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EINFÜHRUNG

DIAGNOSE11

Das Fundament der osteopathischen Therapie bildet die Diagnose. Das einzig Wahre ist die osteopathische Ätiologie, die sich nicht nur mit der Grundursache beschäftigt, sondern auch alle späteren Befunde mit dieser ersten Ursache in Verbindung bringt. Die osteopathische Diagnose umfasst:

1. die Ausschluss-Methode. Sie heißt so, weil bei ihr sämtliche Symptome durchgegangen und mit den Symptomen der verschiedenen Erkrankungen verglichen werden, wobei man all jene Symptome ausschließt, die nicht mit denen der letztlich zu diagnostizierenden Erkrankung übereinstimmen. Man sollte eine vollständige Aufzeichnung der Symptome erstellen, sie dann mit jenen Erkrankungen vergleichen, die ähnliche Symptome aufweisen, und dabei schrittweise die nicht übereinstimmenden Symptome ausklammern. Durch diese Methode ist man in der Lage, alle Symptome bis auf zwei oder drei auszuschließen.

2. die differenzialdiagnostische Methode. Man kann sie anwenden, indem man analoge und sich widersprechende Aspekte miteinander vergleicht. So werden z. B. Augensymptome, Ausschläge, Fieberart, Rachensymptome usf. bei Scharlach anders aussehen als bei einfachem Fieber.

3. die individuumsbezogene Methode. Hier achtet man äußerst sorgfältig auf die Symptome beim einzelnen Patienten und unterscheidet zwischen subjektiven und objektiven Symptomen. Bei den subjektiven Symptomen handelt es sich um jene, die nur vom Patienten wahrgenommen werden können, das heißt, sobald der Patient Durst empfindet, kann er Durst als Symptom angeben. Ohne solche Angaben des Patienten ist es dem Arzt nicht möglich, derartige Symptome festzustellen. Auch mentale12 Symptome fallen unter diese Rubrik. Sie dominieren alle anderen Symptome, weil der Geist den Körper kontrolliert. Bei Typhusfieber z. B. empfindet der Patient ein mentales Schwanken, das einen sehr ernsten Befund darstellt. Ohne Delirium hat er in diesem Fall bessere Chancen, wieder zu gesunden. Ein komatöser Befund ist insbesondere bei Nervenerkrankungen sehr ernst. Objektive Symptome, z. B. Pulsschlag, Temperatur, ossäre und muskuläre Läsionen, stellt – im Unterschied zu den nur vom Patienten wahrnehmbaren Symptomen – der Arzt fest. Sie bezeichnen den anatomischen Aspekt der Diagnose.

4. Die rein physische Methode. Hier gibt es keine Symptome. Diese Methode stellt die physischen und mechanischen Anormalitäten dar. Ein Symptom, das physiologisch gedeutet werden kann, ist ein Indiz für einen anomalen Befund des Körpers. Pathologie umfasst anomale und morbide Physiologie, die eine Veränderung in der Funktionsweise des Körpers bzw. seiner Organe darstellt, und morbide Anatomie, die sich in einer histologischen Abweichung ausdrückt. Die Ätiologie kann sowohl strukturell als auch funktionell sein.

Beim Diagnostizieren einer Erkrankung ist es stets wichtig, zwischen akut und chronisch zu unterscheiden. Eine akute Erkrankung stellt eine plötzliche Störung bestimmter vitaler Prozesse dar und offenbart sich in Akutsymptomen wie etwa hoher Temperatur, schnellem Puls, raschem Kollaps, rapider Auszehrung. Chronische Fälle sind dagegen solche, die schon einige Zeit andauern.

ZUSÄTZLICHE BEMERKUNGEN

Ist der Knorpel in bestimmten Gelenken im Ossifizierungsprozess, lässt sich dies heilen.13 Ist er zerstört, vereinigt die Natur die entsprechenden Knochen und sollte dabei nicht gestört werden.

Versuchen Sie nicht, Adhäsionen in tuberkulären Gelenken aufzubrechen. Der thermische Apparat besteht aus folgenden Zentren:

1. dem thermogenen,

2. dem thermolytischen,

3. dem thermotoxischen.

Die Weichteilgewebe umfassen auch

1. die Korrelation der Gewebe,

2. die Beweglichkeit – funktionelle Aktivität,

3. die strukturelle Integrität der Gewebe,

4. im sensorischen Bereich die Termini des Nervensystems.

Die Wärmezentren sind im Gehirn und im oberen Teil der Wirbelsäule lokalisiert. Das große Wärmezentrum befindet sich im zervikalen Bereich.

1. Die vasomotorische Behandlung befasst sich mit den zerebralen und zervikalen Ganglien.

2. Behandlung der Körpertemperatur – schwingen Sie tief im subokzipitalen Bereich zwischen den Processus spinosi und transversi.

DER SPEZIFISCH OSTEOPATHISCHE ASPEKT DER DIAGNOSE

Der Bereich der osteopathischen Diagnose umfasst auch die chemische, physische und physiologische Diagnostik. Bei der chemischen Diagnostik werden Blut, Urin und Sputum untersucht, wobei es um die Ermittlung von Keimen und ihren Stoffwechselprodukten geht. Die physische Diagnostik beschäftigt sich dagegen mit der Architektur des Körpers und bezieht auch dessen strukturelle und funktionelle Aktivitäten mit ein:

1. das Skelettsystem,

2. die Weichteilgewebe,

3. die Beweglichkeit jedes einzelnen Teils des Körpers.14

Der Zweck der Beweglichkeit besteht darin, die Integrität des Körpers zu erhalten. Sie hängt von der Elastizität der Gewebe und der artikulären Beweglichkeit ab. Dies wird auf drei Arten erreicht: durch artikuläre Verbindungen, muskuläre Befestigungen und vegetative Versorgung. Solange Beweglichkeit besteht, findet deren Stimulation durch die Erregung der Gewebe statt, die von der selbstregulierenden Kraft des Organismus abhängt.

Jedes Gewebe des Körpers trägt seinen Teil zu dessen Wärmeenergie und Temperatur bei. Letztere ist von besonderer Bedeutung, da im Körper ein thermischer Mechanismus existiert, der die Temperatur anregt und reguliert. Dieser thermische Apparat besteht aus Wärme- und Kältezentren sowie aus den dazugehörigen Nervenfasern. Vorrangig unterstützt das vasomotorische System dieses thermische System bei der Distribution von Wärme und deren Umwandlung in Energie. Der thermische Apparat hängt in hohem Maße vom muskulären System ab. Die sekretorischen Drüsen, insbesondere die Leber, beteiligen sich ebenfalls aktiv an der Temperaturfunktion. Bei Fieber kommt es zu einer Desorganisation der Temperaturfunktion und der Körper unterliegt der Abnahme oder Zunahme seiner Kerntemperatur. Beim Behandeln sollte man anstatt auf die Erkrankung besser auf den thermischen Apparat achten.

Bei der physischen Untersuchung geht es hauptsächlich darum, die Anpassung der verschiedenen Teile des Körpers zu beurteilen. Sind alle Strukturen und Organe des Körpers normal aufeinander bezogen, existiert keine Läsion. Sind sie anomal aufeinander bezogen, existiert eine. Um sie zu identifizieren, legen Sie Ihren Patienten mit dem Gesicht nach unten auf Ihre Behandlungsbank. Unter der Brust wird ein Kissen platziert. Weder die Fersen noch die Zehen sollten sich berühren. Untersuchen Sie nun die Oberfläche und die Beweglichkeit der Wirbelsäule. Beginnen Sie dabei im zervikalen Bereich, wobei Sie auf jeden Processus spinosus jeweils einen Finger legen, und wandern Sie dann mit jedem Finger langsam abwärts. Suchen Sie nach

1. Kontraktionen in der oberflächlichen Muskulatur,

2. anomalen Variationen in den Processus spinosi – und nach

3. heißen und kalten Stellen.

Danach sollte die Untersuchung in gleicher Weise wiederholt werden – diesmal aber im Hinblick auf tiefer liegendes Gewebe, sodass ausschließlich nach Kontraktionen der tiefer liegenden Strukturen gesucht wird.

Nun folgen die Rippen. Führen Sie zuerst eine posteriore und dann eine laterale Untersuchung durch, indem sie die Handfläche auf die Rippen legen und dann nach oben und unten einen tief gehenden Druck ausüben. Achten Sie hierbei darauf, dass die Finger nicht über die Haut gleiten. Prüfen Sie anschließend mit zwei oder drei Fingerflächen, die Sie in spitzem Winkel zur Körperoberfläche platzieren, ob die Rippe sich in Fehlstellung befindet. Als Nächstes stellen Sie zwischen den Rippen und den Wirbelkörpern fest, ob die Abstände normal groß sind. Untersuchen Sie nun, ob eventuell irgendeine Spannung oder Empfindlichkeit im muskulären oder ligamentären Gewebe besteht, und befunden Sie als nächsten Punkt durch palpierenden Druck die umliegende Muskulatur.

Nun sind die freien Rippen an der Reihe. Das kann vom Rücken aus geschehen, wobei Sie die beiden mittleren Finger benutzen und starken Druck jeweils an jener Stelle ausüben, an welcher die freie Rippe an der Wirbelsäule befestigt ist. Ist die Rippe anomal, wird der Patient bei dieser Untersuchung Schmerz verspüren. Während Sie mit den Fingern der einen Hand Druck ausüben, drücken Sie mit der zweiten Hand auf das andere Ende der Rippe. Dadurch erreichen Sie Druck auf beiden Enden, ähnlich wie beim Zusammendrücken einer Feder. Lokalisieren Sie die möglichen Anormalitäten im Rippenverlauf.

Es folgt die Untersuchung der Skapula. Achten Sie auf normale und anomale Beziehungen der Skapula. Dies geschieht von hinten, wobei die beiden mittleren Finger, wie zuvor beschrieben, starken Druck ausüben. Beginnend am unteren Ende gleiten Sie dann mit dem Finger die Skapula medial hinauf, um sie herum und dann um ihren äußeren Rand, wobei Sie die Finger zwischen Skapula und Rippen schieben. Die Arme des Patienten sollten dabei über die Tischseiten ausgestreckt sein, um maximale Entspannung zu erreichen.

Für weitere Anweisungen zur Untersuchung der verschiedenen Bereiche des Körpers siehe Die osteopathische Technik von Dr. J. M. Littlejohn (L. S. H.).15

THEORIE DER BEHANDLUNG

Die osteopathische Behandlung basiert auf mechanischen Prinzipien, wobei die mechanische Behandlung ihr Äquivalent auf physiologischer Ebene besitzt.

Die erste Wirkung besteht in der Beruhigung und Linderung einer bestimmten körperlichen Verfassung. Die zweite Wirkung ist heilend. In Akutfällen ist die Arbeit stets lindernd, bis der Zustand beendet oder überwunden ist. Bei der Behandlung akuter Fieberzustände muss die Behandlung bis zur Krise fortgesetzt werden, um die Kraft des Patienten zu erhalten. In chronischen Fällen müssen sämtliche strukturelle Läsionen angepasst werden. Stimulieren Sie anschließend die Blut- und Nervenversorgung im Hinblick auf diese drei Aspekte:

1. Zirkulation

2. Respiration

3. Nutrition

Die zirkulatorische Behandlung durch Beschleunigung des Herzschlags wird über eine Behandlung im Bereich Th3–Th4 erreicht. Th4–Th5 repräsentieren den Kommunikationspunkt zwischen den oberen und den unteren Teilen des Körpers. Der Herzschlag kann auch vom mittleren zervikalen Bereich aus beschleunigt und über den pneumogastrischen Nerv im Bereich des Ganglion cervicale superius gehemmt werden. Gleiches gilt für die Stimulierung des Ganglion cervicale inferior. Die respiratorische Behandlung besteht im Anheben der Rippen und in einer Stimulierung der lungenrelevanten vasomotorischen Nerven im Bereich Th3–Th7.

Bei der nutritiven Behandlung stimuliert man den Magen im Bereich Th4–Th5 sowie Th6–Th7, wobei Letztere den Magenausgang repräsentieren. Stimulieren Sie auch die Leber im Bereich Th6–Th10 auf der rechten Seite. Die Karbonisierung des Blutes wirkt als Reiz. Der gewöhnliche Typ der Diarrhö geht auf hyperkarbonisiertes Blut zurück. In diesem Fall hemmen Sie die zervikal gerichteten Impulse.

KLASSIFIKATION DER ERKRANKUNGEN

1. Infektionserkrankungen, einschließlich Fieber

2. Erkrankungen des respiratorischen Systems

3. Erkrankungen des Blutes, des Herzens und der Zirkulation

4. Erkrankungen des Verdauungssystems

5. Erkrankungen der Leber, der Milz und des Pankreas

6. Erkrankungen des ableitenden Systems

7. Erkrankungen des Bluts im Sinne eines Gewebes

8. Erkrankungen des Nervensystems

9. Erkrankungen der Haut

10. Erkrankungen von Rektum und Anus

11. Erkrankungen des Auges, des Ohrs, der Nase und des Rachens

12. Erkrankungen der Knochen und Gelenkverbindungen

13. Erkrankungen des Muskelsystems

14. Erkrankungen paralytischen Typs

15. Geschlechtserkrankungen

16. Geburtshilfe und Gynäkologie

17. Zahnerkrankungen, Psychiatrie

18. Physische Diagnose und Behandlung

Osteopathische Diagnostik und Therapie

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