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Kapitel 3

Integration und Transformation von Immigrantenreligion: Beobachtungen zu den Inschriften des Iuppiter-Dolichenus-Kultes in Rom

1. Einführung

Im Laufe des zweiten Jahrhunderts n. Chr. verbreitete sich im Römischen Reich, zumal in den Provinzen der Nordwestgrenze von Britannien bis zum Balkan, ein Kult, der durch den Namen des hauptsächlich verehrten Gottes – Iuppiter (Optimus Maximus) Dolichenus – und das schon altorientalische Darstellungsschema des bärtigen, mit einer Doppelaxt ausgestatteten Gottes auf einem Stier eine gemeinsame Identität zu gewinnen scheint. Trotz der eindeutigen Herkunftsangabe – die Kulte des Ortes Doliche in der Kommagene, also im äußersten Norden der späteren Provinz Syria – sind bleibende Beziehungen zu diesem Zentrum unklar. Wie für viele andere scheinbar reichsweit identische Kulte ist ein organisatorischer Zusammenhang problematisch, eine Analyse lokaler Vorgänge der „Enkulturation“ angezeigt.

Auch in Rom formierten sich Gruppen von Anhängern in der lokalen Bevölkerung. Schon für die zweite Hälfte des zweiten Jahrhunderts lassen sich mehrere Kultlokale in Rom nachweisen, darunter ein Heiligtum für die equites singulares und eine Kultanlage auf dem Aventin. Mit etwa einem Dutzend Dedikationsinschriften stellen der letztgenannte Fundort und ihm zuzuordnende Streufunde den größten zusammenhängenden epigraphischen Komplex des Iuppiter-Dolichenus-Kultes dar. Nach der grundlegenden Quellensammlung von Pierre Merlat1 bieten Monika Hörig und Elmar Schwertheim mit dem Corpus cultus Iovis Dolicheni (CCID)2 die handlichste Quellenbasis. Diese häufig unzuverlässige Edition ist für Rom jetzt durch die Neuedition von Emanuela Zappata3 zu ergänzen – in ihrer Präzision, umfassenden Diskussion und fotografischen Dokumentation Grundlage der folgenden Analysen.4

Während sich in den übrigen Zeugniskomplexen die erkennbaren personellen Strukturen im wesentlichen auf sacerdotes oder hiereîs beschränken, liegt für das Heiligtum auf dem Aventin eine solche Fülle von Funktionsbezeichnungen oder Rangstufen vor, dass eine überzeugende, weitgehend widerspruchsfreie Rekonstruktion der Organisationsstrukturen bis heute nicht gelungen ist.5 Es handelt sich namentlich um sacerdotes, „Priester“, wohl mit kultischen Aufgaben. Solche dürften auch die lecticarii dei sein, die vielleicht nach einer Rolle als Statuenträger in Prozessionen benannt wurden. Des Weiteren finden sich candidati, patres candidatorum, patroni und colitores, „Verehrer“. Gelegentlich tritt die Spezifikation huius loci noch hinzu, „dieses Ortes“. Schließlich erscheint ein notarius, ein „Sekretär“, und als Anredeform fratres, „Brüder“. In einer detaillierten Analyse der Zeugnisse, insbesondere der drei großen, album-artigen Inschriften soll im Folgenden der Versuch unternommen werden, eine plausible Hypothese zur Struktur und zum Strukturwandel des aventinischen Dolichenus-Kultes zwischen dem Ende des zweiten und der Mitte des dritten Jahrhunderts vorzulegen und damit einen Beitrag zur Aufhellung des Diffusions- und Adaptationsprozesses von Religionen im Römischen Reich.

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