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2.1.2 Kodierverfahren der GTM und die Anwendung in den Studien

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Trotz so mancher Differenzen zwischen den Gründervätern Glaser und Strauss gibt es auch Gemeinsamkeiten – so z.B. hinsichtlich der Kodierverfahren: „Mein Kollege Barney Glaser, der die qualitative Analyse im Stil der Grounded Theory mitentwickelt hat, lehrt und benutzt diesen Analysemodus im Prinzip genau so, wie ich das auch tue.“ (Strauss, 1998, S. 23). Während Glaser (1978) zwischen gegenstandsbezogenem und theoretischem Kodieren unterscheidet, unterscheiden Strauss und Corbin (1996) das offene, axiale und selektive Kodieren21F[22]. Für die Untersuchung wird die Aufteilung von Strauss und Corbin verwendet, wobei die Überlegungen Glasers bei der Umsetzung des jeweiligen Verfahrens mit eingeflossen sind.

Einerseits stehen die Kodierverfahren in einer gewissen chronologischen Reihenfolge, andererseits wird zu keinem Zeitpunkt ausschließlich ein Verfahren angewendet. Üblicherweise beginnt eine GTM-Untersuchung mit dem offenen Kodieren, um Ereignisse zu benennen, daraufhin wird mit dem axialen Kodieren fortgefahren, um die theoretischen Verbindungen zu verdichten. Aus dem entstehenden theoretischen Netz wird dann letztendlich ein Zentrum ausgewählt, dass dem Urteil des Forschers zufolge das größte Integrationspotential hat.

Dieser idealtypische Verlauf könnte leicht zu dem Missverständnis eines abgeschlossenen sequentiellen Verhältnisses der Kodierverfahren führen. Vielmehr finden die Kodierverfahren in einem gewissen Maße parallel statt, z.B. wird auch bei der Benennung von Ereignissen in den Daten bereits über Verhältnisse zu anderen Ereignissen nachgedacht, oder es werden entstehende Kategorien hinsichtlich ihres Integrationspotentials betrachtet. Wobei in unterschiedlichen Stadien einer GTM-Untersuchung verschiedene Phasen ein größeres Gewicht einnehmen.


Abbildung 3 - Verhältnis des offenen, axialen und selektiven Kodierens (eigene Abbildung)

Bevor im Folgenden detaillierter auf die einzelnen Kodierverfahren eingegangen wird, soll noch etwas Begriffsklärung betrieben werden. In der Fachliteratur zur GTM werden die Begriffe Kodes, Kategorie, Subkategorie, Konzepte, Dimensionen und Eigenschaften zum Teil synonym und zum Teil auch unterschiedlich benutzt. Daher sollen im Folgenden die Begriffe für die vorliegende Untersuchung geschärft werden, um Verwirrungen vorzubeugen.

Als grobe Orientierung werden die Begriffe in technische und theoretische / modellierende Begriffe unterschieden. Technische Begriffe sind Segment / Zitat und Kode, theoretische / modellierende Begriff sind Theorie, Kategorie / Konzept, Subkategorie / Eigenschaft und Dimension / Ausprägung.

In technischer Hinsicht ist das qualitative Forschen, das Vergeben von Bedeutungen für ein Datum – ein Ereignis wird zu einem Fall von etwas gemacht. Segmente und Kodes bezeichnen eben jene beiden Aspekte. Der Begriff Segment wird in der Untersuchung, wie auch in der Fachliteratur (vgl. Berg & Milmeister, 2011, S. 314), zur Bezeichnung des Umfangs eines Falles verwendet – mit anderen Worten zur Bestimmung des Ausschnittes aus einem Transkript bzw. einem Protokoll (s.u.)22F[23]. Der Begriff Kode steht für die dem Segment zugeschriebene Bedeutung – für was der Fall stehen soll - und ist erst einmal unabhängig von dem Abstraktionsgrad der jeweiligen theoretischen Zuweisung zu verstehen23F[24].

Die Begriffe Theorie / Modell, Kategorie / Konzept, Subkategorie / Eigenschaft und Dimension / Ausprägung bezeichnen Verhältnisse verschieden abstrakter Elemente der entstehenden Theorie / des entstehenden Modells zueinander. Der Begriff Theorie / Modell bezeichnet in Bezug auf die zu entwickelnde Grounded Theory die bestimmte Perspektive, die eingenommen wird. Man könnte auch sagen, die jeweilige Kategorie die gerade als integrativer Kern fungiert – die Kernkategorie. In Studie I ist diese Perspektive ein Modell des Problemlösens im Sportunterricht, in Studie II ist diese Perspektive ein Modell der Adaption des Lehrerhandelns in selbständigen Arbeitsphasen.

Während Theorie / Modell also größere Gesamtheiten mit einem bestimmten Fokus bezeichnet, sind Kategorien Bedeutungen verschiedener Abstraktionsgrade24F[25]. Um diese verschiedenen Abstraktionsgrade zu kennzeichnen werden, die Begriffe Subkategorie bzw. Eigenschaft verwendet. Übergeordnete Kategorien haben dabei immer einen abstrakteren Charakter als Subkategorien oder Eigenschaften25F[26]. Z.B. ist in der Untersuchung das Analysieren der Schüler als Subkategorie der Kategorie Problemlösen eingesetzt worden (vgl. Kapitel 3.2).

Die Bezeichnungen sind jedoch nicht statisch, sondern immer relativ, d.h. sie können, je nachdem zu welcher anderen Kategorie sie in Beziehung gesetzt werden, den Status einer übergeordneten Kategorie oder einer Subkategorie einnehmen. Z.B. ist in Studie I das Problemlösen der Schüler die oberste Kategorie und damit als Label zur Bezeichnung des gesamten Modells eingesetzt worden. In Studie II dagegen ist das Problemlösen bzw. die Struktur des Problemlösens als Subkategorie des Modells der Adaption des Lehrerhandelns bedeutsam geworden.

Liegen verschiedene Kategorien auf der gleichen Ebene im Verhältnis zu einer übergeordneten Kategorie, bezeichnet man diese als Dimensionen oder Ausprägungen der Übergeordneten Kategorie. Z.B. sind die Kategorien Wahrhaftigkeit, Relevanz und Genauigkeit als Eigenschaften bzw. Dimensionen der übergeordneten Kategorie Qualität von Analysen eingesetzt worden (vgl. Kapitel 3.2.3).

Bei aller Klarheit über Begrifflichkeiten ist – wie Muckel schreibt, „eine stringente Unterscheidung im Hinblick auf die Entwicklung einer Grounded Theory nicht notwendig (…), da Übergänge zwischen Konzepten, Kodes und Kategorien im Prozess der Datenanalyse fließend sind“, Weiterhin schreibt sie: „Denn zentral für den gesamten Datenanalyse- und Theorieentwicklungsprozess ist nach meiner Einschätzung das Konzeptualisieren der Daten.“ (Muckel, 2011, S. 338).

Dieser Prozess wird im Folgenden durch die drei Kodierverfahren vertieft.

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