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Einige Fragen zur Einführung in die InsO – Teil 2Lösung Fragen 11 – 20 › 14. Welche Haftungsrisiken gibt es für GmbH-Geschäftsführer im Vorfeld der Insolvenz?

14. Welche Haftungsrisiken gibt es für GmbH-Geschäftsführer im Vorfeld der Insolvenz?

§ 15a InsO, § 823 II BGB: Nach § 15a InsO, § 823 II BGB ist der Geschäftsführer den Gläubigern zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er den Insolvenzantrag zu spät stellt.[1] Darüber hinaus drohen strafrechtliche Sanktionen nach § 15a IV, V InsO. Während der Rechtshängigkeit einer Restrukturierungssache nach dem StaRUG ruht die Insolvenzantragspflicht (siehe § 42 I 1 StaRUG). Die Geschäftsführer müssen den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung ohne schuldhaftes Zögern anzeigen (§ 42 I 2 StaRUG, strafbewehrt nach § 42 III StaRUG).

§ 15b IV 1 InsO:[2] Nach § 15b IV 1 InsO ist der Geschäftsführer der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden, es sei denn die Zahlungen sind mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar. Um eine Kollision zwischen der Pflicht der Geschäftsführer, keine Zahlungen mehr zu leisten und ihrer gegenläufigen Pflicht, den Arbeitnehmeranteil der Sozialversicherungsbeiträge (vgl. § 266a StGB) und Steuern (§ 69 AO) abzuführen, zu vermeiden, haften sie mit guten Gründen nicht nach § 15b IV 1 InsO, soweit sie die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung abführen.[3] Diese Haftung, die den § 64 S. 1 GmbHG ersetzt, hat in der Praxis höchste Relevanz und führt bei verspäteter Antragsstellung schnell zu hohen Ersatzansprüchen gegenüber Geschäftsführern und Vorständen.

§ 15b V InsO:[4] Nach § 15b V InsO ist der Geschäftsführer der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen an Gesellschafter verpflichtet, soweit diese zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen mussten.

§ 43 II, III 1 GmbHG: Nach § 43 II, III 1 GmbHG ist der Geschäftsführer der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen an Gesellschafter verpflichtet, die entgegen § 30 GmbHG geleistet wurden, das heißt die das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft angegriffen haben.[5]

Weitere Ansprüche können sich mit Blick auf Steuerforderungen ergeben (vgl. §§ 34, 69 AO).

Exkurs: Insolvenzgründe

a) Zahlungsunfähigkeit

Die Zahlungsunfähigkeit wird in § 17 II InsO wie folgt definiert: „Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.“[6]

Die umfasst sowohl eine Stichtags- wie eine Zeitraumbetrachtung.[7]

Schritt 1: Stichtagbetrachtung/Finanzstatus: Die verfügbare Liquidität und die fälligen Verbindlichkeiten werden gegenübergestellt. Verbindlichkeiten werden nicht berücksichtigt, wenn sie gestundet wurden oder eine Nichtvollstreckungsvereinbarung mit dem Gläubiger vereinbart wurde. Gesellschafterdarlehen werden als Verbindlichkeiten berücksichtigt, es sei denn ein Rangrücktritt mit Wirkung für die Zahlungsunfähigkeit wurde vereinbart. Wenn die Zahlungslücke kleiner als 10 % ist (vorsichtigere Ansicht: kleiner 0%), ist die Gesellschaft zahlungsfähig. Wenn die Zahlungslücke größer gleich 10 % ist (vorsichtigere Ansicht: größer 0% ist), muss man zum zweiten Schritt übergehen.

Schritt 2: Zeitraumbetrachtung/Finanzplan: Die in den nächsten drei Wochen verfügbare Liquidität und die fälligen Verbindlichkeiten werden gegenübergestellt. Es ist umstritten, ob nur die Verbindlichkeiten berücksichtigt werden, die am Beginn der Drei-Wochen-Periode fällig waren (Bugwellentheorie), oder ebenso die Verbindlichkeiten, die während der drei Wochen fällig werden.

Ausnahme 1: Keine Zahlungsunfähigkeit, wenn die Deckungslücke weniger als 10 % beträgt. Es handelt sich dann um eine bloße Zahlungsstockung. Allerdings liegt dennoch Zahlungsunfähigkeit vor, wenn die Lücke demnächst mehr als 10 % betragen wird. Der Prüfungszeitraum wird dann verlängert.

Ausnahme 2: Keine Zahlungsunfähigkeit, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass die Liquiditätslücke bald (vollständig) geschlossen wird und den Gläubiger das Zuwarten zugemutet werden kann.

Ausnahme 3: Keine Fälligkeit und damit unter Umständen keine Zahlungsunfähigkeit, wenn die Forderung nicht „ernsthaft eingefordert“ wird.

Von Gläubigern geltend gemachte Ansprüche sind grundsätzlich in die Betrachtung einzustellen. Nur bei objektiv nachvollziehbaren Einwendungen unterbleibt die Einbeziehung. Es sollen also auch Forderungen berücksichtigt werden, gegen die der Schuldner nur schlecht begründete Einwendungen vorgeschoben hat.

b) Drohende Zahlungsunfähigkeit

Die drohende Zahlungsunfähigkeit wird in der zum 1.1.2021 geänderten Fassung des § 18 II InsO wie folgt definiert: „Der Schuldner droht zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. In aller Regel ist ein Prognosezeitraum von 24 Monaten zugrunde zu legen.“

Nur Antragsrecht (für Schuldner), keine Pflicht. Daher Spielraum für Gestaltung. (Beispiel Suhrkamp Verlag).[8] Berücksichtigung aller bestehenden oder auch künftigen Verbindlichkeiten? Nach h.M. nur bestehende Verbindlichkeiten. Die Dauer des Prognosezeitraums ist nicht höchstrichterlich geklärt.

c) Überschuldung

Die Überschuldung wird in der zum 1.1.2021 geänderten Fassung des § 19 II 1 InsO wie folgt definiert: „Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich.“ Solange die Fortführungsprognose positiv ist, ist eine Gesellschaft daher nicht überschuldet, obwohl das Reinvermögen negativ ist.[9]

1. Prüfungsstufe: Fortbestehungsprognose: Im Grunde ist die Fortbestehungsprognose wiederum ein Test der Zahlungsfähigkeit. Es muss wahrscheinlich sein, dass die Gesellschaft bis zum Ende des kommenden Geschäftsjahres (Zeitraum umstritten) zahlungsfähig ist.

2. Prüfungsstufe: Überschuldungsstatus: Zum Überschuldungsstatus kommt man nur bei negativer Fortbestehungsprognose. Auch nicht in der Handelsbilanz erfasste Vermögenswerte sind aufzunehmen (Bsp.: Rückzahlungspflichten, Kosten für den Sozialplan). Bestimmte Verbindlichkeiten sind nicht zu passivieren (Bsp.: Nachrangdarlehen nach § 39 Abs. 2 InsO). In der Regel erfolgt die Bewertung des Vermögens zu Liquidationswerten, beziehungsweise bei Pensionsverbindlichkeiten zum Ablösewert. Stille Reserven und Lasten werden aufgedeckt.[10]

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