Читать книгу Immer geradeheraus - Jörg Dahlmann - Страница 38

Lass die Morgensonne endlich untergehen

Оглавление

Flurtürke Seyfettin Dereli und ich verstanden uns blind. Wir liebten die Musik von Kool and The Gang und lauthals tanzten und kreischten wir auf dem Studentenflur (im Zimmer war es zu eng) zu „Ladies Night“ oder Captain Sensibles „I Said Captain, I said WOT!!!“ Herrlich. Auch beliebt die deutsche Version von Willem von der Rentnerband: „Er sacht Willem. Ich sach WATT!!!“ Willem war insgesamt ein Kultklassiker dank seiner Hits „Tarzan ist wieder da!“ oder noch besser „Lass die Morgensonne endlich untergehen“. Das war trockener Hamburger Humor in Liedform. Wunderbar.

Ja, wir waren eine lustige Truppe. Unbeschwert, gut drauf. Es waren wunderschöne Zeiten. Seyfi arbeitet heute als renommierter Kardiologe in Kassel.

Ich war sehr schnell im ganzen Wohnblock bekannt – nicht wegen meiner netten Art, sondern weil ich ein ungewöhnliches Fahrzeug hatte, einen saharabeigefarbenen BMW 1502. Er stach zwischen den Enten, verwitterten Golfs oder Opel Kadetts deutlich heraus.

Aber im Gegensatz zu anderen verdiente ich ja auch eigenes Geld. Zweimal pro Woche legte ich Musik in einer Rock-Disco-Kneipe auf: „Red Brick“ war eine Kultstätte in Gießen, der mittelhessische Hotspot überhaupt und eindeutig „The Place to be“. Das „Red Brick“ war eine von drei Lokalitäten in der Stadt, die am Wochenende bis 3 Uhr geöffnet hatten. Eine coole Location mit einem außergewöhnlichen Boss: Mahmoud Hashash, Jordanier und Palästinenser, auch politisch sehr aktiv, sehr krass in seiner politischen Meinung, die sicherlich dem Verfassungsschutz ein Dorn im Auge war. Im Umgang mit seinen Mitarbeitern war er aber top. Amerikaner – das war einer seiner umstrittenen Grundsätze – ließ er nicht hinein. Erstens wegen seiner politischen Gesinnung, zweitens glaubte er, dass Soldaten in Verbindung mit Alkohol Stress machen würden.

Seine Frau Marianne hieß bei uns „Mausi“ oder „Mausl“. Klingt abschätzig, aber das empfand niemand so. Dazu Tina, Horst, Peter, Norbert, Siggi, Kris, Bernd und wie sie alle hießen. Mein Gott, was hatten wir Spaß. Noch heute treffen wir uns in unregelmäßigen Abständen. Und Mahmoud ist auch etwas ruhiger geworden – solange keine politischen Themen angeschnitten werden.

Immer geradeheraus

Подняться наверх