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Geleitwort
ОглавлениеEs ist mir eine große Freude, zum vorliegenden Buch Anders ist eine Variation von richtig von Josephin Lorenz ein Geleitwort beisteuern zu können. Dies tue ich u. a. deshalb sehr gerne, weil ich als Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie als Ausbilder von nunmehr ca. 3000 Kolleginnen und Kollegen in Prozess- und Embodimentfokussierter Psychotherapie (PEP) das Gefühl nicht loswerde, dass wir alle noch ziemlich große Wissenslücken in puncto Autismus haben. In dieser Hinsicht war meine eigene Lernkurve während der gesamten Lektüre sehr hoch.
Besonders fasziniert hat mich neben Josephin Lorenz’ therapeutischer Unterstützung ihre überraschende, kreative, ressourcenorientierte und zutiefst wertschätzende Sicht auf Menschen mit jener besonderen Wahrnehmung. Die diesem Buch zugrundeliegende Haltung, Autismus nicht per se als Störung zu betrachten, sondern immer klar und deutlich auch auf die vorhandenen Stärken und Fähigkeiten zu fokussieren, öffnet neue Denk- und Fühlräume und scheint mir eine sowohl respektvoll-kreative, als auch sehr menschenwürdige Herangehensweise zu sein. Leben wir doch in einer Zeit, in der von der Norm abweichendes Verhalten und Empfinden schnell mit neuen Diagnosen versehen werden. So entlastend eine Diagnose sein kann, so stigmatisierend und damit ausgrenzend und potenziell schädigend kann sie sein. Diagnosen haben überdies nicht selten etwas von struktureller Gewalt, gerade wenn Menschen mit dieser Diagnose zwangsläufig einer bestimmten sogenannten evidenzbasierten Behandlungsmethode zugeführt werden sollen, die sie so vielleicht gar nicht haben wollen. Da gerät dann schnell aus dem Fokus, was für den einzelnen betroffen Menschen wirklich passend, hilfreich und individuell richtig ist. So aber hat wahre Humanmedizin zu sein.
Als Mitherausgeber der Reihe Reden reicht nicht freut es mich sehr, wie dezidiert die Autorin aufzeigt, dass die Integration des Körpers bei der Veränderung von Emotionen und Glaubenssätzen auch im Autismusfeld unabdingbar ist.
Ganz besonders beeindruckt haben mich auch die ästhetisch ansprechenden Zeichnungen vom Tim, dem »jungen Illustrator mit Autismuskompetenz«.
Ich wünsche dem Buch, dass es möglichst viele Leserinnen und Leser findet und dadurch das Verständnis für diese besonderen Menschen wächst. Menschen, die nicht selten Bereicherndes in die Welt gebracht haben, was so niemand anderes hätte in die Welt bringen können.
Dr. med. Michael Bohne Hannover, im Juli 2020