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3.1

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Paul stand immer noch in der offenen Tür und schaute ihn besorgt an. Die Stirn von seinem Pickelgesicht hatte er in Falten gelegt, die braun leuchtenden Augen waren etwas geweitet.

Brandon blickte verwirrt an sich hinab. Er war in die Hocke gegangen – erste Feststellung. Seine Hand lag auf dem N an der Tür zum Hotel – zweite Feststellung. Er musste sie unbewusst dahingelegt haben. Genauso, wie er – dritte Feststellung – die andere unbewusst am Boden hielt, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren.

„Sind Sie wirklich sicher, dass alles in Ordnung ist?“, fragte Paul zweifelnd.

„Äh, ja…“, stotterte Brandon und erhob sich. Er runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. „Ich hab lange nichts gegessen, das ist alles. Mir wurde plötzlich schwindelig.“ Aber das Problem war nicht, dass er zu wenig gegessen hatte. Und Brandon wusste es.

Paul allerdings nicht, also ging er an dem jungen Polizisten vorbei ins Inter.

„Das ist durchaus möglich“, seufzte die Stimme des Jungspunds hinter ihm, bevor die Tür wieder zuging, „Warten Sie hier, Brandon. Ich sehe nach, ob ich Johannes auftreiben kann. Ihm gehört dieses nette kleine Hotel.“

Nettes kleines Hotel, schon wieder.

Brandon stemmte die Hände in die Hüften und sah sich in der Eingangshalle um. Der Boden war gefliest – schwarz-weiß kariert – und die Wände mit einer hellen Tapete überzogen. Irgendetwas zwischen Orange und Gelb, mit dunklen Flecken – beabsichtigten dunklen Flecken, hoffte er.

Tageslicht fiel nur durch die Tür hinter ihm und eine weitere Doppeltür aus Glas auf der gegenüberliegenden Seite. Soweit Brandon es erkennen konnte, zierte sie sich nicht mit dem Namen des Hotels, sondern einer schlichten Türklinke. Direkt hinter ihr befand sich ein Baum. Also begann der Wald ziemlich dicht am Hotel wieder.

Brandon trat etwas tiefer in die schmale Eingangshalle. Wenn er sich die kiemenartige Fassade vor Augen hielt, mussten die Räumlichkeiten hinter der Theke auf der linken Seite in etwa genauso groß wie die Halle selbst sein. Wahrscheinlich lebte dieser Johannes da. Dann wäre es aber ziemlich frech von Paul gewesen, einfach durch die Tür hinter der mit Rauten verzierten Theke aus hellem Holz zu verschwinden.

Es sei denn, die beiden waren Freunde. Vielleicht schob die Polizei fast im Osten – im letzten Hinterland, um es mit Pauls Worten zu sagen – öfter mal Leute, für die sie keinen Platz in nichts weiter als einem besseren Dorf namens Kailum hatten, ins Inter ab. Brandons Nasenflügel flatterten kurz, dann beruhigte er sich wieder. Irgendwie musste er sich ja der Situation fügen.

Abgesehen von der Tür gab es hinter der Theke nur drei Wandlampen und am anderen Ende der Eingangshalle ein paar Postfächer. Nach vielen sah es nicht gerade aus.

Gut, also klein war dieses Hotel wirklich, aber nett? Seufzend ließ Brandon die Arme durchhängen. Er machte einen weiteren Schritt in die Halle.

Auf der Theke vor den Postfächern stand ein Telefon. Um Taxen zu organisieren? Irgendwie erschien es nicht gerade wahrscheinlich, dass die diesen Schuppen im Wald überhaupt fanden.

Brandon drehte den Kopf zur anderen Seite, wo genau gegenüber den Wandlampen hinter der Theke drei weitere hingen; eine davon zwischen zwei silbern glänzenden Aufzugtüren.

Die führten also nach oben bis ins… Beinahe hätte Brandon wegen der Stockwerkanzeige gelacht – wenn ihm danach zumute gewesen wäre. Sie sollte wohl einen nostalgisch (ostalgisch, schoss es ihm vollkommen willkürlich durch den Kopf) vornehmen Eindruck machen und verzichtete deshalb ganz auf leuchtende LED-Zahlen. Stattdessen bediente sie sich eines verschnörkelten Zeigers, der im Halbkreis über die geschwungenen Zahlen 0, 1, 2 und 3 laufen konnte. Wie in alten Filmen; nur, dass die Hotels da mehr als drei Stockwerke hatten. Aber dieser an Land japsende Fisch sollte ja ein nettes kleines Hotel sein, also was soll´s, Chef?

Brandon wandte sich von den Aufzügen ab und ging zur hinteren Glastür. Gerade als er die Hand auf die Türklinke legte, schrie jemand hinter ihm: „Gehen Sie da nicht raus!“

Brandon stockte. Diese Stimme kannte er. Oder nein, nein… Seine Hand umschloss unsicher den kühlen Türgriff. Er kannte sie nicht. Aber vor seinem inneren Auge hatte er ein Gesicht für diese Stimme. Ein altes mit einem grauen Flaum um den zum Schrei geöffneten Mund, die entsetzt aufgerissenen Augen, die leicht abstehenden Ohren. Ein Gesicht, das die Arme zum Schutz nach oben riss und trotzdem von seinem Wagen erwischt wurde. Es sei denn, es war ziemlich schnell gesprungen. Und ziemlich weit.

Drachenfliege

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