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1 Einleitung

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Die Sklaverei lässt sich bereits in den ältesten schriftlichen Aufzeichnungen der frühen Hochkulturen des bronzezeitlichen Vorderen Orients erstmals greifen, und sie spielt bis in die Gegenwart eine bedeutende Rolle. Obwohl sie heute geächtet und durch zahlreiche Gesetze verboten ist, leben nach Schätzungen von Menschenrechtsexperten mehr als 20 Millionen Menschen weltweit in Sklavenverhältnissen. Der Menschenhandel, dem jährlich mehr als zwei Millionen Menschen zum Opfer fallen, ist ein blühender Wirtschaftszweig, der Milliardengewinne abwirft; nach dem Drogen- und dem Waffenhandel stellt er das drittlukrativste kriminelle Geschäft dar.

Die Beschäftigung mit der Sklaverei ist daher nicht nur von historischem Interesse, sondern von ungebrochener Aktualität. Warum aber, könnte man fragen, ist es wichtig, sich gerade mit der Sklaverei im klassischen Altertum zu befassen? Eine mögliche Antwort könnte lauten, dass es in der langen Geschichte der Sklaverei nur wenige Gesellschaften gab, in denen die Sklaverei eine derartig wichtige Rolle spielte und Unfreie einen so großen Anteil an der Gesamtbevölkerung stellten, dass die Sklaverei einen nachhaltigen und entscheidenden Einfluss auf das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben ausübte. Zumindest phasenweise war dies in der klassischen Antike der Fall, weshalb bereits die marxistische Geschichtstheorie, der sogenannte historische Materialismus, die antike Gesellschaft als „Sklavenhaltergesellschaft“ bezeichnet hat. Der amerikanisch-englische Althistoriker Moses I. Finley unterschied fünf „wirkliche Gesellschaften der Sklaverei“, von denen zwei im Altertum anzusiedeln seien: das klassische Athen und Italien zur Zeit der ausgehenden Republik.1 Auch wenn man wie der Autor des vorliegenden Buches die Anwendungen von nur schwammig zu definierenden und schwer festzumachenden Begriffen wie der „Sklavenhaltergesellschaft“ auf die klassische Antike für problematisch hält, so ist die ökonomische und gesellschaftliche Bedeutung der Sklaverei in der griechischen und römischen Gesellschaft unbestritten. So wichtig das Aufzeigen von Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten zwischen antiker und neuzeitlicher Sklaverei und das Herausarbeiten langer Entwicklungslinien, der longue durée (Fernand Braudel), ist, so bedeutsam ist auch der Hinweis auf die Unterschiede. Die Antike, die uns vielfach so vertraut erscheint, war in mancherlei Hinsicht grundlegend anders und ist zu Recht als das „nächste Fremde“ (Uvo Hölscher) charakterisiert worden. Dies gilt auch im Hinblick auf die antike Sklaverei; zwei Aspekte, die hier genannt werden könnten, sind etwa die in der Neuzeit unbekannte Vielfalt des antiken Sklavenlebens oder das Fehlen des Faktors „Rasse“ im Sklavereidiskurs des Altertums. Auch war die Sklaverei ein von allen als so selbstverständlich hingenommener Aspekt der Gesellschaftsordnung, dass eine Gesellschaft ohne Sklaverei – auch für die Unfreien selbst – jenseits aller Vorstellungskraft lag. Entsprechend war ein Kampf für die Abschaffung der Sklaverei in der Antike unbekannt. Das Studium der Geschichte der Unfreiheit in den Kulturen des Altertums stellt somit auf alle Fälle einen wesentlichen Schlüssel zum Verständnis des historischen Phänomens der Sklaverei dar.

Sklaverei

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