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Kapitel 8

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East Boston, Innenstadt

10. Oktober 2014, 10:00 Uhr

Beunruhigt beobachteten Railey und Sebastian die Innenstadt von Boston. Viele Infizierte säumten ihren Weg, als der Lastwagen durch die Straßen fuhr. Vorbei an verlassenen Militärunterkünften und Straßensperren, sahen sie eine Vielzahl abgebrannter Häuser. Nach einer Stunde Fahrt erreichten sie ein Geschäft, indem einst Agrarprodukte verkauft wurden.

Die Wachen hielten ihre Waffen bereit und stiegen als Erstes aus dem Transporter aus. Nachdem sie die Umgebung gesichert hatten, wurden die Gefangenen aus dem Hänger gelassen.

Ein trostloses Spiel, die verlassene Stadt zu sehen.

»Kriegen wir denn keine Waffen?«, meinte Railey verdutzt. Fordern sah er den Anführer an.

»Gefangene bekommen keine Gewehre«, erwiderte dieser. »Außerdem sind die Teppichreste effektiv. Sie werden euch beschützen.«

Gemeinsam schritten sie durch den verwüsteten Verkaufsraum und kletterten über ein eingestürztes Regal ins Lager.

Erstaunt schauten die Überlebenden aus Poughkeepsie in das reichgefüllte Lager.

»Wow!«, staunte Sebastian. »Hier ist ja alles voller Lebensmittel und Samen.«

»Ja. Wir haben es hier zwischengelagert und müssen es jetzt zum Golfplatz bringen«, erwiderte Nigel mit hocherhobenem Haupt. »Aber Vorsicht. Die Säcke sind verdammt schwer.«

»Meine Güte, willst du ihnen noch den Arsch abwischen?!«, echauffierte sich der Hauptmann. Der andere Wachmann feixte hinter vorgehaltener Hand.

»Miller, wir müssen sie aber nicht sinnlos kaputt spielen. Wir brauchen sie«, erwiderte Nigel selbstbewusst und zeigte auf die beiden Gefangenen.

Miller überlegte nachdenklich an der Nase kratzend. »Der Richter will die gesamte Lagerhalle bis zum Winter geräumt haben.« Miller nickte den beiden zu. »Beeilen wir uns.«

Sack für Sack trugen Railey und Sebastian das Saatgut und die Lebensmittel zum Truck. Schweißperlen tropften ihnen ins Gesicht und in die Augen. Erschöpft wischte sich Sebastian den Schweiß von der Stirn und japste nach Luft.

»Bewegʼ dich, Arschloch. Wir haben nicht mal ein Viertel geschafft«, blaffte Miller ihn an.

Wütend blickte Sebastian den Wachmann an und streckte seinen schmerzenden Rücken. »Wenn noch einer mit anpacken würde, wären wir schneller!«

Mit grimmigem Blick zeigte der Hauptmann mit der Waffe in den Innenraum und winkte ihn hinein. Schnaufend stapfte Sebastian voran und kletterte über das eingefallene Regal in die Lagerhalle.

Nach einer weiteren halben Stunde schmissen beide vollkommen entkräftet die Säcke auf die Ladefläche. Nigel reichte ihnen etwas Wasser und gönnte ihnen eine kurze Pause, während er Wache hielt.

Ächzend lehnten beide am Truck, als Miller und der andere Wachmann herauskamen.

»Weiter, Ladys. Der Tag ist kurz«, grinste Miller.

»Wenn sie sich einen Moment ausruhen, werden sie eher von Nutzen sein«, widersprach Nigel.

Genervt richtete Miller seine Waffe auf die beiden. »Bewegung, ihr Arschlöcher!«

Schnaufend betraten die Gefangenen wieder die Halle.

Als sie sich jeweils einen Sack über die Schulter geschwungen hatten, kletterte Railey voran über das eingestürzte Regal.

Sebastian folgte ihn mit schlotternden Knien über die Etagere. Abrupt verlor er das Gleichgewicht unter dem Sack, stürzte mit großem Getöse in das Regal und schrie vor Schmerzen auf.

Aufgebracht ließ Railey seine Last fallen und wollte seinem Freund zu Hilfe eilen, doch der andere Wachmann hielt ihm die Waffe vor das Gesicht.

»Vergiss es! Du hast zu tun!«

»Er braucht Hilfe!«, rief Railey besorgt zu Sebastian schauend, der mit schmerzverzerrter Miene im Regal lag.

Sebastian spürte, wie bei jeder kleinsten Bewegung das Metallstück des Regals immer mehr in seinen Körper einschnitt. Das Gewicht des Getreidesackes drückte ihn nach unten.

»Nimm den Sack! Nigel wird ihm helfen«, erwiderte der Wächter und schickte Railey nach draußen.

Nigel zog den schweren Sack von Sebastian runter und blieb einen Moment geschockt stehen. Unbekümmert zog Nigel ihn mit einem Ruck vom Regal hoch.

Das Metallstück schnitt mit seinem scharfen Kanten durch die Muskeln und Sehnen seiner Flanke. Sebastian schrie auf. Ächzend lehnte er an der Wand. Er presste die Hand auf die Flanke.

Einen Moment sah Nigel Sebastian an, der sich schnaufend die Seite hielt. Er hörte den schweren Atem des Gefangenen.

»Bring den Sack raus«, rief Miller, als er aufgebracht in den Verkaufsraum kam. »Dein Gebrüll zieht die Sünder an.«

»Er ist verletzt!«, rief Nigel besorgt und zeigte mit dem Zeigefinger auf den Gefangenen.

Sebastian spürte, wie eine warme Flüssigkeit sich ihren Weg nach unten bahnte. Zitternd blickte er auf das Blut an seiner rechten Flanke. Sein Atem war schwer und mit letzter Kraft zerrte er den Sack unter den sorgsamen Augen Nigels nach draußen. Die Wachen schauten sich mit gezückten Waffen aufmerksam vor dem Gebäude um. Am Ende der Straße waren Infizierte zu sehen.

»Da kommen sie schon«, sagte Nigel ängstlich und nahm Sebastian den Sack ab.

»Scheiß dir nicht ins Hemd! Das sind nur ein paar«, wiegelte Miller ab. Argwöhnisch blickte er auf den stöhnenden Gefangenen. »Was ist mit dem?«

Railey bemerkte das Blut, welches durch den Blaumann sickerte. »Du bist verletzt!«

Keuchend winkte Sebastian von sich ab und lehnte erschöpft am Heck des Wagens. »Ist nur ein Kratzer.«

Kopfschüttelnd öffnete Railey hastig den Blaumann und riss ihm das Kleidungsstück vom Arm. Erschrocken musterte er die Wunde, die bei jeder Bewegung schwallartig Blut verlor. »Wir müssen ihn zurückbringen!«, flehte Railey. »Er verliert viel Blut!«

Ungerührt warf Miller einen Blick auf die Verletzung und wandte sich seinen Mitstreitern zu.

Sorgenvoll nickte Nigel. »Das ist wahrlich ein tiefer Schnitt. Das muss genäht werden«, fand Nigel.

Die Infizierten kamen immer näher.

»Wir müssen wirklich verschwinden!«, drängte der andere Wachmann flüsternd zu Miller. »Die Sünder kommen immer näher.«

Miller hielt einen Moment inne und blickte Sebastian an, dessen Gesichtsfarbe schon blasser wurde. Schließlich nickte er Railey und Nigel zu. Sorgenvoll hievten beide den ächzenden Sebastian auf die Ladefläche.

Railey passte den Moment ab, schlug Miller ins Gesicht und flüchtete zwischen die Häuserschluchten.

Der Anführer hielt sich torkelnd den schmerzenden Kiefer. Wütend blickte er in die verdutzten Gesichter seiner Wachleute. »Nigel, fahrʼ den Truck zum Golfclub. Wir kümmern uns um den Wichser!«, brummte er aufbrausend. Er puffte den anderen Wachmann auf die Schulter und schnellte den Flüchtigen hinterher.

Nigel nickte, schloss die Klappe des Trucks und fuhr mit Sebastian zurück zum Camp.

*

Railey hechtete zwischen den Autos herum und blickte immer wieder hinter sich. Er passierte die Hauptstraße und bemerkte die Toten, die auf den Wegen verstreut lagen. Für einen Moment hielt er inne. Er riss mit den Händen die Bauchdecke der Infizierten auf und schmierte sich die Hände mit Blut ein. In Eile schmierte er eine Botschaft an die runtergelassenen Rollos eines Ladens und behielt nervös die Umgebung im Blick.

Miller und sein Kumpan erspähten ihn aus großer Entfernung. Entschlossen richteten sie ihre Waffen auf ihn und schossen auf Railey.

Nur knapp entging er einer Kugel und rannte in die nächste Seitenstraße. Er ignorierte die schmerzenden Knie und den pochenden Rücken. Erschöpft versteckte er sich hinter einem Müllcontainer und lugte hervor. Unter dem Behälter entdeckte er einen dicken Stock. Eine Waffe, Railey!, hauchte ihm seine innere Stimme zu. Er hielt ihn bereit und wartete.

Miller und der Wachmann kamen keuchend in die Nebenstraße, stützten sich auf ihre Knie und pausierten einen Moment. Ihr Schnaufen war deutlich zu hören.

»Wo ist der Wichser?!«, ächzte Miller, drehte sich um und bekam den Ast von Railey ins Gesicht geschlagen. Schreiend sackte er in sich zusammen.

Mit voller Wucht bekam sein Kumpan die Keule in den Nacken geschlagen und brach brüllend zusammen.

Railey schnappte sich die Maschinenpistole und rannte davon, während sich die beiden vor Schmerzen auf dem Boden krümmten.

Die nächste Einmündung führte zum Highway. Er tunkt die Hände in Schlamm und schmierte eine Botschaft an eine Häuserwand. Panik kroch in ihm empor. Seine schmerzende Lunge erschwerte ihm das Atmen. Mit schnellen Schritten hechtete er weiter. Das Seitenstechen lähmte ihm beim Laufen und Atmen. Als er auf eine Kreuzung trat, lief er in eine Horde hinein. Aufmerksam guckten ihn die Kreaturen an und kamen fauchend auf ihn zu getorkelt. Er eilte vor ihnen weg, aber er behielt sie dennoch im Auge, sodass sie ihm folgen konnten.

Als er um die nächste Hausecke schnellte, rannte er einen Infizierten um. In Eile schlug er ihn mit dem Schaft der Maschinenpistole nieder und zermatschte dessen Schädel zu Brei. Railey tauchte seine Hände in das Blut des Toten und hinterließ mit den stinkenden Eingeweiden eine Botschaft an der Häuserwand. Er rannte weiter und malte seine Meldung an einen Linienbus. Viele erlöste Infizierte lagen um den Bus herum, als er hektisch die Nachricht darauf schmierte. Aus heiterem Himmel rutschte er aus und fiel in eine übelriechende Blutlache. Das faulige Blut durchdrang den Stoff des Blaumanns und verteilte sich auf seiner Haut. Unbeholfen erhob er sich und torkelte mit Eingeweiden und Blut beschmiert weiter.

Pausierend lehnte er sich an ein Auto und schloss die Augen. Ihm war es egal, ob sein Atem zu laut war oder nicht. Mit einem Mal hörte er schlürfende Schritte und ein Fauchen und Gurren. Als er seine Lider öffnete, hielt er die Luft an. Er sah in das verfaulte und von Maden zerfressene Gesicht eines Infizierten. Seine trüben Augen musterten die fremde Gestalt und der Corporal fühlte den fauligen Atem auf seiner Haut. Ihm wurde übel und es grenzte an großer Selbstbeherrschung, dass er sich nicht übergab.

Zu seiner Verwunderung ließ der Infizierte von ihm ab und folgte der Horde auf die Nebenstraße. Verblüfft starrte Railey ihm nach und spähte hinter dem Auto hervor. Als die kleine Horde um die Ecke gebogen und niemand mehr zu sehen war, stand Railey torkelnd auf und atmete tief durch. Er brach in tosendes Gelächter aus. Tränen der Erleichterung mischten sich unter. Er erbrach und stürzte sich mit krampfendem Magen auf seine schmerzenden Knie.

Wieder hörte er Schritte auf sich zukommen und sah mit blutverschmiertem Gesicht nach oben. Doch es waren keine Infizierten, die auf ihn zu kamen. Er sah in die lädierten Gesichter von Miller und seinen Kumpanen. Railey lachte beide höhnisch aus und sah eine Faust auf sich zu kommen. Mehrmals schlug Miller auf den Gefangenen ein, der weiterhin höhnisch lachte. Aber das Gelächter galt nicht den Wachleuten. Er realisierte, dass der Infizierte an ihm vorbei geschlürft war, ohne ihn zu töten. Das wird mir niemand glauben, dachte er.

Sein Körper war zu erschöpft, als dass er sich gegen die Prügel hätte wehren können. Er ließ es über sich ergehen und hoffte innerlich, dass jemand die zahlreichen Botschaften lesen würde.

***

Lethal Vacation

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