Читать книгу Stiefmütterchen Ost und Königskerze West - Jott H. Wangerin - Страница 23

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Die Toilettenfrau vom Darß

1985

Wer Prerow besucht, kommt an der neuen Toilette nicht vorbei. Nicht etwa, dass man sie schon von weitem riecht, sondern sie liegt so zentral, nämlich gegenüber der Tankstelle oder neben der Bushaltestelle, man kann sie jedenfalls nicht verfehlen. Zu einer richtigen Toilette gehört auch eine respektable Wärterin. So also auch hier.

Sie passte gerade noch durchs Fenster, durch das sie Kundschaft heran guckte. Ein kleiner Schnack war ihr stets willkommen, und nachdem ihr Gesprächspartner gegangen war, machte ich ihr das Vergnügen, allerdings nicht ohne vorher meinen Ältesten zu bitten, auf gar keinen Fall zu lachen, denn solcherlei Damen sind nicht auf den Mund gefallen, und Ärger wollte ich vermeiden. Folgendes Gespräch entwickelte sich nun am Klofenster: „Guten Tag, ist das hier so ein richtiges Klo mit Wasser und so?“

„Na klar.“

„Also kann man sich hier mal ungestört lösen?“

„Was wollen Sie hier lösen?“

„Ich meine, ob man hier auch gepflegt sch… scheißen kann?“

Das verstand sie sofort und bestätigte es strahlend und wollte sogleich wissen, ob ich selber rauf wollte oder mein Sohn. Ich musste.

Da klagte sie mir mit traurigem Blick ihr Leid. „Sie wissen ja gar nicht, wie schwer es heute ist mit den Leuten, allens wird geklaut, so schnell kann man gar nicht gucken, und zerstört wird allens. Obwohl erst kürzlich eröffnet, sind schon sämtliche Brillens und Deckels bei die Männers kaputt, und sogar die Hähnens sind geklaut und auch einige Ziehers abmontiert!“

Ich versicherte sie meines Mitgefühls und blies kräftig in ihr Horn. Zwischendurch wendete sie hin und wieder ihr Ohr den einzelnen Damenkabinen zu, um sich an den unterschiedlichen Geräuschen, die sie durch jahrelange Praxis unfehlbar deuten konnte, zu orientieren, damit ihr letztlich niemand unbezahlt durch die Lappen gehen konnte. Dann steckte sie vertrauensselig ihren Kopf noch näher zu mir, denn mit so einem gebildeten Herrn ließ man sich gerne sehen, und sagte halblaut: „Jetzt sind die Kabinens frei, Sie dürfen schnell bei den Damens rauf, da ist es sauberer, kommen Sie man schnell rein!“

„Nee“, sagte ich, „das mag ich nicht, das ist mir peinlich, wenn neben mir plötzlich eine Dame ungeniert drauflos wirtschaftet und mich vielleicht hinterher noch sieht und schreit, und Ärger wollte ich ihr ja schließlich auch nicht machen, dann ginge ich lieber in den Wald und setzte mich hinter einen dicken Baum, dann kriegt er gleich frischen Dung und ich kann die schöne Natur genießen. Also nichts für ungut und schönen Dank, ich werde ihr Etablissement weiterempfehlen!“

Das konnte sie natürlich ganz gut verstehen. Dankbar gerührt drückte sie mir unauffällig ausreichend Toilettenpapier in die Hand und erklärte den kürzesten Weg.

Als wir endlich außer Sichtweite im Auto saßen und sie mit dem Nachwinken aufgehört hatte, mussten wir erst einmal lachen über diese gute Seele. Sie wird gewiss noch oft von ihrer netten Bekanntschaft dem ganzen Dorf erzählt haben.

Ergötzliches

Wo Swantevit im Meer versank,

Grün eingerahmt von Meeres Tang,

Da badet heut’ im Mondenschein

Ein wunderschönes Mägdelein.

Sie liebt den sprudelnd’ Meeresschaum,

Des Mondes Weg im lodernd’ Baum,

Das traurig’ Lied der Nachtigall,

Des Jägers fernen Büchsenknall.

Nun gleitet sie vom Stein hinab,

Und ahnt doch nichts von Swantes Grab!

Als sie im dichten Tang verschwand,

Betet der Götze: „Gott hab’ Dank!”

Verletzter Stolz

Hätt’ ich sie einmal nur besessen,

Könnt’ ich sie jetzt vielleicht vergessen,

Doch was ich damals nicht bekam,

Zieht mich noch heute magisch an!

Farbenspiele

Die Welle sich zum Berg auftürmt,

Am Himmel Wolkenherde stürmt,

Die Sonn’ sich bricht in allen Farben,

Das kann man nur im Norden haben!

Stiefmütterchen Ost und Königskerze West

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