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2. Theodor Mommsen

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Das Bild, das man am Ende des 19. Jahrhunderts findet, ist – bei allem Interesse, das das Kaiserreich und seine vielsträngige Religionsgeschichte gefunden haben – in Bezug auf „Reichsreligion“ kaum verändert. Als Zeuge dient hier Theodor Mommsen. Während der Begriff in seinem „Römischen Staatsrecht“ ganz fehlt, findet er sich im „Strafrecht“ von 1899. Auf der Basis des bei Tertullian formulierten, aber kaum einen terminus technicus römischen Sakralrechts darstellenden crimen laesae Romanae religionis17 postuliert er eine geographisch über Rom hinaus verbindliche „Reichsreligion“. Diese sei aber kein neues Phänomen, sondern lediglich die mit vergrößertem Geltungsbereich ausgestattete „officielle Religion“ Roms. Mommsen konstruiert demnach das religiöse crimen als crimen laesae maiestatis populi Romani, „welche auch die Verletzung der dii populi Romani auffaßte als Beleidigung der herrschenden Nation“.18

Implizit arbeitet Mommsen hier mit einem Modell einer doppelschichtigen Nationalität, bei der die alten Nationalitäten von einer durch die Herrschaft der Stadt Rom definierten reichsweiten römischen Nationalität überlagert werden:

Da die Götter der römischen Nation als solche auch Götter des römischen Reiches waren und in jeder abhängigen Gemeinde denselben neben und vor den eigenen ein Platz gebührte [also als Ausdruck der Anerkennung der Abhängigkeit], scheint die Umwandlung der römisch-nationalen in eine Reichsreligion bei den übrigen Nationalreligionen des Reiches im Allgemeinen nicht auf principiellen Widerstand gestossen zu sein (571).

Die Redundanz der Formulierung macht deutlich, dass Mommsen hier ganz auf der Ebene von Begriffsdefinitionen verbleibt, in der ein neuer Sachverhalt ohne nähere inhaltliche Analyse mit einem alten Instrumentarium dargestellt werden soll. Welche Funktion die „Reichsreligion“ im lokalen Kontext besitzt und was mit der römischen Religion bei ihrer Umwandlung geschieht, erfahren wir nicht.

Im Rahmen des Mommsen’schen Systems dürfte das Postulat einer römischen Reichsreligion vor allem die in der Forschung schmerzlich vermisste einheitliche Rechtsgrundlage reichsweiter Christenverfolgungen beschaffen. Es ist aber unverkennbar, dass in dem Versuch, einen Begriff größerer Allgemeinheit zu schaffen, die massive „Verstaatlichung“ des imperium mit dem Begriff des „Reiches“ eine große Rolle spielt. Das „Reich“ – hier spielt die zeitgenössische Geschichte des Begriffs im Rahmen der deutschen Einigung eine wichtige Rolle – wird von vornherein mit der Unterstellung dichter politischer und Verwaltungsstrukturen aufgeladen. Auch „Reichsreligion“ besitzt damit primär politische Funktionen: eine Engführung, die insbesondere die weitere deutschsprachige Forschung geprägt hat.

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