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2.2 Raum und Zeit
ОглавлениеIn dieser Lerneinheit beschäftigen wir uns mit Aspekten von Raum- und Zeitkonzepten und ihrem sprachlichen Ausdruck. Mit Hilfe von Raum- und Zeitkonzepten strukturieren und organisieren wir die Wahrnehmung von Ereignissen, die unser Leben bestimmen. Dabei zeigt sich, dass zeitliche Konzepte oft auf räumlichen Metaphern aufbauen. Zeit- und Raummarkierungen sind so fundamental für das Leben, dass viele Sprachen obligatorische Markierungen von Raum (Räumlichkeit) und/oder Zeit (Temporalität) vorsehen. Dies drückt sich zum Beispiel in obligatorischen Raum- oder Richtungsangaben und im Tempus (also den Zeitmarkierungen in Sätzen) aus. Zeit- und Raumangaben sind dabei so eng miteinander verbunden, dass sie sich gegenseitig implizieren.
Temporalitätskonzepte sind in der Regel in Sprachen so fixiert (entrenched) und konventionalisiert, dass sie grammatikalisiert sind und diese obligatorischen Markierungen nicht immer konzeptuell transparent bleiben. Der Bezug zu den historischen Wurzeln ihrer Entstehung geht verloren. Diese sprachlichen Markierungen schreiben den Nutzern vor, wie sie die Welt zu konzeptualisieren haben, und sie verlangen von Lernern ein »Umdenken«, wenn sie diese Konzeptualisierungswege bisher nicht kennen. Dabei hat sich herausgestellt, dass die strukturellen Formen ein kleineres Problem sind als die eingefahrenen Konzepte.
Lernziele
In dieser Lerneinheit möchten wir erreichen, dass Sie
verstehen, wie Raum- und Zeitkonzepte miteinander in Beziehung stehen und wie sie in verschiedenen Sprachen kulturspezifisch realisiert werden;
Argumente für eine semantische, funktionale und pragmatische Darstellung von Grammatik neben einer formalen Darstellung kennen;
grammatische Zeitausdrücke, insbesondere Tempus vor dem Hintergrund kulturspezifischer, konkreter Raumerfahrungen temporalsemantisch, funktional und pragmatisch erklären können.