebauch, der bis auf die Oberschenkel reichte.

Prächtige Ringe zierten fleischige Finger. Die Augen waren in dicke Fettpolster eingebettet, wieselten jedoch stetig hin und her, gaben dem Gesicht einen Ausdruck ständiger Bereitschaft. Der Mund war nur eine winzige kreisrunde Öffnung in schwitzender Haut.

»Was ist mit der Lieferung?«, fragte er mit unangenehm hoher Fistelstimme statt einer Begrüßung. »Wo ist sie?«

»Verloren«, gab Singal unumwunden zu. »Saltillo hat sie mir abgejagt.«

»Saltillo?«

»Genau dieser Bastard. Er muss ‘nen Freund bei den Rurales haben.«

»Komm rein. Ich muss das genau wissen. Du bist sicher, dass Saltillo lebt?«

»Allerdings«, antwortete Sarto Singal zornig. »Dieses Halbblut hat die sieben Leben einer Katze.«

Er folgte Dr. Miguel Gomez ins Haupthaus. Angenehme Kühle umfing ihn. Sie betraten die Eingangshalle im Erdgeschoss. Weiträumig war sie, und hier hatte Dr. Miguel Gomez nichts verändert. Zahlreiche Türen zweigten ab. Sie waren holzgetäfelt.

Neben der breiten Treppe zum Obergeschoss waren Topfpalmen aufgereiht. An den Wänden hingen indianische Jagdwaffen und Teppiche. Ein riesiges Grizzlyfell bedeckte die Fliesen. Eine blankpolierte Ritterrüstung auf einem Sockel in der Ecke erinnerte an die Zeit, da Mexiko und der gesamte übrige Südwesten noch von der spanischen Krone regiert wurde.

Gomez steuerte den riesigen Tisch an, an dem gut vierzig Personen Platz fanden. Er wies Sarto Singal einen Stuhl zu und hieß ihn Platz zu nehmen.

Ein Mozo brachte ein Tablett mit einer Karaffe Fruchtsaft und zwei Gläsern. Er schenkte sie voll und zog sich mit einer devoten Verbeugung zurück.

»Und jetzt los!«, forderte Gomez, nachdem sie an den Gläsern genippt hatten. »Der Reihe nach – und keine Beschönigungen, bitte. Wenn du versagt hast, dann verschweige es nicht. Irgendwann erfahre ich‘s ja doch.«

Doch Sarto Singal hütete sich, mit der vollen Wahrheit herauszurücken. Er hätte sich in ein miserables Licht gebracht, hätte er eingestanden, dass er einem Rurales-Offizier gegenüber den Namen seines Auftraggebers ausplauderte.

Er war nicht zurück nach Texas geritten, um sich am Ziel umbringen zu lassen. Seine Festnahme klammerte er ganz aus. Von seinen Helfern behauptete er, sie wären bei einem Feuergefecht mit Saltillos Männern umgekommen. Seine ruinierte Nase sollte aus einer Prügelei mit Buck Mercer stammen, bevor er erfolgreich entkommen war.

Dr. Miguel Gomez hörte mit geschlossenen Augen zu. Wenn er erregt war, so war ihm das nicht anzumerken. Er unterbrach seinen Handlanger nur selten.

»So könnte es gewesen sein«, meinte er nur, nachdem Singal den Bericht beendet hatte. »Dann weiß Saltillo also nichts davon, dass ich dein Auftraggeber bin?«

Sarto Singal schwitzte Blut und Wasser. Genau diese Frage hatte er befürchtet und sich auf seinem langen Ritt durch Sonora eine Ausrede zurechtgebastelt, die ihm glaubwürdig erschien.

Der Bandit zuckte mit den Schultern.

»Das ist dumm«, sagte er zögernd und drehte das Glas unschlüssig in der Hand. »Der letzte Auftrag kam, wie Sie ja wissen, brieflich nach Hermansillo. Lopez hat ihn dort beim Posthalter abgeholt. Das Siegel war erbrochen, als ich es in die Hand bekam. Nicht auszuschließen, dass dieser neugierige Hundsfott einen Blick auf das Schreiben geworfen hat. Mir gegenüber hat er‘s natürlich abgestritten. Er behauptete sogar, nicht lesen zu können. Aber wer weiß? Vielleicht konnte er‘s doch. Bevor Saltillos Leute ihn töteten, nahmen sie ihn noch in die Mangel. Jedenfalls kann ich‘s nicht vollkommen ausschließen, dass er noch geplaudert hat. Das sollten wir also in Betracht ziehen.«

Gomez tat so, als würde er seinem Handlanger Glauben schenken.

»Das ist tatsächlich von Nachteil«, meinte er schließlich. »Ich hatte nicht mehr damit gerechnet, dass dieser Bastard überhaupt noch lebt. Wo es keinen Kläger gibt, gibt‘s bekanntlich auch keinen Richter. Er wird uns noch Verdruss bereiten, falls er wieder in El Paso auftaucht. Also darf es erst gar nicht dazu kommen.«

»Sie wollen ihn abfangen, Señor?«

»Natürlich. Nur dürfte das nicht leicht sein. Die Grenze zu Mexiko ist lang. Es gibt zahlreiche Furten durch den Fluss. Wie hoch schätzt du deinen Vorsprung ein?«

Sarto Singal steckte aufs Neue in der Zwickmühle, durfte das aber nicht zugeben.

»Sie waren noch mit den Mädchen beschäftigt, als ich türmte«, behauptete er auf gut Glück. »Aber allzu groß ist mein Vorsprung sicherlich nicht. Saltillo wird sich an den fünf Fingern abgezählt haben, wohin ich reite, falls Lopez wirklich gesungen hat.«

»Zweifellos ein Argument, das nicht von der Hand zu weisen ist.« Gomez war sehr nachdenklich geworden. »Dagegen muss aber trotzdem etwas getan werden. Dieser Höllenhund muss doch zu fassen sein! Ich finde, er hat seine sieben Leben jetzt verbraucht. Ein weiteres Mal wird er mir nicht mehr davon kommen. Du haftest mit deinem Kopf dafür, Singal.«

»Könnten Sie nicht Ihre bekannt guten Beziehungen spielen lassen, Señor?«, fragte Sarto Singal vorsichtig, denn so viel Verantwortung war ihm nicht ganz geheuer.

Auf der ansonsten glatten Stirn Gomez‘ bildeten sich ein paar steile Falten. Er lächelte trübsinnig.

»Um ein Netz zu spinnen braucht es Zeit«, antwortete er bedächtig. »Wer eine Falle aufstellen will, muss sie vorher bauen. Ich fürchte nur, dass uns dieser Bastard diese Zeit nicht lassen wird. Er zwingt mich, mit seinen Mitteln zu kämpfen – nämlich Gewalt einzusetzen. Dieser Comanche weiß haargenau, wo seine einzige Chance liegt. Immerhin gilt er in diesem Land noch als vogelfrei. Ein Mann darf ihn ungestraft abschießen, solange er vor dem Gesetz nicht rehabilitiert ist. Doch dazu bedürfte es einer Gerichtsverhandlung – zu der es gar nicht kommen darf. Saltillo wird über diesen Punkt ähnlich denken und auf dem schnellsten Weg die Behörden in El Paso zu erreichen versuchen. Zuvor fangen wir ihn ab.«

»Seine Vaqueros und die Frau, die er bei sich hat, gelten aber nicht als geächtet«, gab Singal zu bedenken.

Dr. Miguel Gomez blinzelte müde.

»Solltest du tatsächlich noch nichts von Notwehr gehört haben?«

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