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Оглавление4 Teamboarding – die Methode
Agilität bedeutet in unserem Kontext vor allem, schnell zu sein, dynamisch, gemeinsam und kontinuierlich zu verbessern. Sie erschafft sich jedoch nicht selbst. Agilität muss organisiert und strukturiert werden.
Welche Strukturen und Prozesse müssen organisiert werden, damit kontinuierliche, gemeinsame, berufsgruppen- und hierarchieübergreifende sowie nachhaltige Verbesserung im betrieblichen Alltag möglich wird? Wir klären, was ein Verbesserungsteam ist und welche Verantwortlichen und Gruppen benannt bzw. gebildet werden. Das Teamboard bildet den sichtbaren Mittelpunkt. Wie ist es aufgebaut und welche Bedeutung kommt ihm zu? Was ist mit Regelkommunikation gemeint? Was heißt Boarding? Mitarbeiter können Probleme und Ideen einbringen. Wie funktioniert das? Was hat es mit dem visuellen Formularkreislauf auf sich und wie genau sieht der Verbesserungskreislauf aus, der auf diese Weise entsteht?
Um all diese Punkte soll es in diesem vierten Kapitel gehen.
Was ist ein Verbesserungsteam?
Teamboarding sieht vor, dass Organisationsverbesserung in dezentralen Teams und nahe am Ort des Geschehens stattfindet. Nur vor Ort lässt sich erkennen, wie Prozesse und Abläufe wirklich funktionieren – oder eben nicht. In diesen Teams sind diejenigen versammelt, die sich am besten auskennen: nämlich die dort unmittelbar tätigen Mitarbeitenden.
Im Sinne dieser dezentralen Struktur werden alle patientenführenden oder patientenbehandelnden Organisationseinheiten, alle Serviceabteilungen oder Verwaltungsbereiche jeweils als eine Verbesserungseinheit definiert. Die dort tätigen Mitarbeitenden bilden das Verbesserungsteam des jeweiligen Arbeitsbereiches.
Verbesserungseinheiten sind zum Beispiel eine Station, die Notfallaufnahme, der OP, die Radiologie und alle anderen Organisationsbereiche, die direkt oder indirekt einen Beitrag zur Versorgung von Patienten leisten.
Beispiele für Verbesserungsteams © Jörg Gottschalk
Welche Organisationseinheiten genau als Verbesserungseinheiten definiert werden, entscheidet in der Regel die Unternehmensleitung. Sie achtet darauf, dass Organisationseinheiten weder zu groß noch zu klein ausfallen. Zum Beispiel sollen mögliche Überschneidungen minimiert werden, damit nicht einzelne Personen unnötig mehrfach belastet sind.
Dem Verbesserungsteam eines Arbeitsbereiches gehören alle Mitarbeitenden an, die dort direkt oder zumindest überwiegend tätig sind. Das Team umfasst alle in diesem Bereich tätigen Berufsgruppen. Je nach Bereich gehören dazu Ärzte und Ärztinnen, Pflegende, Servicekräfte, das Stationssekretariat, der Funktionsdienst und alle anderen, die einen direkten Prozessbeitrag leisten. Jeder spielt für den Prozess eine Rolle und trägt eine Mitverantwortung dafür, dass dieser funktioniert und besser werden kann.
Gerade diese berufsgruppen- und hierarchieübergreifende Perspektive ist wichtig. Wenn wir uns mit Prozessen und Abläufen beschäftigen, dann kann das nur aus einer klaren Prozessperspektive heraus erfolgen, in dessen Mittelpunkt der Patient steht.
Prozesse kennen bekanntlich keine Berufsgruppen oder Hierarchien, sondern nur Aufgaben, Qualifikationen und Verantwortlichkeiten. Prozessorientiertes Arbeiten bedeutet deshalb immer berufsgruppen- und hierarchieübergreifend zu arbeiten.
Verantwortliche und Gruppen
Bevor wir uns in den nächsten Kapiteln mit der genauen Vorgehensweise beschäftigen, sind zunächst ein paar wenige Grundlagen zu klären.
Um den reibungslosen Ablauf des Verfahrens zu gewährleisten und Verantwortungsbereiche festzulegen, werden verschiedene Gruppen und Rollen definiert.
Gruppen und Rollen © Jörg Gottschalk
Das Verbesserungsteam
Zu einem Verbesserungsteam zählen alle Mitarbeitenden, die einer Verbesserungseinheit (z. B. einer Station, dem OP, dem Einkauf etc.) angehören. Auch wenn nicht immer alle aktiv an der laufenden Verbesserungsarbeit teilnehmen können, so sind sie doch wichtige Akteure. Denn alle werden gebraucht, um Probleme erkennen zu können, Ideen einzubringen und beschlossene Maßnahmen bzw. Lösungen im Alltag umzusetzen.
Die Boardverantwortlichen
Für jedes Teamboard (dazu später mehr) werden zwei Boardverantwortliche benannt. Die Boardverantwortlichen sollten, sofern für den Arbeitsbereich relevant, unterschiedlichen Berufsgruppen angehören. Für eine Station sind dies meist der stationsleitende Oberarzt bzw. die Oberärztin und die Stationsleitung. Die Boardverantwortlichen sollen nicht die gesamte Arbeit erledigen. Sie sind vielmehr die Hüter der Methode. Sie sorgen für einen reibungslosen Ablauf und dafür, dass die Methode „richtig“ und „vollständig“ angewendet wird.
Das Kernteam
Das Kernteam ist eine kleine, namentlich benannte Gruppe aus den Reihen des Verbesserungsteams. Die Zusammensetzung folgt dem Gedanken, dass Verbesserung unterschiedliches Prozesswissen benötigt und es wichtig ist, dass man Probleme nicht einseitig beleuchtet. Deshalb benennen wir aus jeder primären Berufsgruppe (z. B. Arzt/Ärztin, Pflege, Funktionsdienst etc.) Mitarbeitende unterschiedlicher Hierarchieebenen.
Das Kernteam besteht in der Regel aus vier bis acht Mitarbeitenden. Es nimmt möglichst an allen Kommunikationskreisen teil und bereitet gemeinsame Lösungen vor. Von ihm werden die allermeisten Entscheidungen getroffen und das selbstverständlich unter Wahrung der bestehenden Hierarchien.
Das Kernteam einer Station besteht zum Beispiel aus: Chefarzt/-ärztin, dem/der stationsleitenden Oberarzt/-ärztin, Stationsleitung, Pflegebereichsleitung, gegebenenfalls der Stationssekretärin.
Moderator/Moderatorin
Die Kommunikationskreise (Boarding, Kernteam, Unterstützerrunde, Führungsrunde) werden immer von einer Moderatorin oder einem Moderator geleitet. In der Regel sind dies die Boardverantwortlichen. Es ist allerdings gewünscht, dass die Moderation wechselt. Sie kann und soll von jedem Mitarbeitenden des Verbesserungsteams übernommen werden.
Unterstützer
Das Unterstützerteam ist keine feste oder definierte Gruppe. Als Unterstützer gelten alle Mitarbeitenden oder auch Externe (z. B. aus anderen Unternehmensteilen), die dazu beitragen können und sollen, dass die eigenen Prozesse und Arbeitsabläufe besser werden können. Unterstützer können beispielsweise sein: Mitarbeitende anderer Stationen und Abteilungen, die Technik, der Einkauf, die IT oder im Einzelfall auch externe Dienstleister. Unterstützer werden bei Bedarf zur Unterstützerrunde oder in das Teamwork eingeladen und müssen dieser Einladung folgen.
Unternehmensleitung
Teamboarding sieht vor, dass sich die Klinikleitung regelmäßig und vor Ort an der Verbesserungsarbeit beteiligt. Sie kann selbstverständlich jederzeit an allen Kommunikationskreisen teilnehmen. Auch unangekündigt und ohne vorherige Einladung. Verbindlich festgelegt ist, dass die Unternehmensleitung mindestens alle vier Wochen an einer Führungsrunde teilnimmt.
Die Klinikleitung besteht zum Beispiel aus der Klinikgeschäftsführung sowie der ärztlichen und pflegerischen Direktion.
Das Teamboard
Das Teamboard bildet den sichtbaren Mittelpunkt des Geschehens vor Ort in jedem Arbeitsbereich.
Ein Teamboard hängt möglichst frei zugänglich in der jeweiligen Organisationseinheit eines Verbesserungsteams. Jeder und jede Mitarbeitende darf und kann sich hier über den aktuellen Stand der Dinge informieren. Hier finden das Boarding, die Unterstützerrunde und die Führungsrunde statt.
Das Teamboard ist der Marktplatz der Information.
Teamboard Struktur © Jörg Gottschalk
Ein Teamboard enthält vier Segmente: Visualisierung, Handlungsfelder, Regeln und Kommunikation.
Im Segment Visualisierung befinden sich Kennzahlen, die anzeigen, ob die laufenden Verbesserungsmaßnahmen greifen oder ein gewünschter Zielzustand erreicht wird.
Das Segment Handlungsfelder zeigt mithilfe von Verbesserungskarten und einem einfachen Formularsystem neue, laufende und offene Themen bzw. Probleme. Es herrscht vollständige Transparenz über Aufgaben, Zuständigkeiten und Termine.
Im Segment Regeln wird über neue Verfahren, Abläufe und Regeln bzw. Standards informiert.
Das Segment Kommunikation enthält alle Namen der Verantwortlichen, Termine, Boardregeln und Anwesenheitslisten.
Alle Mitarbeitenden können sich am Board jederzeit über den aktuellen Stand der Verbesserungsarbeit informieren. Selbstverständlich dürfen Mitarbeitende sich auch an das Board anderer Arbeitsbereiche stellen. Es gibt keine Geheimnisse. Auf diese Weise vernetzen wir die einzelnen Bestandteile der Organisation stärker miteinander.