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Autorin Ingeborg Bachmann (1926–1973), österreichische Schriftstellerin
Erstsendung 29. Mai 1958 (Ursendung im Bayerischen Rundfunk, Norddeutschen Rundfunk und Südwestfunk); erste Druckfassung 1958
Gattung Hörspiel
Ort und Zeit der Handlung Erzählt wird eine Liebesgeschichte im Sommer 1955 in der amerikanischen Großstadt New York. Die Schauplätze sind verschiedene Orte in der Stadt (Grand Central Bahnhof, Central Park, Atlantic Hotel) sowie ein Gerichtssaal in der Stadt.
Werkaufbau Das Hörspiel ist nicht in Akte unterteilt, sondern besteht aus einer lockeren Folge von Szenen, die abwechselnd im Gerichtssaal und an den verschiedenen Orten, wo sich das Liebespaar aufhält (Hotelzimmer, Bar, im Park), spielen.
Erzählperspektive Die Handlung wird abwechselnd aus der Perspektive der Titelfigur, des guten Gottes, und derjenigen der jungen Menschen Jan und Jennifer gezeigt. Die Aussagen des guten Gottes und die vom Richter vorgelesene Gerichtsakte in einem Gerichtsverhör bilden den Rahmen der Handlung, die die Liebesbeziehung zwischen Jan und Jennifer bildet.
Handlung Ein Angeklagter steht zum Verhör vor einem Richter. Die beiden kennen sich schon, da sie sich vor einiger Zeit in einem ähnlichen Fall – einem Bombenattentat auf ein junges Liebespaar – im Gerichtssaal begegnet sind. Der Tatbestand ist klar: Der Angeklagte, der unter dem Spitznamen »Der gute Gott von Manhattan« oder »Der gute Gott der Eichhörnchen« bekannt ist, wurde am Tatort gefasst und leugnet die Mordtat nicht. Mit Hilfe seiner tierischen Handlanger, der Eichhörnchen Frankie und Billy, verfolgt er Liebespaare, die die gesellschaftlichen Konventionen solcher Beziehungen nicht beachten und somit die Grenzen des normalen Zusammenlebens zu sprengen drohen.

Das Verhör des guten Gottes bildet den Rahmenhandlung im GerichtssaalRahmen der zentralen Handlung, einer Liebesgeschichte mit tragischem Ende zwischen dem jungen Europäer Jan und der amerikanischen Studentin Jennifer. Sie begegnen sich im Zentralbahnhof von New York und verbringen zusammen fünf Tage in der Stadt. Aus dem, was als sexuelles Abenteuer beginnt, wird plötzlich etwas mehr. Aber Jan hat schon eine Schiffskarte für die Rückreise nach Cherbourg gelöst und wartet nur noch auf die Bestätigung seines Platzes auf dem Schiff. Die Affäre soll also von vornherein eine »Vereinbarung auf Distanz« (S. 37) sein. Doch zwischen den beiden entwickelt sich eine immer intensiver werdende, sich steigernde Liebe, was durch den Umzug in immer höhere Stockwerke des Hotels symbolisiert wird: vom Erdgeschoss ins 7. Stockwerk, dann ins 30. und schließlich ins 57. Stockwerk des Atlantic Hotels.

Die zentrale Die zentrale Handlung des StücksHandlung des Hörspiels, die Liebesgeschichte, wird eigentlich in die innere Welt der Empfindungen verlegt, in der die Vertiefung und Stärkung der Beziehung verfolgt wird. Der manchmal lyrische Charakter des Dialogs zwischen Jan und Jennifer erschwert die Auslegung der hier ausgedrückten Gefühle, hat aber die deutliche Absicht, die »neue[ ] Sprache« (S. 85) einer absoluten ekstatischen Liebe wiederzugeben.

Die Schauplätze und Bilder aus der Metropole New York und »The American Way of Life«New York lassen offensichtlich werden, dass das Hörspiel in den Worten der Autorin »ohne die Amerika-Reise nicht zu denken« war, die Bachmann im Sommer 1955 unternahm.1 Und im Verlauf der Liebesgeschichte bekommt der Leser einen Einblick in die moderne Weltordnung, für die die Metropole New York als Symbol steht. Als Befürworter dieser Ordnung malt der gute Gott in seinen Aussagen vor dem Richter das Bild einer gnadenlosen modernen Welt, deren Regeln den Menschen ein konformes Leben abverlangen und die ihnen als Belohnung hierfür die Erfüllung aller materiellen Bedürfnisse verspricht. Dieses Bild basiert in vielem auf dem »American Way of Life«, mit dem Bachmann sich im Sommer 1955 in Boston (USA) als Teilnehmerin am Harvard International Summer Seminar intensiv beschäftigte. Konsum, Gewinn, Konformität und das Nützliche als Maßstäbe des gesellschaftlichen Lebens bilden in dem Stück die Hauptmerkmale der von den USA geprägten neuen Weltordnung nach dem Zweiten Weltkrieg, obwohl solche Eigenschaften auch früher im 20. Jahrhundert mit Amerika verbunden wurden.

In ihrer Darstellung einer tragisch endenden Liebesgeschichte stellt Bachmanns letztes Hörspiel die gesellschaftlichen Zwänge in Frage, die die individuelle Freiheit radikal einschränken. Insofern nimmt dieses Werk den sozialen Umbruch der 1960er Jahre vorweg, in dessen Mittelpunkt die Spannung zwischen Individuum und Anpassung an gesellschaftliche Konventionen stand.

Der gute Gott von Manhattan von Ingeborg Bachmann: Reclam Lektüreschlüssel XL

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