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FIEBER16 ALLGEMEINE BEMERKUNGEN

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1. Anstieg der Temperatur; physiologisch

2. Veränderung der Funktionsweise, Reaktion; Hyperphysiologie

3. Veränderung der Struktur, Pathologie

Bei der Untersuchung des zervikalen Bereichs beginnen Sie am Atlas, wobei Sie zuerst eine oberflächliche und im Anschluss daran eine tief gehende Untersuchung in umgekehrter Richtung vornehmen. Bei Atlas und Axis vergleichen Sie die relative Position. Befindet sich der Atlas zu stark anterior:

Palpieren Sie die Musculi sternocleidomastoideus und trapezius. Lokalisieren Sie die Schilddrüse mittels ihres Isthmus. Untersuchen Sie die Klavikula.

Um an die linke Seite der 2., 3. und 4. Rippe heranzukommen, legen Sie Ihre Arme um den Patienten und ziehen die Skapulae heraus, bis Sie die linke Seite finden. Untersuchen Sie in schräger Linie von der 2.–6. Rippe den perikardialen Ton, der an der 6. Rippe am stärksten sein wird. Begleitet ihn ein pfeifender Ton, indiziert dies das Vorhandensein perikardialer Flüssigkeit.17

Untersuchen Sie die Organe im abdominalen Hohlraum – platzieren Sie die Hände im Becken so weit wie möglich nach unten und ziehen Sie die Organe nach oben, wobei Sie deren Bewegung beobachten, insbesondere das aufsteigende und absteigende Kolon, das quer liegende Kolon und das Pankreas.

Gleich zu Beginn möchten wir betonen, dass zwischen Temperatur und Fieberzuständen klar unterschieden werden muss. Zweifellos hat Graves Recht, wenn er sagt:

„Im gesamten Spektrum menschlicher Leiden gibt es keine Erkrankung, die so außerordentlich interessant und bedeutend ist wie Fieber.“

Ob in höchst zivilisierten oder in wenig entwickelten Ländern, in urbanen oder in ländlichen Regionen, in Berggegenden oder in flachen Gebieten: Fieber kommt überall vor – aber über kaum einen Befund kursieren derart wirre Meinungen wie über diesen. Die alten Ärzte sagten: Essentia vero februm est praeter naturam caladitas18, weil man sie gelehrt hatte, ein Symptom allein zu betrachten. Hautwärme oberhalb der normalen, Gesundheit entsprechenden Temperatur galt als synonym mit jenem fiebrigen oder pathologischen Befund, der zu Fieber gehört. Vor allem in solchen Fällen muss aber mehr Gewicht auf die Ätiologie als auf die Symptome gelegt werden. Sogar der berühmte Virchow definiert Fieber als

„[…] jene körperliche Verfassung, in dem die Temperatur über das normale Maß steigt.“

Obgleich wir Virchows unangezweifelte Autorität als Pathologe ersten Ranges anerkennen, weigern wir uns, diese Definition zu akzeptieren, denn hier wird offensichtlich Wirkung mit Ursache und Physiologie mit Pathologie verwechselt.

Es kann durchaus zu einer über den Normalzustand hinausgehenden Temperaturabweichung nach oben kommen, ohne dass es sich dabei um Fieber handelt. Extreme Kälte oder Hitze, der man über längere Zeit ausgesetzt ist, ständiger Aufenthalt in tropischen Regionen, exzessives Essen oder Trinken – insbesondere von Stimulanzien – sowie exzessive und lang andauernde Bewegung können die Temperatur verändern, ohne notwendigerweise Fieber hervorzurufen. Freilich können sich derartige Temperaturen auch zu messbarem Fieber entwickeln. Es besteht jedoch keine unbedingte Korrelation. Wenn also das Thermometer einen Temperaturanstieg anzeigt, ist das noch kein zuverlässiges Anzeichen für Fieber.

Dr. Soullier berichtet in einer neueren Ausgabe des Lyon Medical vom Fall einer jungen Frau unter 30, bei der über drei aufeinander folgende Tage ein Temperaturanstieg auf 43,8 Grad Celsius festgestellt wurde, ohne dass Fieber oder ein verstärkter Puls bestand. Ohne irgendeine vorhergehende hysterische Krankengeschichte verfiel sie plötzlich in einen narkoleptischen Schlaf. Der Schlaf zeichnete sich durch seine Tiefe aus, der Puls war normal, die Extremitäten waren entspannt und die Pupillen kontrahiert. Es bestand keine anomale Hauttemperatur, doch die vaginale Temperatur betrug 42,7 Grad Celsius. Die Patientin erhielt ein zehnminütiges Bad von 28 Grad Celsius. Dadurch fiel die Temperatur zwar zunächst auf unter 40 Grad Celsius, sie stieg aber danach bald wieder auf über 43,8 Grad Celsius. Die Hautoberflächen fühlten sich noch heißer an als zuvor, der Puls betrug 84. Die Patientin erhielt ein weiteres, 15-minütiges Bad von gleicher Temperatur wie beim ersten Mal. Ihre Körpertemperatur fiel dadurch auf etwa 37,8 Grad Celsius, stieg aber am nächsten Tag erneut auf 44 Grad Celsius und hielt an, bis die Patientin nach einem 36-stündigen Schlaf erwachte. Beim Erwachen hatte sie das Problem, das dem Beginn des Anfalls vorausgegangen war, völlig vergessen. Es bestand keine Fiebrigkeit, kein anomaler Harnbefund, lediglich ein leicht beschleunigter Puls. Am vierten Tag erhielt die Patientin ein drittes Bad von gleicher Temperatur wie zuvor, woraufhin ihre Körpertemperatur auf 41,1 Grad Celsius fiel. Am sechsten Tag sank die Temperatur und lag nun leicht unter den Normalwert. Soullier betrachtet dies als einen reinen Fall von Hyperthermie ohne irgendwelche anderen Fiebersymptome.

Weitere interessante Fälle reiner Hyperthermie im Zusammenhang mit dem Beginn eines Anfalls von Blutspucken sowie bei Meningitis, Peritonitis, Erkältungen usw. hat Cuzin präsentiert.

Ist die Temperatur fiebrig, steht sie diagnostisch für Fieber. Warum entsteht diese fiebrige Temperatur? Sie ist zweifellos verbunden mit einem Fehlen der Nervenkontrolle, die im physiologischen Zustand die Gewebe vor exzessiven Oxidationsprozessen schützt. Bei Fieberzuständen fehlt diese Nervenkontrolle oder verliert ihr Gleichgewicht, was wiederum einen Temperaturanstieg auslöst und zur Zerstörung oder Behinderung der Nervenregulation führt. Was genau zerstört, bremst oder behindert diese Nervenkontrolle? Möglicherweise sind es Bakterien bzw. deren Produkte, die sich in den Geweben befinden bzw. ins Blut übergehen, von dort in die Nervenzentren gelangen und diese dann irritieren. Eventuell sind aber auch die Gewebe bei Erkrankung betroffen und die davon ausgehende Reflexirritation beeinflusst die Nervenzentren. Auch traumatische Zustände oder Läsionen können die Nervenkraft vom Flüssigkeitskreislauf abschneiden, wodurch die Gewebe in Fehlernährung geraten, der in der gleichen Reflexirritation der Nervenzentren resultiert. Man hat z. B. festgestellt, dass septische Abflüsse von Wunden, Abszessen usf., die von der Nervensubstanz absorbiert werden, einen Temperaturanstieg hervorrufen können und dass die direkte Verletzung des Nervenzentrums auch ohne irgendeine äußere Ursache eine Fiebertemperatur herbeiführen kann. In beiden Fällen stört die resultierende Temperatur die gesunde Balance des Lebens und kann den Körperorganismus später in einen Fieberzustand versetzen.

In normalen Körperzuständen wird die Temperatur bei 37 Grad Celsius gehalten. Diese konstante Stabilität hängt vom thermotaktischen Mechanismus ab, der die Generierung und den Verlust von Wärme reguliert. Bei der Wärmeproduktion spielen die Muskulatur und die Drüsen die wichtigste Rolle. Am Wärmeverlust sind darüber hinaus verschiedene physische und physiologische Prozesse beteiligt: Wärme wird in den Körperfunktionen und -aktivitäten verbraucht und der Überschuss durch Verdunstung, Ableitung, Konvektion usf. aus dem Organismus ausgeschieden. Die Regulation dieser Prozesse, insbesondere die Balance von Produktion und Verlust, steht unter der Kontrolle des Nervensystems, einschließlich der thermischen Zentren, der thermischen Fasern und möglicherweise weiterer Nerven.

In pathologischen Zuständen ist dieser thermotaktische Mechanismus auf vielerlei Art gestört. So kann etwa der Wärmeverlust gebremst oder modifiziert sein, was zu Wärmeansammlung führt. Oder die Wärmegenerierung ist – bei normalem oder vermindertem Wärmeverlust – beschleunigt, was ebenfalls in einer Wärmeakkumulation resultiert. Wärmegenerierung und -verlust können gleichzeitig verstärkt stattfinden, was keine wesentliche Temperaturveränderung zur Folge hat, obgleich es zu einem fiebrigen Verfall kommt. Es kann aber auch sein, dass der Wärmeverlust auch ohne erhebliche Veränderung in der Wärmegenerierung erhöht ist, was zu einer subnormalen Temperatur führt.

Es gibt eine ganze Reihe physiologischer Temperaturschwankungen, wie etwa die zirkadianen maximalen und minimalen Veränderungen. Letztere stehen für die Ebbe des Lebens zwischen zwei und vier Uhr morgens, erstere für die Aktivitätsperiode während des Tages. Diese und die anderen, schon erwähnten Zustände müssen durch Ausschluss aus den pathologischen Veränderungen eliminiert werden. Variationen, die sich nicht auf so einer physiologischen Grundlage erklären lassen, sind als pathologisch zu betrachten. Man hat verschiedene Stufen pathologischer Temperatur aufgezeichnet, wie Kollaps, subnormale, normale, schwach fiebrige, fiebrige und hyperpyretische Temperatur. Was den Gefahrenpunkt anbelangt: Er ist nicht nur abhängig vom Temperaturanstieg, sondern auch vom Stadium des pathologischen Zustandes bzw. der Erkrankung sowie von deren Dauer. Wir befassen uns hier nicht mit den verschiedenen Typen von Fieber, weil diese von der Differenzialdiagnose abhängen.

Ein Temperaturanstieg stellt – das dürfte aus dem Gesagten klar geworden sein – kein Fieber dar. Wärmegenerierung im Körperorganismus beruht nicht allein auf einer Zunahme der Gewebeveränderungen. Die Zunahme an Wärme kann auch aufgrund von Kohlehydratoxidation bedingt sein. Aus physiologischer Sicht kann ein Temperaturanstieg erfolgt sein, ohne dass die Exkretionen, die einen verstärkten Gewebestoffwechsel darstellen, zugenommen haben. Gestiegene Temperatur allein zeigt also noch kein Fieber an. Der eigentliche Indikator ist vielmehr die Modifikation des Wärmesteuerungsmechanismus.

Zu den Phänomenen, die Fieber zugrunde liegen, gehört in erster Linie der Abbau von Gewebe. Sogar dann, wenn das Fieber nicht hoch oder lang anhaltend ist, kommt es zu einem großen Gewebeschwund, wozu auch Blutveränderungen gehören, die zu einer Störung der Gewebeaktivität führen, sowie Flüssigkeitsschwund, der sich z. B. in Durst und dürftigem Urin äußert. Ein weiteres Symptom von Fieber ist die gesteigerte Pulsfrequenz, verursacht durch den Temperaturanstieg und andere Veränderungen. Bei manchen Fieberzuständen wie etwa meningealem Fieber ist der Pulsschlag nicht erhöht. Die beschleunigte Pulsfrequenz lässt sich nicht vollständig mit der Zunahme der arteriellen Spannung und der verstärkten Frequenz des Blutflusses erklären. In der Anfangsphase des fiebrigen Zustands ist für gewöhnlich ein heftiger, starker Puls bei großer arterieller Spannung feststellbar. Später tritt dann meist eine Entspannung ein, der Puls wird schwach mit geringem Druck. Zu diesem Zeitpunkt ist der Pulsschlag schnell, der rasche Herzschlag drückt das Blut in die Arterien, ohne bei jedem Schlag die Kammer zu leeren, wodurch sich die Blutzufuhr verringert, obgleich Herz- und Pulsfrequenz erhöht sind. Diese geschwächte Herztätigkeit kann mit der erhöhten Temperatur erklärt werden, die in der Erzeugung von Gewebeabfall resultiert. Gleiche oder ähnliche degenerative Veränderungen finden in der Leber und in den Nieren statt, was zu einem geschwächten Rhythmus dieser Organe führt. Der verstärkte Herzschlag wird begleitet von einer verstärkten Respirationstätigkeit, bedingt aufgrund der engen Korrelation von Herz und Lungen im Kontext der großen rhythmischen Regulationszentren im Gehirn. Der pyrektische Befund des Blutes vermag direkt auf die respiratorischen Zentren zu wirken, oder aber die toxischen Elemente im Blut rufen den gleichen irritierenden Effekt hervor.

Es ergeben sich Reaktionen in den Organen:

1. Entzündung – Nephritis;

2. Stauung – wie die verhärtete Leber;

3. toxische – bezogen auf das Gehirn und die Ausscheidungsorgane.

Besonders beachten sollte man die zerebralen Phänomene. Neuronale Erregung und deliriöse Zustände weisen nämlich oft auf die Existenz von Reizzuständen hin. Dass dies nicht ausschließlich auf einem Temperaturanstieg zurückzuführen ist, sieht man schon daran, dass in bestimmten Fieberzuständen bereits eine Temperatur von 39,4 Grad Celsius mit mentaler Störung oder komatösen Zuständen einhergeht, während eine Temperatur von 40,5 Grad Celsius oder 41,1 Grad Celsius diese Zustände zuweilen nicht hervorruft. Bestehen solche Zustände, sind sie gekennzeichnet von Benommenheit und mehr oder weniger auch von Erschöpfung und mentaler Trägheit wie bei Typhusfieber. Teils ist das bedingt durch die Wirkung der erhöhten Temperatur auf die großen Nervenzentren im Gehirn, teils aber auch durch die sedierende Wirkung im System verbliebener, in die Gehirnzirkulation gelangter toxischer Elemente auf diese Zentren. Bei einigen Fieberarten wie etwa Scharlachfieber ist das Gegenteil zu beobachten, das heißt: Die Nervenzentren sind exzessiv stimuliert, was zu einem starken Herz- und Pulsschlag, rhythmischen muskulären Kontraktionen und gefährlichen Delirium-Formen führt. In der Mehrzahl der Fälle ist die Temperatur sehr hoch und die Haut gerötet. Sobald die Gehirnzentren erschöpft sind, neigt der Patient dazu komatös zu werden. Diesem Koma können sogar Gehirnspasmen vorausgehen. Bedingt ist das zweifellos durch ein toxisches Element, das in Kombination mit der gestiegenen Temperatur die Wärmeregulation sowie jene Funktionen stört, die speziell mit dem thermotaktischen Mechanismus verbunden sind.

Es wird klar sein, dass Fieber nicht lediglich eine erhöhte Temperatur darstellt, sondern ein systemisches Geschehen repräsentiert, erkennbar am Temperaturanstieg, an der Zunahme der kardialen und der arteriellen Pulsaktivität, an einem verstärkten katabolischen Gewebestoffwechsel sowie an einer aus der Ordnung geratenen Sekretion. Alle diese Zeichen oder Symptome hängen von der Unordnung des Wärmeregulationsmechanismus und anderer funktionaler Zentren des Körperprozesses ab, die durch entzündliche, traumatische oder septische Zustände bzw. die Produkte solcher Zustände hervorgerufen werden. Auf welche Weise auch immer ins Blut gelangte septische oder toxische Stoffe sind die Hauptursachen von Fieberzuständen. Bei der statischen Verzögerung des Blutflusses geht das dynamische Prinzip verloren – mit dem Ergebnis, dass das Blut devitalisiert und toxisch wird. Solch ein statischer Zustand als Ergebnis einer Verletzung, einer mechanischen Läsion oder einer Störung der vasomotorischen Einflüsse, die den Blutfluss regulieren, kann jeweils teilweise oder vollständig sein. Handelt es sich um eine leichte Form, mag die Vitalität noch ausreichen, um ihn zu überwinden, sodass sich kein Fieber entwickeln wird. Genügt die Störung jedoch, um die Funktion derart zu verändern, dass es zu einer Stase kommt oder auf reflektorischem Weg die kardialen, respiratorischen, sekretorischen oder metabolischen Funktionen verändert werden, dann gelangen Toxine ins Blut und durch den Blutkreislauf in die Gehirnzentren. Der Blutdruck verändert sich in der Folge und die Blutverteilung gerät durcheinander, sodass die Gefäße an der Oberfläche bzw. die kleineren Gefäße aufgrund ihrer Dilatation ein größeres Quantum erhalten als normal. Die Dilatation dieser Oberflächengefäße impliziert einen inhibierenden Einfluss auf die kontraktile Funktion, sodass die elastische Tendenz der Fasern in diesen Oberflächengefäßen von der Tendenz zu dilatieren überwältigt wird, was zu einer Hyperämie an der Oberfläche führt. Daraus entstehen eine lokale Stauung und ein Verlust an Vasotonizität, und diese Zustände beeinflussen ihrerseits die gesamte Zirkulation, das Nervensystem und die davon abhängigen Funktionen. Das Ausmaß dieser Störungen wird dann abhängig von der Differenzialdiagnose der verschiedenen Fiebertypen bestimmt.

Ist Temperaturanstieg physiologisch oder pathologisch? Ich glaube, er ist physiologisch. Leben bezeichnet den Kampf um Existenz. Wird der Körper durch Erkrankung, Trauma usf. in Erregung versetzt, gerät der normale Wärmeregulationsmechanismus in Unordnung – und zwar durch den Versuch, toxische Stoffe auszuscheiden. Während der normalen Gesundheit hält dieser thermotaktische Mechanismus die Körpertemperatur innerhalb normaler Grenzen, weil der menschliche Körper ein selbstregulierender Mechanismus ist. Sobald jedoch Toxine das Körpergleichgewicht zu stören beginnen, versucht der Körper, sich selbst auf dem höchstmöglichen Standard zu halten. Mithin kommt es von der physiologischen Seite her zu einer Zunahme des Stoffwechsels. Ein Beweis für diesen Vorgang ist die Tatsache, dass man den Körper unter bestimmten Umständen an diese verstärkte Stoffwechselaktivität und die entsprechend erhöhte Temperatur anpassen und es ihm somit ermöglichen kann, die Erkrankung innerhalb der Grenzen der eigenen Körpervitalität zu bekämpfen.

Die Temperatur kann pathologisch werden; eine exzessive Temperatur führt zu Wärmestarre. Todesursachen sind in diesem Fall die Koagulation der Muskelsubstanz und die exzessive Verstärkung des Stoffwechsels bis zum Punkt der Zerstörung, erkennbar an beschleunigtem Herzschlag, Dyspnoe und an den rapiden Veränderungen im Nervengewebe des Gehirns, die zu Koma, Bewusstseinsverlust sowie zum Verlust der Kontrolle über die Körperfunktionen im Allgemeinen führen. Unmittelbar nach der thermogenen Muskelstarre kann jede der z. B. im Blut oder am Herzen hervorgerufenen pathologischen Veränderungen zur Todesursache werden.

Ist Fieber physiologisch oder pathologisch? Es ist pathologisch, weil es die Summe einer Reihe von Zuständen darstellt, die erhöhte Temperatur, verstärkte Gewebedesintegration, beschleunigte Herztätigkeit oder verstärkte arterielle und sekretorische Aktivität mit einschließen. Miteinander kombiniert bilden sie jene Kräfte-Summe, die der Integrität des Lebens und der vitalen Körperprozesse entgegenwirkt.

Im Lichte der Entdeckung thermogener und thermolytischer Zentren erscheint Fieber als eine pathologische Folge einer Reihe primärer und sekundärer Ursachen. Dazu gehören als primäre Ursachen die Läsion, das Trauma, die Behinderung usf. und als sekundäre Ursachen aktive Bakterien und deren Produkte, wobei die giftige Substanz die Zentren zu vermehrter Aktivität stimuliert. Die Ergebnisse sind u. a. erhöhte Temperatur, beschleunigter Herzschlag, beschleunigte Atmung, beschleunigter Stoffwechsel. Experimente konnten zeigen, dass bakterielle Produkte künstlich Fieber erzeugen, wenn Gehirn und Rückenmark intakt bleiben. Ist dagegen das Gehirn durch Abtrennung abgeschnitten, findet eine derartige künstliche Produktion nicht statt. Bei künstlich hervorgerufenem Fieber zeigt sich sogar dann eine markante Erhöhung des respiratorischen Austausches von Sauerstoff und Kohlendioxid, wenn Anstrengungen unternommen werden, die Temperatur zu kontrollieren. Dies scheint zu beweisen, dass verstärkte Stoffwechselaktivität eines der Hauptphänomene bei Fieberzuständen darstellt.

Offenbar ist nicht erhöhte Temperatur, sondern eher ein verstärkter Stoffwechsel Primärursache bei pathologischem Fieber, wobei es offensichtlich um einen Versuch des Wärmeregulationsmechanismus handelt, sich selbst zu schützen. Die Zunahme an Wärme entsteht dabei eher als ein Heilmittel, um die Bakterien oder ihre Produkte zu zerstören. Die günstigste Temperatur für die Keimentwicklung liegt etwas oberhalb der Körpertemperatur, bei 37,5 Grad Celsius. Das Wachstum von Diphtherie- und Typhusfieberbazillen verzögert sich, sobald die Temperatur 38 Grad Celsius übersteigt. Im Typhusfieberkeim ist bei dieser Temperatur die Fermentation von Zuckersubstanzen unmöglich. Der Wundrosenkeim kann durch den Einfluss einer Wärme von mehr als 39,4 Grad Celsius zerstört werden. Pneumokokken schwächt eine Temperatur von 41 Grad Celsius. In diesen Fällen ist die Temperaturerhöhung physiologisch bzw. die Natur versucht, sich gegen die Keimwirkung zu immunisieren.

Klemperer zufolge dient die erhöhte Temperatur aber noch einem anderen Zweck. Die Produkte der Bakterien oder der bakteriellen Aktivität haben auf die Gewebe einen immunisierenden Einfluss, der sich bei einer Temperatur von 40,5 Grad Celsius verstärkt. In einer Reihe von Experimenten wurde das Serum von Tieren, die man durch künstliche Mittel immunisiert hatte, anderen Tieren mit einer Temperatur von 41 Grad Celsius injiziert mit dem Ergebnis, dass die Temperatur innerhalb von 24 Stunden auf 37,5 Grad Celsius sank. Demzufolge stellt die Pneumoniekrise jenen Zeitpunkt dar, an dem sich die von den Pneumokokken produzierten Toxine in solchen Mengen im Blutkreislauf befinden, dass sie in den Geweben Reaktionsprozesse auslösen, die ihrerseits genug antitoxische Stoffe erzeugen, um der Aktivität der Giftsubstanzen entgegenwirken zu können. Das Pneumotoxin oder das bakterielle Produkt ist die Ursache der Erkrankung und erzeugt die erhöhte Temperatur. Das Antitoxin in Form einer in den Zellen gebildeten Proteinverbindung löst die Gegenwirkung gegen die Erkrankung und die Reaktion zugunsten der Zerstörung der Pneumokokken aus. Dies zeigt, wie mir scheint, sehr deutlich, dass es möglich ist, durch reaktive, in den Gewebezellen – seien es nun Leukozyten oder tatsächliche Gewebezellen – bewirkte Veränderungen Immunität im Körpergewebe aufzubauen. In diesem Existenzkampf zwischen Bazillen und Gewebezellen wird die Produktion reaktiver Veränderungen, dank derer die Gewebezellen Proteine generieren, die wiederum die bakteriellen Gifte zerstören können, offenbar entscheidend von der Temperatur beeinflusst. In diesen pathologischen Zuständen scheinen sich im Blutplasma bestimmte Substanzen zu befinden, welche die Bakterien bei Kontakt lethargisch machen und in Verbindung mit den Produkten der Bakterien die von den Bazillen hervorgebrachten giftigen Substanzen neutralisieren.

Gelingt es der osteopathischen Behandlung, diese Aktivitäten durch das Nervensystem und das Blut zu stimulieren, während die erhöhte Temperatur ihre Rolle im Heilungsprozess der Natur spielt, haben wir gewiss ein mächtiges therapeutisches Mittel, um Fieberzuständen zu begegnen. Bei Fieber besteht die wahre osteopathische Therapie in dem Versuch, die normale regulierende Funktion des thermotaktischen Mechanismus durch das Gehirn und die spinalen Zentren sowie über die Blutzufuhr und die Zirkulation wiederherzustellen. Sofern unsere Feststellungen physiologisch korrekt sind, ist die Behandlung im zervikalen Bereich zum Zwecke der Temperatursenkung die geeignete Vorgehensweise, wenn wir es lediglich mit erhöhter Temperatur zu tun haben. Handelt es sich dagegen um Fieber, ist diese Methode kontraindiziert – es sei denn, sie dient nur als Hilfsmittel, um bei der Regulierung der Vasomotion zu unterstützen oder die Temperatur unter dem Gefahrenpunkt zu halten. Die Wärmezentren befinden sich im zervikalen Bereich und in der Medulla sowie in den basalen Anteilen des Gehirns. Der Versuch, sie direkt zu beeinflussen, hieße einen symptomatisch behandeln, während die Ursache – die jeweils vom Fiebertyp abhängt – unberührt bleibt.

Aus therapeutischer Sicht muss die Behandlung folgendermaßen aussehen: Beseitigung der Ursache oder der Ursachen sowie Erleichterung und Rückführung des Fiebers in kontrollierbare Grenzen durch Regulation von Temperatur, Vasomotion, Zirkulation usf. Die Praxis der Medizin und der Osteopathie neigen dazu, sich lediglich mit Letzterem zu befassen. Zu den alten Praktiken der Medizin gehörte es, den Aderlass anzuwenden, um die Temperatur zu senken. Später nahm man dann zu purgativen, diaphoretischen und diuretischen Mitteln Zuflucht, um den vermehrten Abfall zu entfernen und die freie Gewebetätigkeit zu unterstützen – vor allem die der Haut- und Oberflächengewebe bei der Perspiration. Man führte Kaltwasseranwendungen durch, indem man den Patienten mehrmals in ein kaltes Bad setzte, um dem Körper Wärme zu nehmen und dadurch die Temperatur zu senken. Manche haben Alkoholkonsum mit der Absicht angeordnet, die Wärmeabstrahlung vom Körper zu fördern. Andere wieder haben die Perspiration stimuliert, um die Schweißmenge zu erhöhen und auf diese Weise Wärme durch Verdampfung abzutransportieren.

Bei der Wirkung fiebersenkender Medikamente stellen wir Variationen fest. Chinin verwendete man in großen Dosen, um die fiebrige Temperatur zu blockieren. Es beeinflusst direkt die wärmeproduzierenden Gewebe. Eisenhut wurde benutzt, um die Fiebertemperatur durch seine sedierende Wirkung auf die Zirkulation zu blockieren und auf diese Weise dem Fieber entgegenzuwirken. Eisenhut nützt aber nichts und erweist sich in Fällen wie Pneumonie, bei der eine Krise zu erwarten ist, sogar als kontraindiziert, weil er dem, was die medikamentöse Behandlungsmethode hauptsächlich bezweckt – nämlich Aufrechterhaltung der Konstitution und Unterstützung der physischen Kraft, bis die Krise sich nähert – entgegenwirkt. Die therapeutische Wirkung von Eisenhut soll direkt auf die Herzmuskulatur zielen, wobei der Blutdruck gesenkt wird, und auf die Atemmuskulatur, was die Atmungsaktivität vermindert. Man nimmt auch an, dass es bei Verabreichung von Eisenhut aufgrund der mit dem größeren Blutangebot in den entspannten Kapillaren zusammenhängenden verstärkten Wärmeabstrahlung zu einem Temperaturrückgang kommt, wozu auch Verdampfung bei der Dilatation der Kapillaren im Bereich der Schweißdrüsen beiträgt.

Aus osteopathischer Sicht haben wir es beim Behandeln von Fieber mit dem Leben zu tun, zu dem der Existenzkampf und die vitalen Prozesse gehören. Bei einer Temperaturerhöhung kommt es zu einem schnellen Auf brauch von Gewebesubstanz. Dies beeinträchtigt das Gleichgewicht der Funktionen – und nahezu alles, Erkrankung, Gift, Stagnation des Bluts usf., kann dann eine Störung auslösen. Diese Störung wird durch das Nervensystem zu den Gehirnzentren kommuniziert. Alle vitalen Zentren befinden sich nahe beieinander und in vitaler Verbindung miteinander. Sobald das ihr Gleichgewicht aufgrund von Toxinen im Blut kippt, werden diese Zentren irritiert, die Phänomene des Herzens, des Pulses, der Atmung usf. folgen. Wie sollen wir diesen Befund richtig stellen? Suchen Sie nach der primären Ursache, sie lässt sich durch Differenzieren der Fiebertypen bestimmen. Begrenzen Sie und versuchen Sie, die Produktion der toxischen Elemente zu blockieren, die das Blut vergiften und die anomale Tätigkeit der vitalen Zentren verursachen. Stellen Sie die normalen Ernährungszustände dieses lokalen Bereichs wieder her, indem Sie die Knochen-, Muskel-, Nerven- und Blutzustände anpassen, die zur angemessenen Ernährung des betroffenen Bereichs beitragen. Halten Sie die beständige Zirkulation reinen Blutes aufrecht, wobei es nicht nur um das arterielle, sondern auch um das venöse Blut geht. Denn wenn das venöse Blut rein und normal ist, wird darin z. B. kein Diphtheriebazillus gedeihen. Die spezielle Anwendung dieser allgemeinen Aspekte auf die einzelnen Fiebertypen ist leicht, sobald man eine physische Diagnose der Fieberursache erstellt hat.

Wir schlussfolgern, dass eine fiebrige Temperatur physiologisch bedingt ist. Hinter dieser Fiebertemperatur finden wir eine Kette von Zuständen: Irritation der Nervenzentren, toxische Elemente, Blutstauung, Bakterien, Traumata oder Läsionen. Beim Versuch, diese fiebrige Störung, die stets mehr oder weniger weit über den gesamten Organismus verbreitet ist, zu behandeln, müssen wir die Läsionen beseitigen, die Traumata heilen, die Bakterien töten, ihren Produkten entgegenwirken und auf diese Weise das Element des Missklangs eliminieren, das in die Nervenökonomie des Friedens, der Koordination und der Harmonie eingebrochen ist.

Wärme wird durch chemisch-physikalische Dynamiken hervorgerufen, die absolut essenziell für die Aufrechterhaltung der normalen Körpertemperatur sind. Wenn die Temperatur

1. unter den Standard fällt, der durch die Balance zwischen Wärmeproduktion und Wärmeverlust im Körper aufrechterhalten wird, lassen die chemisch-physikalischen Veränderungen so stark nach, dass die Anpassung gestört und das Leben in der Balance blockiert ist.

2. den Normalzustand überschreitet, finden die chemisch-physikalischen Veränderungen in einem solchen Tempo statt, dass die Balance der Anpassung ebenfalls gestört wird und die Gewebe, um mit der raschen Wärmeproduktion Schritt halten zu können, schneller zerstört als wiederhergestellt werden. Auch hier ist das Leben in Gefahr. Der Todesprozess verläuft in diesem Fall schneller als der Lebensprozess. Fieber besteht also in einer Erhöhung der Temperatur, begleitet von

a. einer Störung in der funktionellen Ökonomie sowie

b. einem verstärkten Gewebeverbrauch und den daraus folgenden morbiden Veränderungen.

Die Erhöhung der Temperatur wird wahrscheinlich immer durch die Reaktion des Vegetativen Nervensystems auf die Wärmezentren in der Medulla hervorgerufen. Dass das Vegetative Nervensystem beteiligt ist, wird evident aus den begleitenden Symptomen wie Schüttelfrost, Erbrechen und beschleunigte Herztätigkeit – also Reaktionen der Medulla, des Wärmezentrums, des Brechzentrums und des vasomotorischen Zentrums, die aufgrund ihrer engen Wechselbeziehungen untereinander alle von der Störung betroffen sind.

Fiebrige Erkrankungen sind primär Ausdruck von Giftproduktionen. Diese Gifte verursachen aufgrund der Zirkulation in der Medulla eine Störung des Gleichgewichts der vitalen Zentren, was wiederum folgende Effekte hat:

1. Als Reaktion der Wärmezentren auf die Gifte kommt es zu einem Temperaturabfall.

2. Schüttelfrost tritt ein. Dieser explosive Zustand offenbart den misslungenen Versuch des Wärmezentrums, seine Balance wiederherzustellen.

3. Es folgt eine Erhöhung der Temperatur, weil das Wärmezentrum seine Balance nicht wiedererlangen kann und das Sympathische Nervensystem unkontrolliert eine Beschleunigung der Verbrennungsprozesse verursacht.

4. Dabei werden das Brechzentrum und das vasomotorische Zentrum durch die toxischen Zustände gestört, die Erregung der Vasomotion führt zu einer Vasokonstriktion im gesamten Körper. Das Blut wird aus den Kapillaren in die größeren Gefäße getrieben, wodurch die Kapillaren konstringiert und blutleer zurückbleiben. Das Ergebnis ist ein peripheres Frösteln bzw. entsprechende Kälte.

5. Die Reaktion auf die periphere Konstriktion schlägt sich in einer verstärkten Herztätigkeit nieder. Das Herz muss stärker arbeiten, um das Blut durch die konstringierten Gefäße zu treiben, wobei die Kapillaren bereits voll von Blut unter kapillarer Spannung sind. Bei dem Versuch, mehr Arbeit zu leisten, schlägt das Herz rascher. Der Gewebezerfall geht mit einer stärkeren Verbrennung einher, das heißt mit dem Vorhandensein einer erhöhten Produktions-oder Zerstörungsaktivität im Blut.

6. Der Andrang des Blutes mit diesen angesammelten Produkten verursacht Delirium und Degeneration der Organe.

Diese Kette zu durchbrechen, ist nun Aufgabe der Fieberbehandlung. Der Hauptaspekt besteht darin, die Sperre zwischen der konstringierten Peripherie, dem überarbeiteten Herzen und der dysbalancierten Kontrolle der medullären Zentren zu brechen. Um dies zu erreichen,

1. verwendet der Chirurg seine Lanzette, mit der er aus dem venösen Bereich genug Blut entfernt, um die Zirkulation durch die Kapillaren zu veranlassen und auf diese Weise eine periphere Dilatation aufzubauen.

2. Der Arzt verwendet sein Aconitum, um die vasomotorischen Zentren – die Medulla – herunterzufahren, in der Erwartung, dass nach der Entfernung der Konstriktionssperre eine periphere Dilatation erfolgen und dadurch das Blut dem überarbeiteten Herz und dem irritierten Gehirn entzogen wird.

3. Der Hydrotherapeut verwendet Wärme, um eine Dilatation des peripheren Blutsystems herbeizuführen und so den Wärmeüberschuss aus dem Körper abzuleiten und ein ausbalanciertes Gleichgewicht zwischen Herz, Vasomotion und Wärmeproduktion aufzubauen.

4. Der Osteopath sorgt für Anpassung, indem er die irritierende(n) Ursache(n) der Toxinproduktion und -distribution korrigiert und auf diese Weise die normalen physischen und chemischen Veränderungen, die normale Blutzirkulation und die Balance zwischen dem zentralen und dem peripheren Herz (also dem eigentlichen Herzen und den Kapillaren) ermöglicht. Wie dabei im Einzelfall vorgegangen werden muss, hängt von der Läsion ab, die die primäre Störung verursacht hat.

Fieber muss von fiebriger Temperatur unterschieden werden. Im letzteren Fall handelt es sich einfach um eine anomale Temperaturerhöhung, die auf eine irritierende Ursache zurückgeht. Diese irritierende Ursache kann z. B. mit einer Störung des Magens verbunden sein oder mit einer Läsion, die das Nervensystem betrifft.

Fieber geht im Unterschied zu Temperatur aus vier verschiedenen Zuständen hervor, die gleichzeitig bestehen und zusammenwirken, um den fiebrigen Zustand hervorzurufen:

1. Eine Erhöhung der Temperatur. Die normale Temperatur liegt bei etwa 37 Grad Celsius mit einer Abweichung von rund einem halben Grad nach oben oder unten, sodass also 36,5 und 37,5 Grad Celsius durchaus noch normal sind.

2. Die Reaktion einer oder mehrerer Funktionen als Antwort auf die Temperaturerhöhung oder auf eine Irritation, die durch eine temperaturerhöhende Läsion verursacht wurde. Beispiele wären hier Störungen des Magens aufgrund einer Temperaturerhöhung oder Störungen der Nieren bzw. Lungen als Reaktion – wobei die zwei Letzteren eine funktionelle Reaktion seitens des exkretorischen Systems darstellen. Dies ist ein Grund, weshalb Pneumonie so fatal ist, sobald sie sich als pneumonischer Prozess aufgebaut hat, denn dann werden die Absonderungen auf diesem Weg ausgestoßen und belasten die Lungen. Die osteopathische Behandlung von Pneumonie zielt auf das vasomotorische System, um die Lungen zu veranlassen, diese Exkretionen durch die Zirkulation zu eliminieren. Gelingt dies nicht, wird der Patient aufgrund toxischer Absorption sterben.

3. Malnutrition. Hier kommt es zu einer Desorganisation der Ernährung des Körpers. Verdauung, Stoffwechsel und Assimilation werden von ihrer normalen Kooperation getrennt, woraus Störungen und bisweilen auch ein funktioneller Stillstand in allen Ernährungsprozessen folgen.

4. Das daraus resultierende Durcheinander äußert sich durch Heranbilden einer strukturellen Veränderung in einem oder mehreren Körpergeweben aufgrund oder mittels eines degenerativen Prozesses. Das ist die so genannte morbide Veränderung der Anatomie. Erinnern Sie sich beim Definieren oder Beschreiben eines Fiebers daran, dass alle vier eben aufgeführten Veränderungen Voraussetzung für das tatsächliche Existieren von Fieber sind.

Fiebrige Temperatur (Nr. 1) ist ein physiologischer Prozess, in dem der Körper versucht, durch Mehrproduktion oder Akkumulation von Wärme einige Abfallelemente in den Geweben zu zerstören.

Fieber ist auch ein physiologischer Prozess (Nr. 1 und 2) bis zu dem Moment, an dem wir Strukturveränderungen vorfinden (ab Punkt 3). Ab hier liegt ein pathologischer Prozess vor.

Aus dieser Sicht von Fieber ergibt sich, dass die übliche Behandlungsmethode, also das Senken der Temperatur, falsch ist, denn einen stattfindenden physiologischer Prozess sollte man niemals stoppen. Der Temperaturanstieg hat einen bestimmten Zweck, nämlich die Zerstörung von Abfallstoffen. Die osteopathische Behandlung des Fiebers ist aus der physiologischen Perspektive wissenschaftlich.

Sie besteht aus:

1. Negativ: Senken Sie die Temperatur nicht, solange nicht die Gefahr besteht, dass der Patient kollabiert. Das wurde bereits unter dem allgemeinen Thema Fieber erörtert.

2. Positiv: Beseitigen Sie den Befund, der den Temperaturanstieg bewirkt. Das heißt, führen Sie einen oder beide der folgenden Schritte durch:

a. Beseitigung von Abraum bzw. Abfall aus dem System.

b. Beseitigung irritierender Ursachen in Form von Läsionen, die sie höchstwahrscheinlich alle im vasomotorischen Bereich vorfinden werden.

3. Bedroht der Temperaturanstieg das organische Leben (Anhaltspunkt sind hier Anzeichen für einen Kollaps beim Patienten), senken Sie die Temperatur:

a. durch Ableiten der Wärme vom Körper. Wenden Sie zu diesem Zweck kalte Waschungen mit einem Schwamm, kalte Wickel oder ähnliche Hilfsmittel an.19

b. durch irgendeine Form von Abdunstung. Bringen Sie den Patienten durch ein warmes Bad zum Schwitzen und dann mittels Absorption zum Abdunsten (oder verabreichen Sie ein Dampfbad) – oder

c. durch Stimulation der Schweißabsonderung mittels osteopathischer Behandlung.

d. Verwenden Sie kein Herzsedativum als Medizin oder Behandlungsform, denn durch das Herunterfahren der Herzaktivität wird verhindert, dass das Herz die Wärme über das Blut zerstreuen kann. Stattdessen wird die Wärme im Körper gehalten.

Durch temperatursenkende Medikamente, so genannte Antipyretika, wird versucht, die Temperatur auf eine der folgenden zwei Arten unter Kontrolle zu bekommen:

1. durch Stoppen der Wärmeproduktion bzw. durch Blockade dieses Prozesses;

2. durch Verlangsamen der Herzaktivität.

Beide Methoden – ob nun einzeln oder zusammen angewendet – sind schädlich, weil

1. beim Stoppen der Wärmeproduktion die Abfallelemente noch im System gehalten werden,

2. beim Verlangsamen der Herztätigkeit auch die gesamte systemische Zirkulation ‚herunterfährt‘ und das Herz so geschwächt wird, dass der Patient letztlich nicht an einer Fiebererkrankung, sondern an Herzversagen stirbt – weil er einfach nicht vital genug ist, um das Absenken der Herzaktivität zu überstehen. Die lebensnotwendige Widerstandskraft ist gering.

Das zweite Fieber-Stadium besteht in der Reaktion auf eine Funktion, wodurch diese nachlässt oder ganz versagt. So findet etwa bei Typhusfieber eine Reaktion auf die Zellen der Peyer-Drüsen im Darm statt, was zu einer Beeinträchtigung der Darmfunktion führt. Das zeigt sich z. B. in ständiger Verstopfung oder in ständiger Diarrhö.

Bei zerebralem Fieber betrifft die Reaktion die Gehirnzellen, sodass diese ihre Funktion bis zum Kontrollverlust verlieren, was sich entweder im Gehirn selbst oder auf Funktionen außerhalb des Gehirns auswirkt.

Bei Malariafieber betrifft die Reaktion das Blut als Gewebe:

1. Im Plasma versucht der wässrige Anteil des Blutes, dessen vitalen Anteil zu schützen.

2. Die roten Blutkörperchen zerfallen, weil sie in sich selbst keine Vitalität besitzen.

3. Gelegentlich, bei der so genannten perniziösen Malaria, betrifft die Reaktion die weißen Blutkörperchen, sodass auch diese zerfallen.

Das berühmte Antipyretikum bei Malariafieber ist hochdosiertes Chinin, weil es eine Affinität zu den roten Blutkörperchen aufweist. Malariafieber wird von einem kleinen Parasiten verursacht, der ins Blut gelangt und sich so eng an die roten Blutkörperchen heftet, dass diese zerbrechlich werden oder tatsächlich zerbrechen. Chinin wirkt auf die roten Blutkörperchen in gleicher Weise wie dieser Parasit, das heißt, es zersetzt das Blut. Deswegen macht sein übermäßiger Gebrauch die Menschen blass und farblos. Dabei wird ein Zustand hervorgerufen wie bei Rheumatismus, bei welcher die zerstörten roten Blutkörperchen als fließende Substanz im Blut verbleiben. Das Ohr leidet aufgrund seiner Empfindlichkeit, wobei Ohrgeräusche durch die Veränderung des Blutdrucks verursacht werden.

Das Fieber, insbesondere die Reaktion, die sich aus der erhöhten Temperatur ergibt, müssen wir folgendermaßen behandeln:

1. Sehr starkes Ableiten oder Ausdampfen der Wärme aus dem Körper. Einzig bei Fällen mit (organischen) Herzproblemen ist diese Methode kontraindiziert. Im Normalfall wenden Sie die Kältepackung an, die hier den besten Erfolg bringt. Ist das Herz betroffen, verwenden Sie den kalten Schwamm. Bei sehr schwachem Herzen wenden Sie das lauwarme Schwammbad an.

2. Versuchen Sie, die durch Reaktion (z. B. auf die Hitze) gestörte Funktion zu regulieren. Dies erreicht man vor allem durch Behandlung der Wirbelsäule an dem Punkt, der mit der betroffenen Funktion korrespondiert. So besteht z. B. bei Typhusfieber ein lokaler vasomotorischer Befund im unteren thorakalen Bereich; Appendizitis ist ein lokaler vasomotorischer und sekretorischer Befund in Höhe L1–L3. Passen Sie in diesen Fällen die irritierenden Läsionen an. Bei Appendizitis sind insbesondere zwei Teile der Wirbelsäule betroffen, nämlich L1–L3 und die unteren Brustwirbel. Werden die Läsionen in diesen Bereichen angepasst, bleibt die Appendizitis ein entzündlicher Prozess und geht nicht in das Eiterstadium über. Dies bedeutet: Wir behandeln ein Akutgeschehen und die Läsionen sind wahrscheinlich muskulär. Die Behandlung zielt darauf, den Stauungsprozess aufzuhalten oder zu überwinden. In einigen Fällen von Appendizitis ist die Entzündung toxisch. Die Ursache der Toxämie besteht in abgesondertem Material, das vom Darm ausgestoßen wird. In diesem Fall müssen wir den Befund von der toxämischen Seite her behandeln, nämlich:

a. die toxische Ursache beseitigen,

b. verhindern, dass die Vergiftung das Peritoneum angreift und so eine Peritonitis erzeugt.

Dies bedingt die folgenden, sehr schmerzhaften Blinddarmzustände:

1. Schmerzen im gesamten Abdomen bzw. zumindest auf der rechten Seite des Abdomens.

2. Wird die toxämische Substanz durch die Absorption der toxischen Stoffe abtransportiert, kommt es in dem mit toxischem Material gefüllten Appendix zu einer Vereiterung. Hier lokalisiert sich der Schmerz und es entwickelt sich

3. ein typischer Abszess.

Dementsprechend entsteht Appendizitis in den meisten Fällen:

1. aus einem anomalen Fermentationsprozess, der im Darm selbst stattfindet. Das ist der Grund, weshalb sie sich durch osteopathische Behandlung so leicht kontrollieren lässt, denn wir können den Fermentationsprozess zerstören und so die Entwicklung einer Appendizitis unmöglich machen. In diesem Fall findet man die Läsionen im lumbalen Bereich und die Zustände werden durch das vasomotorische System im Bereich L1–L2 kontrolliert.

2. Beim anderen Appendizitis-Typ stellen wir eine Verstopfungstendenz fest, die zur Folge hat, dass die flüssigen Inhalte des aufsteigenden Kolons durch die Darmwand absorbiert werden. Bei der Absorption gelangen diese Inhalte – es sind die toxischen Substanzen – aufgrund der Schwerkraft in den rechten bzw. ileozökalen Bereich des Abdomen um den Appendix. Hier stellen wir

a. eine toxämische Peritonitis fest, die eine

b. toxämische Appendizitis zur Folge hat.

Die Behandlung muss in diesem Fall auf den unteren thorakalen und den oberen lumbalen Bereich (Th9–L3) ausgerichtet sein, um Kontrolle zu erreichen über

1. die Darmperistaltik und die Sekretion sowie über

2. die Blutzufuhr zum Darm und zum Peritoneum. Die Behandlung hängt vom Befund der Muskulatur ab. Bei einer starken Kontraktion wird sie hemmend sein, andernfalls stimulierend (artikulierend), um so die Vasokonstriktion zu erreichen. Das heißt: Wir behandeln die Appendizitis wie jede anderweitige Stauung. Dann folgt die Behandlung, die den Schmerz stoppt.

Appendizitis ist ein Befund, bei dem wir der Temperatur keinerlei Aufmerksamkeit schenken müssen. Je höher die Temperatur, umso besser für den Patienten, solange die Temperatur über den gesamten Körper verteilt ist. Die gefährliche Temperatur besteht bei einer sehr starken Entzündung (Peritonitis).

Über die osteopathische Behandlung hinaus ist die Anwendung von warmem Wasser oder Leinsamenbrei hilfreich, um eine Entspannung zu erreichen, die den Entzündungsprozess kontrolliert.

Osteopathische Diagnostik und Therapie

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