Читать книгу Drachenfliege - Jonas Kissel - Страница 11
3.3
ОглавлениеIn der kleinen Aufzugkabine stierte Brandon verwirrt vor sich hin. Was meinte Johannes damit, dass er für den Aufenthalt hier schon bezahlt hatte und nur noch nichts davon wusste? Sollte das etwa ein Witz sein? Dann überstieg der Humor des Besitzers dieses netten kleinen Hotels seinen Horizont. Vielleicht war ja alles, was ihm heute passierte, nur ein Witz.
Willkommen bei der Versteckten Kamera, Brandon Dott. Wir haben Ihr Kind getötet, Ihre Frau abgefüllt, Ihre Autobahn verlängert, eine Wahnvorstellung vor Ihren Wagen gejagt, Ihre Frau ins Krankenhaus gebracht und Sie selbst zwischen Skelettarmen in dieses Hotel gehetzt, dessen Aufzug Sie jetzt ohne spürbare Bewegung direkt in unser Studio bringt. Haha. Fehlte nur noch die nervige Show-Musik. Aber bis auf das leise Motorbrummen war der Aufzug ruhig. Mrrrmm.
Brandon übertönte das Geräusch mit einem Schnaufen. Seine Nasenflügel flatterten, als er sich in der engen Kabine umsah.
Zumindest das Hotel war ein Witz. Oder gab es irgendwen, dem rote Aufzugwände mit schwarzen Streifen gefielen? Nicht einmal geraden Streifen, sondern mehr Blütenstängeln. Mit genauso schwarzen Blüten alle paar Zentimeter. Wie der Schatten einer Pflanze. Einer Rose oder so etwas. Mit Blumen kannte Brandon sich nicht aus. Dafür dämmerte ihm, was Johannes gemeint hatte.
Bing!
Paul hatte seinen Aufenthalt schon im Voraus bezahlt, so einfach war das. Und da draußen hatte ihm seine Fantasie einen Streich gespielt, so einfach war das. Und dieser tunnelartige Raum sollte jetzt sein Zimmer sein, so einfach war das.
Vier Meter war er breit, vielleicht auch fünf. In Ordnung eigentlich, aber weil der Raum ziemlich lang war, wirkte er auch schmal. Außerdem schob sich schon nach den ersten beiden Metern ein Schrank in sein Blickfeld. Wenigstens bedeckte er die Tapete – das gleiche, scheußliche Muster wie die Aufzugwände, nur mit einer Täfelung bis knapp unter die Hüften. Hinter dem Schrank schaute Brandon auf die Rückenlehne eines Ledersofas. Modern, passte aber nicht in den Raum hier.
Er ging darauf zu, ohne dem Bild rechts neben dem Aufzug Beachtung zu schenken. Das Fenster über dem Bett am anderen Ende des Zimmers war ihm jetzt wichtiger. Er brauchte frische Luft.
Brandon schob sich durch den Meter zwischen Sofa und Wand, vorbei an dem Glastisch und dem zweiten Sofa und kniete sich auf das Bett. Es füllte die komplette Raumbreite aus. Wahrscheinlich doch nur vier Meter. Oder drei? Oder sollte hier eine komplette Familie schlafen?
Er schlüpfte aus seinen Schuhen und rutschte auf den Knien bis ans Kopfende, um das Fenster aufzumachen. Draußen raschelten die Äste in einem leichten Lüftchen. Vor seinem Fenster gab es also wirklich Wald. Wenn er die Hand hinausgestreckt hätte, wären ihm vielleicht ein paar Blätter zwischen die Finger geraten. Aber er probierte es lieber nicht aus. Bevor er (von) sich irgendwo (den Skelettarmen) verfing (gepackt wurde).
Brandon schnickte den Gedanken zur Seite und sah sich vom Bett aus nochmal um: Links war eine Tür, die er vorher übersehen hatte, weiter in der Mitte die Rückenlehne des zweiten Sofas, rechts der Schrank von der anderen Seite, ihm gegenüber noch eine Tür, dahinter das Bild. Ein Gemälde, wenn er es im Vorbeigehen richtig wahrgenommen hatte – blonde Frau. Er rutschte auf dem Po zurück und sprang vom Bett. Mal sehen, wen sie ihm da an die Wand gehängt hatten.