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DIE ROMANFIGUR

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Die Stationen seines Lebens sind bekannt. Sie unterscheiden sich zunächst nicht grundsätzlich von denen eines jeden ehrgeizigen Politikers in Frankreich.

Die Kindheit verbringt Emmanuel Macron in der deindustrialisierten Provinzstadt Amiens im Norden des Landes: ein bildungsbürgerliches Elternhaus; das Studium an Eliteuniversitäten, gefolgt von einer Beamtenblitzkarriere. Dann der Eroberungsfeldzug: die stetige Annäherung ans Zentrum der politischen Macht. Zuerst als Mappenträger und Ideengeber wichtiger Regierungsberater. Dann der Abstecher in die Privatwirtschaft zwecks Füllens der Schatulle, um sich später die Durststrecken im Leben eines Politikers leisten zu können. Schließlich vor einer Präsidentschaftswahl — die das politische Leben Frankreichs für jeweils fünf Jahre bestimmt — die obligate Wette: Emmanuel Macron unterstützt die Bewerbung François Hollandes als Spitzenkandidat der Parti Socialiste (PS). Dies noch ehe der eigentlich für eine gemeinsame Kandidatur der linken Kräfte gesetzte Dominique Strauss-Kahn sich im Mai 2011 zurückziehen muss (der damalige Direktor des Internationalen Währungsfonds wird in New York aufgrund von Vergewaltigungsvorwürfen verhaftet).

Macron bleibt das Glück hold: 2012 setzt sich Hollande, der anstelle von Strauss-Kahn antritt, knapp gegen Amtsinhaber Nicolas Sarkozy durch. Der Mittdreißiger Macron wird Hollandes stellvertretender Generalsekretär und Berater für Wirtschaftsfragen. Als Hollande 2014 zum vierten Mal die Regierung umbildet, folgt die Ernennung zum Wirtschaftsminister: Macron tritt ins Rampenlicht und inszeniert sich als liberaler Querdenker und unerschrockener Minister der Tat.

Durch kalkulierte Tabubrüche (wenn er beispielsweise Frankreichs Jugendliche dazu aufruft, sie sollten davon träumen, Milliardäre zu werden) bringt er sich selbst in die Schlagzeilen, die linke Regierungspartei in Rage und den Staatspräsidenten in Verlegenheit. Im August 2016 begeht er schließlich den Verrat an seinem Förderer Hollande. Macron verlässt die Regierung und kündigt im November an, bei den Präsidentschaftswahlen 2017 antreten zu wollen.

Und doch ist Macron eine singuläre Gestalt auf der französischen Bühne. Nicht nur, dass er eigentlich unerlässliche Etappen im Werdegang eines klassischen Politikers überspringt. Die Präsidentschaft ist Macrons erster Wahlsieg überhaupt. Lokalpolitiker, Bürgermeister, Abgeordneter und schließlich vielleicht Minister: Für die Ochsentour hatte der ehrgeizige Einzelgänger, der nur kurz, von 2006 bis 2009, Parteimitglied der Sozialisten war, offensichtlich keine Zeit übrig. Macron schafft den Senkrechtstart, indem er sich quer zur etablierten Parteienlandschaft und zum politischen System legt.

Macrons politische und persönliche Lebensgeschichte fällt aus der Reihe. Der Schriftsteller Philippe Besson sieht ihn als «Romanfigur».10 Macrons Selbstbeschreibung: «In Wirklichkeit bin ich nur Ausfluss der Vorliebe des französischen Volks für das Romaneske.»11

Emmanuel Macron

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